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 Spätherbst 1874

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Das Schicksal

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Das Schicksal

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Spätherbst 1874 Vide
BeitragThema: Spätherbst 1874   Spätherbst 1874 Icon_minitimeFr Nov 19, 2010 12:15 am

Es war kalt geworden, bitterkalt. Schnee tobte und hüllte das Tal in ein reines Weiß. Doch nichts erinnerte an eine friedliche Idylle, denn ein Sturm suchte seinen Weg direkt über das Gebiet der Wölfe hinweg.
Tage waren vergangen, die meisten Wölfe des Rudels hatten Zuflucht in der Höhle gesucht, doch gab es Ausnahmen, die die Gefahr regelrecht suchten.
Der rote Rüde hatte den Schutz verlassen, um Wanderer, die in diesem Sturm die Orientierung verloren hatten, den rechten Weg zu weisen. Auch seine Schwester hatte sich mit dem Wetter eingelassen und der trockenen, sicheren Höhle den Rücken gekehrt.
Ungewisse Stunden erwarteten die Wölfe, denn wer vermochte schon zu sagen, ob dieser Sturm nicht seine Opfer forderte ...




H U E S C A


Unter der dicken Schneedecke bildeten sich Risse, wuchs ein Hügel und bäumte sich auf, bis das Weiß dem Druck nicht stand halten konnte und brach. Taumelnd kroch ein Wesen heraus und es war schwer herauszufinden was es nun wirklich war. Schwere Schneeschollen haben sich ans Fell gehangen und umgaben den kräftigen Körper wie ein Panzer. Einzig die blauen Augen - blau wie ein klarer Winterhimmel, schimmerten aus der Pracht heraus und ließ die wahre Schönheit nur vermuten. Das Wesen schüttelte sich - vergebens. Der Schnee würde weiterhin ein lästiges Anhängsel ihrer selbst sein. Dann setzte es seinen Weg fort und kämpfte sich tapfer gegen den Schneesturm. Das Wesen hatte sich vorgenommen diesen weiteren Sturm zu überleben, denn eines Tages würde die Sonne wieder scheinen und wäre es nicht schade diese nie wieder spüren zu können da man in eisiger Kälte umkam? Der wandelnde Schneeberg hatte unter einigen Schneedecken Mäuse gejagt, doch wieder knurrte der Magen. Was konnte das Wesen schon tun? Irgendwann musste es einfach aufhören zu schneien, irgendwann musste das Wesen dorthin kommen wo kein Schnee lag. So richtete sich das Wesen gen Süden, mit der einzigen Hoffnung die dem Wesen noch blieb - es nannte sich selbst Hoffnung.

Es war noch nicht sehr lange her als es anfing zu schneien. Anfangs freuten sich die Jungen und Naiven noch über den "ersten" Schnee, doch dann als es stärker und immer stärker schneite, waren die die sich zuvor noch freuten längst erfroren. Dieser Winter würde extrem und vor Allem noch schlimmer werden. Doch es gab schon damals harte Winter, Winter in denen sogar die Ochsen erfroren. Die blauen Augen verengten sich angesichts solcher Tatsachen, denn auch das Wesen welches so furchtlos wirkte wie es da durch die weiße Pracht stapfte, fürchtete sich. Es wandt sich einer kargen Gruppe Koniferen zu die so schneebeladen waren wie das Wesen selbst, doch ihm ein wenig Schutz bieten würden. "Wesen, geselle dich zu uns in trostloser Kälte und lass uns hoffen das uns kein Schaden geschiet." So lud die Baumgruppe das Wesen ein welches diese Einladung dankend annahm und sich mit einem lauten Seufzer zu Boden plumpsen ließ und sanft die Augen schloss. Schneebrocken fielen von ihm ab und gaben dunklen Pelz frei. Spätestens jetzt war es nicht nur ein Wesen mehr sondern eine Art kleiner Bär oder Wolf. Und wieder fielen neue Schneeflocken auf das Fell und umgaben es in dieser Pracht und die Spuren die er hinterließ waren längst zunichte gemacht. Der Winter verschluckte das Leben und sprach: "Es war niemand hier". Doch das Wesen dachte: *Hoffentlich bin ich nicht das einzige Wesen, hoffentlich findet man mich und führt mich in eine warme Höhle.* Winselnd drückte sich das Wesen an einen kalten Baumstamm und rollte sich zusammen. Nun war das Wesen kein kleiner Bär mehr sondern ein Wolf.

Dieser Wolf war tatsächlich eine Wölfin mit dem schönen Namen Huesca und sie kam von den Coast Mountains in British Columbia - dort wo es zwar auch Winter gab, diese aber nie so schneereich waren wie in Alaska. Ihre wahre Heimat waren die Bergre das sah man ihr an, denn es gab keine Zeit in der sie nicht die Berge suchte. Sie mochte den Schnee und hatte auch nichts gegen Kälte, doch dieser Sturm hier würde jeden Wolf in die Knie zwingen wenn sie alleine umherliefen und Huesca war allein. Die prachtvolle schwarze Fähe war eine Einzelläuferin, eine Wölfin auf Wanderschaft und der Suche nach etwas wie einem Zuhause oder einem ungewissem Ziel. Es war nicht ihrer Natur entsprechend alleine zu sein denn schließlich war sie ein Wolf und der Wolf ein Rudeltier, doch was tatan Wolfsrudel wenn ihre eigene Anzahl sich so sehr erhöhte, dass es kaum mehr für alle reichte? Sie sonderten Wölfe aus, prügelten sie aus dem Rudel oder gaben ihnen neue Aufgaben mit auf den Weg. Und Huescas Aufgabe war es ein neues Leben anzufangen. Es war ein gutgemeinter Rat, doch konnte man die Ironie aus den Worten ihres Vaters mit Leichtigkeit herausfiltern. Also zog die Schwarze davon, gen Norden, denn dort soll es mehr Wölfe geben als je zuvor aber auch mehr Menschen. Und dann kam der Schnee.

Huesca rollte sich noch fester ein und ließ sich vom tosenden Wind in den Schlaf wiegen.

[alleine / südlich des Rudels / etwa 2 Kilometer entfernt]




K E N Á O


Abdrücke von Pfoten hinterließen einen langen Pfad in die sonst unberührte Schneedecke, man vermochte nicht zu sagen, wann dieser begonnen hatte. Unermüdlich kämpfte sich ein Wolf voran, er war es der diese verräterische Spur hinterließ. Das Schneetreiben dämpfte sein ansonsten zügiges Tempo, der Wind zerrte an seinen Kräften, denn es war bitterkalt. Bei so einem Sturm suchten diejenigen, die an ihrem Leben hingen, Zuflucht in Höhlen oder Ähnlichem. Jedoch nicht der Rote.
Tapfer hatte er sich hinaus gewagt, sein gerechtes Herz trieb ihn an, um diejenigen zu suchen, die sich vielleicht verirrt hatten. Er setzte sein Leben für vollkommen Fremde aufs Spiel, falls es diese überhaupt hab. Keine Witterung, kein Geheul deutete darauf hin, dass außer ihm sich noch andere Wölfe bei diesem Wetter draußen herumtrieben. Leichtsinnigkeit.

Den markanten Kopf zu Boden gesenkt, versuchte Kenáo seine Augen trotz des Windes offen zu halten. Er war ohnehin schon blind, wegen dem Schnee, doch wollte er zumindest erahnen können, wohin seine Pfoten traten. Die Orientierung zu behalten war schwierig, selbst wenn man das Revier so gut kannte, wie der Rüde. Doch er folgte seinem Herzen, denn dieses würde ihn durch diesen Schneesturm leiten, ihn überleben lassen.
Es war seine Pflicht hier draußen zu sein, wenn nicht er als Anführer, wer dann?
Immer wieder verharrte er regungslos auf der Stelle, wenn eine Böe das Weiterkommen unmöglich machte. Umkehren? Keinen Gedanken daran verschwendete er, es wäre eh nur vergeudete Kraft.

Nicht völlig unerwartet traf der Schnee ein, dunkle Wolken hatten ihn rechtzeitig angekündigt, doch niemand hatte mit so einer Heftigkeit gerechnet, oder gar mit so einem Sturm. Alle Lebewesen waren überrascht worden, in ihrem Alltagsrhythmus gestört. Der Rote war hier in diesem Lande aufgewachsen, kannte das Wetter somit, aber selbst er hatte in seinen Lebensjahren nur selten solche Stürme erlebt. War er vielleicht sonst immer an einem anderen Ort gewesen? Zumindest hatte er das Rudel in Sicherheit bringen können und hatte somit in seiner Rolle nicht versagt – etwas Entscheidendes. Doch war ihm der Aufenthaltsort seiner Schwester, seiner Seelenverwandten nicht bekannt. Würde sie bei den Anderen verweilen? Wohl kaum.

Ein Seufzen entwich seiner Kehle, zeigte sich als eine dünne Rauchschwade in der kalten Luft und verschwand lautlos. Zögerlich setzte der Rüde eine Pfote vor die Andere, doch noch immer war an ein Vorankommen nicht zu denken. Es ärgerte Kenáo, der Schnee wurde immer dichter und die Flocken benetzten seinen Pelz, so das das Rot immer weiter verschwand. Bald würde nichts mehr von dieser einzigartigen Fellfärbung zusehen sein.
Sich dem Wetter geschlagen gebend, ging der Wolf in die Knie und bettete seinen Körper auf dem schneebedeckten Boden nieder. Er musste warten – warten darauf, dass der Sturm Erbarmen zeigte und ein Weiterkommen ermöglichte. Das konnte dauern, da war der Rüde sich sicher. Er hoffte nur inständig, dass er diese Kälte ohne bleibende Schäden überleben würde.


[alleine, weit entfernt vom Rudel]



K H Á Z U N


Kälte.
Sie kam mit dem Wind, sie kam mit dem Schnee, sie kam vom frostigen Boden, sie kam aus seinen Knochen, die unbarmherzig schmerzten und knackten. Zu sehr waren sie belastet worden, zu viele Meilen hatten sie über sich ergehen lassen, zu starken Strapazen waren sie ausgesetzt worden.
Tundra, Steinklüfte, Berge, Schnee.
Durchgekämpft hatten sie sich, angetrieben von dem Körper, dieser halb erfrorenen Hülle, die sie umgab und denen sie eigentlich Stabilität verleihen sollten. Womöglich taten sie das auch. Sie hielten etwas auf den Beinen, in Form, etwas, dem die physische Beständigkeit nicht fehlte, wenn auch die psychische.
Diese war nicht kalt. Aber sie litt. Sie weinte, sie sehnte sich – nach Gesellschaft und Geborgenheit, nach einem warmen Leib, an den er sich schmiegen konnte, Fell, in das er seine lange Schnauze versenken konnte, nach jemandem, bei dem er liegen konnte, um einfach die Gewissheit zu haben, dass ein anderer anwesend war und ihn gleich einer Mutter wohlig beschützen konnte.
Hatte er diese doch gehabt. Wie töricht, alles aufzugeben, um irgendwelchen verwerflichen Träumen nachzueifern, welche er doch nicht erreichen konnte?
Beinahe war es ihm gelungen, fast hatte er den Anschluss bekommen, den er ersucht hatte. Nachdem er sein Geburtsrudel verlassen hatte, um sich neuen Abenteuern zu stellen, war er jenen Zweien nachgelaufen, welche an einer Grenze des Revier entlanggestreift waren.
Sich angenähert.
Ihnen gefolgt.
Stundenlang.
Tagelang.
Die Abstände hatten sich stetig verkleinert. Und dann war er beinahe bei ihnen gewesen.
Und als dies geschah, verlor er sie aus den Augen, und wusste auch nicht mehr, wohin sein Weg ihn führte.
Dann war er verloren, wusste weder vor noch zurück, und irrte umher, wie eine der Schneeflocken im Wind.

Es war nicht leicht gewesen, von den Bergen hinab in das Tal zu gelangen, wenn scharfe Steine und rissige Kanten einem im Weg standen, und den Abstieg gefährlich und schwer machten.
Mehrmals war er mit den Beinen abgerutscht und unangenehm an dem Gestein entlanggeschlittert, sodass, wenn er kein Fell besäße, seine Haut sicher aufgeschürft wäre.
Er war erleichtert, dass es lediglich die Pfotenballen warn, die geschändet vom Eis und Stein, teilweise prüde und gefroren waren. Mittlerweile spürte er sie kaum noch, wegen der Kälte, und der Schmerz in den Knochen übertönte den Rest ohnehin, wie ein schneidender Schnitt im Trommelfell, der alles andere in den Hintergrund drängte.
Darum konnte er sich aber nicht kümmern, während er sich immer weiter seine Wege durch die Klippen suchte. Mehrmals musste er umkehren und einen neuen Pfad suchen.
So war er froh, erleichtert und sehr zittrig, als er aus dem Steinbruch in die waldige Umgebung gelangte, welche etwas vielversprechender aussah, im Hinsicht auf ein Leben.
Der Duft anderer Wölfe trieb ihn ebenfalls an. Es war sein Instinkt, sein Wunsch, seine Sehnsucht, wieder zu Artgenossen zu gelangen. Denn er war ein Rudeltier. Vollkommen.

Der süßlich-pikante Duft eine Fähe hatte ihn von der eigentlichen Rudelfährte abgelenkt. Ihre Spuren trugen Marken von diesem Rudelduft, der ihn kribbelig machte, und aufmerksam hatte er sich nach ihr umgeschaut. Einen Unterschied zwischen Weibchen und Männchen machte er hier nicht, es ging um nichts aus libidinösen Gründen. Und doch wollte er zu ihr.
In einem Abstand machte er einen Bogen. Er wusste, wie riskant es war, einem Fremden einfach zu begegnen, ohne Vorwarnung, ohne eine Distanz, die es jedem gewährleistete zunächst kurze Bekanntschaft zu machen.
Es war schwer diese Regeln auch nur ansatzweise einzuhalten, wenn er Trieb, der ihn zu einer Gesellschaft bringen wollte, doch schon so angeschwollen war und ihn innerlich zerriss.
Nervös tänzelte er ab und an auf der Stelle, schaute sich um, blinzelte zwischen die Bäume. Er konnte sie nicht sehen, wusste aber, dass sie präsent war.

Und sie, sie wusste das auch.

Einen Ruf sandte sie aus, klangvoll und melodiös.

Es war eine Warnung gewesen. Klar und deutlich. Er sollte sich fernhalten, bedeutete das, er, der Fremde, der, der nicht den Geruch des Rudels trug.
Zunächst war er zögerlich stehen geblieben. Also wollten sie ihn nicht bei sich haben.
Doch könnte er alleine in dem aufkommendem, starken Sturm nicht überleben, denn die Kühle würde ihn irgendwann endgültig erreichen, in seine Adern kriechen und ihn gefrieren lassen, wie Trau auf dem Gras. Es war zu riskant.
Ob sie ihn verscheuchten, ihn angriffen, ihn töteten. Es war schlichtweg egal. So oder so, wäre er tot.
Er wusste nicht, wie sehr das stimmte.

Irritierend war, dass sie in einem penetrantem Zickzackkurs in eine doch scheinbar zielgerichtete Richtung steuerte.
Sie wollte ihn abhängen.
Er wedelte mit der Rute, beinahe so, als amüsiere ihn das und mache ihm Spaß, dem Ganzen trotzdem zu folgen, auch wenn sämtliche Signale auf Abwehr standen.
An einem Fluss aber verlor er für einen Moment ihre Witterung. Sie hörte auf, als habe man sie sauber abgeschnitten. Wiederholt verharrte er, den Blick starr abwärts gerichtet, die klaren Augen in der Ferne, wartend auf irgendein weiteres Zeichen – was nicht folgte.
Kurzerhand sprang er in die Fluten und durchquerte den Fluss.
Nadeln fuhren ihm durch die Glieder, seine geschundenen Knochen ächzten und schienen zu splittern unter dem Schock, der sich mit einem Male in ihm breit machte.
Er winselte, knurrte, legte die Ohren an, begann zu beben.
Aber lief weiter. Was blieb ihm auch schon übrig?
Starrbeinig stieg er auf der anderen Seite aus dem Wasser und schüttelte sich so heftig, wie er es wohl noch nie getan hatte. Ein Blick zurück auf das eisige Nass sagte: du wirst hier nie mehr zurückkehren.

Stunden mussten vergangen sein – Tage?
Das Wasser an seinen Beinen war gefroren. Bevor er selbst zu sehr unterkühlte, hatte er sich Schutz in einem alten Dachsbau gesucht, hatte den Kessel ausgehoben und rumgescharrt wie gut es ihm ermöglicht war, damit er sich niederlassen und das Fell auslecken konnte, damit er sich bloß ein winziges bisschen aufwärmte, und wenn es auch nur reichte das Eis zu tauen.
Die Enge der Höhle war ihm dabei von Nutzen, denn so ging kaum Wärme, die er noch abgab, verloren, sondern staute sich direkt um ihn herum auf. Hätte er es ohne den Dachs, der irgendwann einmal diesen Kessel gebaut hatte, überlebt?
Er bezweifelte das, verschenkte aber nicht allzu viele Gedanken daran.
Womöglich nahmen ihm Gedanken auch schon Kraft, wenn sie schon so in seinem Herzen stachen, dachte er daran, wie schön es wäre, bei einer Familie, einem Rudel zu sein.
Dass kaum einen Kilometer weit bereits eines war, das fiel ihm erst auf, als er aus der Höhle gekrochen und die Fährte weitergesucht hatte. Der stete Wind und der Schnee aber machten dies sehr schwierig. So ließ er sich von seiner Intuition leiten, die ihm sagte, dass irgendwo in dem Nichts die Höhle war, zu der die Fähe gekehrt war, der er nachgewandert war.
Er wusste, dass sie noch lebte. Sie musste es geschafft haben. Nachdem sie so hartnäckig daran gewesen war, ihn loszuwerden, glaubte er nicht, dass sie im Überlebenskampf schnell nachgab.
Das wäre ihm schier abstrakt vorgekommen.

Und er würde auch kämpfen. Er wollte zu ihr. Und er war näher dran, als er dachte.


[halber Kilometer westlich von der Höhle || allein]



B J A R T R


Schon seit Wochen und Monaten war er unterwegs, immer auf der Suche nach einem Ziel. Der Weg war sein Ziel, doch konnte er damit für ewig leben? Irgendetwas schien ihm zu fehlen, auch wenn er noch nie viel Interesse an tieferen Freundschaften erfahren hatte. Seine steten Begleiter und Ansprechpartner waren auf jener Wanderung Raben und Füchse, die mit Gewitztheit und Cleverness für Unterhaltung sorgten und ihm den Weg wiesen. Wie ein grauer Schatten bewegte sich der Kobold durch die Wälder, seltener über offene Flur. Seine Heimat lehrte ihn schon früh, mit allen Gegebenheiten umzugehen und Wind und Wetter standzuhalten. Er war an der einsamen Zeit gewachsen, hatte seine Bewegungen geschult und sich mehr und mehr in seine Fantasie geflüchtet. So hatte er schon viel erlebt, war skurrilen Figuren begegnet und sich bewegende Bäume gesehen. Da es niemanden gab, dem er seine Geschichten erzählen konnte, war er oft unterwegs, leise vor sich hinmurmelnd oder unterhielt sich mit imaginären Gefährten. Er gewöhnte sich an das Einsiedlerleben, fühlte immer seltener die einstige Sehnsucht nach Gesellschaft und anderen Wölfen.

Der Schneesturm störte erheblich. Bjartr war durchaus an das weiße Wunder gewöhnt, doch in solchen Massen machte dies selbst dem nordischen Gemüt zu schaffen. Seine großen Pfoten hinterließen kaum Spuren auf der dicken Schneedecke, doch selbst wenn wären sie sofort wieder verweht worden. Immer langsamer kam er voran, ahnte dabei keinesfalls, dass er bereits tief in ein bewohntes Revier vorgedrungen war.

“Der Wind, der Wind, das himmlische Kind..“

Leise säuselte der Graue vor sich hin, ungehört verklangen seine Worte. Leicht wog er seinen Kopf hin und her, ließ die Ohren rotieren und hatte den Blick ziellos auf das Schneetreiben vor sich gerichtet. Plötzlich richtete er die Ohren nach hinten, blieb stehen und lauschte angestrengt. Das Heulen des Windes hatte sich gesteigert zu einem Brüllen, und als er nun langsam den Kopf nach hinten wandte, glaubte er ein weißes Monstrum zu erblicken, das keine Konturen aufwies, sich dafür aber zu beängstigender Höhe aufragte. Es schien näher zu kommen, das drohende Knurren Bjartrs konnte es nicht aufhalten und Panik breitete sich in dem Rüden aus. Viel hatte er schon gesehen und erlebt, doch diese Bedrohung – eine Halluzination, die von Kälte und Hunger zeugte – war ihm gänzlich neu.
Er rannte.
Weit kam der Graue nicht, die Kräfte verließen ihn bald, und selbst durch seinen rauhen Pelz drang langsam eine nasse Kälte, die ihm Schauer über den Rücken jagte. Inzwischen hatte er völlig die Orientierung verloren, fand jedoch einen umgestürzten Baumstumpf, hinter dem er sich niederkauerte und zumindest vorübergehend Schutz vor dem eisigen Wind fand. Ein kleines, graues Bündel lag dort nun, das zusehends vom Schnee bedeckt wurde. Abwarten war nun seine Devise, den Sturm verschlafen, und danach seinen Weg fortsetzen ins Nichts. Bjartr ahnte immer noch nicht, dass ganz in der Nähe ein ähnliches Bündel langsam vom Schnee vergraben wurde, Witterungen wurden von der weißen Masse verschlungen, wie auch jegliches Geräusch. Wenn sich die Wolkendecke lichtete und das Wetter wieder gnädig zeigte, dann würden dem Rüden weitere Überraschungen bevorstehen.

[Im Revier || vermutlich in der Nähe von Kenáo]




N O U R I


Kleine Schneeflocken tanzten in einem ungerichtetem Ballett in der vor Kälte klirrenden Luft. Ungeachtet dessen flirrten die weißen Pünktchen umher, kreiselten durch Winde getrieben in einem Wilden Tanz um sich selbst herum, im die Bäume und Büsche, die sie aufzuhalten versuchten, jedoch nur mit weißem, erhärtendem Eis bedeckt wurden. Sprangen ungelastet um Felsen und Wesen, welche verzweifelt Schutz zwischen den schneidenden Sturmsträngen suchten, die an Körpern und Fellen zerrten.
Seelen unruhig herumtrieben und die Hoffnung unter einer dichten, erstickenden Decke aus Schnee begruben. Wie schwer war es, dem Ganzen zu trotzen, besaß man keinen Ort, an dem man sich zurückziehen konnte, gehörte man niemandem an, der einen beschützte und versicherte, dass auch der schwerste Winter einmal vergehen würde – doch war es nicht einmal Winter. Herbst war es, später Herbst, der hier in den Weiten Alaskas schon zu Temperaturen führte, bei deren Gedanken stille Gänsehaut den Nacken überzog.
Selbst wenn man es gewohnt war, aufgewachsen in diesen lebensfeindlichen Bedingungen, so war es doch stets eine große Herausforderung, die es zu bewältigen galt.
Und wie Leid taten ihr jene, deren Ziel sich lediglich darauf beschränkte, immer und immer wieder zu hoffen, den nächsten Morgen zu erleben.

Langsam war die graue Gestalt aus dem steinernem Schutzbau, dessen Boden von Sommergras und Erde bedeckt war, warm und behaglich, bestiegen und hatte in einem Moment Stille die Umgebung betrachtet. Als der Sturm einmal aufgehört hatte, für mehrere Atemzüge sich gezügelt und dem wilden Tanz des Schnees Einhalt geboten.
Die Kreatur hatte kritisch drein gesehen, sich fragend, wo der Rote, ihr Bruder, wohl nun gerade war, ob er wen aufgefunden hatte, und wann er zurückkehren würde. Sie selbst war bei seinem Einbruch noch entschlossen in der geschützten Höhle geblieben, um sich von dem langen Weg dorthin zu erholen. Als der Sturm eingesetzt hatte war sie noch weit entfernt gewesen, irgendwo am Fuße der Berge, hatte skeptisch die Grenzen verfolgt und aufgefrischt, besonders, als ihr ein nicht besonders verheißungsvoller Duft aufgefallen war, den es zu verscheuchen galt, ehe er sich noch einnistete. Sie fürchtete sich davor, da sie den Urheber dieses Geruches weder gesehen noch gehört hatte, und hatte das mulmige Gefühl, dass er ihr trotz der Warnungen und des ausladenden Kurses, den sie genommen hatte, um ihn zu verwirren und abzuwimmeln, gefolgt war.
Irgendwo da Draußen war er noch. Und nicht nur die andere Kreatur. Auch ihr Bruder hielt sich dort auf, und sie wusste ihn nicht gerne mit einem Fremden, der anscheinend unberechenbar war, allein in einem Sturm.
Ein Sturm, der Leben kosten konnte, denn an ihrem hatte er sich schon gelabt. Nachdem sie aus dem Wasser gestiegen war, was ihre Spuren verwischen sollte, hatte selbst der schnelle Lauf, mit dem sie sich auf die Höhle zu bewegte, nicht geholfen, ihre Muskeln aufzuwärmen. Immer mehr war sie eingefroren, und als sie schließlich bei ihrem Rudel angekommen war, krampfen ihre Fasern und sie ward geschüttelt von einem unkontrollierbarem Beben, konnte nicht liegen ohne Schmerzen und hatte schier Ewigkeiten gebraucht, um Ruhe zu finden.
Zu aufgewühlt war sie, zu erschöpft, so sehr, dass sie schon kein Auge mehr schließen und ihrem Körper die Erholung bieten konnte, die er sich verdient hatte.
Und selbst jetzt noch, wo sie getrocknet, genährt und ausgeschlafen war, so merkte sie doch, dass ihre Knochen noch ein leichtes Ziehen von sich gaben, ein knackendes Gefühl innerer Kälte.
Aber auch das schützte sie nicht, denn sie konnte sich nicht ruhigen Gedanken hingeben. Nicht nur wegen der Sorge um ihren Bruder, nicht nur um des Fremdens Willen, sondern auch, weil sie das Gefühl hatte, dass dort noch irgendwelche verlorenen Seelen waren, die an Orientierung verloren hatten.
Waren im Sommer und Anfang des Herbstes so viele Wölfe durchgereist, konnte es nicht sein, dass jetzt auch welche umherirrten, hungernd und frierend? Welche, die keine Gefahr waren, sondern lediglich Wanderer, die es zu schützen galt, auch wenn es Unbekannte waren, die in ein fremdes Revier eingedrungen waren?
Es war interessant, dass sie so dachte, es aber gleichzeitig verschmähte, dass sich jener Fremde, den sie gewarnt hatte, sich immer noch im Tal aufzuhalten schien. Fiel er nicht auch unter die Kategorie Schützling?
Nein. Nein, irgendwas an seiner Fährte war anders gewesen, ganz und gar abnormal.
Angespannt hob sie die Rute, verkündete Dominanz, auch wenn sie niemand sehen konnte, wie sie vermutete, und scharrte mit den Pfoten unruhig den kalten Grund auf. Kratzte auf dem Eis und hinterließ so ihre Spuren, die jedem, der vorbeikam und es sah, bevor der nächste Sturmteil sie verwehte, dass sie hier etwas zu Sagen hatte.
Und dann ging sie. Auf Suche nach Seelen, wie ein Hirte, der seine Schafe zusammentrieb, da keines allein gelassen werden sollte.

Aus ihrer Kehle drangen raue Rufe, die in dem wieder wütendem Sturm nur wenige hundert Meter reichen mussten. Doch das genügte, denn dafür marschierte sie, den Kopf mit den Wirbeln auf einer Linie, streng in den Wind starrend, herum, sodass ihre Hilfe auch möglichst an mehreren Orten wahrzunehmen war. Ihre Rufe sagten so viel, dass sie Verlorene suchte, ihnen eine warme Höhle darbot. Gleichzeitig war aus dem kehligen Gesang aber auch eine gewisse Autorität, eigens für den seltsamen Fremden, herauszuhören, trotz der Freundlichkeit.
Und so näherte sie sich anderen Kreaturen, die sie dank des Sturms weder sah, noch roch.
Weder sie die anderen, noch die anderen sie, denn das Gestöber gab alles Lebendige und Nichtlebendige lediglich als fahlen Nebel wieder.

Aber ihre Rufe waren zu hören. Voller Hoffnung, voller Güte. Auf Suche nach etwas Leben, in dieser Umgebung, die nach Untergang zu schreien schien.


[südlich des Rudels || ungefähr 50 Meter von Huesca entfernt]



A I L I N Á



Weich, weit und weiß lag der Schnee da, wie ein weicher Teppich, der das ganze Land unter sich zu verschlingen drohte. Oder hatte er es schon gänzlich verschlungen? Alles an Leben wie eine Decke zu gedeckt und alles in den Schlaf gewogen? War wirklich nur das Treiben der Schneeflocken das Einzige was sich draußen regte? Nun es hätte vielleicht so sein sollen, doch der Schnee hatte nicht Alles dazu umwogen in die Stille zu tauchen, so hatte die eisige Nacht doch ihren Tribut eingefordert , sie hatte das Leben der schneeweißen Fähe mit sich genommen. Welche nun regungslos in der Höhle lag, welche von Schnee verdeckt und verschlossen war.
Herrschte hier wirklich kein Lebensfunke mehr? Es sah nicht so aus. Oder doch? Da, diereckt neben der weißen Fähe regte sich etwas. Man könnte sagen ein kleines Fellknäul, welches der weißen Fähe nicht wirklich ähnelte. Nur die weißen Pfoten und die unverkennbar weiße Blässe auf der Stirn des kleinen Wesens sprach davon, dass es wohl doch zu der Weißen gehören musste.

„Mama?“

Sagte die kleine leise und berührte die Weiße in der Seite,wollte sie dazu drängen aufzustehen. Doch die Weiße rührte sich nicht. Die kleine schreckte leicht zurück als sie merkte wie kalt und hart das Fell der Fähe war. Die Augen der Weißen waren ebenfalls geschlossen, so dass man denken konnte sie würde wirklich nur schlafen.

„Mama!... Mama steh doch auf, du bist so kalt....“

Versuchte die Kleine die Weiße wieder dazu zu drängen aufzustehen, und stupste ihr nun kräftiger in die Seite. Aber es war vergebens die Weiße rührte sich nicht. Sie war tot. Nun leckte die Kleine ihrer Mutter über die Lefzen, dies hatte sie immer schnell wach gemacht, meist war sie dann direkt aufgesprungen und hatte die Kleine dann spielerisch ins Ohr gezwickt. Ja dann hatten Beide immer gelacht. Doch nun tat sich Nichts. Die Weiße rührte sich keinen Zentimeter und auch ihr Brustkorb hob und senkte sich nicht mehr.

„Mama .. Steh doch auf..du machst mir angst...bitte steh auf“

Wimmerte die Kleine und schmiegte ihren Kopf ganz eng an den Hals der weißen Fähe, doch sie hörte keinen sonst so vertrauten Pulsschlag ihrer Mutter, der ihr sonst immer soviel Sicherheit gegeben hatte. Nein da war Nichts was man hören konnte, Nichts, was einem spüren lies wie nah man sich war. Da war nur die kälte und die Steife, die Härte die der Tod mit sich brachte, welcher seine eisigen Klauen schon um die Weiße geschlossen hatte.
Stille und Einsamkeit schlichen sich nun ein, genau so wie der Gedanke, den am meisten geliebten Wolf nun verloren zu haben. Das ganze Leben der Kleinen lag nun wie in Scherben vor ihr. Die ganze kürze wurde ihr bewusst, wie kurz sie nur mit ihrer Mutter die Zeit geteilt hatte. Nach dem Tod des Schwarzen Rüdens, den Gefährten der Weißen und dem Vater der Kleinen war die Zeit schon schwer geworden und vieles hatte sich in so kurzer Zeit geändert. Doch es hatte auch Gutes mit sich gebracht, nämlich das die Beiden Mutter und Tochter noch unzertrennlicher wurden. Ale Bande jedoch haben einmal ein Ende und dass hatten sie nun. Doch jedes Ende war ein Neuanfang oder?

„Mama...Mama du kannst mich doch jetzt nicht hier allein zurück lassen, ich liebe dich doch, du bist doch meine Mama...“

Wimmerte die Kleine und in ihre Augen trat ein Ausdruck, welcher verloren und leer, Traurig und zu tiefst verletzt wirkte.

„Du bist doch das Einzigste was ich noch habe, was soll ich den ohne dich tun.... MAMAAAA!!“

Das letzte Wort schrie die die Welpin fast förmlich vor Verzweiflung. Und in diesem Moment brach eine ganze Welt für sie in sich zusammen und hinterlies nichts außer einem Scherbenhaufen der Errinnerungen und Gefühle. Sagt man aber nicht wenn du denkst es geht nicht mehr kommt von Irgendwo ein Lichtlein her? Nun wohl nicht für die Kleine, in diesem Augenblick wollte sie nur noch weg, weit weg von all dem. Irgendwo in die tiefen des Schnees, einfach nur rennen und Alles hinter sich lassen. Einfach an nichts denken und rennen nur rennen. Sie suchte sich einen Weg aus der kleinen Höhle in den Schneesturm heraus und zog scharf die kalte, eiskalte Luft ein. Der Wind zerzauste und durchfuhr das flaumige Fell der kleinen Welpin und lies es zu allen Seiten abstehen. Auch setzten sich nun die Schneeflocken auf den Pelz. Doch dies Alles ließ die Kleine nicht stoppen als sie nun Anfing zu rennen, versuchteschneller als der Wind zu rennen. In dem tiefen Schnee jedoch gelang ihr es nicht, es war eher ein Kampf,jeder einzelne Schritt ein Kampf durch den Schnee. Nach einer Weile blieb sie stehen,sie hatte sich schon ein gutes Stück von der Höhle entfernt. Ihr Blick richtete sich nun gen Himmel und sie sah hoch empor in die tanzenden Schneeflocken und versuchte irgendwas, irgendetwas Vertrautes in dem Himmel zu finden was auf eine Besserung schließen ließ. Doch das verhoffte Lichtlein blieb aus.
Sie war schon wieder wenige Minuten weiter gegangen als sie durch den Sturm ganz in der Nähe ein Heulen vernahm. Das Heulen klang nach Autorität, aber auch nach irgendetwas Vertrautem, etwas das von wärme kündete. Da der Wind jedoch so brauste dachte die Kleine bald das sie es sich nur eingebildet hätte und blieb nach einer weiteren Weile nach dem sie auf das Heulen zugelaufen war stehen und lies ihrer Seitz ein Heulen erklingen. Jedoch war es die Trauer und die Hoffnungslosigkeit die es antrieben und der Botschafter die Einsamkeit.


[Nicht sehr weit von Nouri und Huesca entfernt ]



K E N Á O


Sekunden, Minuten, Stunden – Wie viel Zeit wirklich verging vermochte der Rüde gar nicht zu sagen. Das Gefühl für Zeit war ihm verloren gegangen. Noch immer fielen die Kristalle aus gefrorenen Wasser zu Boden, eine Gemeinschaft die dicht zusammenhielt und eine klare Sicht unmöglich machte. Die Gestalt des Rüden war mittlerweile unter einer Decke aus Schnee verborgen, einzig seine Augen und Ohren blitzten heraus. Die Gebgegebenheiten zerrten an den Kräften, allein dieses Sitzen kostete schon Unmengen von jener. Er musste weiter. Jede Sekunde, die verging konnte Leben kosten. Seines inbegriffen. Mit sichtlicher Mühe hievte der Rote seine steif gewordene Hülle empor. Es war sein Ehrgeiz der ihn die Stärke dafür verlieh.

Eine Pfote vor die Andere. Er musste es schaffen. Schmerz durchfuhr seinen Körper, die Kälte hatte seine Bewegungsfreiheit sehr stark eingeschränkt. Seine Lefzen zuckten unruhig nach oben. Keine Schwäche zeigen, das war die Einstellung des Roten, doch jetzt im Augenblick fiel es ihm wirklich schwer. Wenn er auch nur ahnen könnte, dass ein Wolf ganz in seiner Nähe ebenso rastete, wie er selbst, würde der Rüde ein ganz anderes Verhalten an den Tag legen.
Die Nase in den Wind hebend blieb ihm die verräterische Witterung verborgen, etwas was das Leben des Roten ganz schnell beenden könnte.

Die Zeit der Rast war vorbei, diese Entscheidung hatte Kenáo getroffen. Und ohne es auch nur zu ahnen steuerte er auf den Fremden hinzu. Jede Minute brachte ihn näher an eine mögliche Gefahr. Denn Gefahr steckte ihn jedem Wolf ...


[ganz in der Nähe von Bjartr]

(ich weiß es kurz, aber ich wollt auch nicht länger aufhalten.der text war schließlich mehr als überfällig (Smile



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BeitragThema: Re: Spätherbst 1874   Spätherbst 1874 Icon_minitimeFr Nov 19, 2010 5:39 pm

H U E S C A



Sie träumte von Monstern die sich in Baumwipfeln versteckten und sie mit dämonisch roten Augen anstarrten, sie träumte davon wie sie eigens davonschwebte und starb - einfach so als würde kein Faden sie jemals im Leben gehalten haben. Sie war eine Verlorene unter den Wölfen, eine glücklose Fähe die nicht wusste we ihr geschah. Sie träumte davon wer sie wirklich war. Dunkle Schatten legten sich auf ihren noch dunklereren Pelz, rissen sie von dieser Realität und warfen sie lieblos in die Ecke der Verdorbenheit. Da waren all die Wölfe vor ihrer Zeit, Wölfe die ebenso das empfanden wie sie: wir sind keine Wölfe der Gemeinschaft, denn diese Gemeinschaft hat uns zu ehrlosen Kreaturen gemacht, zu Ausgestoßenen, zu widerlichen Giftwölfen! Ja JAAAAA!

Ein Zittern ging durch ihre Läufe, denn war der Traum mehr als seltsam, er verletzte innerlich und wenn sie aufwachen würde, würde sie das Gefühl haben noch zu schlafen. Der Schnee auf ihrem stattlichen Leib began zu atmen und die Worte im Traum zu flüstern die die Wölfin im Traume hörte: hör mir zu Wölfin - graue Wölfin. Ich bin die Kreatur die ihren Gestank verbreitet. Hüte dich vor mir, denn ich werde deine Welpen fressen, deinen Bruder fressen...die rote Sonne.... dein dein dein...
Die blauen Augen rollten hinter trockenen Lidern, wollten herausspringen und diesem bösen Traume weichen: verschwinde von mir! Lass mich in Ruhe! Doch er rüttelte mehr und mehr an ihr und warf sie durch den matschigen Schnee der die Farbe von Blut annahm.

"Ich rufe euch, ich zeige euch den Weg. All die Wölfe dort draussen - ich zeige euch den Weg, gebe euch Hoffnung, Liebe. Hört mich an (Höre mich an, Kreatur die ich nicht haben will) ... folgt mir (verschwinde von hier) und ich werden euch Schutz bieten (und dich vertreiben). Kommt zu mir und ich werde euch Liebe (Hass) geben."

"HAU AB, VERSCHWINDE!!!"

Die schwarze Wölfin riss sich dem Traume los. Aufgewacht endlich war sie aufgewacht, doch sah sie nichts als weiß...diese Kälte! Angst? Ihr Atem war schnell, ihre Lungen schmerzten, das Herz pochte rasend schnell. Schneebrocken stoben aus dem Erdboden und prallten Meter weiter wieder auf und heraus kam die schwarze Schönheit-keuchend, ängstlich und so klein....zu klein für diese Welt. Sie torkelte auf sie zu....diese graue Wölfin die sie aus dem Traume geweckt hatte. Sie sollte dankbar sein, doch sie war es nicht, denn war diese Graue ein Dämon in den Wipfeln der Koniferen. Doch nach und nach verschwand der Schreck des Traumes und ließ sie wieder denken, langsam zu sich kommen. Der Dämon nahm die Gestalt einer grauen Wölfin an...Wölfin zu der sie im Traume geschprochen hatte. Doch wie war das möglich, war der Traum doch nur Fantasie und nicht der Sohn der Realität.

Die schwarze Wölfin schob den Schnee bei Seite und schuf einen eigenen Weg, auf auf. Kleine graue Wölfin wartet schon auf ihre Schäfchen auf das sie diese führen kann. Nein! Sie konnte die Schwarze nicht führen, verbreitete den Duft der ihr nicht behaglich war. Wer? Das war egal. Die Schwarze warf sich zärtlich über die Graue und bließ heissen Atem in ihren Nackenpelz. Es war eine groteske Szene einer grotesken Wölfin deren Verstand ein flüge gewordener Vogel war. Lautlos blieb die Schwarze und rollte sich vom mageren Rücken der Grauen ab, ließ sich in den Schnee fallen und blieb auf den Rücken liegen. Grotesk!

"Ich werde dir folgen Wölfin, allein um dir zu zeigen das in dieser Zeit der Menschen nicht nur Freunde auf ein Glück lauern..."

die Schwarze hielt inne um einem fernen Heulen zu lauschen. Etwas rief nach der Grauen. Kurz schnaubte die Schwarze und bleckte die Zähne.

"...sondern auch Feinde ... edle Wölfin"

Etwas an diesem fernen Heulen gefiel der Schwarzen. Es wirkte sehr schwach und traurig...sehr .... verletzlich. Es war ein Welpe, alleine. Ganz allein. Die Schwarze stand auf und schüttelte sich. Nun erst sah man wie abgemagert und doch stark die Schwarze wirkte. Was würde sein wenn das Glück auf ihrer Seite sein würde? Wenn die Schwarze wieder all die Kraft bekam die ihr zustand? Dann, dann würde sie der wahre Feind sein... oder, was? Blaue Augen blickten die Graue an.

"Ich werde kein Feind sein, Wölfin. Aber ich bin auch kein Verbündeter in guten Zeiten. Ich werde neben dir leben und Alles wissen was mit deinem Rudel passiert. Ich werde die Krähe sein die hoch über euch fliegt und manchmal werde ich auch der Mensch sein der euer Leben bedroht. Das Alles muss sein, Wölfin. Ohne das Gute kann das Böse nicht existieren. Das Böse ist kein Freund, kein Feind. Abhängigkeit."

Sie lachte leise und drükte ihre kalte Nase in das Halsfell der Grauen. Noch saß der Traum tief in ihrem Kopf fest. Sie unterdrückte das Zittern in ihren Läufen.

"Das verlorene Schäfchen ruft nach dir. Rette dein erstes Rudelmitglied vor der Kälte. Die kleine Welpin hat ihr Herz verloren."

Wie wissend!




[bei Nouri]



B J A R T R


Langsam war der Rüde weggedöst und hatte sich in wirren Träumen verlaufen. Die Schatten von vorhin, die weißen Riesen, wieder verfolgten sie ihn und trieben ihn in ein undurchsichtiges Labyrinth. Weiße Flocken, die sich zu Wänden auftürmten und ihn immer weiter trieben. Ein Wald war seine Zuflucht und die Baumstämme schienen den Verfolger vorerst zu stoppen, schnitten tiefe Spalte in die Schneewand. Doch plötzlich erreichte er eine Lichtung und seine Kräfte schwanden, die Kälte übermannte ihn und wieder versuchte er, mit einem Knurren die Gegner zu vertreiben. Das Knurren verhallte ungehört, wurde geschluckt vom Heulen des Windes.

Bjartr schreckte aus dem Traum auf und auf der Suche nach irgendetwas Bekanntem zuckte sein Kopf nach oben. Doch hier war nichts in diesem lebensfeindlichen Sturm, das ihm in irgendeinster Weise Hoffnung bereiten konnte. Mühsam streckte er die steifen Glieder und spürte, wie die Kälte ihm die Kräfte raubte und seine Wahrnehmung trübte. Langsam hob sich der graue Pelz unter der weißen Schneeschicht an und nach einem kräftigen Schütteln zeigte sich ein dunkel-hell melierter Wolf, dessen Bernsteine versuchten, die Umgebung zu scannen. Nichts zu sehen und das beunruhigte ihn langsam. Er konnte die Gefahr nur ahnen, die dieser Sturm mit sich brachte, so wie er ihn noch nie erlebt hatte.

“Was planst du, alter Freund? Welches Ziel verfolgt dein rohes Treiben?“

Er wandte den Blick gen Himmel und erschauderte unter der dunklen Bedrohlichkeit, zu der sich das weiße Treiben ballte. Bjartr brauchte einen sicheren Platz, eine Höhle, irgendwas. Doch hier draußen war seine Überlebenschance lächerlich gering, vor allem wenn man bedachte, dass sein letzter Jagderfolg schon eine Weile zurücklag. Daher quälte er sich, setzte die Pfoten voreinander und kämpfte gegen den Wind an. Plötzlich erspähte er eine Gestalt und abrupt verharrten die Bewegungen des Grauen. Er duckte sich gegen die Gewalt der Sturmböen und kniff die Augen zusammen, um den Fremden besser zu erkennen. Ein roter Dämon, der sich langsam näherte. Was wollte er? Mitten aus dem Wind erschien das Wesen und ging scheinbar mühelos seines Weges. Für Bjartr kein gutes Zeichen. Doch was hatte er jetzt schon noch zu befürchten, nachdem beinah all seine Kräfte verbraucht und sein Wille fast gebrochen war? Vielleicht war es auch nur wieder eine der vielen Halluzinationen, die er schon längst für Wirklichkeit hielt.
Er stieß ein Heulen aus, das von einer plötzlichen Böe direkt zu dem Roten getragen wurde.

“Gib dich zu erkennen, roter Dämon, die Furcht ward mir genommen vor dem Tod! Überbringe, was du musst und dann kümmere dich um die übrigen rastlosen Seelen, die hier an diesem Tag ihr Leben lassen sollen.“

Ein plötzlicher Zorn, getragen von Verzweiflung sprach aus seiner Stimme und mit gesenktem Kopf hielt er der Naturgewalt stand, in Erwartung eines Endes, denn von nichts anderem konnte der Rote seiner Meinung nach künden.




N O U R I


Seelenwächter.
Zarte, kleine Lichter, die tanzten und leuchteten. Grünlich. Weißlich. Bläulich. Schimmernd. Leicht. Sie zitterten, schwebten, zogen seichte Kreise durch unendliche Schwärze, wie Sterne, die die weiten des Himmelzeltes einzeln kaum merklich erhellten. Zusammen jedoch, in ihrem verbündetem Schein, strahlten sie Ruhe aus, Ruhe und einen Hauch von Einsamkeit, trotz dass sie nicht alleine waren.
Jede von diesen sanften, verletzlichen Geschöpfen besaß sein eigenes Perikop, die eigene, in sich geschlossene Geschichte, die sich stets ein wenig wandelte. Hier ein Licht ein wenig heller funkeln ließ, dort eines ein bisschen verblassen.
Enden jedoch, enden würden sie alle gleich.
Irgendwann würden sie ihren Glanz verlieren, langsam aber sicher durchsichtiger werden, bis sie sich im dunklem Hintergrund verlören.
Und verschwinden, um irgendwo, in unbestimmter Ferne wieder zu erscheinen, und ein neues Leben zu beglücken, eine neue Geschichte zu Schreiben, ein neues Licht erblühen zu lassen.

Bis dahin würde es stets einen anderen Strahl geben, ein Glimmen, was sich ihrer annahm und sie behütete. Sie beschützte, sie so lange wie nur möglich Leuchten zu lassen.
Ein Hüter, welcher auf Erden grau und unscheinbar war. Jedoch fortsetzend die dunklen, braunen Augen auf die Lichter gerichtet, die sie umgaben und flimmernd umzogen.

Unbarmherzig war der Schnee, unermüdlich die Fähe.
Kalt war das Eis, unbeeindruckt war sie.
Schwer waren die Lasten, leicht war ihr Gang. Im Vergleich dazu, wie sich manch andere Kreatur durch den Sturm trug. Durch die Erholung neue Kraft geschöpft, wie ein Reptil, dass Sonne in sich aufsog und zu den eigenen Gunsten in sich sammelt und sparsam verbrauchte, stob sie durch den weißen Schleier und nutzte nur so viel Energie wie gar nötig war.
War es doch zu riskant geworden, sich an die Reserven zu machen, je stärker der Sturm wieder aufschwoll.
Gefährlich war auch ihr Vorhaben nach Verbliebenen zu suchen, welche womöglich von den Strapazen gereizt und ermüdet waren, denen das Adrenalin und andere Mächte der Natur den Verstand raubten, und die vielleicht negativ auf die graue Läuferfähe reagierten, wenn diese ihnen begegnete. Das war ihr klar – aber es schüchterte sie nicht im Geringsten ein.
Es war nicht gut für ein Leittier, wenn es andere aufgrund ungeahnter Kräfte fürchtete, das hatte sie gelernt.
Und so gerne sie auch Helfen wollte, genauso sehr zeigte sie Kühle und Reservation, um sich selber davor zu bewahren, leichtgläubig in die Krallen der Düsternis zu tänzeln.
Nachdenklicher war sie geworden, teilweise abweisender, denn in der Zeit der Genesung hatte sie viel darüber gegrübelt, was ihre Stellung in der Welt war, und ob jene, die sie neben ihrem Bruder eingenommen hatte, jene war, die sie sich verdiente.
Gleichermaßen hatte sie sich gedanklich mit dem Fremden beschäftigt, dem Rüden, den sie aus nicht wirklich zu ergründenden Argumenten keinesfalls im Rudel wissen wollte – ebenfalls nicht im Revier. Es gab Artgenossen, die hatte man lieber außerhalb der Grenzen, und am Liebsten hatte sie ihn aus ihrem Kopf verdrängt, sich sicher, dass er ihre Warnung beachtet und ihrem schwindeligem Kurs nicht gefolgt war.
Doch irgendein Nagen, ein Knarren, ein Knuspern, was ihr eine unbehagliche Gänsehaut über Nacken und Fesseln, bis hin zu den Zwischenräume der Zehen kribbeln ließ, sagte ihr, dass ihr Hoffen nicht erhört wurde.
Irgendwo dort draußen war er noch.
Irgendwo dort kam er angeschlichen.
Wie ein Schatten, der von der schwindenden Sonne getrieben wurde.

Wie er gab es nicht nur einen Schatten in dieser Welt. Das Tal beherbergte einige von ihnen, womöglich gehörte sie selber auf eine sonderbare Art und Weise zu jenen Verdunklungen.
Einen weiteren lernte sie schnell kennen, wohl ungewollt. Und im Nachhinein würde es sie innerlich leicht erzürnen, dass sie diesen Schatten nicht schnell genug wahrgenommen hatte, um sich dagegen zu wehren, in einer solch erniedrigen Art und Weise Bekanntschaft zu machen.
Denn das andere Tier sprang mit Kraft auf ihren Rücken und zwang sie so sich zu Boden zu drücken – was für ein Alphatier, welches sie war, eine widerspenstige, unerhörte Geste war. Dementsprechend war ihr erster Impuls ein zutiefst aggressives Knurren, ein Röhren aus ihrer Kehle hinaus, was spontan und mit einem Schwall an düsterem Gefühl in ihr hochkam. Wenn auch es ein zärtlicher Sprung gewesen sein mochte, es missfiel ihr, ebenso, wie ihr heißer Atem in den Nacken gepustet wurde, der ihr Nackenfell aufbauschen ließ. Sowie die schwarze Wölfin diese Aktion begangen hatte, wusste die Graue, dass mit Jener irgendetwas nicht stimmte, dass in deren Kopf irgendwelche Fehler waren. Niemand widersetzte sich einem Alphatier, es seihe dann, man war aggressiver Art, erkrankt oder verrückt. Und wie sie den Lauten der schwarzen Fähe lauschte, so war ihr klar, dass diese nicht mehr in Ordnung war.
Sie hob den Kopf und blickte mit einem niederträchtigem Ausdruck auf das andere Tier hinab. Herrisch, unbeeindruckt von deren Geplapper.
Sie starrte die schwarze Kreatur durchdringend an und antwortete, ehe die andere das letzte Wort ihres Satzes gesprochen hatte.
Das Heulen, welches im Hintergrund ertönte, ignorierte sie kalt.
Stattdessen packte sie mit den blanken Zähnen feste das Kopffell zwischen den Ohren der Schwarzen, während diese ihre Nase in das Halsfell der Grauen drückte.

» Schwarze Krähe, Schatten, der neben uns lebt, komm und labe dich an meinem Fleisch, meinem Blut, meiner Beute, die ihr dir bringe. «

Was sie sprach, zwischen den zusammengebissenen Zähnen, die Haut und das Haar der anderen schmeckend, war leise und hatte einen rauen Unterton, der beinahe amüsiert erregt klang.

» Treibe dich zwischen dem Schnee umgeben unserer Grenzen, wirble im Wind aber verfliege dich nicht. «

Sie hatte von der anderen abgelassen und blieb vor ihr stehen, ging provokant vor. Sie würde sich nicht unterdrücken lassen. Irre, kleine, Schwarze. Was sie spielte, konnte die Graue auch.

» Denn sei dir dessen bewusst, dass der kalte Sturm meiner Selbst dich umgibt. «

Ihre Augen waren dunkel, ihre Stimme immer noch rau und mit diesem seltsamen, feixendem Unterton.

» Und vergiss nicht, dass es nicht die Natur des Winters ist... «

Sie hatte die Ohren zu der Schwarzen gedreht, den Blick allerdings schon in die Dunkelheit zwischen dem Schnee hinter dem Krähenwolf gerichtet.

» ...Gnade walten zu lassen. «

Ihre Augen blitzten, sie bleckte der Ferne die Zähne, wie schon einmal, als sie den fremden Rüden hatte signalisieren wollen, dass er sich fernzuhalten hatte. Parallelen waren dort, denn auch ihn hatte sie dabei nicht angesehen, die Geste hatte ihm trotz dessen gegolten. Auch diese Aktion galt jemandem, den sie nicht ansah, diesmal aber der Schwarzen.
Nur, dass sie dieses Mal ein schelmisches Glimmen in den Pupillen mit sich trug, ein ein wenig irres, belustigtes Leuchten.
Ohne ein weiteres Wort drehte sie sich leicht zu Seite und schritt los, dem Heulen entgegen.
Nach ein paar Schritten blieb sie stehen, gab ein kurzes Bellen von sich, was in ein wieder raues Heulen überging.
Sie wusste nicht, ob ihr die verrückte Fähe folgen würde – womöglich schon, denn sie hatte ihr schließlich Nahrung angeboten, trotz dass sie sie energisch zurechtgewiesen hatte. Ein unfreundliches Willkommen – wäre es gewesen, wenn sie einem wohlgesinntem Genossen mit klarem Verstand gegenüber gestanden hätte, was hier laut ihrer Meinung nicht der Fall war. Eine verrückte würde sie nicht wie die anderen behandeln. Wer ruppig mit ihr, der Grauen, umging, hatte mit nichts anderem als einem ebenso unzartem Verhalten zu rechnen.
Das Gesicht von der Schwarzen abgewandt hielt sie nach einem schwachem Bündel Ausschau. Einige Meter entfernt regte sich etwas, und steifbeinig stand die Graue dort und betrachtete das Bündel, kurze Lautmeldungen von sich gebend, um der Kleinen zu zeigen, wo sie war.
Sie rief nach einem Welpen, der eigentlich ihre ganze Aufmerksamkeit verdient hätte. Wärme. Liebe. Geborgenheit. Aber in diesem Moment war sie abgekühlt und mit dem Kopf bei der Krähenwölfin.
Törichte, verrückte Alte.

Und die Graue, sie, der Winter, merkte, dass sie leicht lächelte.


[südlich des Rudels || bei Huesca, sichtnähe von Ailiná]



A I L I N Á



Die Blicke der kleinen Fähen glitten durch den Schnee und verloren sich anscheinend genau wie die Schneeflocken im Wind um mit ihnen zu fliegen. Das Schnee treiben malte helle Muster in den Himmel und spielten der Kleinen einen Streich. Oder waren es doch nur ihre nerven die mit ihr durch gingen? Sie konnte es nicht sagen. Die kleinen Ohren hatte sie schon gänzlich angelegt und kämpfte sich nun immer weiter durch den Schnee. Der immer dichter und kälter zu werden schien. Aber hatte ein Welpe überhaupt eine Chance durch diesen Herbst geschweige denn durch den Winter mit seinen eisigen Temperaturen zu kommen? Wohl eher nicht. Sie war wirklich falsch geboren und das wusste sie. Aber es waren dauernd fragen. Nur Fragen, aber ja sie stellte sich all diese Fragen.
Wieder sah sie hoch in den Himmel nun mit aufgestellten Ohren um nach etwas bekanntem zu lauschen doch nun war Stille,oder der Schnee hatte alle Geräusche gedämpft. Traurig lies sie den Kopf hängen, hatte der Wind ihr wohl mit den Ruf einen weiteren Scherz gespielt. Sie hätte es wissen müssen. Weiter schritt sie gegen den drohenden Wind an der ihr die Schneeflocken ins Gesicht blies, welche durch den Wind zu tanzen schienen. Einen weiteren Moment hielt sie inne, sodass sie dem Spiel der Schneeflocken aufmerksam folgen konnte. Es sah wirklich wie ein anmutiger Tanz aus, wie die weißen Flocken durch den Stürmischen Himmel tanzten ganz so als wollten sie gegen die Schlechte Laune rebellieren. Oder kämpften sie grade für diese und kündeten sie von genau von dieser?Wieder eine Frage die sie nicht beantworten konnte.
Grade als sie auch noch den letzten Funken Hoffnung in den Wind streuen wollte hörte sie das Heulen erneut. Schlagartig schossen ihre Ohren Lauschend nach oben, ihr Blick in die Richtung des Rufes. Durch den Schnee hindurch sah sie die graue Fähe und weiter hinten sah sie noch etwas, aber sie konnte durch den Schnee nicht sagen was. Vielleicht noch einen Wolf? Langsam bahnte sie sich einen Weg durch den Schnee auf die graue zu. Nun funkelte in den Augen der Kleinen Hoffnung und dieser Bestimmte Funken, der von Überlebenswillen kündete. Aber in den Augen der Welpin regierte vor allen tiefe Trauer.
Sie hielt den Kopf gesenkt, sie war noch nie mit anderen Wölfen außer ihren Eltern in Kontakt gekommen und hoffte es so richtig zu machen, denn sie wollte auf garkeinen Fall unhöflich erscheinen. Egal was passiert. Hatte ihre Mutter immer Gesagt. Behandel dein Gegenüber mit Respekt so wie du auch möchtest das es dich behandelt und vor allem die Höheren und älteren Wölfe muss man mit repeckt begeknen.Ja das hatte sie immer gesagt. Trauer überfuhr sie bei diesen Gedanken.


[Bei Nouri und in der Nähe von Huesca]



K H Á Z U N


Hoffnung war es.
Ein Wort, was ein Gefühl beschrieb, irgendeine beliebige Bezeichnung für etwas, was ein warmes Gefühl in einem hervorrief, welches erregend im Brustkorb bis zur Kehle vibrierte und einen erzittern ließ. Eine Emotion, an die sich der Verstand verzweifelt klammerte, wie wenn man sich an einen Stein inmitten reißender Fluten presst.
Lediglich etwas, was weder Hand noch Fuß besaß, denn man konnte es nicht anfassen, nicht sehen. Es war etwas, was man nur fühlen konnte, und durch das es so furchtbar schwer zu begreifen war.
Aber es war stark.
Wirbelnd und warm in seinem Körper, strömte es in jede Faser und ließ sie aufleben. Es galt durchzuhalten.
Und Hoffnung war es, dieses unwirklich, unfassbare etwas, was ihn unaufhörlich antrieb, dort, wo schon alles andere kläglich versagte.

Er war niemand, der schnell aufgab. Womöglich hatte er nur deswegen überlebt. Gewiss hatte ihn seine Familie gütig und liebevoll umsorgt, doch letzten Endes waren sie auch nur sterbliche Wesen, die ihr Kind nicht vor allem beschützen konnten. Begegnungen, Erfahrungen musste er alleine sammeln, oder mit seinen Geschwistern, die dabei oft keine große Hilfe waren.
Bären hatte er schon gesehen, starke, große, die eigentlich angenehme Genossen waren, hatten sie selber keinen Nachwuchs, um den sie sich sorgten. Kam man ihnen dann zu Nahe, besonders ihren Kleinen, so konnten sie auch anders reagieren, als mit genügsamer Gleichgültigkeit.
Gewitter hatte er durchlebt, in denen sie stundenlang gelaufen waren, immer die Höhle vor Augen, immer das Alphatier im Blick, was mit kleinen Gesten und ohne große Worte alle leitete, sie mit aufmunternden Blicken weiterbrachte, mit einem Rutenschlag dirigierte und ihnen den Weg zeigte.
Aber letzten Endes war er doch immer allein gewesen, wie jeder. Alle mussten schauen, wo sie blieben, denn die treibende Kraft konnte ihnen nicht überall helfen. Es galt Kompromisse zu finden, bei allem, was sie taten. Kompromisse, die nichts anderes hießen, als dass jeder so gut wegkam, dass er glaubte, es ginge ihm selbst am Besten.
Seihe es nun der Schlafplatz, die Position im Lauf oder die Größe des Fleischbrockens, den man erbeutete.
Und er hatte es geschafft, meistens jedenfalls, dieses Gefühl zu erlangen, dass er etwas gutes mit dem erreicht hatte, was er bekam.
Und auch jetzt strebte er danach, etwas gutes zu erreichen.
Das größte Fleischstück zu klauben.
Das Rudel zu erreichen, und seinen Platz einzunehmen.

In gewissem Maße war es reichlich dreist von ihm sich soweit vorzuwagen, in ein Gebiet, welches ihn nicht Willkommen hieß. Oder zumindest zu Artgenossen, welche ihn nicht bei sich wissen wollten.
Aber Verzweiflung, die die Hoffnung in ihm aufgeweckt hatte, brauchte etwas, wonach sie sich richten konnte.
Und das waren andere Wölfe, gut gesinnte, oder schlecht gesinnte. Hin oder Her, es waren ebenfalls Wölfe und er mochte schon die Gesellschaft jener, die ihn nicht an sich heranließen. Lieber das, als vollkommen zu vereinsamen.
Er kannte das Gefühl der Einsamkeit. Es war ganz anders als Hoffnung, es war kahl und roh, entblößte die unschönen Seiten seiner Selbst und trieben ihn dazu Dinge zu machen, welche er für gewöhnlich strengstens unterließ.
Angenagte Vorderbeine galten dazu, gerupftes Fell, welches er sich mit den Zähnen selbst von der Haut schabte, um mit dem ziehendem Schmerz den Druck zu überspielen, der verdächtig nahe dem Herzen war.

Diese Zeiten waren vorbei, das schwor er sich. Das Fell war gut nachgekommen, ansonsten wäre er mit geschundenen Beinen nicht sehr weit gekommen.
Jetzt, wo er körperlich, abgesehen von der Erschöpfung dank fehlender Nahrung, gut im Stande war, hatte er bessere Chancen zu überleben. Er erhoffte sich bei dem Rudel als eines der Jagdtiere aufgenommen zu werden, da er mit seinen sehnigen Läuferbeinen lange Strecken ausdauernd und in recht hohem Tempo gut durchhalten konnte. Er war ein guter Jäger, ein angenehmer Zeitgenosse, der in seinem alten Rudel für eine aufgelockerte Stimmung gesorgt hatte und den verspielten Welpen in einigen an so manchem Tage hervorgerufen.
Er war nicht schlecht, aber irgendetwas schien eben doch die Fähe abgeschreckt zu haben.

Kház selbst, sowie auch die Fähe, wussten nicht, was es war.
Sie wussten nicht, wie riskant es war, mit ihm zusammen zu leben.
Ihm war es gleich.
Ihr nicht.

Konnte es vermutlich auch nicht, denn soweit er das gerochen hatte, soweit er es wahrnehmen konnte, war sie ein Alphatier. Diese kümmerten sich schließlich um ein Rudel von Wölfen, und sie konnten Gefahren nicht einfach in das Revier eindringen lassen.
Dass er anscheinend eine Gefahr darstellte übersah er schlichtweg.
Es war schöner, nur das Gute zu sehen.

Er kam immer mehr auf die Höhle zu, der Geruch der Wölfe wurde stärker. Intensiv setzte er sich in seiner Nase ab, und machte ihn innerlich ganz kribbelig.
Nervös lief er einige Schritte nach rechts, machte kehrt und lief zurück nach links, wo er sich nach einer Weile erneut umwandte. Trotz dass er unbedingt zu ihnen wollte, wusste er, dass er nicht einfach dort hin Spazieren konnte.
Zumal er zu aufgeregt war, um einfach den Hügel hinaufzugehen.
Zögernd lief er etwas vor.
Setzte sich leicht hin, so, dass er direkt wieder aufspringen und einige Meter zurückeilen konnte, wäre es nötig.
Er reckte das Kinn, gab ein Kläffen von sich, drehte nervös die Ohren. Blinzelte. Gähnte, um sich selbst etwas zu beruhigen. Entspannte die Kiefer. Guckte erneut hoch.
Wie zittrig er war...
Er wedelte zaghaft mit der Rute, obwohl er doch niemand erblicken konnte. So wie es schien, war keiner unmittelbar an der Höhle, denn auf seine kurze Aufforderung hatte bisher niemand reagiert.
Doch die Fährte von ihnen war so klar, hob sich so stark vom kalten Eis ab, dass er wusste, dass sie vor kurzem noch hier gewesen sein mussten. Dass sie hier gewesen war.

Wiederholt stand er auf und tänzelte näher. Wartete erneut, bis er erneut ein wenig vorging, und zwei, drei Meter vor dem Höhleneingang sich wie auf Lauer auf dem Bauch niederließ. Die Beine waren angespannt, es sah nur so aus, als würde er Liegen. Tatsächlich aber hockte er mehr da, zur Sicherheit.
Wieder bluffte er zwischen den Zähnen hervor, und schaute interessiert zu dem dunklen Schlund zwischen vom Schnee bedeckte graue Felsen.
Keine Antwort.
Skeptisch blickte er zum Himmel hinauf, von dem weiter Schnee hinabfiel. Es wäre klüger, würde er sich noch mehr nähern. Würde der Sturm noch stärker werden, konnte er sich in Sicherheit bringen. Aber was, wenn sie zurückkamen...?

Das würden sie sowieso. Früher oder später.

Und so entschloss sich der Lichtsplitter, langsam aber sicher, zum Höhleneingang zu kriechen, und sich schräg daneben, mit recht wenigem Abstand zum Eingang niederzulassen.

Den Blick hatte er den Hügel hinab gerichtet. Und er fragte sich, dann die anderen zurückkehrten.


[direkt an der Höhle || allein]



H U E S C A


Oh wie wissend. Wie wissend war das Wissen in dem harten Kopf der Fähe. Wie wissend, dass das Wissen nicht durch Zähne und Abneigung zerstört werden kann. Deshalb nur machte ihr es nichts aus, nein - sie genoss es sogar. Sie genoss den kleinen dumpfen Schmerz der ihr Herz in die Höhe treiben ließ...genoss dieses hastige Atmen der Muskeln. Nur eine kleine, winzige Schramme aber etwas größeres..etwas viel größeres als diese wurde ihr offenbart! Wölfin, du hast gerade eine Freundin fürs Leben gefunden! Eine richtige Freundin! Und nein, es wird mit Sicherheit nicht das sein was ihr nun denken mögt...denn haben verrückte Wesen denn genau die sozialen Kontakte wie die geistig Gesunden? Denken und fühlen sie wie diese oder ist ihre Wahrnehmung so verzerrt das selbst der Tod mit seinen gelben Zähnen wie ein willkommender Partner fürs Leben wirkt? Niemand wusste es ausser die Verrückten selbst...und Huesca mochte dieses verzerrte Gefühl. Sie liebte es, genauso wie sie es geliebt hatte als der erste Rüde sie umarmte und ihr Welpen schenkte. Liebe war Hass und Hass Liebe. Hassliebe. Ihre blauen Augen starrten in den klebrigen Gaumen der Grauen und sie sah wie trocken er war. Winter. Ja, die Graue mochte der Winter sein...aber Huesca war das Gewitter an kalten, stürmischen Wintertagen. Sie zog ihr Gebein kurz an den Körper und gab eine mehr oder minder überzeugende Demutspose dar. Es war nicht das was Wölfe taten wenn sie aufrichtig waren..... ihre bekrallte Hinterpfote strich der Grauen sanft in der Gegend in der sie einmal Welpen tragen würde - vielleicht. Vielleicht würde es sie einmal geben und Huesca würde sich einen von ihnen aussuchen müssen. Es würde das letzte Opfer darstellen das sie bringen würde. Das letzte Wesen welches all das bekommen würde was andere zuvor nicht bekamen. Krank. Krankhaftes Blut floss durch krankhafte Adern und manchmal, ja, manchmal tat es sehr weh und sie wollte es nicht haben. Auch das wurd ihr klar als die Graue von ihr abließ und im nebligen Winterhimmel verschwand.

Was zurück blieb? Große Bewunderung und Neid. Die Wölfin hatte andere Wölfe, ein Rudel... und wer weiß doch wie glücklich man sein konnte. Die Schwarze, die Krähe würde ihr folgen, sie beneiden, hassen und lieben. Und sie eines Tages velleicht sogar im Tode begleiten. In einem angemessenem Abstand blieb sie hinter ihr. Ein Balg hatte sie gefunden. Ein einfaches verdammtes Balg welches seine Mutter verloren hatte. Huesca grinste und knurrte leise, sanft, fast zärtlich. Sie hasste fremde Bälger die verlangten aufgenommen zu werden.

"Lass es sterben",

hauchte Huesca und leckte sich über die Schnauze. Die Graue würde es nicht hören...nein, nicht durch den Gehörgang. Aber die Graue würde wissen was die Krähe drüber dachte.

"Lass es verrecken. Es wäre eh gestorben. Hat es schon etwas zu bedeuten wenn du daherkommst und es mitnimmst? Es wird nach mehr verlangen, immer mehr. Diese kleinen Drecksbiester wollen mehr...und irgendwann wollen sie dich. Sie werden dein Rudel wollen. Alles werden sie nehmen...auch die rote Sonne, graue törichte Wölfin."

Die Krähe hörte auf zu Lächeln, ja auch hörte sie plötzlich auf zu atmen. Sie wusste wieso und auch gleich wieder nicht wieso.
"Mach doch was du willst", lief es flüchtig aus ihren Gedanken heraus und drehte sich um, starrte irgendwo hinter sich und fragte sich...wieso...wieso das alles so ist wie es nun ist. Sie fand das Sein plötzlich seltsam lächerlich. Verwirrt schüttelte sie den breiten Kopf, hilflos der Tatsache ihrer Verwirrung. Und wieso sie verwirrt war. Vorsichtig blickte sie zu Boden und "entdeckte" die Pfotenabdrücke der Grauen. Huesca hob ihre rechte Pfote und setzte sie sanft in die Spur...größer, die Pfoten der Grauen waren größer. Kurz schauderte sie ehe die schwarze Krähe mit einem wutentbrannten Knurren die Spur der Grauen zerstörte. Und fortging. Einfach langsam fortschlich. Sie hatte im Moment genug der sozialen Kontakte, doch sie würde die Graue beobachten...jeden einzelnen verdammten Schritt.


Und jede einzelne Spur ausradieren wenn es sein musste.


[bei Nouri, dann abseits, dann fort aber ganz in der Nähe Wink]



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Spätherbst 1874 Vide
BeitragThema: Re: Spätherbst 1874   Spätherbst 1874 Icon_minitimeFr Nov 19, 2010 5:40 pm

K E N Á O


Verborgen war ihm die Witterung des Wolfes geblieben, auf jenen er gradewegs zu steuerte. Es war nicht seine Absicht gewesen sich oder den anderen in Gefahr zu begeben, waren die Kräfte doch schon dem Ende nahe – verbraucht durch jene Naturgewalt, die geradewegs über den Köpfen der unschuldigen Seelen hinüber zog. Nur dumpf hallten die gesprochenen Worte des Fremden in den Ohren des Roten wieder. Es war ein wirklich unangenehmes Gefühl, so gemischt mit dem rauen Wind. Doch verstand er den Sinn dahinter.
Ein roter Dämon sollte er sein? Trotz der misslichen Lage, in der sie sich in diesem Augenblick befanden, verzogen sich die Lefzen zu einem scheinbaren Lächeln. Der fremde Rüde – dass hatte Kenáo zumindest mittlerweile festgestellt – musste ihn für den Tod in Wolfsgestalt halten. Ein amüsanter Gedanke. Dabei war das Ziel des Roten doch das genaue Gegenteil – er setzte sein eigenes Leben aufs Spiel um andere, fremde Seelen zu retten.

Noch schemenhaft waren die Umrisse, doch mit jedem recht mühsamen Schritt wurde der Antlitz des Fremden deutlicher. Jung war der Rüde, zwischen ihm und dem Rotem standen bestimmt so einige Frühjahre. Vielleicht gerade das erwachsenen Alter erreicht stand er also schon alleine auf seinen Pfoten und kämpfte bei diesem Sturm ums Überleben. Was ihn wohl dazu veranlasst hatte, zu Beginn des Herbstes seine Familie zu verlassen?
Fakten, die jetzt grade nicht von Bedeutung waren, wie Kenáo für sich entschied.

„Kenáo werde ich eigentlich genannt. Roter Dämon erklingt mir als nicht ganz so passend. Denn euren Tod will ich nicht. Eher im Gegenteil Fremder. Jüngst hatte ich mich auf dem Weg gemacht und mein Rudel in Sicherheit zurückgelassen, um einsamen Wanderern wie ihr es seid, den rechten Weg zu weisen. Also entweder ihr verharrt weiter in dieser Kälte und werdet irgendwann jämmerlich zu Grunde gehen oder ihr folgt mir. Noch kann ich euch den Schutze einer Gemeinschaft gewähren.“

Seine Worte entsprachen der vollen Wahrheit und die Ernsthaftigkeit seiner Stimme ließen auch keinen Zweifel daran. Es war nicht die Zeit für Scherze oder lange Diskussionen. Der Schneefall wurde immer dichter und die Kälte immer unerträglicher. Es hab Momente in denen der Rote es zu tiefst bereute die Wärme der Höhle hinter sich gelassen zu haben. Aber so war er halt. Das Leben andere ging in seinen Augen vor, vorausgesetzt sie waren ihm gut gesinnt. In diesem Augenblick zeugte von dem Grauen keine Gefahr und er erweckte auch nicht den Eindruck, dass er noch genügend Reserven besaß um einen Hinterhalt anzuführen. Hier ging es grade um das nackte Überleben.

Den Blick weiter auf den anderen Rüden haftend, wollte der Alpha allerdings so langsam den Heimweg antreten. Der Weg war noch lang und Zeit durften sie keinesfalls verlieren. Er musste langsam zurück. Denn tief in seinem Herzen spürte der Rote, dass seine Schwester ebenfalls den Weg nach draußen gewagt hatte. Um sie hatte er Angst. Deswegen wollte er zurück, um da zu sein, falls sie ihn brauchte.

„Was ist jetzt? Wollt ihr mir folgen? Die Zeit ist bei diesem Sturm sehr knapp bemessen.“

Die Dringlichkeit zeigte sich in seiner Stimme und in seiner Körperhaltung. Er war bereit zu gehen – zur Not ohne den Fremden ....


[bei Bjartr | auf den Rückweg zur Höhle.]



N O U R I


Einen Moment lang, war es Nichts.
Einen Moment lang, war es nur Spaß.
Einen Moment lang, war es ein gefährliches Spiel.
Sie wussten es, sie beide.
Ohne, dass es einer aussprach, denn das wäre nicht nötig gewesen.
Heikel war es, denn beide konnte man nicht genau einschätzen, jene beide Seelen, von denen niemand zu sagen vermochte, ob ihre Gesinnung in diesem Augenblick eine wirklich Gute, oder eine wirklich Schlechte war. Irgendetwas dazwischen? Es schien wie ein makaberer Scherz, wie die Graue der Schwarzen die Zähne in die Haut schlug, feste genug, um einen Schmerz verspüren zu lassen, nicht feste genug, um es als einen tatsächlichen Angriff anzuerkennen. Es war eine Warnung, und gleichzeitig einfach nur ein Spaß, wie ihn Welpen untereinander austauschten. Welpen waren teilweise grausam, gingen ruppiger miteinander um, als es viele der Erwachsenen taten, denn sie testeten ihre Grenzen aus, wollten einander unterwerfen, suchten noch ihren Platz in der Welt, den die Großen schon meist zielsicher eingenommen hatten.
So auch die Graue, die ihre Alphastellung klar umgrenzte.
Andererseits aber schien sie auf einer anderen Ebene nicht sicher zu sein. Die des Ranges war deutlich, die persönliche jedoch recht verschwommen und unklar, wie das Blickfeld durch den steten Schnee hindurch.
Und das lag daran, dass sie trotz des warnenden Instinktes in sich fühlte, dass sie rege Sympathie der Verrückten gegenüber hegte.

Das war recht konfus. Denn obwohl ihr durchaus bewusst war, dass die Wölfin nicht zu unterschätzen war, da man aufgrund deren Irre nicht wirklich sagen konnte, wie sie reagierte, fühlte sie sich ihr gegenüber nicht verfeindet. Etwas skeptisch, irgendwo, aber nicht sehr negativ gesinnt, wie sie es dem Wolf gegenüber empfand, den sie nicht einmal gesehen, nicht gerochen, nicht an sich gespürt hatte. So gesehen war das ziemlich ungerecht, denn er hatte ihr eigentlich nicht einmal etwas angetan, und trotzdem verstieß sie ihn innerlich bei Weitem mehr, als die Wölfin, die sie für sich schwarze Krähe nannte.
Es war unvernünftig, irgendwo, und sie wusste nicht, wie ihr Bruder darauf reagieren würde, teilte sie ihm mit, dass eine ungebundene, geistig kranke Seele durch ihr Revier lief, und sie selber es gar noch billigte. Klar war ihr aber, dass sie die Schwarze verteidigen würde, solange jene sich nicht strikt gegen das Rudel wandte. Würde sie eines der Mitglieder bedrohen, auf eine körperliche Art und Weise, würde das seinen Tribut fordern. Und Nouri würde die Jenige sein, die diesen austeilte.

Sie wandte sich von der Schwarzen ab. Ein Risiko? Immerhin drehte man dem Feind nicht den Rücken hin – aber sie war doch kein Feind, sie nicht, Jene, die doch irgendwo, tief Innen sehr verletzlich sein musste? Nouri dachte so, denn jemand, der psychisch krank war, musste irgendwann einmal sehr verletzt worden sein. Entweder so, dass im Kopf wahrhaftig etwas in die Brüche ging, oder etwas in der Seele, was sie allmählich aus dem Gleichgewicht brachte. Sie fragte sich, was das wohl gewesen war – doch wie sie so ins Nachdenken um Mitleid kam, schwankten die Flüsse schon wieder zu dem Welpen.
Mitleid. Aufmerksamkeit. Das verdiente dieses kleine Geschöpf, denn es brauchte sie. Diese Gefühle, und die Graue, denn alleine würde es jämmerlich in Eis und Schnee verkümmern.
Wo es doch jetzt schon nicht mehr als eine winzige Portion war, die ein Kojote ohne zu Überdenken Reißen würde. Der kleine Wolf hätte dabei keine Chance.
Und ein Alphatier, das Empfand Verantwortung. Dem Rudel gegenüber, sich selbst, und einem schwächerem Wesen hin, wie dieser Welpe. Ein Mutterinstinkt war es nicht so sehr, der Nouri dazu bewegte die Worte der Schwarzen mit einem weiterem Lächeln zu ignorieren. Die Fähe war noch nie Mutter gewesen und war auch nicht unbedingt der Typ dafür, denn wie sie dachte, sollten Elterntiere liebevolle, warme Kreaturen sein, die gerne und all ihre Zeit mit anderen verbrachten, unbewusst Herumalberten und es ertragen konnten Rund um die Uhr rücksichtslose Bengel um sich zu haben. Sie hasste Kinder nicht, aber sie empfand sie nach einer Weile meist anstrengend. Zu viele Fragen. Zu viel Neugierde. Zu wenig in der Lage sich selbst zu beschäftigen – zumindest traf das auf die Meisten zu, die noch zu jung waren richtige Streifzüge zu unternehmen.
Jener Welpe war ihrer Ansicht nach auch noch zu jung für Alleingänge. Ein Grund die Kleine mitzunehmen. Nun gut, ein Welpe. Ein winziges Wesen, was Aufmerksam, Liebe, Güte brauchte und alle Punkte, in denen sich die Graue manchmal schwer tat.
Aber sie hier lassen kam nicht in Frage, und es gab sicher jemanden, der sich neben der Grauen noch besser um die Kleine kümmern konnte.
Nouri sah den Winzling auf sich zukommen. Schwächlich und kämpfend. Es musste ein harter Weg gewesen sein.
Sie verglich das mit ihrer eigenen Reise, und war höchst überrascht, dass der Welpe überhaupt noch Kraft hatte zu Laufen, wo ihr selber doch beinahe vor Schmerzen die Beine weggeknickt waren, nachdem sie zum Rudel zurückgekehrt war.
Es tat ihr Leid.
Wo waren die Angehörigen des Welpen?
Vager Alarm rotierte in ihr. Wenn der Welpe sich schon hier aufhielt, mussten auch andere hier gewesen sein, denn ihr war klar, dass der Welpe es unmöglich bei diesem Wetter von den Bergen oder einer anderen Grenze alleine bis hierhin geschafft haben konnte.
Unwillkürlich hob sie den Kopf und fletschte ohne eine Knurren der Ferne die Zähne – etwas, was sie ziemlich häufig tat.
Darum würde sie sich später kümmern.
Denn der Welpe blickte sie an, mit einem Glanz von Hoffnung in den Augen, drehte den Kopf jedoch wieder weg.
Es war interessant und recht erfreulich, denn Nouri sah einmal irgendwo Angst und Trauer, aber auch eine gewisse Unterwürfigkeit, die nicht nur von Müdigkeit kommen konnte. Wohl erzogenes Kind bisher.
Das war erleichternd, denn sie hatte keine sonderliche Lust gehabt, sie jetzt noch mit einem widerwilligem Balg herumzuscheren.
Stattdessen gewährte ihr das Verhalten der Kleinen noch ein wenig mehr Zuneigung, und sie senkte die Schnauze, um kurz zu Schnuppern und die kleine Fähe anzustupsen.

» Willkommen im Licht, kleines Flockenwölfchen. «

Flüsterte sie nahe am Ohr des Welpen und leckte ihr am linken Ohr. Beinahe schon zu zärtlich für die Graue, es war eine Ausnahmesituation, aufgrund der Tatsache, dass sie es mit einem Welpen zu tun hatte.
Kurz hob Nouri den Kopf, witterte in der Luft, beugte sich wieder und nahm den Welpen leicht am Nackenfell. Das Tier war noch nicht zu groß und zu schwer, sodass sie sie wohl noch eine Weile vom Laufen erleichtern konnte. Der Welpe musste sehr erschöpft sein.
Sie drehte sich, kam ein paar Schritte zurück, wo sie zuvor mit der Krähenwölfin gewesen war und setzte den Welpen ab, in Richtung der Höhle gucken, wo sie wusste, dass diese dort war.

» Schwarze Krähe, lechzt du nach Fleisch, nach Wasser, nach warmen Leibern, die den Kältetod vertreiben... «

Sie lauschte kurz dem Wind.

» Weißt du, dass die Spuren des Sturmes dich leiten werden. «

Sie lächelte.

» Mach es gut, verrückte, Alte. Mögest du meinen kalten Winter überleben. «

Das letzte war leise gesprochen.

» Lass uns gehen, Flockenwölfchen. «

Sie nahm den Welpen, hob ihn hoch und lief mit ihrem Bündel los. Sie wollte so schnell wie möglich die Höhle erreichen, und die Kleine dort absetzen, damit sie sich von den Strapazen erholen und ein wenig Energie in sich sammeln konnte.

Und sie fragte sich, wo die Krähe verbleiben würde.


[in Nähe von Huesca, vielleicht || mit Ailiná auf dem Rückweg]



A C E A N . D R A J E N


Es war alles normal. Was störte ihn auch dieser Sturm, der hier tobte? Das war auch nur eine Naturgewalt, die sich wieder beruhigte. War doch immer so. Und wirklich gefroren hatte er noch nie. Also warum daran stören? Das einzige Problem war, dass der Schnee sämtliche Spuren verwischte, als wolle er nicht, dass sie jemandem folgten. Oder ein Tier fanden. Oder sonst etwas. Acean musste sich eingestehen, dass er Hunger hatte, und das nicht erst seit fünf Minuten. Noch blieb sein Magen ruhig, aber langsam wurde es ihm viel zu viel. Außerdem war er müde. Er hatte nicht ein Mal bemerkt, dass sie ein fremdes Revier betreten hatten. Schnee und Wind taten ihr bestes daran, auch ihre Fährten zu verstecken. Ihre.
Der schwarze Rüde blieb stehen, den Kopf leicht nach hinten drehend. Die orangen Augen blickten die Fähe an, die sich durch den Schnee kämpfte. Amüsiert über diesen Anblick zog sich ein breites Grinsen auf die Lefzen des Rüden.

“Siehst du? Du bist nie und nimmer stärker als ich.“

So viel stand fest. Seyíra, sie war einfach da gewesen. Er wußte schon gar nicht mehr, wie lange sie nun gemeinsam durch die Pampa wanderten, auf jeden Fall machte es nicht den Anschein, als wenn sie wieder gehen wollte. Sollte ihm Recht sein, ein bisschen Gesellschaft hatte noch niemandem geschadet. Ein leises Lachen verließ Acean Darjens Kehle, während der helle Blick weiterhin auf der Weißen ruhte.

“Na, wo ist den die sonst so starke Sey? Sag mir, wenn ich zu schnell für dich bin. Ich warte gerne.“

Er konnte es einfach nicht lassen. Er wandte den Blick wieder nach vorn, die Ohren aufmerksam aufgestellt um ja nichts zu verpassen. Er wollte sich ja nichts entgehen lassen. Aber ein Moment Pause würde ihnen sicher gut tun. Vielleicht bekamen sie ja sogar Besuch? Kaum saß er, öffnete Acean den Fang, um ein Mal kräftig zu gähnen. Er war wirklich müde. Und langsam nervte ihn dieser kalte Wind. Immer wieder musste er den Schnee aus seinem Pelz schütteln, sonst verwechselte man ihn und Seyíra noch. Wieder musste er gähnen, und konnte dabei nicht definieren, ob nun der Hunger, oder die Müdigkeit schlimmer war.

“Weißt du? Also eigentlich..“

Mitten im Satz kippte der Kopf des Rüden leicht nach vorn. Er regte sich nicht mehr, atmete nur gelegentlich. Ein leises Schnarchgeräusch war von ihm zu vernehmen, während er einfch dasaß und scheinbar auf den Schnee starrte. Die Müdigkeit hatte gewonnen.


[Irgendwo im Revier – Seyíra]



S E Y Í R A


Schnee nervte. Nach über drei Jahren überzeugtem Schnee liebens, hätte sie es nie für möglich gehalten, dass sie das einmal dachte. Dieser Sturm schaffte es tatsächlich die Schneeflocken wie Sand erscheinen zu lassen. Pieksig und einfach überall. Sie schüttelte sich kräftig, in der Hoffnung keine Schneeflocke würde es auch nur wagen sich wieder auf ihrem Fell niederzulassen. Vergebens. Mühsam stapfte sie also weiter. Der Umstand, dass ihre Läufe teilweise mehr als zur Hälfte unter der Schneedecke verschwanden erleichterte die ganze Situation nicht grade. Wo waren sie überhaupt? Sie hatte schon seit einer Ewigkeit keinen Orientierungspunkt wie einen seltsam aussehenden Baum, oder ähnliches, gesehen. Seyíra musste wohl darauf vertrauen, dass der Rüde vor ihr wusste wo er hinlief.
Sie hob ihren Kopf ein wenig an um zu sehen, ob sie ihm überhaupt noch folgte, was nur schwer zu sagen war, denn der Sturm raubte ihr einen großen Teil der Sicht. Sie hätte ja gern einfach auf den Boden geguckt und nach seinen Pfotenabdrücken gesehen, aber die Natur scheinte sich einen Spaß daraus zu machen sämtliche Spuren, egal welcher Art, zu verwischen.
Angestrengt blickte sie weiter nach vorne. Nichts. Sie sah sich um und wurde, zugegeben, ein wenig unruhig, bei dem Gedanken plötzlich allein hier zu stehen. Da hörte sie eine Stimme und ihre weißer Kopf drehte sich in Richtung der Quelle.
Acean. Ein Glück. Allein wäre sie wahrscheinlich zu Grunde gegangen. Einmal mehr war sie froh über ihre Entscheidung damals, mit ihm zu gehen. Die anfängliche Unruhe wich einer Art Trotz, als sie realisierte, was er da gesagt hatte.

"Freu dich nicht zu früh. Das ist alles nur Tarnung."

Obwohl er ja eigentlich recht hatte. Aber das brauchte er ja nicht zu wissen. Sie beschleunigte ihre Tritte, oder versuchte es zumindest, um ein wenig aufzuholen. Was ihr aber nur bedingt gelang.

"Du muss keine Vorwände erfinden um eine Pause zu machen. Sag es ruhig. Bei einem so alten Wolf versteh ich das schon."

Triumphierend sah sie ihn an. Die Fähe war zwar bloß ein halbes Jahr jünger, aber immerhin jünger. Außerdem war ihr nichts besseres eingefallen. Wie sollte man sich auch auf gute Konter konzentrieren, wenn einem die ganze Zeit der Schnee um Ohren und Schnauze pfeifte. Zum Glück hatte er sich hingesetzt. So konnte sie schnell aufholen und steuerte gradewegs auf den Schwarzen zu.
Bei dem kurz zuvor noch fast ununterbrochen gähnendem Acean angekommen, wunderte sie sich warum er nicht weitersprach. Irritiert starrte sie ihn an, doch nichts regte sich.
Da dämmerte es ihr langsam.

"Das ist doch jetzt nicht wahr..."

Sey seufzte nur laut und stupste den Rüden einmal kräftig an. Vielleicht würde er ja dadurch wach werden. Offensichtlich nicht, denn das einzige, was sie damit erreicht hatte, war das er nun waagerecht im Schnee lag. Sie drehte ihren Kopf einmal nach rechts und links um zu sehen, ob irgendjemand - oder etwas - in der Nähe war und sie in Erklärungsnot geraten würde. Als sie aber nichts erspähte, begann sie Acean unaufhörlich mit ihrer Pfote zu stupsen, damit er hoffentlich irgendwann aufwachte.




[Irgendwo im Revier – Acean Drajen]



H U E S C A


Noch eine Weile starrte sie aus dem Schnee heraus zu der Grauen und dem Gör und stellte fast zufrieden fest das die Graue sie für einen kurzen Moment gesucht hatte...unauffällig - aber nicht für die Krähe selbst. Ein breites Grinsen huschte über ihr Gesicht, dann verschwand die Schwarze - vorerst. Sie würde wiederkommen. Lautlos und mit neuer Kraft zog sie von Dannen. Was sie vorhatte? Das wusste sie nicht sehr genau, doch sie würde wohl das tun was die Graue und auch die rote Sonne taten, sie würde Andere suchen - Wölfe die den Weg nicht mehr fanden und Hilfe brauchten! Aber ja, was für eine Hilfe sie bekamen wenn sie auf die Schwarze trafen! Lautlos lachte sie und rollte die hübschen, blauen Augen. Der Schnee wehte in unterschiedlich starken Böen über ihren dichten Pelz, mal hart, mal weniger hart...Sand oder wie Stein, Glas und Rasierklingen. Ihre Schnauze fühlte sich von der Kälte wund und empfindlich an aber auch irgendwie leblos, doch jetzt würde sie nicht mehr so schnell aufgeben. Die Graue brauchte sie noch. Kurz blickte die Schwarze zurück und empfand ein seltsames Gefühl dabei, denn wollte sie die angenehme und doch zugleich zerstörerische Kraft des Winters spüren...ja, das Wesen sehnte sich nach Wärme - nur ein ganz kleines bisschen. Da wusste auch die Schwarze, sie würde die Graue niemals umbringen können.

" Ich komme wieder, Wölfin des Winters. Deine Krähe wird den Weg zu dir zurückfinden...irgendwann und bald."

Ihre elfenbeinweissen Zähne blitzten auf und sie kicherte. Dieses seltsame Gefühl war fast wie Liebe...nur anders. Ja, es fühlte sich fast so an wie kurz vor der Läufigkeit, doch bis dahin würden noch zwei, drei Monate vergehen. Sie schüttelte sich vor Behagen, war sehr aufgeregt - fast drängte sie es ihre letzte Kraft zusammenzunehmen und zu rennen, doch... nein, das sollte sie nicht tun wenn sie lebendig zur Grauen zurückkehren möchte. Noch nicht, Wölfin. Noch nicht.

Sie hielt sich östlich, irgendwo dorthin wo es nichts gab - weder Leben noch Tod sondern unendliche Weite. Der Schnee war schier endlos doch es würde nicht immer so sein. Irgendwann würde der Frühling zu ihnen zurückkehren und neues, starkes Leben mitbringen. Im Sommer würde all dies gedeihen, im Herbst reifen und im nächsten Winter sich beweisen müssen. Auch Huescas Früchte würden werden wenn sie stark genug sind und sterben wenn sie sterben mussten. Sie kannte das, hatte es schon einmal erlebt. Sie freute sich auf eine friedlichere Zeit... der Winter machte sie nur stark aber nicht glücklich. Kurz hielt sie inne und zuckte mit den Ohren. Worüber dachte sie nach? Sie dachte emotionales Zeugs! Kurz biss sie in die Luft und verschlang hundert Flocken. Nicht das es sie krank machte über das Leben nachzudenken, aber für sie war es ein falsches Gefühl wenn sie daran dachte. Das mochte seine Gründe haben - oder auch nicht.

Es dauerte nicht lange bis sie die Gewissheit heimsuchte das sie nicht mehr alleine war. Es mochte nur die ferne Anwesenheit fremder Wölfe sein die sie weder sah oder roch, doch sie waren da, das wusste sie ebenso wie sie damals schon wusste was passieren würde. Vielleicht bemerkte sie die zugeschneiten Fährten der Fremden oder sie witterte sie unbewusst aber Huesca war sich mehr als sicher - und sie wusste nicht ob sie sich darüber freuen sollte oder nicht. Sie verfolgte die Fremden obwohl sie nicht genau wusste wo sie waren. Und aus dieser Suche wurde bald wieder das Spiel was sie am Liebsten spielte - Jagd! Sie fing an die Wölfe zu jagen und tänzelte leichtfüßig im Schnee. Angestrengt schnaubte sie aus den Nüstern und blähte sie auf um ihren Duft einzufangen...Duft von Beute, Duft von Blut! Fast wahnsinnig rasten ihre Emotionen umher...Angespanntheit, Aufgeregtheit, Freude, Lust... Schnee stob zu hohen Wellen seitlich von ihr hoch als sie durch den Schnee preschte, fast gehetzt und doch im Wahnsinn einer Jagd die es nicht gab. Die Fremden kamen näher..immer näher und die schwarze Kreatur schob wie ein dunkles Schiff durchs Eismeer, zerbrach die Schollen unter sich und dröhnte. Da war sie, dort hinten die Beute! Und die Kreatur stürmte auf sie zu. Aus den Schatten - ein Kleiner und ein Großer wurde etwas was man Wesen nannte...vielleicht Rehe, Hirsche, irgendetwas zum Fressen..hatte die Schwarze nun vergessen was sie wusste, dass sie keine Beute waren sondern Wölfe. Sie erkannte Gehörn wo keines war, roch den herben Duft von Wild...wo kein herber Duft war, sondern nur der scharfe von einem Rüden und der süßlichere einer Fähe. Doch kurz bevor es zu einer sehr bösen Situation gekommen ist, registrierte die Krähe das auch sie sich irren kann und schwach ist, denn plötzlich überfiel das Wissen sie... ja, das war kein Wild, keine Beute sondern Wölfe... Wolf! Sie wusste nicht mehr genau was sie dazu sagen sollte, denn lag der Eine auf dem Schnee.... gab es hier einen Kampf? Dann würde sie Blut riechen. Oder war der Andere einfach vor lauter Erschöpfung gestorben? Eingeschlafen? Das wäre dann sehr sehr dumm und vor Allem...wer würde schon einfach so hier draussen schlafen!

Die Schwarze blieb stehen, vielleicht nur ein paar Meter von ihnen entfernt...zu weit, zu nah... ihr Blick blieb an dem Rüden auf dem Boden kleben. Er atmete!

" Sag nicht der ist...."

eingeschlafen? Huesca bleckte die Eckzähne. Auch gut.. sie hatte Hunger, notfalls würde sie sogar einen sterbenden Wolf verspeisen... wenn er denn starb und nicht schlief weil er einfach nur müde war. Das Alles kam ihr irgendwie suspekt vor... sie fragte sich was die Graue wohl gerade tat.


[entfernt sich von Nouri und ist nun bei Acean und Seyira]


A C E A N . D R A J E N


Er bekam einfach nichts mehr mit. Acean saß nur da, den Kopf gen Boden gerichtet, die Augen geschlossen, als wäre um ihn herum nur eine sanfte Brise, die etwas an seinem Fell zog. Mehr war das ja auch eigentlich nicht. Erst nach gefühlten Stunden wurde sein Traum unruhig, als wenn in seinem Traum schwarze Wolken aufzogen. Man merkte es ihm nicht an, auch nicht als er plötzlich im Schnee lag. Nur ein leises Grummeln war von dem Schwarzen zu vernehmen, der einfach da lag und schnarchte. Aber da war noch immer dieses Stubsen. Himmel, konnte er nicht mal in Ruhe schlafen? Ein erneutes Mal grummelte Acean, streckte den Kopf ein wenig nach vorn. Das war jetzt wirklich nicht mehr nett, er wurde langsam unruhig. Wer war da bei ihm? Er wollte nicht aufwachen. Da gab es nur wenig, was das Aufstehen wert war. Er ließ die Augen also einfach geschlossen, schnarchte noch ein bisschen und wirkte alles in allem wie ein kleiner Welpe, der vom spielen ermüdet war. Es hörte nicht auf. Da war etwas. Eindeutig.
Und dann war da eine Stimme. Als wenn jemand schrie. Wieso konnten die nicht still sein? Ganz langsam schlug Acean ein Auge auf, dann das zweite. Müde und unendlich langsam hob der Schwarze den Kopf. Ein undefinierbarer Blick lag in seinen Augen, der Glanz war für einen Moment verschwunden. Da war ein fremder Wolf. Und Sey. Sein Blick blieb an der Weißen hängen, er sah sie mit einem müden, etwas benebeltem Blick an. Verwirrung lag in ihnen. Dann richtete sich der Kopf in die Richtung der Schwarzen. War doch eine Fähe, oder? Ohne noch weiter darauf ein zu gehen, stand der Dunkle auf, schüttelte kurz den Pelz und bewegte sich einige Schritte nach vorn. Wieder gähnte der Schwarze, trat einfach an der Fremden vorbei, als wäre sie gar nicht da. Er sah sie nicht ein Mal an, als wäre si enur warme Luft, was bei diesem Wetter eher ungewöhnlich wäre, aber nunja.

“Guck nicht so gierig.“

War sein einziger Kommentar zu der Schwarzen, dann blieb er stehen, drehte den Kopf zu Sey zurück. Acean schüttelte den Kopf, blinzelte einige male und hatte endlich ein klareres Blickfeld.

“Weißt du, manchmal glaube ich, du verfolgst mich. Du bist überall“

Der Schwarze gähnte, blickte dann die Fähe, die näher zu ihm stand mit einem Grinsen an und wandte sich wieder ab. Der Sturm störte ihn schon gar nicht mehr. Wäre da nicht dieser kalte Wind gewesen, die Schneeflocken, die in seinem Fell klebten wie Dreck, hätte er vergessen, dass um ihn herum anscheinend die Welt unterging.

“Achja. Sey. Kommst du?“


[Im Revier – Seyíra & Huesca]



S E Y Í R A


Sie machte nach Außen den Eindruck, als würde sie selber gleich einschlafen. Die Augen nur noch halb offen und fast wie in Trance, weil sie einfach nichts weiter tun konnte, als dazusitzen und zu versuchen dieses schnarchende, schwarze Fellknäuel wachzubekommen. Warum musste er auch immer zu so äußerst ungünstigen Zeitpunkten einschlafen? Konnte er sich nicht passendere aussuchen? Wie zum Beispiel nachts? Gelangweilt hing ihr Blick in der Luft ohne richtig zu bemerken, dass ein paar Meter weiter sich eine schwarze Fähe näherte. Doch als ihre Sinne die Schwarze endlich registrierten, erkannte Seyíra auch direkt ihren Gesichtsausdruck. Zwar konnte man durch den Sturm nicht viel sehen, doch war deutlich zu merken, dass sie... hungrig war. Jedoch nicht auf eine 'Habt ihr was zu Essen?'-Art sondern fast wie... als wären sie und Acean etwas zu Essen. Ihr war das ganze irgendwie unheimlich, überspielte dieses Unbehagen aber vorerst mit vorrübergehendem Desinteresse.
Während der ganzen Zeit hatte sie ihre Stupserei nicht aufgegeben und plötzlich regte sich etwas unter ihrer Pfote.

"Oh nein, es lebt."

Murmelte sie mehr laut denkend als sagend vor sich hin. Während der Rüde sich langsam aus dem Schnee quälte, sah er aus, als ob er drei Tage nicht geschlafen und ihm jemand ordentlich auf den Kopf geschlagen hätte. Ein recht belustigender Anblick, weswegen sie versuchte ein Lachen zu unterdrücken, um ein breites Grinsen aber nicht herum kam.
Er war schon längst ein paar Schritte weitergelaufen, als sie durch den Kommentar erstmals wieder die andere Fähe bemerkte. Sey hatte sie in der kurzen Zeit schon völlig vergessen. Verwundert verweilte ihr Blick eine Weile auf ihr und wandte sich erst dann ab, Als sie die Stimme des Schwarzen hörte.

"Natürlich verfolge ich dich. Ich warte nur auf den Moment dich von hinten Anfallen zu können. Aber 'mal im Ernst, glaubst du wirklich ich würde freiwillig in dieser Eiseskälte allein rumstapfen?"

Sie drehte sich wieder zu der Fähe. Irgendwie hatte sie eine interessante Ausstrahlung. Bedrohlich, zweifelsohne, aber auch... faszinierend. Ein besseres Wort fiel ihr dafür einfach nicht ein. Die Bunte erhob sich langsam und schob sich allmählich zu Acean während ihr Blick, distanziert und absolut emotionslos, auf der Schwarzen weilte.

"Ich komm ja schon. Aber meinst du nicht du solltest Wölfe, die dir begegnen, wenigstens begrüßen?"

Sie sah wieder den Rüden an, diesmal aber tadelnd - auf eine seltsame Art und Weise. Wenn sie gekonnt hätte, hätte sie wohl eine Braue hochgezogen. Dann ging sie mit gutem Beispiel vorran.

"Hallo! Ich bin Seyíra. Was machst du hier ganz allein mitten im Sturm?"

Jetzt, wo sie die Frage ausgesprochen hatte, wunderte sie das wirklich. Niemand der eine Wahl hatte würde gern hier draußen herumlaufen. Oder?


[Irgendwo im Revier – Acean Drajen, Huesca]



A I L I N Á


Stille, in der Luft. Stille, in den Augen der Wölfe. Stille, in Ihren Herzen.
Ein Luftzug, der dies Alles verweht. Ein Luftzug, der dies Alles neu erschuf.
Die Kleine versuchte nicht nur lieb und erzogen zu wirken, sie wahr dies auch weitesgehend. Eben so wie sie es noch gelernt hatte. So war sie auch ganz anders als die meisten anderen Welpen aufgewachsen. Sie hatte das Rauespiel nie wirklich kennen gelernt. Nein sie war ohne andere Welpen Aufgewachsen, gespielt hatte sie schon aber nie zu grob und immer mit bedacht dabei was zu lernen. Ihre Grenzen waren in der Hinsicht von vornherein klar gewesen, die Älteren die stärkeren.
Irgendwo dort oben, wo man es nun nur vermuten konnte, mussten Tausende von Sternen stehen und irgendwo in ihnen musste die weiße nun sein, irgendwo dort oben bei den Sternen, immer ein Auge auf ihre Kleine werfend. Ja so musste es sein. So hatte es die weiße ihrer Tochter jedenfalls immer erzählt und sie hatte viel erzählt und jede einzelne Geschichte und Sage hatte sich die Kleine gemerkt.
Die Kleine schreckte einen kurzen Moment lang zurück als die Graue der Ferne die Zähne fletschte, kurz zuckte ihr Blick auch dort hin, Aber in der Ferne sah die Kleine nichts, also war sie weiter zu der Grauen getreten.
Beinahe unmerklich zuckte das kleine Fellknäul wieder ein ganz kleines Stück zurück als die Graue sie Anstubste. Sie sah zu der Grauen, jedoch sah sie ihr nicht direkt in die Augen. War es nicht eine neckende Aufforderung einem direkt in die Augen zu sehen? Oder eine Mahnung ? Oder lag dies mit dem Blick zusammen was der Blick ausdrückte? Sie wusste es nicht. Doch hatte sie bei ihren Eltern oft damals, nun was hieß damals, mehr vor gut einem Mond als ihr Vater noch bei ihnen war, gesehen wie sie sich, allein mit blicken oder gesten verständigten. Die Kleine legte ein Ohr an das andere war noch ein wenig, freundlich oben.
Flockenwölchen, hatte die Graue gesagt. Die Kleine lächelte über diesen Namen, aber ihr gefiel dieser Name und er passte nur allzugut. Im Moment wegen dem Schnee auf dem Flaumigenpelz aber auch sonst wegen der kleinen, Flocken artigen Blässe auf der Stirn. Sie hörte die Stimme der grauen Fähe ganz nah an ihrem Ohr und sah zu ihr auf. Wärme durchströmte die Welpin bei der zärtlichen Geste. Sie merkte wie die Graue sie hochnahm und sie war zu tiefst dankbar,doch aus ihrer Kehle kam nur ein leise, trauriges

„D..anke“

mehr bekam die Kleine nicht hervor. Sie war müde, zerbrechlich und erschöpft. Kaputt. Verändert, ruhig, ruhiger den je. Sie schlief sogar beinahe schon ein, wobei sie sich bemühte nicht weg zu nicken als die Graue sie trug. Sie merkte nach einer kurzen Zeit wie die Fähe sie wieder absetzte und hörte wie sie etwas sagte. Es musste wohl an die Schwarze,welche eben in der Nähe gewesen sein musste, gerichtet gewesen sein. Etwas Müde blinzelte sie in den kalten Schnee als sie jedoch schon wieder merkte wie die Graue sie hoch hob.
Kurz huschten gedanken durch ihren Kopf und verirrten sich dort. Es schien so als Mochte die Graue die Schwarze, wie die Graue sie nannte Schwarze Krähe und irgendwie auch nicht.
Es war mehr eine Art Halbschlaf in der sich die Kleine befand, immer darauf bedacht sich so leicht wie möglich zu machen und nicht gänzlich einzuschlafen.


[Bei Nouri]



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Spätherbst 1874 Vide
BeitragThema: Re: Spätherbst 1874   Spätherbst 1874 Icon_minitimeFr Nov 19, 2010 5:41 pm

H U E S C A


Doch eigentlich hatte die schwarze Kreatur die fortan von den Wölfen "schwarze Krähe" genannt wurde, keinen Hunger auf einen Artgenossen. Zudem sah er noch sonderbar lebendig aus und roch nicht nach Tod. So verfolgten die blauen Augen wie der Rüde sich bewegte und aufstand. Ihr fiel auf das sein Fell nicht das reine Schwarz hatte welches ihren Pelz zierte, nein, dieses Schwarz war wärmer, etwas rötlich...braun und es gefiel ihr. Ihr Schwarz schimmerte Hier und da blau, im richtigen Licht fast violett und das gefiel ihr schon weniger. Er war etwas größer als sie aber nicht wirklich bedeutend höher gebaut und er mochte eine Art an sich haben die Huesca nicht leiden konnte. Er wirkte überheblich und unfreundlich. "Guck nicht so gierig"! Wie nett. Huesca legte ein Ohr zurück und glotzte ihn weiter an - längst nicht mehr hungrig. Nein, etwas in ihrer Brust regte sich was man aufsteigende Aufgeregtheit nannte. Sie hätte sich fast schwören können, dass er sie widerlich fand. Blitzschnell schnappte sie nach seiner Rute und hielt sie fast zärtlich fest, hinderte ihn aber immerhin daran weiter zu gehen.

"Stopp, Bürschchen. Du gehst in die falsche Richtung!"

Der sehr überstürzte Entschluss war gefasst, die Beiden waren fast wie geeignet für die graue Wölfin. Huesca grinste durch die fluffige Rute des Schwarzen, dann ließ sie sie los und sprang mit ein, zwei Sätzen auf ihn zu und stellte sich bedrohlich wirkend vor ihm auf. Kurz huschte ihr Blick zu der Fähe die bei ihm stand.

"Du gehörst wohl nicht gerade zu den Wölfen die irgendetwas von Freundlichkeiten halten, he? Nun... mir auch egal, das passt... ich meine, das würde passen!"

Kurz überlegte Huesca und entblößte ihre dolchartigen Zähne die nicht mehr allzu weiß waren wie damals.

"Man nennt mich "schwarze Krähe", meinen wirklichen Namen braucht ihr nicht zu wissen, denn er hat keine Bedeutung mehr für mich. Ich gehöre so halbwegs einem Rudel an welches weiter gen Norden seinen Platz hat. Meine Aufgabe ist es euch verlorenen Wölfe zu finden und sie unbeschadet zu eurer Leitwölfin zu führen...unbeschadet, ich wette zehn Hirsche drauf das sie das gemeint hat, schade eigentlich! Denoch liegt es an euch ob ihr mir folgen wollt oder nicht, doch ich verrate euch eines: seid ihr brav und lauft mir hinterher gibts nicht nur ein warmes Plätzchen wo sich der Herr ausruhen und schlafen kann, es wird auch Nahrung geben! Andernfalls muss ich euch doch fressen oder euch in einen Hinterhalt führen, denn fremde Wölfe haben hier einfach nichts zu suchen. Eure Leitwölfin ist mächtiger als ich, größer als ich und gnadenloser als ich ... zumindest was es mit Fremden angeht. Mehr habe ich nicht zu sagen, mehr darf ich nicht sagen. Ich lasse euch kurz Zeit zum Nachdenken und zum Entscheiden."

MIt einem fast boshaften Grinsen entfernte sie sich von den beiden ahnungslosen Fremden und setzte sich in Sichtweite in den Schnee. Natürlich hatte Huesca ein ganz kleines bisschen geflunkert und die Graue schlimmer darstellen lassen als sie war, aber immerhin schindete das Eindruck und eigentlich fühlte Huesca sich auf der sicheren Seite. Die Beiden würden das Angebot annehmen und wenn sie dann erfuhren, dass die Graue ein "reines" Herz hatte war Huesca schon wieder weg. Sie blickte sie eindringlich an und im Innersten war sie mächtig stolz auf sich.


[bei Acean Drajen und Seyíra / circa 5 Kilometer vom Rudel entfernt]



B J A R T R


Der Sturm zehrte an den Kräften des Rüden und trotzdem wollte er dem fremden Wesen nicht die Genugtuung geben, ihn in die Knie zu zwingen. Seine Läufe zitterten, vor Kälte und Erschöpfung, doch Bjartr stand aufrecht und sah dem Dämon entgegen. Dieser kam langsam näher und seine Umrisse wurden deutlicher, wölfisch beinahe. Doch die Farbe beunruhigte den Grauen immer noch, ein glühendes rot, das unter der Schneedecke hervorblitzte. Mit angelegten Ohren vernahm er die Worte des Rüden, der sich als Kenáo vorstellte und ihm Schutz und Geborgenheit, ja Gemeinschaft versprach. Misstrauisch beäugte ihn Bjartr und suchte in seinen Seelenspiegeln nach Wahrheit oder Betrug. Vielleicht war es eine Falle? Wenn er ihm jetzt naiv und ahnungslos hinterherliefe, konnte er ihn überall hinführen.

“Ich traue dir nicht, Roter, aber ich werde deine Spur folgen, denn etwas schlimmeres als der Tod kann mich nicht erwarten.“

Sicher, der Fremde hatte einen höflicheren Ton gewählt, doch Bjartr legte in diesem Moment keinen Wert auf Formalitäten, sondern befasste sich lieber mit dem Nötigsten. Kenáo schien ebenso unruhig und drängte zum Gehen, der Graue nickte ihm knapp zu und tat einen Schritt in seine Richtung.

“Geh vor und weise den Weg, ich bleibe hinter dir.“

Nein, für einen Hinterhalt war er wirklich zu schwach, und selbst im vollen Besitz seiner Kräfte würde es der Rüde nicht wagen, einen Kampf anzuzetteln. Doch außer Sicht des Roten fühlte er sich deutlich sicherer und hoffte, früh genug einschätzen zu können, was Kenáo im Schilde führte. Es schien ihm immer noch unwahrscheinlich, dass jener am Schutze eines völlig Fremden interessiert sein könnte und so beschloss er, Vorsicht walten zu lassen, dennoch die Möglichkeit zu nutzen, dem Sturm zu entfliehen.

“Da fliegt sie die Krähe, hinein ins Verderben..“

Murmelte er vor sich hin, die Worte verweht und ungehört.

[bei Kenáo, folgt ihm auf den Fersen]
[sorry, kurz..]




A C E A N . D R A J E N


Ein erneutes mal schüttelte Acean den Schnee aus seinem Fell, den Blick aufmerksam durch den Sturm nach vorn gerichtet. Sey würde ihm folgen, da war er sich sicher. Aus ihnen war in letzter Zeit einfach ein kleines Team geworden. Er stand also da, wartete auf die Weiße und lauschte gleichzeitig den Geräuschen seiner Umwelt. Er hatte noch immer Hunger, aber irgendwie kaum Hoffnung, dass hier etwas leckeres vorbei lief. Schade drum, aber welches Tier wagte sich schon gerne bei solch einem Wetter hervor? Er natürlich. Aber er war ja sowieso ein besonderer Fall für sich. Seys Antwort belustigte den Schwarzen dann aber doch. Sie hatte Angst alleine, unausgesprochen war er ihr Beschützer. Aber jetzt brauchte sie keine Angst haben, er war ja da. Und schon war die Fähe bei ihm, sah ihn tadelnd an und machte ihm Vorwürfe. Einen Moment dachte der Schwarze nach, blinzelte einige male.

“Oh.. das hätte ich beinah vergessen..“

Sey stellte sich der Fremden vor, und auch er wollte sich ihr zu wenden, sie Standard gemäß begrüßen. Aber da packte ihn etwas an der Rute, biß nicht fest zu, aber hielt ihn in seiner Bewegung auf. Ok, jetzt war er verwirrt. Was bitte war das den jetzt? Wollte sie ihn jetzt zum spielen auffordern? Sie grinste. Falsche Richtung? Sie wußte doch nicht ein Mal, wo sie hinwollten? Wie konnte sie sagen, dass sie den falschen Weg nahmen? Die orangen Augen verfolgten die Bewegung der Fremden, bis sie vor ihm stand und sich aufplusterte. Verwirrt blinzelnd drehte er den Kopf zu Sey, vielleicht wußte sie ja, was das gerade wurde. Womöglich hatte er etwas entscheidendes verpasst. Möglich war es zumindest. Sein Blick wandte sich wieder auf die Schwarze und ganz langsam zog er eine Augenbraue hoch. Ahja. Erst wollte sie spielen, und jetzt kämpfen? Sie war in der Tat ein wenig merkwürdig. Aber er urteilte lieber nicht zu vorschnell. Vielleicht hatte sie einfach einen schlechten Tag. Aber Acean blieb stehen, wich nicht zurück. Wieso auch? Sie machte nicht den Anschein, als wolle sie sich auf ihn oder auf Sey schmeißen und sie umbringen. So weit ließ ihn sein Instinkt noch nicht im Stich. Der Schwarze lauschte ihrer langen Erklärung, hörte ihren „Namen“ und die Antwort auf Seys Frage. Sie wollte sie zu ihrer Leitwölfin bringen. Ein erneuter Blick zu der Weißen neben ihm. Die Verwirrung musste ihm ins Gesicht geschrieben sein. Aber zehn Hirsche waren absolut kein schlechtes Angebot. Ganz und gar nicht. Sein heller Blick richtete sich wieder auf die Fähe, neigte leicht den Kopf schief. Die Anführer eines Rudels, die er kennen gelernt hatte, waren alle unglaublich harmlos. Es klang schon interessant, was die „schwarze Krähe“ da von sich gab. Und kaum hatte sie zu Ende gesprochen, grinste sie finster und wandte sich von den beiden ab. Musste er das jetzt verstehen? Er probierte es lieber nicht und wandte nur den Blick zurück zu Sey.

“Ich finde, das klingt interessant. Meinst du nicht auch, wir sollten uns das mal ansehen? Du brauchst auch keine Angst haben. So lange ich da bin, kommt kein Wolf der Welt an dich heran.“

Die letzten zwei Sätze wurden von einem charmanten Lächeln unterstützt. Und diese Krähe war auch irgendwie auf ihre Weise interessant. Außerdem war der Gedanke verlockend, endlich etwas Essbares zu finden. Und mit diesem Gedanken war er sicher nicht alleine. Also nickte er sachte in die Richtung der Schwarzen, blickte Sey noch ein Mal in die Augen und bewegte sich dann, wie die Ruhe Selbst, vorwärts, auf die Krähe zu. So hatte die Weiße genug Zeit, seinen Plan zu durchkreuzen, sodass sie einen ganz anderen Weg einschlagen konnten, wenn sie das wollte.


[Irgendwo im Revier – Seyíra /Entfernt Huesca]



S E Y Í R A


Sie kam sich vor, wie ein Welpe, der grade erst aus der Höhle gekrochen kam. Verwirrt und überhaupt nicht begreifend, was hier eigentlich vor sich ging. Hatte es irgendeinen tieferen Sinn, wenn man anderen in die Rute beißt? Oder zwickt oder was auch immer. Die Distanz in ihrem Gesicht verwandelte sich immer mehr in enorme Verwirrtheit. Sey beschloss ersteinmal lieber gar nichts zu tun und verharrte eisern auf ihrem Platz, um das ganze Schauspiel zu beobachten. Was sollte das nur werden? War ihr langweilig? Dann könnte sie das aber vorher ankündigen. Manch einer missversteht so etwas gerne und wird leicht aggressiv. Sie starrte die beiden Wölfe vor ihr regelrecht an.
Plötzlich richtete sie sich aus ihrer bequemen, sitzenden Position so schnell auf, dass sie es selbst nicht einmal richtig mitbekam. Die Schwarze hatte sich plötzlich vor Acean aufgebauscht und Seys Muskeln spannten sich leicht an. Sie hatte schon früh gelernt bei soetwas immer vorsichtig zu sein. Auch wenn vielleicht gar keine bösen Absichten dahinter steckten. Es war mittlerweile einfach zu einem Reflex bei ihr geworden.
Was hatte sie eigentlich vor? Sie würde nur zu gern wissen, was in dem Kopf dieser Fähe vor sich ging und sie zu so sprunghaften.... Stimmungsschwankungen bewegte. Erst in Fremde Ruten beißen und plötzlich böse gucken. Machte das Sinn? Für die Bunte jedenfalls nicht.
Ihre Verwirrung wuchs fast mit jeder Sekunde und gab auch genau das zu verstehen, als Acean sie fragend ansah. Doch sie lauschte aufmerksam den Worten der Schwarzen. Schließlich bestand eine geringe Chance, dass ihr die Antwort möglicherweise weiterhalf.
'Das passt'? Was passte? Was sollte das heißen? Das nicht ganz so freundliche Wölfe zu IHR passten? Sie blickte so skeptisch drein, wie sie nur konnte. Ihr Gefiel die Aussage nicht. Und in Verbindung mit den merkwürdigen anderen Aktionen, formte sich in ihrem Kopf ein Grund für das ganze Theater, der ihr genauso wenig gefiel. Allerdings wusste sie nicht genau warum. Konnte ihr doch schließlich egal sein, oder nicht? Ihr Blick glitt zu Acean und dann wieder zu der Fähe, bevor sie sich weiter auf ihre Ausführungen konzentrierte.
Interessanter Name. Wirklich. Obwohl sie sie nicht kannte, schien er irgendwie zu passen. Und wie konnte man jetzt wieder nur halb zu einem Rudel gehören?
Sie gab entgültig auf. Seyíra würde diese 'Krähe' wohl nie begreifen. Aber was soll's? Acean machte ja auch nicht den Eindruck, als würde er das alles tatsächlich verstehen. Als sie dann auf einmal aufstan und ging, ließ sie ihre Augen nicht von ihr. Eben immer scharf beobachtend.
Sollten sie ihre wirklich einfach so folgen und blind vertrauen? Wer weiß, ob sie nicht vielleicht etwas ganz anderes geplant hatte? Aber wenn sie ehrlich war, war ihr so ziemlich alles lieber als bei so einem Sturm planlos umherzuirren.
Sie musste ihm recht geben. Interessant klang das allemal. Und wenn es doch irgendein Hinterhalt sein sollte, so würde das auch keinen Unterschied machen. Sterben würden sie sowieso bald, wenn sie noch länger in dieser Kälte rumliefen.
Und wie hatte sie jetzt wieder dieses merkwürdige Lächeln zu interpretieren? Sie war ja ohnehin schon verwirrt genug, aber das brachte sie nun völlig durcheinander.

"Hm."

Mehr brachte sie einfach nicht heraus und glotzte nur konfus zurück. Langsam trottete sie einfach hinterher, während sie versuchte irgendwie Ordnung in ihren Kopf zu bringen. Dinge gab's...



[Irgendwo im Revier – Acean Drajen || Huesca]



N O U R I


Irgendwo in einiger Entfernung, ertönte ein eigenartiges Geräusch. Kurz darauf stoben schwarze Schatten zwischen den Bäumen hinauf und kreiselten sich durch den wirbelnden Schnee hoch in graue Finsternis.
Trotz dass sie mit ihren Augen den dunklen Schemen nicht mehr folgen konnte, hörte sie noch den Schall der Laute, die Jene von sich gaben.
Ein unangenehmes, raues Geräusch, wie knarrende Äste an alten Bäumen. Das Krächzen von Vögeln.
Aufmerksam gemacht lief die Graue mit ihrem Bündel einen leichten Bogen und folgte dem Echo der Geräusche zwischen die hohen Tannen.
Diese wuchsen an einer Art Steinbruch, der, je mehr Felsen aus der Erde brachen, lichter wurde.
Die Graue blieb stehen und horchte, die Rute war erhoben, die gestalt angespannt.
Auf dem Gestein kratzte es, ein Schemen kam wieder auf seinen Posten hinab. Sie roch Fleisch, alt und schon erkaltet. Wenig, denn hauptsächlich konnte sie das Mark in der Luft erriechen, welches die Krähen lustvoll aus den Knochen zu schaben versuchten.
Kurz weiteten sich leicht die Nasenflügel, dann ließ sie die Rute hängen und wandte sich um.
Krähen. Aber keine Wölfin.
Keine schwarze Kreatur, die sich dort oben an einem alten Kadaver ergötzte.
Es war eine Enttäuschung.

Diese überspielte sie aber recht schnell mit der Erinnerung daran, dass sie bald die Höhle erreicht haben würde. Einen Ort der Zuflucht, an dem es keinen eisigen Schnee und keine Einsamkeit gab, sondern Einigkeit und Ruhe. Wärme. Leben.
Hier Draußen war nicht mehr zu finden, als Aasgetier. Sie fragte sich, wann es so weit kommen würde, dass das Rudel auf Kaninchen und andere Nagetiere zurückgriff – denn sie hatte schon lange nicht mehr das Klacken von Karibusehnen gehört, oder den starken Moschuchsgeruch gewittert.
Es wühlte in ihrem Brustkorb wirre Gefühle hervor, denn sie wusste, dass das Rudel Nahrung brauchte. Nicht nur, um diesen Winter zu überstehen. Bisher war es gut verlaufen.
Wenn es jedoch nur so wenig Fleisch gab, sodass sie am Rande der Existenz tänzelten, gefährlich am Abgrund wie bei einer Schlucht, würde es im Frühjahr schon einmal sicherlich keine Welpen geben.
Es wäre zu riskant Nachwuchs zu zeugen, wenn nicht gesichert war, dass die Mütter genügend Kraft aufbrachten und Milch produzierten.
Und so sehr sich die Graue auch mal schwer mit Welpen tat – auch wenn es wenige sein würden, was ja vollkommen genügte: Nachwuchs sicherte zum Teil den Bestand eines Rudels.
Sie trabte weiter, diesen Gedanken nachhängend.
Wenn dieser Welpe hier überlebte, würden sie ein weiteres Mitglied in ihrem Revier haben. Im nächsten Frühjahr würde die Kleine nicht mehr so winzig sein, und schon mit auf alle großen Streifzüge kommen können. Kommen müssen. Vorrausgesetzt eben, dass die Wölfin überlebte.
Jenes zarte Geschöpf, welches sie mit sich trug.
Der Geruch eines anderen Rudels, einer anderen Familie haftete an dem Welpen. Es juckte der Grauen unangenehm in der Nase. Nicht, dass sie schlecht roch – aber es war ein fremder Geruch, der die Kleine als jemanden kennzeichnete, der nicht zu ihnen gehörte.
Trotzdem lief die Fähe weiter.
Sie wollte nicht mehr Anhalten, ehe sie die Höhle erreicht hatte. Sie wusste, dass sie sich schon viel zu häufig nach der Schwarzen umsah, in der Hoffnung jene wohlbehalten zu sehen – wobei sie sich doch vor gar nicht allzu langer Zeit erst von ihr getrennt hatte.
Aber es wurmte sie irgendwo, dass die Krähenwölfin sich nicht angeschlossen hatte, und die Graue somit nicht regelmäßig darüber informiert sein würde, wie es ihr erging.
Sie selber wusste, dass sie immer Acht geben würde. Von der Beute würde sie einen gewissen Anteil für die Schwarze beanspruchen, den sie abgelegen vom eigentlich Rudel irgendwo verscharren würde, mit ihrem Duft besiegeln, sodass die Krähe wissen würde, dass das Fleisch von ihr stammte und für sie gedacht war.
Die Graue hatte Verantwortung übernommen, für jemanden, den sie nicht kannte.

Für den Welpen hatte sie aber auch Verantwortung übernommen. Und um die Kleine galt es sich auch zuerst zu kümmern. Denn sie war alleine nicht lebensfähig, die Schwarze schon. Die Graue würde durch ihre Nahrungsgeschenke die Schwarze nicht am Leben erhalten, denn diese konnte sich auch rein theoretisch selbst ernähren, sie würde ihr lediglich ein wenig Helfen. Die Welpin aber, diese war vollkommen auf die erwachsenen Wölfe angewiesen.
Wenn das Rudel nicht da war, würde die kleine Verhungern. Vorher aber vermutlich noch an der Kälte dahinsiechen.
Und das war etwas, was nicht geschehen durfte.

Zügig lief sie in Richtung der Höhle. Aber schon einige hundert Meter davor bemerkte sie, dass irgendetwas nicht stimmte. Skeptisch wurde die Wölfin etwas langsamer – und zögerte.
Die Ohren stellten sich alarmiert auf, die Rute hob sie an und ihre Beine versteiften sich. Ein fremder Geruch lag in der Luft – nein, er war nicht fremd.
Er war ihr bekannt, sehr, obwohl sie den Eigentümer jenen Duftes bisher noch nie erblickt hatte. Nicht kennen gelernt.
Ihre Kehle grollte.
Der Fremde.

Steifbeinig marschierte die Alphafähe näher an die Höhle heran, und sah schon von Weitem, dass dort etwas lag. Ein helles Wesen, was sich leicht vom Hintergrund und dem Schnee distanzieren ließ.
Die Wölfin runzelte die Stirn, die Augen weiteten sich ein wenig. Dann zog sie die Nase kraus, knurrte wieder.
Ihre Schritte verringerten den Abstand von sich zu der Höhle noch ein wenig mehr.
Abgesehen davon, dass es ihr schon nicht gefallen hatte, dass der Rüde sich überhaupt in dem Revier befand, war es ihr noch unangenehmer, dass er sich so offensichtlich zwischen sie und die Höhle platziert hatte, sodass es ihr unmöglich war einfach an ihm vorbeizulaufen.
Sie empfand es als Dreistigkeit.
Vorsichtig, um sie nicht zu verletzen, setzte sie den Welpen ab und ging über die Kleine, sodass sie unter ihrem Bauch saß. Geschützt, denn immerhin wusste sie nicht, mit wem sie es zu tun hatte.
Sie bauschte auf, indem ihr Fell sich aufstellte und sie optisch vergrößerte. Sie gab ein warnendes Knurren von sich, wollte ihn vom Eingang vertreiben. Verkrampft starrte sie ihn an.
Markierend scharrte sie mit den Pfoten über den Boden, kratzte den harten Schnee auf dem Fels auf und hinterließ damit deutlich eine Spur.
Das hier war ihr Platz! Der Ort ihres Rudels! Er hatte hier nichts verloren, er sollte sich fern halten!
Sie beugte sich kurz, stupste den Welpen an, hob den Kopf und heulte auf.
Kenáo sollte wissen, dass sie angekommen war, und dass sie ihn erwartete.
Damit senkte sie den Kopf und funkelte den Sandfarbenen herrschaftlich an.


[Och herrje, schwach. Aber immerhin sind wir jetzt an der Höhle. || Höhle || mit Ailiná und Kház]



K E N Á O


Die Worte des grauen Jünglings gar nicht abwartend, hatte sich der Körper des Roten schon längst in Bewegung gesetzt. Die Wand aus Schnee würde bald unbezwingbar sein und da war es nur ratsam sich nicht im Auge des Sturmes aufzuhalten. Die Reserven waren er erschöpft und jede einzelne Faser des Körpers flehte nach Erholung. Kenáo musste allmählich nachgeben und der einzig’ sichere Ort war dafür die Höhle des Rudels. Hoffentlich den richtigen Weg eingeschlagen, vertraute der Rote ausnahmsweise seinem Bauchgefühl, denn auf seinen Verstand, der sich auf die Augen verlassen musste, konnte er bei diesem Treiben nicht mehr hoffen. Jetzt war es Sache des Instinktes ihn sicher nach „Hause“ zu führen – entweder mit dem Fremden oder alleine.

Dieses Misstrauen was der Fremde ihm zeigte, erzeugte Wohlgefallen. Er selbst hätte nicht anders gehandelt. Denn egal wie gefährlich eine Situation auch sein mochte, irgendwem anders zu vertrauen als sich selbst, wäre leichtsinnig und vor allem dumm. In jenem Fall wollte der Rote nun wirklich nur das Beste, aber so gut meinten es längst nicht alle Wölfe. Zu Zeiten solcher Wetterkatastrophen war jeder nur sich selbst ein Freund, selbst wenn Wölfe als Gemeinschaftstiere galten, wer würde schon freiwillig Fremde bei sich aufnehmen und somit die eigene Existenz unnötig gefährden? Der rote Rüde würde das tun. Zu ausgeprägt war einfach sein Gerechtigkeitssinn.

Steif wirkten die einst geschmeidigen Bewegungen, die Hülle des Wolfes war erkaltet und bewegte sich nur noch widerwillig voran. Die Schwäche war nicht mehr zu verbergen und das demütigte Kenáo. Aber sein Ego musste jetzt hinten an stehen, zur späteren Zeit konnte er sich noch genügend über sich selbst ärgern. Immer mal wieder warf er einen Blick nach hinten, um sich zu vergewissern ob der Graue ihm noch folgte. Das Ziel kam näher und ja der junge Rüde war ihm noch immer auf den Fersen – eine kluge Entscheidung seinerseits.

Ein Heulen war es, dass die Ohren nach vorne schnellen ließ und den Herzschlag des Roten beschleunigte. Nouri. Sie wartete auf ihn. Wo auch immer diese Kraftreserve sich versteckt hatte, sie verlieh dem Rüden ein unerwartetes Tempo. Er wollte zu seiner Schwester, sich vergewissern, dass es ihr gut ging. Ein ganz besonderes Band verband die beiden. Sie war die Einzige, für die er sein Leben geben würde – um sie zu schützen. Nun gar nicht mehr auf den Grauen achtend, suchte er sich seinen Weg durch das dichteste Gestrüpp. Er war fast da, aber auch nur fast.

Noch wenige Schritte, noch wenige Sträucher trennten ihn von seinem Ziel. Und dann ...
Mit einem Sprung durchquerte er den letzten Busch. Da stand die Graue. Ihr schien es gut zu gehen. Das leichte Zucken der Rute zeugte von Freude über das Wiedersehen bei dem Roten. Jedoch änderte sich diese Stimmung schlagartig. Seine Schwester war nicht alleine – nein ein Fremder hatte sich tatsächlich gewagt den Zufluchtsort des Rudels aufzusuchen. Eine Dreistigkeit die der Rote sich gewiss nicht bieten lassen würde.

Die Ohren legten sich an den markanten Kopf zurück, die Lefzen zuckten unaufhörlich nach oben. Ein dunkles Knurren entwich der Kehle und der Wind trug es hinfort. Mit raumgreifenden Schritten bewegte er sich zu der grauen Fähe. Das kleine Fellbündel unter ihr bemerkte er nur aus den Augenwinkeln. Kenáo wollte sich zwischen ihr und der potenziellen Gefahr stellen. Denn dies war seine Aufgabe. Sowohl als fürsorglicher Bruder als auch als dominanter Alpharüde.

Ein liebevoller Blick zu Nouri verwandelte sich in ein gefährliches Blitzen als er den Kopf zu dem Fremden wandte. Wer war er und wie würde er diese Frechheit rechtfertigen?


[Höhle || bei Nouri,Ailiná,Kház & Bjartr]



H U E S C A


Natürlich wusste Huesca, dass die beiden ihr folgen würden, denn wer würde ihr großzügiges Angebot schon abschlagen können? Ganz ehrlich, aber bei den Bedingungen würde es selbst der schwarzen Wölfin schwer fallen zu überleben - ohne Nahrung, ohne Unterschlupf und vor Allem ohne Gesellschaft. Zufrieden registrierte sie wie die beiden Fremden sich in Bewegung setzten und zu ihr kamen. Huesca stand langsam auf und schüttelte sich abermals den lästigen Schnee aus dem Pelz.

"Dann wäre das geklärt. Ich kann euch trotz Allem nicht viel versprechen. Ich spüre einerseits Misstrauen in mich, andererseits eine Menge Fragen die in euren Köpfen herumschwirren, aber ich denke diese werden sich mit der Zeit klären...was das Misstrauen angeht fühlt ihr nicht falsch, schließlich hätte es in einer anderen Situation euer Leben gekostet."

Fast wie aus Absicht grinste sie die Fähe an und zwinkerte ihr dann zu. Huesca wusste, dass die Fremde sich keinen Reim aus ihrem Verhalten machen konnte.

"Hört zu und lernt",

sagte Huesca ehe sie sich in Bewegung setzte und den Schnee mit ihrem Körper zur Seite schob um den Wölfen hinter ihr den Weg leichter zu machen. Seltsam welch leichtes Spiel sie mit den beiden Kreaturen hate. Seltsam, dass sie ihr vertrauten. Wäre dies in einer anderen Situation anders gewesen oder gleich ? - das hätte sie verdammt noch mal sehr interessiert. Für einen kurzen Augenblick überlegte die Schwarze auf die Graue zu scheissen und zu testen wie verletzlich die Beiden waren, doch sie ließ es. Wieso, konnte sie sich nicht erklären. Sie schwieg auf dem Weg hin zu dem Platz wo die Graue warten würde...schwieg und dachte nach - über Dieses, über Jenes, über das was kommen mag oder vergangen war. Sie erinnerte sich an Dinge die irgendwann fort waren, an Wölfe die ihr Leben prägten und kam zu dem Entschluss das es keine Zeit gab in der sie sich angepasst hatte. Sie wurde in einem Rudel hineingeboren in dem sie keinen Platz fand und später als sie Welpen mit Ocean bekam und sie endlich eine Aufgabe hatte, fühlte sie sich nicht gebraucht. Als ihre Nachkommen erwachsen wurden fühlte sie sich leer und als sie fortgingen was alle Wölfe einmal taten, fühlte sie sich leblos. Irgendwann hatte jeder Wolf sie im Stich gelassen und sie fand Trost bei den Menschen und an den Orten wo sie lebten. Sie hatte den Gefallen daran gefunden ihre Beute zu stehlen und die schlafenden unter ihnen zu ärgern. Dort empfand sie Freude, aber es war falsch und das wusste sie. Also ging sie fort von ihnen und ließ die Menschen und die Hunderüden wieder alleine. Es zog sie aus Britisch-Kolumbien nach Norden, wanderte mit den Schwertwalen die sich nahe der Küste herumtrieben und jagte mit den Kodiakbären Lachse. Sie sammelte die Kadaver von Karibus auf und legte sich mit Seeadlern an die sie ewig neckten und sie forttrieben. Huesca war alleine und sie spürte, sie war gar nicht so unsozial, denn ihr Herz sagte ihr: du bist ein Wolf und du brauchst Artgenossen. Und sie folgte deren Spuren und hiermit den Spuren der Grauen.

Sie hörte das rauhe Krächzen von Rabenvögeln und blickte auf. Kurz hatte der Schneefall sich gelegt ehe er mit einer neuen unbändigen Kraft einsetzte und die Sicht nahm. Dicke Flocken klatschten gegen ihren ausgezehrten Körper und sie spürte wie der schmerzhafte Hunger zurückkam und sie weiter schwächte. Doch die Schwarze riss sich zusammen. Niemals würde sie irgendwelchen Wölfen nur den Hauch von Schwäche offenbaren. Schwäche bedeutet meist das sichere Verderben. Vielleicht auch den Tod. Sie verschnellerte ihren Lauf und nahm dabei kaum Rücksicht auf die anderen Zwei die noch immer hinter ihr liefen und dann, ganz plötzlich hörte sie das Geheul. Das Geheul welches sie schon vor ein paar Stunden geweckt hatte. Das war die Graue und sie rief nach ihnen. In ihrer Stimme schwang ein klein wenig Unbehagen auf aber auch eine ganze Menge Dominanz und Stolz. Huesca kam leicht schwankend zum Stillstand, die blauen Augen ins Nichts gerichtet.

"Das ist der Winter. Das ist eure Leitwölfin",

sagte Huesca zu den Beiden, fast zu leise. Fast. Kurz hielt sie inne und lauschte, dann hob auch sie ihren Kopf leicht an, öffnete ihre Kehle und stieß..erst leise und bedacht, dann immer lauter werdend ein Geheul in die kalte Luft. Sie antwortete, versicherte das Alles in bester Ordnung war und sie bald da sein würde. "Halt aus, halt aus Wölfin des Winters. Ich werde da sein und das nicht allein. Ich schicke dir zwei Fremde. Halt aus, halt aus - Wölfin des Winters".

Das harte Geheul verstummte im Flockenmeer. Huesca blickte kurz zurück und nickte ihnen zu. Es konnte weitergehen. Schnell Wölfe, schnell. Gleich sind wir da. Und die Schwarze drückte den Schnee weiter zur Seite, schob sich Meter für Meter voran, verbissen, fest entschlossen das Ziel baldigst zu erreichen. Und es als es so weit war und der herbe Geruch von Wölfen in ihre Schnauze trat, blieb sie stehen und zögerte.

"Geht voran, Wölfe. Ab Hier kann ich nicht weitergehen, ihr braucht mich nun nicht mehr."

Sie biss einmal in die Luft, fordernd, ein wenig aggressiv um die Fremden fortzuscheuchen und ging dann ihren eigenen Weg. Dorthin wo ihr Platz war - ausserhalb des Rudels. Sie hatte ihre Pflicht getan und zwei hungrige Wölfe in eine neue Heimat gebracht, in ein neues Rudel. Nun war es an der Zeit sich zu verdrücken. Doch wie immer, würde sie Alles im Auge behalten.


[bringt Acean und Seyíra zum Rudel und hält sich dann ausserhalb des Geschehens]



A C E A N . D R A J E N


Es beruhigte den Schwarzen ungemein, dass er nicht der einzige war, der hier vollkommen verwirrt war. Wirklich beruhigend. Der Schwarze schüttelte den Schnee aus seinem Pelz, blickte dann noch ein Mal zurück zu Sey. Im ersten Moment hatte er irgendwie geglaubt, dass sie nicht mit ihm gehen würde, dass sie einen anderen Weg einschlagen würde. Und ehrlich gesagt.. er hatte keine Ahnung, wo lang er gegangen wäre. Hinter Sey her, oder hinter der geheimnisvollen Fremden. Naja, war jetzt ja auch egal. Sey folgte ihm, also brauchte er sich da keine Sorgen machen. Der Schwarze wandte den Blick nach vorn, setzte sich erst in Bewegung, als die Weiße neben ihm war. Sie antwortete nicht wirklich viel, aber das sollte ihm Recht sein. Er wußte auch nichts zu sagen. Merkwürdige Wölfe hier. Wirklich merkwürdig.
Es dauerte einige Schritte, bis sie in der Nähe der Schwarzen waren, als diese auch schon wieder das Wort an sie richtete. Acean blickte sie nur ein wenig verwirrt an. Na toll. Was würde sie ihnen wohl nun erzählen? Er gab offen zu, dass er nicht gerade scharf drauf war, sich ihre Lebensgeschichte an zu hören. Und dann auch noch etwas lernen. Der Rüde wartete, dass sie sie mit Worten überflutete, nicht wieder aufhörte zu reden.. sie schwieg. Sollten sie nun aus Schweigen klüger werden? Nur leider wurde sie aus der „Krähe“ nicht schlau. Während dessen kämpfte sich Acean durch den Schnee, blickte immer wieder neben sich, nur um sicher zu gehen, dass Sey nicht zurück blieb. Er selbst hatte schon schlimmeres durch gemacht, aber er wußte nicht, wie gut die Weiße mit diesem Sturm zurecht kam. Also behielt er sie lieber im Auge, die Schwarze vor ihnen schien sich aus zu kennen, außerdem machte er sich um sie erst Recht keine Sorgen. Nicht, weil er sie nicht mochte.. einfach, weil er sie nicht kannte. Und vielleicht hatte sie eine Maske auf? Eine Maske, hinter der sich etwas anderes zeigte als das, was sie sahen.
Acean seufzte, wandte den Blick nach vorn. Die Schwarze war stehen geblieben, hatte wohl etwas gehört, was er nicht wahr genommen hatte. Einen Moment war er in Gedanken.. ein Moment, der ihn das Leben hätte kosten können. Aber sie stand nur da, lauschte und sprach schon wieder „eure Leitwölfin“ an. Ein leises Grummeln verließ die Kehle des Schwarzen. Na wunderbar. Wo waren sie hier bloß gelandet? Wäre Sey nicht hier gewesen, hätte er sich schon längst wieder verabschiedet. Aber jetzt war es nun ein Mal so. Mit skeptischem Blick beobachtete er, wie die Schwarze dem Heulen antwortete, ihnen zu nickte und sich weiter durch den Schnee kämpfte. Der Rüde zögerte einige Herzschläge, blickte einfach der Schwarzen nach, ehe er sich einen Atemzug später entschied, ihr doch zu folgen. Selbst wenn sie nur einige Tage hier blieben.. es würde reichen, um Kräfte zu tanken und dann weiter zu reisen. Er blickte nur kurz zu Sey.
Es dauerte nicht lang, bis sie in die Nähe von Wölfen kamen. Ihre Gerüche waren klar zu erkennen, selbst durch den dichten Sturm. Die orangen Augen ruhten auf der Schwarzen, die sich nun verabschiedete. Es machte ihn nur noch misstrauischer, dass sie nun einfach so verschwand. Er fand keine Erklärung dafür, dass sie Sie hier her brachte.. und dann wieder verschwand. Und nun schnappte sie auch noch nach Luft, und automatisch spannte sich der Körper des Rüden an. Wenn sie nun auf einen von ihnen beiden losging.. hatte er die Möglichkeit, schnell zu reagieren. Aber.. Die Schwarze wandte sich ab und Acean blickte zu den anderen Wölfen. Der Schwarze biß unmerklich die Fänge aufeinander, ehe sein heller Blick sich auf Seyíra legte. Ein ruhiges Lächeln auf den Lefzen.

“Ich bin sofort wieder da, kümmer dich schon ein mal um die anderen und warn sie vor.“

Mit diesen Worten wandte sich auch der Rüde ab, folgte der schwarzen Krähe. Ob die Weiße ihm folgen würde.. er konnte es nicht einschätzen. Er wußte nicht, ob sie in Sicherheit bleiben würde. Und wie weit es gehen würde, wenn er der Schwarzen folgte. Aber es würde sicher kein ruhiges Gespräch werden.
Nu wenige Schritte, und er befand sich in der Nähe der Fähe. Eine eigentlich ungewohnte Kälte hatte sich auf seine Züge gelegt, misstrauisch beobachtete er die Schwarze. Er wartete auf eine Reaktion ihrer Seits. Ob sie das Misstrauen spürte? Ihre Art war merkwürdig. Ihr Verhalten trieb ihm Misstrauen durch die Venen. Aber erst jetzt wurde ihm klar, dass das alles eine Falle sein konnte. Und Sey war einem Haufen von Wölfen ausgeliefert. Seine Ohren waren aufmerksam aufgestellt, jedes Geräusch wahr genommen. Hätte jemand seinen Namen gerufen, hätte er ihn in keinem Fall überhören können.


[Im Revier – Nahe Huesca]



A I L I N Á


Der Wind zerzauste der Kleinen den Pelz während die Graue sie durch den dichten Schnee trug, unglaublich dankbar war die Welpin der Fähe, doch wie sollte sie dies ausdrücken.
Immer noch tanzten die Schneeflocken im wind als wollten sie einen kunstvollen, tot bringenden tanz vollführen. Ja schön waren die nieder schwebenden Eiskristalle,aber auch tödlich. Tödlich für die,die sich noch nicht gegen ihre eisigen Finger währen konnten. Jeder Hauch gefroh sofort, direkt nach dem er aus dem Rachen floh wurde er von dem Eis überrascht und zu einem Teil des ewig wirkenden Eises.
Nur mit mühe hielt die Kleine die niedlichen Knopfaugen offen, obwohl der Schlaf schon ganz schön an ihr riss doch die Erschöpfung wollte sie unbewältigen, wollte sie nicht Herr der Lage werden lassen. Ein leises Fipsen drang aus ihrer Kehle. Ihr Blick schweifte durch den Schnee und verfolgte den weg der Schneeflocken die so filigran durch den Himmel tanzten und anscheinend sorgenlos dahin schwebten in einem wilden Tanz, beinahe wie in einem rauen Spiel.
Der Gang der Grauen war für die Kleine beinahe wie ein wiegen, immer hin und her und das in einer ruhigen Art immer hin und her. Mühsam versuchte die Kleine ihre Augen offen zu halten.
Als die Graue plötzlich stockte und ihre Bewegungen verklangen, wurden die kleinen Äuglein wieder aufmerksam, irgendwas schien nicht zu stimmen. Ein weiteres kleines Fipsen entkam ungewollt ihrer Kehle. Nun Knurrte die Graue wieder, sie hatte also recht irgendwas stimmte nicht. Sachte hatte die Graue sie nun runter Gelassen und war schützend über sie gegangen. Die kleine sah fragend und aufmerksam nach oben immer noch auch bemüht die Äuglein offen zu halten. Die Kleine zuckte unmerklich zusammen als die Fähe sich aufbauschte und dieses knurren von sich gab welches den Sandfarbenen warnen und vertreiben sollte.
Die Kleine schreckte ein wenig zu Seite und sah Fragend zu der Stelle an der die Graue den Schnee weg kratzte. Noch ein Stück zuckte sie zusammen als die Graue sie nun anstupste und ihr lautes Lied erhob.
Nun hörte sie noch andere Wölfe durch den Schnee näherkommen, ihr Blick wanderte von den Neuankömmlingen immer wieder zu dem sandfarbenen und dann wider etwas unsicher nach oben

[Unter Nouri bei Kenáo ,Kház & Bjartr]



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Spätherbst 1874 Vide
BeitragThema: Re: Spätherbst 1874   Spätherbst 1874 Icon_minitimeFr Nov 19, 2010 5:42 pm

S E Y Í R A


Irgendwie war sie nicht glücklich mit dieser Situation. Sie konnte es nicht ausstehen, wenn man ihr nicht verriert was eigentlich genau hier vor sich ging. Doch musste sie wohl oder übel damit leben. Vorerst.
Sie trottete zu der Krähe und hörte abermals zu. Ein Fehler. Denn auch dieses Mal, machte ihre Worte keinen Sinn für Sey. Jedenfalls nicht vollständig. Wenn tatsächlich Wahrheit hinter den Worten der Fähe steckte, so musste es hier irgendwo einen Wolf geben, der ihr das alles erklären konnte. Oder es war eben eine Lüge. Sie hoffte, dass dem nicht so wahr, denn Lügen war eins der wenigen Dinge die sie wütend machten. Wenn auch nur ein wenig.
Na, wenigstens wusste die Schwarze, dass sie nicht grade vertraunswürdig auf andere wirkte. Ein gutes Zeichen. Eigentlich. Vielleicht war sie sich dessen ja auch so sehr bewusst, dass sie es mit Absicht einsetzte. Wie auch immer man das anstellen sollte, aber der letzte Satz gab ihr Anlass zu noch größerer Skepsis. Ihr Leben gekostet? Hieß das etwa, dass wenn nicht so ein grauenhafter Sturm geherrscht hätte, sie die beiden einfach angegriffen hätte? Und glaubt sie hätte sogar gewonnen? Nicht, dass sie stark aussah. Im Gegenteil. Sie wirkte weitaus kräftiger als Sey, aber sie waren zu zweit. Und sie nur allein. Da lägen die Chancen doch wohl eher auf ihrer und Aceans Seite.
Die Antwort auf das von einem Grinsen begleitete Zwinkern war ein bloßes schnauben seitens der Bunten und die Tatsache, dass sie aufhörte zuzuhören. Sollte sie ruhig wissen, dass ihr nicht traute. Was aber nicht hieß, dass sie sie nicht leiden konnte. Nein. Sie war ihr nur einfach nicht geheuer. Aus Selbstschutz reagierte sie dann immer genauso, wie wenn sie jemand richtig gern hatte. Also so ganz richtig. Richtig doll eben. Nämlich doof. Sie wurde dann immer ein wenig abweisend und fast schon distanziert. Tat so als wär ihr der Wolf völlig egal und so weiter. Das Übliche.
Sie war so in Gedanken versunken, dass sie nicht einmal die Blicke Aceans bemerkte und einfach stumm nebenher ging. Ja schon regelrecht schlich. Zusammen mit der dichten Schneedecke, die sich mittlerweile auf ihrem Fell gesammelt hatte, hätte man sie glatt übersehen können, wenn nicht die rötlichen Ohren und die braune Rute herausgeguckt hätten. Wozu auch den Schnee abschütteln? Er sammelte sich ja sowieso wieder zu einem riesigen Haufen zusammen. Außerdem sähe das ständige schütteln aus, als hätte man irgendwelche... Zuckungen. Wie bei Acean.
Still schritt sie weiter, bis die Krähe auf einmal stehen blieb und wieder anfing zu reden. 'Eure Leitwölfin'. Aha. Sie wusste gar nicht, dass sie eine hatte, aber nun ja. Die Fähe schien das offenbar vorhin so beschlossen zu haben. War ja auch im Prinzip egal. Und als die Schwarze ihr Heulen beendet hatte und weiterging, blickte sie doch einmal zu dem Rüden neben ihr, um zu sehen, was er von der ganzen Sache hielt. Ihr Augen waren aber schon gar nicht mehr in der Lage irgendwelche inneren Regungen zu erkennen. Oder besser gesagt, sie hatten keine Lust mehr. Es schien fast so, als hätten sie ein Eigenleben entwickelt und wollten nun lieber einfach geschlossen bleiben als ihren Dienst zu tun. So leer, matt und müde wie sie wahren hätte Sey auch nichts dagegen gehabt. Nur wäre es keine besonders clevere Idee jetzt die Augen zuzumachen und einzuschlafen. Sie wusste wie das für andere aussah. Hatte sie das ja schon oft genug miterlebt. Vielleicht kämen Außenstehende dann sogar auf die Idee, sie sei schwach und am Ende ihrer Kräfte und das konnte sie beim besten Willen nicht mit sich vereinbaren.

Endlich waren sie in der Nähe des Rudels. Der starke Geruch von mehreren Wölfen stieg ihr in die Nase und die Bunte rümpfte sie sogleich. Es war ungewohnt. Monate lang hatte sie kaum etwas anderes als sich selbst, Acean und möglicherweise ein paar Vögel und Kleintiere gerochen. Sie hatte schon fast vergessen wie anders der Geruch von Artgenossen war. Warum die Schwarze wohl nicht mitkommen wollte? Womöglich hatte sie ja ein Rudelmitglied gefressen. Eher unwahrscheinlich, aber vielleicht hatte sie ja etwas verbrochen, dass ihr verbot sich dem Rudel weiter zu nähern. Da sprach Acean auf einmal zu ihr. Was hatte er denn jetzt nun wieder vor? Sie stoß bei seinen Worten eine Art amüsiertes Grunzen hervor. Ja, vorwarnen. Das definitiv. Sie antwortete nur mit einem Grinsen und sie hatte ziemliche Mühe dieses Grinsen davon abzuhalten in ein Lachen überzugehen. Sie fand das lustig. Sie wusste nicht genau was, aber es war lustig. Wahrscheinlich die Sache mit dem Vorwarnen. Ja. Man konnte nie jemand genug auf einen narkoleptischen Wolf vorbereiten.
Sie sah ihm müde hinterher und überlegte, ob sie ihm nicht einfach folgen sollte. Schließlich war niemand, der sie daran hätte hindern können. Und neugierig wie sie war, hätte sie nur zu gern gewusst was in seinem merkwürdigen Kopf vor sich ging, dass er der Krähe hinterherspionieren wollte. Doch hätte er gewollt, dass sie mitkommt hätte er es gesagt. Also ging sie weiter gradeaus und schritt auf die Wölfe zu, die nur noch einige Meter entfernt waren.

Sie fand ein seltsames Szenario vor. Da war eine Fähe, der Körperhaltung zu urteilen wohl "ihre Leitwölfin", die über einem Welpen stand und irgendeinem Wolf, der vor ihr lag zu drohen schien. Dann waren da noch zwei Rüden. Einer wirkte ein wenig verwarlost und hatte einen grau-schwarzen Pelz. Der andere muskulös und ziemlich....rot. Interessante Farbe. Sie mochte ihn. Einfach weil er eine seltsame Farbe hatte. Genau wie sie. Zwar nicht ganz so extrem, aber trotzdem auffallend.
Sie war wohl zu dem denkbar ungünstigsten Zeitpunkt hereingeplatzt. Sie seufzte. Na, klasse. Was sollte sie jetzt tun? einfach in die Mitte springen und rufen "Hey! Hier bin ich!". Wohl eher nicht. So entschloss sie sich vorerst auf ihrem Platz zu verweilen und abzuwarten was passierte.




[Höhle || bei Nouri,Ailiná,Kház, Bjartr und Ailiná]



K H Á Z U N


Und der Wind tanzte über gefrorenen Schnee.
Flüchtig waren die Schneeflocken, die an ihm vorbeiglitten und in der Ewigkeit verschwanden. Wer wusste schon, wohin es sie trieb.
Ruhig war er, der sich niedergelassen hatte zu Warten.
Auf den Augenblick, an dem Teile des Rudels zurückkehren, und ihn sehen würden. Natürlich erhoffte er sich in ihrer Mitte aufgenommen zu werden, denn würden sie ihn nicht dulden, so war ihm klar, würde er dieses Tal nicht mehr lebendig verlassen.
Wie eigenartig dramatisch das klang. So gekünstelt und übertrieben in seinen Ohren, die für jeden Schalk offen waren.
Aber es war eine Tatsache.
Umbringen, so war er sich sicher, würden sie ihn nicht. So grausam waren Wölfe nicht. Obwohl er gegen reichliche Regeln und vor allem schon gesetzte Grenzen verstoßen hatte, welche ihm die Alphafähe sogar gegeben hatte, als er schon das Revier betreten, und sie ihn bemerkt hatte.
Es war äußert leichtsinnig, solche Gegebenheiten zu ignorieren und dem eigenem Vorteil nach trotzdem einzureisen.
Ihn fortzujagen aber, das war eine Option, die durchaus möglich war. Und das bedeutete seinen Tod, kam es denn so weit.
Er glaubte nicht, dass er einen so gewaltigen Sturm, wie er herrschte und sicherlich noch mehr aufbauschen würde, überleben konnte. Das war schier unmöglich.
Er war vielleicht hochgewachsen, war vielleicht schnell, ausdauernd.
Aber er bot aufgrund der Größe auch einiges an Angriffsfläche, was man nicht außer Acht lassen konnte. Größe war nicht immer ein Vorteil, gewiss nicht.
Kleinere, zähere Wölfe hatten im Grunde mehr Chancen zu überleben. Zumal sie in der Jagd an für sich wendiger waren. Er konnte Hetzen, er konnte Langstreckenläufe hinter sich bringen – aber er war kein Kraftpaket, denn er war nicht kräftigerer Statur, die bei kleineren Artgenossen eben häufiger auftrat.
Fatal, wenn man in eisiger Kälte zu Überleben versuchte – und das auf eigener Faust.
Sein Fell war zwar dicht, würde ihn allein aber nicht durchbringen. Erfrieren. Ein solcher Tod war nicht angenehm. Er wusste schon, wie es war, wenn einem die Kälte beißend in die Knochen kroch, und er wollte sich gar nicht erst vorstellen, sich ausmalen, wie es war, wenn sie einen mit den knorrigen Fingern erbarmungslos erdrückte.
Wenn man müder wurde, sich aber nicht mehr aufraffen konnte, um sich zu bewegen und so die Muskeln aufzuwärmen.
Wenn man schläfrig dahinglitt, der Verstand langsam davon dämmerte, während der Instinkt dennoch verzweifelt dagegen ankämpfte.
Ein stummer, tödlicher Kampf, den man nicht gewinnen konnte.
Erst recht nicht, wenn man schon aufgrund von Nahrungsmangel keine Möglichkeit mehr hatte Kraftreserven aufzubauen, gar Fettreserven, von denen der Körper zehren und sich ein wenig Wärme, aber auch Energie für den wärmenden Lauf nehmen konnte.
Ein Kreislauf, der allein schlichtweg beinahe nicht zu überwältigen war.
Und er glaubte, dass es hier keinen Ausweg gab, als sich anderen anzuschließen, wenn man so war, wie er.
Ansonsten würde der Lichtsplitter von Dunkelheit übermannt, wie der Tag von der Nacht.

Dieser unwirkliche Herbst, der in Gegenden wie Alaska nun einmal schon ein Winterwerk war, jagte ihm Schauder über den Rücken.
Wie gefährlich die Natur doch war. Wie gefährlich, und wundervoll faszinierend.

Der sandfarbene Schemen rutschte seitlich ein wenig näher an den sicheren Bau, wagte es aber nach wie vor nicht, dort einzutreten. Sein Vorhaben an sich war schon riskant, er musste es nicht noch an die oberste Spitze treiben und in ein absolutes Rudelrevier einzudringen.
Und so verharrte er.
Bis sich in der Ferne etwas tat.

Er roch sie nicht, denn der Wind blies in eine Richtung, die nicht gegen ihn ging und somit alle Düfte in andere Richtungen vertrieb.
Dennoch begnügte er sich schon damit, sie zu sehen.
Bisher hatte er sie nur über ihre Fährte wahrgenommen. Und trotz dessen blickte er auf, die Ohren schnellten nach Vorne, der Kopf erhob sich und er wusste, dass sie es war.
Als habe ihr Geruch ihr vorher schon ein Bild in seinen Kopf eingebrannt, welches sich jetzt endgültig vervollständigte, wie er sie erblickte.

Dass sie knurrte, sobald sie ihn sah, damit hatte er schon gerechnet. Es war nichts, was ihn erschreckte, denn es war klar gewesen.
Er hätte genauso gehandelt.

Er hatte schon vorher die Rute unter den Bauch geklemmt, schon als er sie erblickt hatte. Er sah sie, wartete, bis sie da war, schaute ihr aber penetrant nicht direkt in die Augen und wandte die Schnauze weg, als unterwürfige Geste.
Was blieb ihm auch anderes übrig?
Er hatte es schon getan, als er ein Welpe war. Es war doch eigentlich schon vorherbestimmt, welchen Rang er einnahm.
Dementsprechend verhielt er sich jetzt, in dem er deutlich machte, dass er unter ihr stand und sie anerkannte, zurückrutschte und Platz gebot, um sie nicht noch mehr einzuengen, denn das schien sie zu stören.
So rückte er immer mehr vom Eingang der Höhle weg, bis gut zwei Meter Distanz zwischen ihm und eben dieser entstanden war.
Auch, als ein roter Rüde eintraf, aus dieser Nähe als Alphatier zu erkennen, behielt er die demütigen Gestiken ein, gab leise Laute von sich.
Er entschuldigte sich somit dafür, dass er ungefragt in das Rudel eingedrungen war.
Weiteres Zurückrutschen, er drehte den Kopf etwas weiter weg und sah mit gesenktem Blick in das Ferne Schneestoben, welches weitere Wölfe offenbarte.
Kurze Pause.
Dann aber kam er nicht umher mit den Forderpfoten leicht auf den Grund zu klopfen, in verspielter, ruhiger Art.
Ein Versuch die angespannte Situation etwas zu lockern, Verspieltheit zu verdeutlichen, abgesehen davon, dass er sich ihnen schon unterwarf.
Wiederholt klopfte er mit den Pfoten auf den harten Schnee, der auf dem Felsen war und sein Blick wanderte unter der Grauen her zu dem Welpen, was ihm ein leises Fiepen entlockte, von dort aus an den Beinen des Roten entlang bis zu einer Fähe, die dazugestoßen war. Dort blieb der leicht gesenkte Blick hängen.
Er zog die Rute unter dem Bauch hervor, ließ sie aber auf dem Boden liegen, zuckte damit andeutend hin und her, als wolle er ein wenig freundlich, fröhlich wedeln.

Er war ein Omega. Das ließ sich nicht leugnen.


[Höhle || mit Kenáo, Ailiná, Nouri, Bjartr und Seyíra]



N O U R I



Wie vor vielen Jahren.
Sie hatte es schon als Welpe nicht sonderlich leiden können, wenn sich jemand den Anweisungen der Alphatiere nicht unterwies – wobei das eigenartig war, da sie selber öfter mal die Grenzen überschritten hatte und den erlaubten Radius, in dem sie sich als Welpe aufhalten durfte, weiter ausdehnte. Dass sie sich in der Gruppe ihrer gleichaltrigen Geschwister manchmal schwer tat und sich schlicht weigerte sich einer Schwester unterzuordnen, die dort eigentlich die Stellung als Stärkstes Weibchen inne hatte. Weil sie sich lieber einem der älteren Würfe anfügte und schon damals lieber dem Roten nachlief.
Seltsam, weil sie sich doch öfter mal selber den Vorgaben wiedersetzte und auch noch wegblieb, während ihre Mutter kehlige Rufe aussandte, ihre Kinder zu sich zurückzudirigieren.
Wie dickköpfig sie war, wie stur, und genau das war es, was sie an Anderen nicht leiden konnte.
Vielleicht war das ja so. Womöglich konnte sie das bei anderen nicht unbedingt haben, weil sie wusste, dass sie selber genauso war.
Und ihr daher klar war, wie gefährlich solche Widersetzungen mitunter sein konnten.

Sie funkelte den Sandfarbenen unheilvoll an. Er befand sich schlichtweg zu Nahe an dem Bau, so empfand sie es. Er gehörte hier nicht hin, des hier war ein intimer Rudelbereich.
Es gefiel ihr nicht, er gefiel ihr nicht.

Es war angenehm, dass ihr Bruder erschien. Der Fels in der Brandung, der ihr stets den nötigen Halt gab, damit sie ihre Rolle gut erfüllen konnte. Auf ihn war Verlass. Wenn etwas geschah, mit dem sie nicht zurechtkam, was ihre Vorstellungen überschritt und sie überforderte, wusste sie, konnte er helfen. Er besaß einen klaren Verstand, einen hervorragenden Gerechtigkeitssinn und war schnell im Denken, was ihn als Alphatier ihrer Ansicht nach sehr gut auszeichnete.
Wenn etwas nicht funktionierte, so glaubte sie, hatte er immer einen Einfall, dort für das Problem eine sinnvolle Lösung zu finden.
Seine Gegenwart rief in ihr augenblicklich warme Gefühle hoch, so familiär und entlastend, dass sie sich direkt entspannte, ohne jedoch ihre dominante Haltung zu verlieren. Das lag auch nicht in ihrem Sinn.
Ruhiger und seinen Blick mit einem kurzem, aber freudigem Schlagen der Rute erwidernd, ließen ihre verkrampften Beinmuskeln sich ein wenig lockern, was es ihr erlaubte ein paar Schritte auf der Stelle zu tun, wieder etwas auf dem Eis zu scharren und ihre vorherigen Spuren noch zu vertiefen – soweit es ihr ihre Krallen ermöglichten.
Der Omega, und es war offensichtlich, dass er ein Wolf dieser Stellung war, unterwarf sich nach wie vor, wie er es schon getan hatte, kaum dass sie ihn erreichte.
Das war recht gut, denn es ersparte ihr weitere Floskeln und Anstrengungen.
Anhand dessen, dass er sich schon ungefragt in das Revier begeben hatte, hatte sie, während sie mit dem Welpen zur Höhle kam, befürchtet, dass er sich nur noch mehr den Vorgaben widersetzen würde. Ein Wolf der einmal Regeln brach, war durchaus in der Lage dies auch ein zweites Mal zu tun.

Aus den Augenwinkeln, mit der Nase und den wachsamen Ohren nahm sie wahr, dass sich auch andere Wölfe näherten, eine Fähe, und ein Rüde. Das männliche Tier war wohl mit ihrem Bruder gekommen, wie sie vermutete. Woher die Weibliche kam, wusste sie nicht. Augenblicklich musste sie an die Schwarze denken, an die Krähe, und dann fiel ihr auf, dass sie sich in einer unangenehmen Situation befand.
Sie musste dem Sandfarbenem Einlass gewähren.

Es gab keinen Grund, ihn mit einem weiterem Knurren und Drohgebärden zu verjagen. Das war das Problem. Er war nicht der Einzige, der ungefragt in das Revier eingedrungen war. Die Schwarze war es auch, und sie konnte sich nicht erinnern Rufe der Fähe gehört zu haben – oder täuschte sie sich da, war da nicht was gewesen?
Innerlich zögerte sie.
Eine verdammte Zwickmühle. Was konnte sie schon tun? Der Omega hatte sich unterworfen, sein Regelbruch war nicht anders als bei der Schwarzen, die sie ja auch im Revier duldete, zunächst vorerst.
Und das juckte die Graue. Es kitzelte sie in der Nase, es kratzte ihr oben an der Stirn und zwischen den Augen, es kribbelte in ihrem Nacken.
Sein Vergehen war nicht größer, als das der Schwarzen.
Und wenn die Schwarze hier verweilen durfte, so musste sie wohl oder übel auch ihm nachgeben.
Es wurmte sie.
Es machte sie wütend, tief in ihrem Inneren, da sie wusste, dass sie mit ihrem Groll auf ihn auf eine verquerte Art und Weise kein Recht hatte.
Sie schnaubte.
Verdammter!

Typisch versuchend die geladene Luft zwischen sich und der Grauen zu entschärfen klopfte er mit den Pfoten auf den Boden und suchte Kontakt zu den anderen Anwesenden – über dessen Erscheinen sich die Graue im Gegensatz zu seiner Existenz auch noch freute.
Sein Verhalten ließ sie kurz vergessen, dass sie irgendwas an ihm störte, sie sah ihn an, beobachtete sein kindliches Spielerregen.
Die Graue stob mit der Nase über den Boden, wodurch Schnee zu ihm hinüberpuderte. Eine vage Erwiderung, auch wenn jene nicht gerade die motivierteste war.
Und sie wandte sich um, und signalisierte ihrem Bruder, das sie gewillt war, dem Hellen Einlass zu gewähren.

Kurz glitt ihr Blick über die anderen. Die Rute weiter dominant erhoben, aber wesentlich ruhiger. Sie bewegte sich kurz mehr in die Richtung des Dunkelgrauen und der Bunten, und sie sandte einen freudigen Willkommensgruß zu ihnen, indem sie einen leisen, sanften Ruf ausstieß und die Rute schwenkte. Kurz beugte sie sich, sodass ihr Oberkörper mehr dem Boden geneigt war, kam schnell wieder hoch und machte so einen kleinen Satz. Wenig, aber eine doch erfreute Gestik.
Dann wandte sie sich, die Winterwölfin, der Welpin zu und fasste diese wieder am Nackenfell.
Wie verwirrend, für dieses arme Bündel.
Stumm ging sie erhoben, soweit es ihr mit dem kleinen Wolf im Maul erlaubt war, an dem Sandfarbenem vorbei in den warmen Bau.

Und besiegelte damit, dass er akzeptiert war.

In der Höhle konnte die Graue aufrecht stehen, sie war recht hoch. Es war der Bau mittlerer Größe, denn es gab im Tal noch einen engeren, kleineren, und einen, der ein wenig geräumiger war.
Dieser hier bot genügend Platz für ein Rudel, um es sich gemütlich zu machen, es warm zu haben und die Nähe anderer zu genießen.
Es gab aber auch ein paar Ecken, und auch den leichten Aufgang zum Aus- und Eingang der Höhle, an denen man sich ruhig und abgekapselt zusammenrollen konnte, um seine Ruhe zu haben.

Die Graue ging recht weit links hinten in den Bau, setzte den Welpen ab und schüttelte sich so ausgiebig, dass Wassertropfen aus ihrem Fell wirbelten.
Danach ließ sie sich schräg neben dem Welpen nieder, den Rücken so gedreht, dass sie zum Höhleneingang gucken konnte, mit dem Kopf nahe einer der Bauwände war, und neigte die Nase hinab zu dem zarten Geschöpf.
Sie roch kurz und witterte den Duft des fremden Rudels, was einmal die Familie der Kleinen gewesen war. Dann begann sie entschlossen mit der Zunge über das Fell der Welpin zu fahren, zu Lecken und zu Putzen. Sie wollte den alten Geruch von dem Flockenwölfchen entfernen, damit der Duft ihres eigenen Rudels und von ihr auf die Kleine übergehen konnte. Das würde sie als Mitglied kennzeichnen.
Sie allerdings auch von ihrer Vergangenheit abkapseln.
Dann würde es nur noch eine Zukunft geben.
Wie für den Rest des Rudels auch.

Ruhig setzte die Graue ihre Reinigung der Kleinen dort, putzt sie stark und mit Elan, sodass sie den kleinen Körper vielleicht auch ein wenig auf dem Boden herumschob – sie war nicht die Sanfteste, und der alte Geruch der Kleinen störte sie doch sehr.

Aber sie war bemüht dem Welpen Nähe und Wärme zu geben, den die Kleine schlichtweg brauchte.

» Flockenwölfchen... wo kommst du nur her... «

Sie flüsterte, leckte dem Welpen über die Stirn.

»... und wohin führt dich dein Weg... «

Sprach sie mit sich selber? Nein, vielleicht waren die Worte wirklich an die Kleine gerichtet, aber es war ungewiss, ob diese in ihrem jetzigem Zustand darauf antworten konnte.

» Wie geht es dir denn, kleiner Schneekristall? Hat dir der Wind sehr zugesetzt? «


[erst vor der Höhle mit Kenáo, Ailiná, Bjartr, Seyíra und Kház || jetzt mit Ailiná in der Höhle]



A I L I N Á


Die Kleine stand, immer noch etwas wackelig unter der grauen Fähe und beobachtete den Sandfarbenen und den Roten. Doch der Geruch von weiteren Wölfen stieg ihr in die kleine Nase. Das linke Ohr zuckte etwas und suchen wand sie den Blick zu den neuen Gerüchen um. Sie sah einen dunkelgrauen Rüden der anscheinend mit dem Roten gekommen war. Dann wand sie ihren Blick zu dem anderen interessanten Geruch.. Es war eine bunte Fähe, nicht so rotes Fell wie der rote Rüde aber denn noch rot.
Der Blick der Kleinen fiel jedoch wieder auf den sandfarbenen und blieb auch bei ihm hängen. Sie beobachtete ihn genau und aufmerksam aus ihren kleinen Augen. Sie studierte genau sein Verhalten. Aber um genau zu sein versuchte sie ihre ganze Umgebung genau zu studieren um aus ihr zu lernen, aber der Helle zog ihre Aufmerksamkeit sehr auf sich.
Die Kleine schaute aus ihrem,wie sie sagen würde, sicheren Winkel, hinter den rechten Lauf der Grauen zu dem Hellen hinüber, der nun versuchte die Stimmung die wie ein bitterer Nachgeschmag in der Luft hing versuchte zu lockern. Sein Klopfen mit der Vorderpfote zauberte der Kleinen , den Anflug eines Lächelns auf die Lefzen. Aber viel mehr waren es die Augen die jetzt anscheinend lachten..

Dass so kleine Dinge, so winzige Gesten schon ein Lachen in die Augen eines Welpens zeichnen konnte, war kein Wunder. Nein als Kinder hatten wir uns doch alle schon über die kleinsten Gesten der Freundlichkeit, der Liebe und des Spiels gefreut. Hatten uns mit so einfachen Sachen zufrieden gegeben. Und Heute? Heute war bei den meisten Erwachsenen alles anders. Die Meisten hatten vergessen zu Träumen.

Die Kleine beobachtete aufmerksam was nun geschah. Die Haltung der Grauen hatte sich entspannt, doch sie merkte das die Graue trotzdem noch angespannt war, das sie irgendwas zu tiefst störte. Doch bei alldem verlor sie nicht ihre dominante Stellung.
Aufmerksam sah die Kleine nun auch genau zu wie die Graue nun doch die verspieleten Gesten des Sandfarbenen mit einer, eher weniger freudigen, jedoch auch etwas spielerischen Geste quittierte.
Sie merkte wie die Graue nun zu den Anderen hinüber ging und saß einen Moment allein da und sah der Grauen hinter her, bei alldem immer noch bemüht die kleinen Knopfaugen offen zu halten. Sie blickte wieder zu dem Hellen. Genau musterte sie ihn, darauf bedacht vielleicht noch etwas verspieltes an ihm zu finden, was sie von ihren gedanken ablenkte. Doch sorgte das ganze Durcheinander schon reichlich dafür, gemischt mit dem Willen nur nach Vorne zu sehen, dass sie ein Stück das verdrängte was geschehen war.
Als die Graue sie nun wieder sachte hoch nahm, glitt ihr Blick wieder hoch zu der Fähe. Langsam trottete die Graue in die Höhle und legte sich dort nieder. Etwas Schräg zu der Kleinen sodass sie sie mit der Nase berühren konnte. Froh endlich liegen zu dürfen sank die Kleine beinahe leicht wie eine Feder nieder. Ihr ganzer Körper war schon kalt und das Fell an manchen Stellen schon etwas hart von dem Schnee und der Kälte und sie war müde unendlich müde.
Sie spürte die Wärme der Grauen und liebte sie dafür, war einfach unendlich dankbar für das, was sie Heute alles für sie getan hatte. Nun merkte sie auch wie Irgendwas über ihr Fell fuhr. Sie blickte die Graue an versuchte zu lächeln doch es gelang ihr nicht. Erinnrungen kamen hoch, Erinnerungen an ihre Mutter. Der Kleine Körper wurde etwas hin und her gerutscht doch das störte die Kleine nicht wirklich.
Sie Hörte die Stimme der Fähe, aber sie schien beinahe unendlich weit weg. Kläglich versuchte die Kleine eine Antwort zu geben doch aus ihrer Kehle wollte kein Ton kommen. Es war fast als wäre sie zugeschnürt.




I K E R U


Heulend schlug der Wind gegen die dicht wachsenden Tannen. Die tief hängenden Zweige peitschten zu allen Seiten, wurden vom Wind immer wieder hin und her geschmissen. Auch die Stämme bogen sich mit dem Wind. Gelegentlich hallte auch das Knacken und Krachen abgebrochener und zu Boden fallener Äste wider.
Die Schneeböen bildeten Figuren, formten sich zu Wesen, die um sich zu greifen schienen und alles zerreißen wollten. Weiße Walzen, die über den Wald rollten, fast so, als wollten sie alles niederreißen. Weiße Fluten, die nur Kälte, Schmerz und Hunger mit sich brachten, während Glückseligkeit, Wärme und Behagen vor ihnen flohen. Die Bedrückung lag über dem Tal wie Nebelschwaden. Mit jedem Atemzug schien sie einem tiefer in die Knochen zu fahren. Man konnte fast behaupten, dass es depressiv mache...

Der weiße, eiskalte Teppich knirschte unter den mühsamen Schritten des weißen Rüden. Sein Fell war gegen den Wind aufgelehnt und ließ den kalten Sturm seine Wärme rauben. Die Schnauze tief nach unten gesenkt, die Leftzen fast zu einer angestrengten Grimasse verzogen, kämpfte er sich vorwärts, immer weiter gen Osten. Er wusste, was sein Ziel war, doch das war auch das Einzige. Ob es die richtige Richtung war, vermochte er nicht zu sagen und er wusste auch nicht, ob er überhaupt noch ankommen würde. Es war ihm nur gewiss, dass er Luftsprünge machen würde, sobald er an der Höhle angekommen war – wenn er denn so weit kam.
Es war keine wirkliche Behinderung, dass ihm sein zweiter Hinterlauf fehlte, doch in diesem Augenblick wünschte er ihn sich trotzdem zurück, einfach aus dem Glauben, dass er schneller sein würde. Jedoch würde kein Wünschen und Betteln der Welt mehr helfen – sein linker Hinterlauf war unwiderruflich hinüber. Lediglich der verbleibende Stummel wies auf die einstige Anwesenheit des Beines hin.

Einzig und allein der Drang irgendetwas zu tun hatte ihn hinaus in die Kälte getrieben. Dummheit. So schimpfte er sein Handeln jetzt. Im Nachhinein war es immer leicht zu sagen, dass es dumm war. Zu behaupten man hätte nicht nachgedacht. Ja. Die Dummheit, das ist eine Sache, der man leicht die Schuld zuschieben konnte. Doch es war geschehen und nun nicht mehr zu ändern. Und anstatt sich nun damit zu beschäftigen, wie man dazu gekommen war, hinauszugehen, hatte Ikeru besser ersonnen darum zu kämpfen den Weg hinein wieder zu finden. Hinein in die Höhle, dorthin, wo es wärmer war und wo die anderen vielleicht schon auf seine Ankunft warteten. Oder hoffentlich auf seine Ankunft warteten...
Er musste jedoch trotzdem grübeln, wieso genau er in den Schneesturm gegangen war.

» Neugierde. « wisperte er sich selbst zu. Die Worte drangen nicht einmal an sein eigenes Ohr, so schnell, wie der Wind sie weg zerrte, zerschlug und in alle Richtungen zerstreute. » Neugierde hat mich gezwungen, Dummheit veranlasst und Unternehmungsdrang gesteuert. Es musste ja passieren. Natürlich hätte ich mir denken müssen, dass ich bald einen Fehler mache. Es war klar seit... «

Er hielt inne. Seine Pfoten versanken ein wenig im Schnee. Als er das ewige weiß zu seinen Füßen ansah, wurde es ihm wiedereinmal klar – es hatte sich viel verändert. Mit ihm. Um ihn herum. Aber vor allem in seinem Tun und Handeln, in seinem Denken, überhaupt in ihm. Und nicht nur das; er war geradezu unverantwortlich gewesen. Jetzt wo er doch Betarüde war, hatte er da nicht Verantwortung zu tragen? Auf das Rudel acht zu geben? Hätte er dann nicht bei der Höhle bleiben sollen, wenn Nouri und Kenáo nicht da waren? Als ihm der Schnee plötzlich heftig ins Gesicht peitschte, gab er eine Art verächtliches Grunzen von sich und setzte seinen Gang fort. Trotz lag nun in seinen energischen Bewegungen. Dieser war jedoch nicht gegen das Wetter gerichtet. Nein, diesem schenkte er keine Beachtung. Er war zu sehr in Gedanken versunken, während er sich vor Augen führte, was er wohlmöglich für einen Fehler gemacht hatte, einfach nur durch die Tatsache, dass er nicht geholfen hatte. Er hätte Nouri und Kenáo helfen müssen, gerade jetzt, wo der Winter bevorstand und der Herbst schon an den Kräften aller zerrte.
Ikeru hatte für eine Weile fast vergessen, dass er überhaupt am Rudel mitbeteiligt war. Er hatte fast das Revier vergessen, die Anwesenheit der Anderen, einfach alles. Er hatte viel ausgeblendet, einiges zu ignorieren versucht und es dann vergessen. Wenn auch nur für wenige Stunden – es war schlimm genug, dass es passiert war.

Sein trotziges, doch langsames Voranschreiten ging in ein halbschnelles und hinkendes Traben über, dann wurde es zu einem langsamen Lauf und letztendlich ein Wettrennen gegen den Sturm. Er kam nicht so schnell voran, wie er es sich gewünscht hatte, der Wind hinderte ihn daran, schien ihm regelrecht Blockaden in den Weg zu schmeißen, damit er doch stehen bleibe, doch irgendwie war ihm wohler bei dem Gedanken, dass er so schneller zu seinem Ziel kommen könnte und so hatte er die Kraft weiterzulaufen, egal, was ihm entgegenkam. Auch, wenn ihm die Richtung noch immer nicht ganz bewusst war. Glauben auf dem richtigen Weg zu sein, war wenigstens ein Anfang.
Nun, wo er mehr den je den Drang hatte zurückzukommen und ungeduldig war, wenn er daran dachte, dass er nicht wusste, wie weit es noch war, schlug die Kälte strenger auf ihn ein als zuvor. Auch das ignorieren brachte jetzt nichts mehr. Grimmig lächelnd dachte er sich, es sei wohl die gerechte Strafe dafür, dass er seine Pflichten vergessen hatte. Doch seine Pfoten trugen ihn immer weiter. Sie ließen ihn nicht im Stich, ebenso, wie er sich in Gedanken schwor Nouri und Kenáo nie wieder im Stich zu lassen. Denn er hatte dies getan, dessen war er sich sicher.


[ allein | ein gutes Stück von der Höhle entfernt, jedoch darauf zukommend. ]
[ schlecht, aber wenigstens hab ichs endlich mal. ]



H U E S C A


Die Kreatur war kein Wolf in dem Sinne, kein Wolf der unter Wölfen lebte. Sie war vielleicht ein Nachkomme des Gonakadet der all die Geschichten schrieb die vor ihrer Zeit waren. Vielleicht auch aber stammte sie von Kawadelekala, dem Wolf der ein Mensch war und andersherum - würde das nicht erklären wieso Menschen so anziehend waren für die schwarze Wölfin aus dem Land des Ursprungs, einem Land in dem der Zauber geschaffen wurde? Die Kreatur schien wenig zauberhaft, sie schien gar wie ein Wesen dessen zauberhaftes Gegenteil sie war. Huesca war kein Wolf der Wölfe und das war es wieso sie sich dem Rudel unter der grauen Wölfin nicht anschließen konnte - das wusste die Graue, das wusste die Schwarze.

Es wäre besser gewesen diese Tatsache zu akzeptieren, denn ein Wolf der im gewissen Sinne kein Wolf war, war gefährlich und undurchschaubar. Sollte der dunkle Rüde das nicht wissen? Und wieso wusste er es dann nicht? Es war eine falsche Entscheidung gewesen der Kreatur aus dem seltsames Land zu folgen, denn war sie wirklich ein Nachkomme des Wasgo? Dann würde sie die neugierigen Wölfe in Stücke reissen. Huesca war eine geheime Kreatur und sie würde es bleiben. Sie führte den dunklen Rüden an einen ruhigen Ort - sie wusste das er folgte, sie wusste, dass er nicht wusste das sie wusste das er da ist. Ein Vorteil, ein unheimlich gefährlicher Vorteil. Die Schwarze schob sich durch den Schnee der hier und dort höher war als an anderen Stellen. Umgestürzte Bäume waren unter der Schneedecke, Steine, tiefe Löcher und Huesca wusste von Alledem. Sie wusste wahrlich viel. Immer weiter führte sie ihn vom Rudel weg und in ihrem Herzen waberte das Blut des Hinterhalts, waberte das Blut der Opfer. Leichtfüßig setzte sie eine Pfote vor die Andere und als sie weit genug vom Rudel entfernt waren, blieb sie stehen und lachte - erst leise dann laut. Ihr Körper hob und senkte sich und vibrierte im Wahn der sie einholte. Huesca mochte kleiner sein als er und vielleicht auch etwas magerer, dch waren das alle Wölfe die diesen Winter überstehen würden. Es zerrte an ihren Kräften.

"Du bist so dumm. Du bist so unglaublich dumm",

waren ihre Worte bevor sie sich ruckartig umdrehte und Schnee aufwirbelte. Ihre blauen Augen glänzten und schienen kalte Funken zu werfen. Sie hatte das Maul zu einer grotesken Grimasse gemacht. Ihr Grinsen schien größer als ihr Kopf zu sein.

"Habe ich dir nicht befohlen zu deiner neuen Leitwölfin zu gehen? Habe ich es nicht gesagt, he? Oder habe ich mich falsch ausgedrückt? Hast du es falsch verstanden? Bin ich deine wahre Leitwölfin oder wieso verfolgst du mich, he?"

Drohend stapfte sie durch den Schnee auf ihn zu, die Haare aufgestellt, die Ohren leicht seitlich nach vorne gerichtet.

"Neugierde ist tötlich, Acean. Tötlich! Ich sollte dich dafür bestrafen, dir deine Kehle aufreissen aber ich darfs nicht..ich darf im Revier der Grauen nicht töten was ihr gehört! Aber...lass mich überlegen...hmmmm! Aber ich darf das!"

Die Schwarze stürzte sich auf den Rüden und rempelte ihn an. Die Schwarze stolperte und landete im Schnee, stand sofort wieder auf und blickte ihn triumphierend an. Ein Fehler, eine kurze Unachtsamkeit ihrerseits, doch er war nicht schnell genug sie in dieser Blamage anzugreifen, oder wollte er nur nicht? Sie forderte ihn gewiss auf ein wenig zu spielen und dabei wirkte sie tatsächlich so wie ein ungestümer Welpe der Blut geleckt hatte und davon nicht mehr genug bekam. Sie hatte den Rüden nicht gebissen, sondern einfach geschubst... nur eine Aufforderung...nur das.

"Huch! Hab ich dich angerempelt? Das tut mir Leid, ich dachte du seist nicht so standhaft. Das mögen wir doch gleich wiederholen!"

und stürzte sich nochmals auf ihn, wieder ohne Zahn und Kralle. Prallte auf ihn wie ein Vogel dem die Flügel eingeschlafen waren und dem Berg nicht mehr ausweichen konnte. Er stürzte wieder nicht. Es war ein seltsames Spiel. Aber es war ein Spiel welches ihr Spaß machte - egal was das Gegenüber davon halten sollte und das war meist nicht sonderlich viel. Kampfeslustig blinzelte sie ihn an.


[bei Acean]



A C E A N . D R A J E N


Acean folgte der Schwarzen aufmerksam, ließ sie nicht aus den Augen. Es wäre ein Fehler gewesen, sie jetzt zu unterschätzen, sie von Anfang an einer Gruppe zu zu teilen. Nein, Acean war anders. Er testete lieber, wie stark sein Gegenüber war, und dabei zählte nicht, ob vor ihm nun eine Fähe oder ein Rüde stand. Er machte da keine Unterschiede. Immer wieder wandte sich der orange Blick zurück, in der Hoffnung, dort keine weiße Gestalt zu erkennen, die ihnen folgte. Es war besser, wenn sie beim Rudel blieb. Wer wußte schon, wohin sie ihr Weg führte? Und.. er wollte Sey nicht in Gefahr bringen. Das hätte er sich nie verzeihen können. Aber mit jedem Schritt, den er vorwärts ging, entfernte er sich von ihr. Jeder Meter beraubte die Weiße dem Schutz, den er ihr bieten konnte. Würde er sie noch hören, wenn sie nach ihm rief, wenn sie in Gefahr war? Die Schritte durch den tiefen Schnee wurden langsamer, zögernder. Hatte er sich wirklich richtig entschieden? Er durfte nicht zögern, nicht eine Sekunde in seinem Leben wollte er zögern. Nicht zögern, nichts bereuen. Ein Leben ohne Bedauern. Das war es doch, was er wollte. Also setzte er die Pfoten wieder sicherer auf, mit jedem Herzschlag sicherer, dass es Sey gut ging. Sie war in der warmen Höhle, nicht hier draußen in der klirrenden Kälte. Nicht wissend, was auf sie zukam, im tiefen Schnee. Sie war sicher. Und er hatte seinen Weg selbst gewählt.
Ein Lachen ließ den Schwarzen endgültig inne halten. Sie lachte. Was sollte er nun davon halten? Sollte er mit lachen, diese wahnsinnige Lache? Oder machte sie sich einen Spaß daraus, ihn hier her zu führen und ihn dann aus zu lachen? Kälte lag in seinem Blick, während er die Schwarze ansah und ihren Worten lauschte. Er hatte es sich gedacht.. sie wußte, dass er ihr gefolgt war. Und sein Instinkt hatte ihn nicht im Stich gelassen. Mit abwertendem Blick neigte der Rüde den Kopf zur Seite, beobachtete die Gebärden der Fähe. Sie war durch und durch wahnsinnig. Schon allein der Ausdruck in ihren Augen. Er erkannte den Ausdruck auf ihren Zügen durch den Schnee, und er hatte nicht den Drang, näher zu treten. Aber er hatte keine Last zu tragen, keine Sorge, die ihn schwächte. Er konnte sich allein auf das hier und jetzt konzentrieren, sie nur deshalb genau im Auge behalten. Jede Reaktion konnte voraus gesehen werden, wenn man nur genau aufpasste. Er war nicht perfekt – in keinster Weise. Aber er hatte so viele Schlachten geschlagen, dass er wußte, worauf er achten musste. Und dieses wahnsinnige Vieh musste genau beobachtete werden, jeder Moment konnte dafür sorgen, dass alles eskalierte.
Er war also dumm, ja? So, wenn sie das meinte. Das Feuer in seinen Augen wurde zu Eis, als sie auf ihn zukam. Bittere Kälte legte sich in seinen Ausdruck, wich dem sonst so warmen Leuchten.

“Ich bin dir gefolgt, um sich zu stellen. Du bist wahnsinnig. Und ich werde nicht zulassen, dass du Sey gefährlich wirst.“

Lieber starb er, als dieses Biest zu nah an die Weiße heran zu lassen. Er musste zugeben, ein wenig neugierig war er auch gewesen. War sie wirklich so zahm, wie sich selbst betitelte? Jetzt war er schlauer. Sie war ein Biest, eine elende Bestie. Aber er fürchtete sich nicht. Sie konnte nicht mehr, als ihn töten. Und das sollte sie erst ein mal schaffen. Es vergingen noch wenige Herzschläge, als sich die Schwarze urplötzlich auf ihn schmiß. Einen Moment war der Rüde überrumpelt, taumelte, fing sich aber wieder. Er war nicht mit solch einem Stoß um zu schmeißen, nicht aus dieser Nähe. Sie selbst fiel in den Schnee, aber noch ehe er es genau bemerkt hatte, stand sie schon wieder. Der Schwarze stand einfach nur da, den kalten Blick auf die Fähe gerichtet. Sie hatte ihn nur geschubst, nicht geknurrt, die Zähne gefletscht. Aber der Schwarze ließ sich nicht provozieren, auf keinste Weise. Und dann warnte sie ihren nächsten Angriff vor. Hatte sie nicht eben gesagt, dass er dumm sei? Wieso zeigte sie ihm dann gerade überdeutlich, dass sie nicht unbedingt zu den klügsten gehörte? Sie sprang auf ihn zu, aber er reagierte, machte einen Satz zur Seite. Aber dieses mal würde sie nicht so leicht davon kommen. Noch im Sprung riß der Hüne den Kopf herum, bleckte die Zähne und schnappte nach der Fähe. Der Schnee war vergessen, er hinderte ihn an keiner Bewegung. Noch war es ein Test. Ein Test, wie stark die Schwarze war. Nicht mehr. Nur, um danach zur Höhle zurück zu kehren, mit wertvollem Wissen. Was er Sey davon erzählen würde.. er wußte es nicht.


[Im Revier – Bei Huesca]



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Spätherbst 1874 Vide
BeitragThema: Re: Spätherbst 1874   Spätherbst 1874 Icon_minitimeFr Nov 19, 2010 5:43 pm

H U E S C A


Die schwarze Krähe flog allein. Die schwarze Krähe konnte nicht mit Andren sein....
Und so verrieten es auch die blauen Augen die den Schwarzen anstarrten und erloschen. Kurz schnaufte sie und wendete ihren Blick ab. Sie war kein Monster. Er aber war ein Wolf wie jeder Andere. Das verriet er, denn er dachte wie jeder Andere. Wöre er so weise und so wissend wie die Graue, hätte er etwas Anderes in ihr gesehen als nur ein Monster. Und Huesca war wahrlich keine Kreatur die "krank" war oder abnormal. Sie war sie selbst, ein Wolf, ein Irgendetwas und eine Kreatur die weiser war als der weiseste Wolf. Mit diesem Test offenbarte sie den Rüden und kam zu dem Entschluss... das er war wie all die Anderen.
Seltsam klar wurde ihr Blick bei seinen Worten und es war als würde plötzlich eine andere Kreatur in ihr hocken und sie steuern - doch es war nur sie selbst, das Wahre. Das Ich.

Ihre Worte waren ernst, nicht von krankhafter Art und sie sah den Rüden aufrichtig an.

"Sey? Du meinst deine Gefährtin?"

Kurz blickte sie dorthin von wo sie kamen. Dann lachte sie kurz auf als frage sie sich was ihm wohl einfiele so über sie zu denken.

"Ich werde ihr nichts antun, denn ich bin keine Bestie, kein Monster. Es mag sein das ich so wirke aber glaubst du wahrhaft daran das ich jemals Wölfe umbrachte weil es mir Spaß machte? Wie jeder Andere, Acean.... nur die Graue hat gesehen was ich wirklich bin und die Graue ist die die euch führen wird. Acean, du musst noch viel lernen wenn du über Andere urteilen willst und ich werde nicht Diejenige sein die dich daran hindern wird. Wieso sollte ich dein Leben auslöschen? Nur weil ich das angedeutet habe? Wie jeder Andere, Acean. Wie jeder Andere. "

Sie lächelte und setzte sich hin. Acean würde nichts mehr sein was sie unbedingt ansehen würde, er war halt wie jeder Andere. Plötzlich sehnte sie sich nach der Grauen und ihrem Schutz. Die Show war vorbei. Und Acean hatte vielleicht etwas gelernt. Sentimental? Das war sentimental? Keineswegs, aber die Krähe hatte es satt von jedem Artgenossen als Monster bezeichnet zu werden nur weil sie grob und unsozial war. Von Vorurteilen hielt sie nicht besonders viel. Sie gab ein sanftes Wilfern von sich und stand wieder auf. Plötzlich war sie sehr müde und schwach und Huesca fragte sich wann dieser Schnee endlich sein Ende gefunden hatte. Gedankenabschweifung.

"Du kennst meinen Namen, Acean. Mach dir deine Gedanken darum. Und jetzt mein Lieber, geh zurück zu deiner Fähe. Es ist Zeit sich bei den Richtigen zu beweisen. Lass mich in Zukunft in Frieden und laufe mir nicht wieder nach. Es gibt Dinge im Leben die wirken so unreal das sie fremd erscheinen und Angst machen. Vielleicht bin ich der Quell dieser Fantasie, vielleicht aber auch nur eine ganz normale Wölfin die gerne etwas Besseres wäre. Du weisst schon was ich meine, ansonsten wärest du mir nicht einfach so gefolgt."

Sie lachte und spuckte gelblichen Geifer aus. Natürlich wusste er was sie meinte und natürlich würde er ihr kein Wort abkaufen, doch so musste es sein oder? Sollte er das Bild in seinem Kopf bewahren, er musste sich ja nichts dazumalen. Huesca wandte sich von dem Schwarzen ab und steuerte in die Richtung zu in der sie nach einem geeigneten Platz für sich selbst suchen wollte. Sie würde hier bleiben, keine Frage, aber stets ein Schatten im äusseresn Kreis bleiben. So wollte es die Graue und so wollte sie selbst es. Es brauchte nur einen Ort wo auch eine Krähe in Würde leben kann um irgendwann ihre eigene Brut aufzuziehen.


[erst bei Acean, dann wieder allein, auf der Suche nach einer Unterkunft/ ausserhalb des Rudels]



B J A R T R


Und so hatte sich der Rote in Bewegung gesetzt, mit einigen Metern Abstand gefolgt von Bjartr. Der Graue behielt Kenáo fest im Blick, konzentrierte sich, seinen Spuren möglichst genau zu folgen und seine Kräfte zu sparen. Der Wind erzählte ihm seltsame Geschichten, säuselte um seine Ohren und brüllte immer wieder Wörter hinein. Er sprach von einem Rudel, von vielen Wölfen, Fremden und einer Zusammenkunft als Folge des Sturms. Die Krähe glaubte keinem einzigen Wort, denn dieser Wind war anders als die anderen, die er bisher erlebt hatte. Der Schnee vernebelte die Sinne, sprach eine andere Sprache als in seiner Heimat. Es war seltsam, alles an diesem Revier war seltsam. Und so schweiften die Gedanken des Rüden ab, seine Pfoten fanden ihren Weg schon alleine.

Nach einigen Minuten – er hatte nicht bemerkt, wie die Zeit verflogen war – riss ihn der ferne Schrei eines Raben aus den Gedanken. Sein Blick schnellte gen Himmel und er verharrte in der Bewegung. Die Anwesenheit des schwarzen Vogels missfiel ihm, Raben gehörten nicht zu seinen Freunden. Die Krähen waren die Begleiter des Grauen, gewitzt und hinterhältig, ganz anders als die altklugen Schwarzen. Ein leises Knurren entwich seiner Kehle, während er den hämischen Rufen des Vogels lauschte. Ein weiteres Zeichen, dass hier etwas nicht stimmte und mindestens ein Wolf als ungewünschter Gast zu sehen war. Mit einem knappen Kopfschütteln konzentrierte sich Bjartr wieder auf die Pfotenstapfen des anderen, die etwas weiter auseinander waren, als seine eigenen, doch er mühte sich, jenen zu folgen.

Wiederum verstrichen Minuten und allmählich spürte der Graue, wie seine Kräfte schwanden. Und als er zur Sicherung den Kopf hob, um Ausschau nach dem Roten zu halten, war jener verschwunden. Misstrauisch verlangsamte Bjartr seine Schritte und pirschte sich näher, den Schneespuren folgend. Ein kräftiger Windstoß trieb ihm verschiedenste Witterungen entgegen und abermals blieb er stehen. Hatte sein alter Freund also doch nicht gelogen und es befanden sich in der Tat mehrere Wölfe ganz in der Nähe. Einen Moment lang dachte er nach, wog seine nächsten Schritte ab. Noch war es Zeit, dem Geschehen den Rücken zuzuwenden, sich einen sicheren Platz abseits des Rudels zu suchen und den Sturm alleine zu überstehen. Doch was brachte ihm dann die Zukunft? Die alte Einsamkeit. Und inzwischen verspürte der Graue nicht mehr den Drang danach, seine eigenen Wege zu gehen, sondern vermisste vielmehr die Gesellschaft anderer Wölfe. Er war ohnehin kurz davor, in die Paranoidität abzudriften und dem konnte jetzt nur noch das Leben mit Artgenossen entgegenwirken. Also atmete er einmal tief durch und wagte den Schritt nach vorne, der ihn in Sichtweite fremder Wesen brachte.

Es waren ein, zwei, drei.. fünf Wölfe, die er zählte und um sich nicht die Blöße der Schreckstarre zu geben, setzte er die Pfoten weiterhin langsam voreinander, ehe er entgültig stehenblieb. Eine graue Fähe fiel ihm ins Auge, sie schien die Alpha zu sein, denn ihre Haltung strotzte nur so von Selbstsicherheit. Und der Rote, der ihn hierher geführt hatte, schien eng mit ihr verbunden. Zu den Pfoten der Grauen erblickte er ein kleines Bündel, ein Welpe..

“Totgeweihtes Wesen.. Ohne Eltern in einer fremden Welt, nur eine Frage der Zeit, bevor du dem Leben zum Fraß vorgehalten wirst..“

Bjartr murmelte diese Worte leise vor sich hin, kurze Zeit gedankenverloren. Ob sie jemand hören wollte, blieb jedem selbst überlassen, er hatte die Stimme nicht erhoben, doch der Wind stand günstig und alle Ohren schienen gespitzt. Die anderen Wölfe schienen einander weniger vertraut, wiederum hatte der alte Wind die Wahrheit erzählt. Anspannung herrschte vor, doch die Witterung ließ ohnehin keine Zeit für Erholung. Die Alpha gab ihm und einer weiteren Fähe die Ehre des Grußes, was den Grauen etwas überraschte. Offenbar ging man hier den sanften Weg, den naiven, wer wusste das schon. Vielleicht waren sie sich auch einfach der Gefahren bewusst, die dort draußen lauerten und zeigten genug Mitgefühl und Toleranz, die anderen nicht dem Tod zu überlassen. Mit einem leisen Brummen und Nicken in der anderen Richtung folgte er selbstbewusten Schrittes, wenn auch mit gesenktem Kopf in Richtung Höhle. Die Kälte hatte ihm stark zugesetzt und der Schutz eines Daches war zu verlockend, um weiter große Vorsicht walten zu lassen. Doch betrat er das fremde Territorium vorerst nicht, sondern setzte sich am Eingang ab, die wachsamen und blitzenden Augen beobachteten die Fremden. Irgendwie schien das Bild nicht komplett, als würde man weitere Wölfe erwarten. Langsam wurde er neugierig, es schien sich hinter dem Ganzen mehr zu verbergen, als eine bloße Versammlung zum gegenseitigen Schutz. Die Zeiten könnten spannend werden, doch vorerst musste er sich auf das eigene Überleben konzentrieren, seinen Rücken schützen und die anderen im Auge behalten. Nichts von sich selbst preisgeben, das Wesen des Rudels ergründen..

[am Eingang der Höhle || Khaz, Nouri, Alliná, Kenáo, Seyíra]



S E Y Í R A


Ihr Blick wechselte eine Weile von einem Wolf zum anderen. Immer hin und her. Darauf wartend, bis irgendetwas passierte. Es war schon merkwürdig das so mit anzusehen. Zumal sie sich einfach keinen Reim darauf machen konnte, warum die graue Fähe den Sandfarbenen anknurrte. War er etwa auch unerwünscht, wie die Krähe? Hatte er sich unerlaubt einfach in die Höhle begeben? Dann hätte er aber nicht von vorneherein so eine Unterwürfigkeit signalisiert. Er hätte sich rechtfertigen wollen. Bestimmt.
Es sei denn, er wäre so törich gewesen anzunehmen niemand würde dort leben. Was ja wohl schon anhand des Geruchs deutlich zu verneinen war.
Sie zweifelte stark an dieser Theorie. Schon allein, weil die Graue ihn irgendwie zu kennen schien. Oder spielte ihr ihre Verwirrung einen Streich? Im Moment stellte sie ja wirklich ziemlich wilde Vermutungen an. Aber wer würde das nicht? Erst eine Wölfin, die ihre Stimmungsschwankung voll auslebte und dann das hier.
Sie verzog ihr Gesicht. Einfach umdrehen konnte sie ja wohl kaum. Völlig ausgeschlossen. Da klopfte der Sandfarbene auf einmal auf den Boden.
Wollte er jetzt etwa spielen? Wahrscheinlich beißt er der Grauen gleich auch noch in die Rute. Sie seufzte. Zugegeben, ihr war die ganze Situation unangenehm und als die graue Fähe sie und offenbar die beiden Rüden mit freudigen Gesten in die Höhle einlud, entspannte sie sich ein wenig. Ihr Zorn traf also nicht sie. Ein Glück. Sonst hätte sie definitiv ein Problem gehabt. Ein sehr großes Problem.
Die Bunte tat einige Schritte nach vorn, zögerte aber dann. Sie wollte nicht als Erste hineingehen. Sonst würde man ihr ja zuerst den Kopf abbeißen. Sie stutzte verwundert über ihre eigenen Gedanken. Soetwas... blödsinniges hatte sie schon lange nicht mehr gedacht. Das Wetter war schuld. Und ihre Verwirrung. Wenn die nicht wären, würde sie gradewegs hineinspazieren. Warum also tat sie das jetzt nicht einfach auch? Sie brauchte sich eigentlich gar nicht groß zu fragen. Sie kannte die Antwort.
Und mit dieser Erkenntnis, wanderte Seys Blick über ihre Schulter nach hinten. Er brauchte verdammt lange. Was trieb Acean da nur die ganze Zeit? Wenn etwas passiert war? Aber dann hätte sie irgendetwas gehört. Ein Heulen oder ähnliches. Aber nichts dergleichen kam aus der Richtung des Rüden. Also war bestimmt alles in bester Ordnung. Hoffentlich.
Sie ging weiter auf den Eingang zu. Jeder Schritt genauso behutsam wie der vorige und immer auf irgendwelche Geräusche achtend. Die Fähe wartete, bis der jüngere Rüde an ihr vorbeigelaufen war und wollte ihm eigentlich in die Höhle folgen. Pustekuchen, denn dieser ließ sich prompt vorm Eingang nieder. Na, wunderbar.
Sie drehte sich noch einmal um. Er war immer noch nicht da und sie beschloss auf ihn zu warten. Sich dem Grauen am Eingang immer weiter nähernd, ließ sie sich irgendwann stumm neben ihm nieder und wartete. Die Wärme, die aus dem Bau strömte, vertrieb langsam einen Teil der Kälte, die sich in ihre Haut gebrannt hatte, was das Ganze weitaus angenehmer machte.



[Eingang zur Höhle || Khaz, Nouri, Alliná, Kenáo und Bjartr]


(Kurz, ich weiß, aber ging nicht länger ._.)



K H Á Z U N


Freude durchströmte sein Herz so gleichmäßig, dass alles in ihm strömte und er es in seinen Ohren Rauschen hörte. Trotz der Kälte, die ihm die Graue gegenüber dargebracht hatte, war er glücklich, denn ihr Verhalten hatte sich so weit geändert, dass sie ihn im Rudel Willkommen hieß.
Er würde Leben.
Wie lange, das war eine Frage, die er momentan nicht beantworten konnte, und sicherlich auch nicht wollte. Darüber galt es nicht nachzudenken.
Seine Euphorie ließ solche Zweifel auch nicht so, denn für ihn war eine neue Epoche angebrochen, die er mit freudigem Wedeln, auf den Rücken Rollen und jauchzenden Lauten bekannt gab. Daraufhin drehte er sich wieder auf den hellen Bauch, japste und schlug wiederholt mit den Pfoten auf den Boden. Seine neue Familie. Sein neues Heim.
Dabei hielt er den Blick von dem Roten, dem anderem Alphatier, immer noch weg, er sah zu selten zu ihm hin, denn er hatte Respekt vor ihm, und unterwarf sich deswegen trotzdem.
Trotz seiner Freude, die durchaus mal so ausartete, dass er Herumsprang und vergaß, dass es in dieser Welt auch Regeln gab, die man im Normalfall einzuhalten hatte.
Jetzt hielt er sich im Groben und Ganzen daran, spielte wieder den fröhlichen Sonnenschein, der er eigentlich war. Jemand, über den man Schmunzelte, vielleicht auch sarkastische Bemerkungen machte – das war ihm gleich, denn instinktiv wusste er, dass er als Omega das Rudelinnere teilweise auflockern und entspannen konnte, wenn sich knisternde Spannungen aufbauten.
Als jemand, der durch Späße oder eigenartige Aktionen andere ablenkte, half er diese weitgehend zu Dämmen, bevor sie eskalierten und es zu ernsthaften Problemen kam. Diese Stellung hatte er schon in seinem alten Rudel inne gehabt. Ab und an gab es raue Spielereien, wie bei den Wölfen üblich, ab und zu wurde es kräftiger und aggressiver, mal gab es nervöses Platztauschen und aufgebrachtes Geknurre. Kam er dazwischen, wurde womöglich mal nach ihm geschnappt, aber er konnte meist ausweichen und sprang in kindlicher Freude herum, die viele seines alten Rudels veranlasste einfach mitzumachen.
Vielleicht konnte er hier auch helfen, und Sommer in den Winter bringen.
Denn es waren schwere Zeiten angebrochen, und die Herzen vieler, vieler Wölfe kalt und verschwiegen geworden.

Und er wusste, dass es wichtig war, auf irgendeine Art und Weise das Herz der Grauen zu erobern – nicht aus Gründen, die man vermuten würden. Es ging nicht darum, ihr schöne Augen zu machen, sich ihr als Rüde zu präsentieren. Es spielte eine Rolle ihr zu zeigen, dass er durchaus qualitativ sinnvoll war und etwas zum Rudel beitragen konnte. Sich beweisen, auf eine nicht angeberische Weise. Schwer, aber machbar.

Mit seinem aufmerksamen Blick folgte er der hübschen bunten Fähe, die sich etwas zu entspannen schien – warum wohl? Womöglich, weil die Graue sich von ihm abgewandt und in die Höhle gegangen war, mit diesem Bündel, was sie bei sich gehabt hatte. Ein Welpe? Der helle liebte Welpen, denn mit ihnen konnte man Herumalbern und Toben, ohne sich Gedanken machen zu müssen, ob man gerade gegen die Norm anging.
Er wedelte wieder, und kroch auf dem Bauch liegend etwas vorwärts. Die Rute fegte über den harten Grund und wirbelte ein wenig weichen Schnee auf, der frisch hinabgefallen war. Demütig das Kinn von dem Roten abwendend folgte er der Bunten, die den Mut auftat, sich als Erste auf die Höhle zu zu bewegen.
Eine Höhle. Ein warmer Ort – wie sehr hatte er sich danach gesehnt?
Ebenso war dort jetzt noch ein Grauer, der sich niedergelassen hatte. So befand sich der Helle mit ihm praktisch auf Augenhöhe.
Freundlich blinzelte er ihn an, schlug erneut mit der buschigen Rute und sprang dann mit einem Male auf die langen, schlanken Beine. Er tanzte auf der Stelle, drehte sich im Kreis und kam damit näher auf den Höhleneingang zu.
Kurz schleckte er sich mit der Zunge über die Lefzen, als er eine Sekunde verweilte und die Anderen mit glänzenden, lebensfreudigen Augen ansah.
Ich freue mich, hier zu sein, hier bei euch, hieß es, wie er den Kopf zur Seite neigte, den Oberkörper leicht zu Boden senkte und wieder mit den Pfoten klopfte.
Er wollte Spielen, er wollte seine Begeisterung noch mehr zeigen.

Dann schnupperte er den Duft des Welpen und wirbelte herum. Er zog die Rute nieder, sodass er wieder unterworfener war, sah aber weiterhin fröhlich drein und schob sich zwischen die Felsen in die Höhle hinein.

In leichter Distanz zu der Grauen legte er sich hin und hob aufmerksam den Kopf. Er blinzelte zu dem Welpen, reckte die Schnauze und gab liebevolle Winsellaute von sich, die nicht nur an das Alphatier, sondern vor allem an die kleine Fähe gerichtet war.
Sie erinnerte ihn an die Würfe in seinem alten Rudel.
Glück funkelte in ihm.

Sein neues zu Hause.

Seine neue Familie.


[Erst vor der Höhle, jetzt bei Nouri und Ailiná drinnen]



N O U R I


Ein Muttertier.
Das war sie nicht gewesen. Sie war ja auch nicht jener Welpe gewesen, der sich damals in ihrer Jungzeit hingebungsvoll mit Zärtlichkeit den anderen gewidmet hatte, oder später hartnäckig um den Platz als Welpenaufpasser gekämpft hatte. Es war ihr gleich gewesen, wer sich wie um ihre jüngeren, folgenden Geschwister kümmerte, denn sie hatte nie sonderlich viel mit ihnen zu tun gehabt. Sie kamen später mit auf die Jagd, nun gut, sie fraßen, sie wärmten auch ab und an, wenn sich alle in der Höhle zusammenrauften. Aber ein wirklich inniges Verhältnis hatte sie nicht zu ihnen aufgebaut.
Denn die Kleinen waren bei der Jagd unaufmerksam und anfangs ziemlich laut, sie fraßen einem oft ohne Rücksicht auf die Rangfolge das Fleisch weg, sie machten sich in der Höhle breit und drängten die anderen mit einer solchen Selbstverständnis zur Seite, dass sie des öfteren mit gefletschten Zähnen die Jungtiere in die Schranken gewiesen hatte, wenn es ihr zu bunt geworden war.
Sie liebte die Kleinen auf eine gewisse Art und Weise, denn sie trugen den Rudelgeruch und waren Seelen, die mit ihr verbunden waren, durch zarte, unsichtbare Fäden, die man wohl nur im Morgentau zu entdecken vermochte, wenn sich die ersten Strahlen der Sonne in den kleinen Wassertropfen wiederspiegelten.
Nur war es ihr zu viel, immer und überall auf die Winzigen zu achten.
Und sie hoffte, dass diese Aufgabe irgendwer anders übernehmen würde.

Trotz dessen kümmerte sie sich um den Welpen, sogar mit einer Sanftheit und Zuneigung, weil sie wusste, dass es das war, was die Kleine brauchte.
Wer wusste das nicht?
Es war ihnen angeboren, dieses Wissen, um die Bedürfnisse, jedem war es aber überlassen, ob er diese Gefühle zwingend zuließ, oder auch nicht.
Die Graue bauschte ihr Fell auf, damit es dem Flockenwölfchen wärmer wurde.
Gleichermaßen war sie noch dabei den jungen Wolf zu putzen, abzulecken, und ließ auch erst von der Kleinen ab, als sie merkte, dass kein fremder Geruch mehr an ihr hing.
Das stimmte sie zufrieden, denn nun konnte sie ihren Duft an den Welpen reiben und ihn somit endgültig als Rudelmitglied kennzeichnen. Dass das kleine Häufchen Elend ihr aber nicht auf ihre Fragen antwortete, war ihr irgendwo auch vollkommen gleich. Die Welpin war erschöpft, war müde und vermutlich auch etwas eingeschüchtert, denn immerhin umgaben sie eine Fremde und außerhalb der Felsen nur Unbekannte, mit denen sie sich erst anfreunden musste.
Wölfe, die sie nicht kannte, aber auch Willkommen heißen musste. Sie war mit dem Welpen gegangen, um den Hellen Wolf nicht mehr sehen zu müssen, und auch, damit die Kleine nicht im Eis erfror. Diese Aufgabe war damit abgeschlossen, und sie schaute zwischenzeitlich recht interessiert zum Höhleneingang hin, wo langsam auch ein wenig Leben erschien.
Zwei näherten sich, die bunte Helle, und der andere graue Wolf, die da gewesen waren. Ihr Bruder zog es wohl vor noch Draußen zu verweilen.
Nouri schnippte mit den Ohren, als sie bemerkte, dass ein Wirbel aus Gerüchen herumwehte, als der Sandfarbene toll wurde und Herumsprang. Sie sah ihn teilweise von ihrem Platz aus und reckte das Kinn. Seltsamer Kerl. Nach wie vor traute sie ihm nicht so ganz. Nicht, was es sein freundliches Auftreten betraf, sondern sein... sie konnte es nicht einmal genau sagen.
Schlecht, denn somit hatte sie nichts gegen ihn auf ihrer Seite.

Skeptisch sah sie zum Höhleneingang, durch den er hereingetänzelt kam. Spielkind.
Die Graue schnupperte noch einmal kurz an der Welpin, als sie sein offenkundiges Interesse für den Welpenbetreuer sah, und entschloss sich dazu, ihn zu Testen. Langsam richtete sie sich auf, versetzte dem jungen Wölfchen noch einen zarten Nasenstüber und stieg dann über sie hinüber. Ein kurzer Blick zurück, aufmunternd, bedeutete dem Welpen sich an den hellen Wolf zu wenden, dann marschierte die Graue kurz entschlossen näher zum Höhleneingang.

» Nun kommt schon rein, wenn ihr nach Wärme sehnt. «

Sprach sie leise, und mit einem Anflug ruhiger Freundlichkeit.

» Ich beiße nicht. «

Meistens, fügte sie in Gedanken hinzu. Damit trat sie ein wenig zurück und legte sich auf den Bauch, mit wachsamen Augen zum Höhleneingang blickend.

» Ihr müsst erschöpft sein, Fremde der Winde. Wie ist es euch ergangen, wer seid ihr – wenn ihr es sagen möchtet? « [/I]

Denn so oder so, würde sie sich schon ihre eigenen Namen überlegen. Schon wieder redete sie ungewöhnlich viel, für ihren Charakter.


[grottig, aber the Show must go on [130] || in der Höhle, bei Kház, Aili, Höhleneingang Sey und Bjartr]



A C E A N . D R A J E N


Es hätte den Schwarzen nicht gewundert, wenn die Fähe den Kopf herum gerissen hätte, nach ihm schnappte. Aber sie tat nichts, blieb nur stehen und sah ihn an. Kälte lag in seinem Blick, während er ihren Ausdruck nicht definieren konnte. Dazu war dieser Moment zu kurz, er urteilte nicht nach wenigen Minuten über einen Wolf. Aber sie.. sie steckte ihn sicherlich in eine Schublade. Naja.. jedem das seine. Der Rüde atmete ruhig, hob bei den Worten der Schwarzen eine Augenbraue. Gefährtin? Sie war eine Freundin.. nicht mehr. Um jemanden beschützen zu wollen brauchte es solcherlei Gefühle nicht. Seine Augen folgten ihrem Blick zurück, einen Moment glaubte er, dort war jemand. Aber außer dem tiefen Schnee waren sie allein. Es war besser so, immer noch. Erst als die Schwarze das Wort wieder an ihn richtete, wandte er sich ihr wieder ganz zu. Sie konnte sagen was sie wollte, es war ihm egal. Acean traute ihr nicht, und dieses Misstrauen würde sie immer wieder zu spüren bekommen. Es interessierte ihn nicht, dass sie ihn „wie jeden anderen“ abstempelte. Sie sollte ruhig bei ihren Ansichten bleiben. Ihm sollte es egal sein. Er wollte keinen Wolf der Welt in seinem Denken beeinflussen, und vor allem nicht so ein unberechenbares Wesen. Der Schwarze schwieg, wußte nichts auf ihre Antwort zu sagen. Dass er ihr nicht vertraute, dass wußte sie. Das war durch seine Worte klar geworden. Aceans neutraler Blick verfolgte jede Bewegung der Schwarzen. Es vergingen nur einige Herzschläge, dann sprach sie auch schon weiter. Naja.. er kannte nicht wirklich ihren Namen. „Schwarze Krähe“. Wunderbar. Das half ihm nicht wirklich weiter. Und er konnte wahrlich drauf verzichten, sie noch ein Mal auf zu suchen. Und wieder lachte die Fähe, während er nur da stand, sie ansah. Was sollte er dazu sagen? „Ich freue mich auf ein Wiedersehen“? Aber noch ehe er darüber nachgedacht hatte, wandte sich die Schwarze ab. Sollte ihm Recht sein, dieses Mal würde er sie einfach ziehen lassen. Und in seinem Inneren war noch immer dieses Unbehagen über das Unwissen, was mit der Weißen war. Sie war nicht seine Gefährtin, nein. Aber seine Freundin war ihm wichtig, und er würde es nicht zu lassen, dass irgend jemand ihr auch nur ein Haar krümmte. Es vergingen noch einige Minuten, in dem er einfach nur da stand, den Schnee beobachtete und fast schon abwesend wirkte. Erst dann richtete sich der Schwarze mit einem leichten Schütteln seines Kopfes ab. Es brachte nicht, hier noch weiter herum zu stehen. Also setzte er sich in Bewegung, folgte dem Weg zurück, den sie gekommen waren. Die Fährten der anderen waren kaum wahr zu nehmen, nur ganz schwach lag ihr Geruch in der Luft. Acean seufzte.
Die Gerüche der anderen Wölfe kamen immer näher, und der Schwarze Rüde spürte eine tiefe Erleichterung, als er zwischen ihnen Seys Fährte wahr nahm. Er bereute es nicht, der Schwarzen gefolgt zu sein. Aber er war froh, wieder zurück zu sein. Ruhig näherte er sich der Höhle, stapfte durch den tiefen Schnee. Nach wenigen Metern stand er bei Sey, stellte sich neben sie und lächelte ihr sanft zu. Der Rüde schüttelte den Pelz, befreite sich von Schnee und blickte dann in die Runde, lächelnd.

“Hallo zusammen. Mein Name ist Acean. Ich wurde von der Hoffnung angelockt, hier etwas Essbares zu finden.“


[Höhleneingang – direkt bei Seyíra]



M A Y O K I


Wenn man die Augen ein wenig zusammenkniff und sich sehr anstrengte, dann konnte man, außer den stürmischen Böhen, noch eine Bewegung zwischen den wirbelnden Flocken ausmachen. Ein großer Körper, der mit einer Geschwindigkeit voran stob, wie es wohl sonst kaum einem Lebewesen in diesem Sturm möglich gewesen wäre. Nur flüchtig wurde die Schneedecke von den nassen, weißen Pfoten durchbrochen, ehe diese sich schon wieder in der Luft befanden. Der kräftige Körper war über und über mit Schnee bedeckt und so in dem weißen Chaos kaum noch sichtbar. Auch sonst war alles weiß. Weite Sicht hatte man sowieso nicht, das einzige was man sah, waren Schneeflocken, die einem vor der Nase herumtanzten.
Doch der weiße Wolf, der sich seinen Weg durch den Sturm bahnte, musste nichts sehen. Er wusste wo er hin wollte und war sich seines Weges sicher. Er kannte diese Gegend so gut, wie keinen anderen Ort auf der Welt, denn es war das Revier in dem er lebte. Das Rudel seines besten Freundes, das sich hier angesiedelt hatte und durch den Schneesturm, der nun wütete, auseinander gebrochen war.

Maýoki war nicht am Rudelplatz gewesen, als der Sturm heraufzog. Er war eine weite Strecke gelaufen, hatte die Spur des Wilds eine Weile verfolgt, bis er wusste, wo sie im Moment nach Nahrung suchten. Zu spät hatte er die aufziehenden Wolken bemerkt, als dass er noch rechtzeitig in der Rudelhöhle hätte sein können. Schutz gab es hier draußen wenig, entweder man wusste wo hin, oder man lief große Gefahr bald selbst Teil der Schneedecke zu werden, als stilles Opfer, das sich nahtlos in das Konzept einfügte. Doch der weiße Wolf konnte sich auf seinen Orientierungssinn und seine Beine verlassen. Sie trugen ihn verlässlich weiter, auch wenn es noch so schwer schien.
Es war nicht sein eigenes Leben um das er bangte, es war mehr die Furcht, dass das Rudel, seine Familie, Freunde, ihn brauchten und er nicht da war, nur weil er sich nicht traute gegen die Naturgewalten anzukämpfen.

Es hätte auch ein ganz anderer Wolf sein können, der da so zielstrebig über die erkalteten Tränen des Himmels flog. Die Markante Zeichnung seines Gesichts war nicht mehr zu erkennen, die Schneeschicht, die ihm am Körper hing, wie ein zweites Fell, war zu fest.
Nach scheinbar unendlich langer Zeit wusste er es endlich: Er war da! Es war das erste mal, seit Aufzug des Sturms, dass der große Rüde stehen blieb. Er schüttelte sich kräftig den Schnee vom Körper, allerdings wurde er sofort mit neuem bedeckt. Erst jetzt merkte er, wie erschöpft er war. Seine Glieder waren steif und sein Maul trocken. Ihm war kalt und die Nässe kroch auch stetig voran.
Eigentlich mochte er diese Unberechenbarkeit des Wetters, es brachte etwas Spannung ins Spiel, aber hier, in dieser Gegend schlug es doch manchmal zu oft von einem Augenaufschlag zum nächsten um. Trotzdem gab es Maýoki ein gutes Gefühl, wenn er sich mal wieder mit dem Wind und dem Schnee gemessen hatte und doch gesund zum Rudel zurückkehrte. Er war kein Risikoliebhaber, aber manchmal ließ es sich eben nicht vermeiden.

Nun rannte er nicht mehr. Langsam trabte er auf die Schutz gewährende Rudelhöhle zu. Noch bevor sich seine bernsteinfarbenen Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, roch er Fremde. Sofort verlangsamte er den Schritt und wurde aufmerksam. Schutzsuchende bei einem Schneesturm wie diesem waren keine Seltenheit, dennoch war Ýoki niemand, der jeden Fremden mit offenen Armen empfing. Er bewunderte Kenáo für sein warmes Herz, dass er in solchen Situationen bewies, denn er selbst könnte es nicht. Zu groß wäre das Misstrauen, die Angst, die Unbehaglichkeit. Zwei dunkle Rüden und eine helle Fähe standen im Eingangsbereich der Rudelhöhle. Der Weiße hatte sich zu seiner vollen Größe aufgebaut, er hielt so viel Abstand, wie es ihm möglich war. Kein Wort, nur ein Mustern jedes einzelnen von ihnen, war von ihm zu vernehmen. Er ließ sie nicht aus den Augen, bis er, an ihnen vorbei, in den hinteren Teil der Höhle gelangte.
Sofort erblickte er Kenáo mit seinem roten Fell. Ein kleines Lächeln umspielte seine Lefzen. Sein Freund und der Alpharüde des Rudels war also in Sicherheit. Ebenso Nouri, die Alphafähe. Ein Welpe lag unter ihr, wie ein kleines Häufchen Schnee, dass sich zufällig zusammengefunden hatte. Nouri passte in diese Rolle der beschützenden Mutter. Er fixierte die beiden Alphas kurz mit den Augen, senkte den Kopf etwas und zog sich dann an eine der Seiten zurück. Ein sandfarbener Rüde war ebenfalls hier, erst jetzt bemerkte Maýoki ihn. Er lag auf dem Boden wie ein verspielter Jährling. Ýoki kannte ihn nicht und war auch momentan nicht gewillt sich näher mit ihm zu beschäftigen. Er wollte sich hinlegen, ausruhen, gegebenenfalls kurz mit Nouri oder Kenáo ein paar Worte wechseln und sich vor allem aufwärmen. Er legte sich an seinem Platz nieder, ließ den Blick aber unauffällig auf dem Fremden liegen. Was wollte er so tief in der Höhle? Warum war er nicht dort, wo die anderen Schutzsuchenden waren?
Der Weiße wusste es nicht. Fragen, die sich vielleicht noch aufklären würden.


[Kommt in Höhle || Vorbei an Acean, Seyíra, Bjatr – nun bei Nouri, Kházun, Kenáo und Ailiná]



I K E R U


Verantwortung.
Ein unbedeutendes Wort? Eine Leere Hülle, ohne richtige Füllung? Wohl kaum.
Seine Pfoten trugen ihm immer noch dem Sturm entgegen in Richtung Rudelhöhle. Kälte und Wind zerrten an ihm, doch seine Gedanken ließen ihn nicht daran denken.
Er hatte schon sein ganzes Leben lang Verantwortung gehabt. Er sollte auf seine Schwester aufpassen. Später das Rudel seiner Eltern anführen und um seine Mitglieder Sorgen. Seine Schwester war durch ihn gestorben – weil er sie in Schwierigkeiten gebracht hatte. Er hatte in seiner Verantwortung versagt. Und auch das Rudel hatte er niemals anführen können – vorher war er geflohen. Er hatte die Schuld, die wegen des Todes von Min Thi auf seinen Schultern lag, nicht verkraften können. Er hatte nicht einmal das Rudel über ihren Tod benachrichtigt... Er war einfach so gegangen.
Tannenzweige peitschten ihm ins Gesicht, als er sich über einen unebenen Weg im Unterholz zwang. Er ignorierte es.

Nach Min This Tod hatte er sich nur noch als Abschaum der Welt präsentiert. Er glaubte damals von sich selbst, dass er zu nichts Gutem in der Lage war. Ja, teilweise war er sogar so verzweifelt, das er glaubte, er sei verflucht. Natürlich war er dies nicht. Nur seine Vorstellungskraft veranlasste ihn dazu nur das Schlechte zu sehen, dass ihm wiederfuhr.
Ikeru Mai schüttelte den Kopf und Verdrängte die Gedanken. Er würde sich später wieder damit befassen, aber jetzt... jetzt würde es ihn nur aus der Bahn werfen, wenn er sich weiter solchen Dingen widmete.
Vor ihm sah er nun etwas aufragen. Zuerst konnte er es nicht identifizieren, auch wenn ihm seine Hoffnung sagte, dass er an seinem Ziel angekommen war. Und tatsächlich,. Als er ein paar weiter lief und letztendlich seine Schritte verlangsamte, erkannte er die Rudelhöhle. Erleichtert blieb erstehen, während der Wind um ihn herum etwas Schnee aufwirbelte und ihm ins Fell war. Er war angekommen und es hatte nicht einmal allzu lang gedauert. Zufrieden setzte er seinen Weg fort. Langsam nun, nicht mehr rennend und hetzend. Der Wind schob ihn mittlerweile fast vorwärts und kroch ihm unangenehm unters Fell.
Erst im Eingang der Höhle, als er den Fremden schon fast gegenüber stand, fielen ihm die neuen Gerüche auf. Es waren mindestens drei, die er nicht kannte. Nouri war da. Kenáo auch. Mayoki schien gerade erst angekommen zu sein, sein Fell war noch ein wenig nass. Prompt überfiel ihn sein schlechtes Gewissen wieder. Die beiden waren hier möglicherweise mit den vielen Fremden total überfordert gewesen. Ikeru hätte da sein und ihnen helfen sollen. Er schnaubte und trat näher in die Höhle, so dass er endgültig vor dem weißen Sturm draußen geschützt war.
Er lenkte seine Schritte zu Nouri, die zusammen mit einem Welpen in der Höhle stand.

» Nouri. «, sagte er leise, so dass nur sie, Kenáo und gezwungenermaßen der Welpe es hören konnte. » Es tut mir leid, dass ich nicht da war. Gab es Probleme? Kann ich Helfen? Ist noch jemand draußen im Revier? Wirklich, ich wollte nicht wegbleiben, aber ich vergaß sie Zeit und... «

Er sprach den Satz nicht weiter. Es war sowieso nicht wichtig, weshalb er weg war. Demütig senkte er Kopf und Rute vor Nouri und sah zu dem Welpen, der bei ihr war. Jedoch konnte er nicht lang' hinsehen. Dann richtete er seinen Blick wieder auf Nouri.

» Verzeit mir. «, wiederholte er. » Wenn ich dir helfen kann, dann sag es mir. Ich werde alles tun um mein Fehlen wieder wett zu machen. «

Ikeru wusste nicht hundertprozentig, ob sein Fehlen negativ gewesen war oder nicht, doch er wollte auf alle Fälle sicher gehen und er hoffte, dass Nouri & Kenáo nicht sauer waren.

[ bei Nouri, Kenáo, Kházun, Mayoki & Ailiná; in der Nähe von Acean, Seyíra & Bjatr | In der Höhle ]



K E N Á O


Stillschweigend nahm der Rote das Geschehene um ihn herum hin. Die Anwesenheit des Braunen war von seiner Schwester geduldet und deswegen konnte er nichts dagegen machen – niemals würde er der Grauen in den Rücken fallen, vor allem nicht, da diese wohl noch nicht ganz so in der Rolle einer Alphafähe reingewachsen war, wie er selbst. Wenn sie Hilfe brauchen würde, würde er hinter ihr stehen, doch solange sie nicht danach verlangte, würde er sich aus dem Gesamten heraushalten. Sie würde an der Aufgabe wachsen – wenn sie dies wollte.
Kenáo bemerkte gar nicht, dass die anderen sich bereits in die warme Höhle zurück gezogen hatten. Die Zeit war an ihm spurlos vergangen, nur der Schnee, der sich auf seinem Pelz abgelagert hatte, zeugte davon, dass er wohl schon länger an der selben Stelle verweilte. Das Weiße abschüttelnd, richtete er seine Ohren nach vorne und folgte den Spuren, die zum Unterschlupf führten.

Geräumig war jene Höhle, die er und seine Schwester für das Rudel ausgesucht hatten und zum ersten Mal erfüllte Leben diese. Schutz suchend hatten sowohl fremde als auch bekannte Gesichter sich in den Schlupfwinkeln niedergelassen. Jene die Gesellschaft suchten fanden diese, doch auch jene die einfach nur Ruhe haben wollten hatten die Möglichkeit dazu. Der Rote selbst entschied sich für das Letztere. Die Erschöpfung amchte sich nun mehr als bemerkbar. Nouri würde ihn schon rufen, wenn er gebraucht wurde. Ein wenig abseits von den Anderen legte er seinen Körper auf die Erde nieder, jedoch nicht ohne jedem einzelnen einen freundlichen Blick und Nicken zu schenken. Müde bettete er seinen Kopf zwischen den Pfoten und die hellen Augen schlossen sich auch schnell.

Irgendwann würde der Sturm aufhören und dann musste der Rüde im Besitz seiner vollen Kräfte sein und bereit sein – egal wofür. Es war mehr ein Dösen, als ein erholsames Schlafen. Stetig zuckten seine Ohren umher, um ja eine Bitte der Anderen wahrnehmen zu können. Es war auch wirklich ein ungünstiger Zeitpunkt um sich zu erholen. Kenáo verabscheute es Schwächen zu zeigen und genau das musste er grad tun. Ausgerechnet er. Unverzeihlich, zumindest für sein Selbstbewusstsein.

Er hoffte inständig, dass seine Schwester sich jetzt nicht im Stich gelassen fühlte – dass wäre sein persönlicher Alptraum. Als wolle er sicher gehen, dass sein Alptraum nicht wahr wird, hob der Rüde seinen Kopf und blickte in Richtung der Grauen. Wie liebevoll sie doch mit dem Welpen umhing ...


[ bei Nouri, Ikeru Mai, Kházun, Mayoki & Ailiná; in der Nähe von Acean, Seyíra & Bjatr | In der Höhle ]



N O U R I


Wenn der kühle Wind eine kleine Spur von Windröschen in sich trug, dann war es Zeit, dass der Schnee sich für die kurze Zeit des Sommers, der sich mit dem Frühling paarte, in die Ferne der Berge flüchtete, um der Welt zu Füßen des Himmels ein wenig Sonne zu gönnen, die Blumen blühen ließ, Gräser wachsen, Wasser plätschern und Nachwuchs gebären.

Bis dahin war es an den Wölfen, auszuharren, und zu Warten.
Warten, bis etwas geschah.

Um ehrlich zu sein, die Graue mochte jene Zeit. Sie liebte den Sommer, aber auch den Winter, und sie genoss die Vorfreude auf den ersten warmen Lichtschein, der in vielen Wochen auf sie hinab kommen würde. Sie war recht geduldig, wenn es um so etwas ging. Jemand, der bei der Jagd beteiligt war, musste das auch sein. Sie war eine hohe Wölfin, die gerne lange Strecken bei jenen Nahrungssuchen hinter sich brachte, ab und an auch die Jagden anführte, aber meist überließ sie es den kleineren, stämmigeren Wölfen, zu Hetzen. Eine kleine, flinke Statur war dafür geeigneter, als lange Beine, die Sprinte und lange Stecken hinter sich brachten, aber nicht unbedingt für diese Art von Jagd gemacht worden waren.
Sie witterte, sie ortete, sie wählte die Beute und schickte los. Dann folgte sie, zeigte sich geduldig, bis das Beutetier gepackt war und half, wenn Hilfe beim Reißen benötigt war.
Viel dieser Zeit bedeutete für sie Warten.
Warten. Warten. Warten.
Sie war geübt darin, und wusste sich zu beschäftigen, wenn sie sonst nichts zu tun hatte.

Jetzt, wo ein starker Sturm herrschte, wusste sie, dass es nicht einfach sein würde, ein Rudel Wölfe bei Laune zu halten. Zwar würde jetzt vermutlich erst mal Ruhe einkehren, da alle erschöpft waren, oder zumindest die Meisten, aber irgendwann würde jemand anfangen sich zu Langweilen.
Oft begannen damit die Welpen, und mit einem nachdenklichen, kurzen Blick auf die Kleine, die bei dem Sandfarbenen war, schnippte sie mit den Ohren und wandte sich wieder den Anderen zu.
Zunächst drehte sie sich an einen dunklen Wolf, der an den Höhleneingang getreten war und begrüßte ihn auf wölfische Art kurz mit einem Laut.
Auf das, was er sagte, antwortete sie nicht direkt, denn Mayoki war dazu getreten, und sie wedelte kurz mit der Rute, um ihre Freude über sein Erscheinen Kund zu tun. Ihr Blick auf ihn sagte, Willkommen zurück, ich hoffe es geht dir gut.
Dann war da noch Ikeru, der ein kurzes, fröhliches Hüpfen in ihrem Inneren verursachte. Lange hatte sie ihn nicht gesehen. Sie fiepte kurz freundlich, wedelte ebenfalls, wie bei Mayoki. Es tat gut, bekannte Gesichter neben den Fremden zu sehen – aber über diese freute sie sich ja ebenso.
Am Rande bemerkte sie, wie Kenáo, der Rote, hinzutrat und sich niederließ. Er musste sehr müde sein, und sie ließ ihn zufrieden, damit er sich voll und ganz sich selbst erst mal überlassen konnte. Er hatte sich seine Ruhe verdient.

» Ikeru, du unabhängige Seele. «

Sie gab ihm einen kurzen Nasenstüber. Sie mochte ihn, wie auch die anderen, und zeigte da auch mal warme Gestiken, die man sonst vielleicht nicht so von ihr gewohnt war.

» Du schuldest mir keine Erklärung, und sei gewiss, dass du mein vollstes Vertrauen genießt. «

Sie atmete seinen Geruch ein. Sie mochte den Gedanken, dass er bald vielleicht wieder stärker nach dem Rudel riechen würde.

» Fehler gibt es nicht. Nur Entscheidungen, und du brauchtest mal Zeit für dich. «

Sturmfalke, fügte sie in Gedanken hinzu. Sie warf einen Blick zu den Wölfen am Höhleneingang. Jetzt sprach sie ein wenig lauter.

» Willkommen hier, Fremder. Dein Wunsch sei dir gewährt. «

Sie wandte sich wieder kurz zu Ikeru, und stand auf.

» Draußen, kurz vor der Höhle ist noch etwas verscharrt, doch bin ich gespaltener Meinung, was es das Verlassen des Schutzes anging. «

Sie sog skeptisch den Geruch des Winters ein, der leicht durch den Höhleneingang hinein drang.

» Wenn der Hunger aber so groß ist, folge doch bitte Ikeru, der dich zu der Stelle führt. «

Nun schaute sie den Hellen an. Es wäre nett von ihm, den Neuen Nahrung zu zeigen, die sie hierhin bringen konnten, wieder in den sicheren Schutz.
Kurz darauf guckte sie auf die Wölfin neben dem Dunklen.

» Der Winter hier ist hart, nicht leicht, gefährlich und wild. «

Sie blinzelte.

» Seid ihr über die Berge gekommen? Zu dieser Zeit herrschen dort unheimliche Stürme. Es war sicherlich nicht leicht? Ich frage mich, ob noch andere Wölfe dort waren. «

Kurz schnippte sie mit einem Ohr zurück zu dem Welpen. Ihre Gedanken kreisten um die Krähenwölfin.

» Habt ihr welche gesehen? «


[ bei Kenáo, Ikeru Mai, Kházun, Mayoki & Ailiná; in der Nähe von Acean, Seyíra & Bjatr || In der Höhle ]

W ä h r e n d d e s s e n






ZEIT

Spätherbst
WETTER
Starker Schneesturm
TAGESZEIT

Nachmittags






Nach wie vor tobte der Schnee mit eisigen Winden über das Tal, während sich einige Wölfe in der Höhle versammelt hatten. Der Himmel, zunächst weiß, verdunkelte sich zunehmend. Ab und an schien das Firmament grell zu erleuchten, denn weit oben hinter den Wolken schienen Blitze ihr Unwesen zu treiben. Donner war nicht zu hören – abgesehen vom Weinen der Stürme schien es still.
Immer kräftiger wurde das Treiben. Es war immer riskanter nach Draußen zu treten.
Die Bäume, die nahe beieinander standen, brausten gegeneinander, sodass kräftigte weiße Schneewolken um sie herum aufstoben.
Wie in der Wüste der Sand, raste hier der Schnee wie eine unbändige Macht umher, und ließ es kaum noch zu, mehr als zwei, drei Meter weit zu blicken.
Kälte klirrte in den Knochen.

Der Winter ließ seinem Zorn freien Lauf.




A I L I N Á


Die Kleine hatte sich beinahe dem Schlaf hingegeben und die Äuglein geschlossen, Alles war für sie Heute zu viel, viel zu viel. Sie mochte gar nicht an das denken was in der Nacht geschehen war doch es ging ihr nicht aus dem Kopf.
Sie merkte wie die Graue nun ihren Duft an sie rieb, der so anders roch wie der ihrer Mutter, aber trotzdem hatte er etwas ganz eigenes welches ihn auf eine bestimmte Art wunderbar machte.
Nun gehörte die Kleine also dazu.
Mit müden Augen und einem etwas ängstlichen Blick schaute sie zu der Grauen die zufrieden schien. Die Welpin versuchte abermals ein Lächeln hervor zu bekommen welches aber schon im Kalm erstiegt wurde von einer Woge der Trauer die wieder drohte über der Kleinen zusammen zu stürzen. Kurz schloss sie ihre Augen und lies ein kleines Fiepen von sich hören, die Örchen waren immer noch eng an den Kopf angelegt und die Rute zwischen die Hinterläufe geklemmt. Ja wie ein Häufchen Elend musste sie grade erscheinen und dafür schämte sie sich auch etwas, aber im Moment ging es einfach nicht anders. Langsam versuchte sie wieder die Örchen auf zu stellen .
Doch ein Wort entkam den Lefzen nicht, innerlich wollte sie sich zusammen reißen, jetzt was sagen, nicht den Kopf hängen lasse, sondern kämpfen, kämpfen wie sie es schon immer getan hatte, oder was man kämpfen nennen konnte.

Als die Graue sie nun aufmunternd an stupste versuchte sie sich wieder aufzurichten und ihre Müdigkeit zu vergessen. Sie sah den Blick genau den ihr die Graue zugeworfen hatte und verfolgte ihn gespannt mit einem funken von Neugierde und Verständnis in den traurigen Augen.
Nun sah sie langsam zu dem Sandfarbenden. Er war es gewesen der sie eben zum lächeln gebracht hatte und nun auch für einen Anflug von Freude in ihrer Mimik gesorgt hatte. Sie setzte sich auf ihre Hinterpfoten und sah den Sandfarbenden Aufmerksam aus ihren Traurigen und auch treuen Augen aus an.
Langsam tat sie einen Schritt auf ihn zu und blieb dann jedoch wieder sitzen. Ganz vorsichtig streckte sie ihre Schnauze ein wenig nach vorne und erwiderte die Laute des Sandfarbenden.

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Spätherbst 1874

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