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 Winter 1874 I

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Das Schicksal

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Winter 1874 I Vide
BeitragThema: Winter 1874 I   Winter 1874 I Icon_minitimeSo Nov 21, 2010 12:33 am

W i n t e r . 1874




ZEIT
Winter
WETTER
Klare, kalte Luft, ab und an Sonnenstrahlen
TAGESZEIT
Später Morgen


Wohin war Kenáo gegangen?
Ein mulmiges Gefühl hatte er hinterlassen, bei der nun ehemaligen Leitwölfin Nouri eine tiefe Verwirrung, die sie unruhig hatte herumjagen lassen, bis sie sich schließlich zu dem treuen ehemaligen Betawolf Ikeru Mai geflüchtet hatte, um ihm ihren Rang zu überlassen, und sich seinen anzueignen.

Ikeru ist nun anstelle von Nouri Alpharüde der Schicksalstänzer.

Derweil haftete immer noch der starke, herbe Geruch der Menschen in den Köpfen der Wölfe, nach wie vor zog sich ihre Fährte am Revier entlang. Einige hatten sich in ihre Nähe getraut, und mit neugierigen, Blicken, mit gemischten Gefühlen das Treiben der Beiden Goldsucher beobachtet – sich vielleicht etwas zu nah an die Truppe herangewagt. Allerdings sind die Menschen wieder zum Aufbruch angeregt, auch ihnen sind die Begegnungen mit den Tieren nicht allzu geheuer – abgesehen davon befinden sie sich in einer bisher nicht verzeichneten Gegend in Alaska, welche ungeahnte Gefahren für sie bergen kann.

Solche Bedrohungen scheinen den Wölfen bisher nicht sehr bewusst. Der Winter aber greift mit seinen Armen um sich. Wer bisher nicht von Naturgewalten verletzt oder von den Menschen in die Flucht geschlagen wurde, schätzt sich womöglich fälschlicherweise in Sicherheit.

Bisher war das Rudel ein wenig zerstreut, bald aber würde es sich wieder zusammenfinden.










REVIER
Rudelkarte
WÖLFE
Rudelmitglieder
REGELN
RPG-Regeln
FRÜHWINTER 1874
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Winter 1874 I Vide
BeitragThema: Re: Winter 1874 I   Winter 1874 I Icon_minitimeSo Nov 21, 2010 12:58 am

K H A Z

Die hellbraunen Pfoten stoben wild den Schnee auf. Mit großen, ausladenden Sätzen, welche ihn über die Erde hinweg gleiten ließen, flog das Ungestüm daher.
Wie ein Sturm, der Staub aufwirbelt, so fegten seine Tatzen Eiskristalle auf, welche zuvor ruhig und still gelegen hatten.
Mit verspielter Wildheit schnappte die Schnauze durch die Luft und geiferte nach einem kalten Strom, der durch die Kälte zog und ihm Wellen in das dichte Fell zeichnete. Seine kindliche Begeisterung dafür ließ ihn sich herumwerfen, um dieser eisigen Bö nun zu folgen und wieder ihre Berührung zu erlangen. Mit einem freudigen Winseln fasste das Maul erneut in das Nichts. Klackend schlugen die Kiefer aufeinander, ertönte das Geräusch, als die Zähne aufeinander bissen.
Der Sandbraune wedelte ausgelassen mit der Rute, jauchzte, neigte sich zum Boden hinab, um dann erneut mit einem ausladenden Sprung hinaufzueifern. Wie gerne wollte er wie der Wind sein, wollte frei sein, wollte mit ihm fliegen, über die Berge hinweg – er mochte das Rudel, gewiss, und genoss die Nähe seiner eigenen Art, doch Träume waren nach wie vor in ihm haften geblieben.
Eben so wie die zarte Erinnerung an das Nesthäkchen, welches er zu versorgen, zu behüten hatte.

Die Kleine, welche den starken, rasanten Einbruch des Winters nicht überlebt hatte. Nicht standgehalten hatte, sondern wie eine liebliche Sommerblume gewesen war, die unter dem Eis verdeckt wurde, und nicht mehr ans Licht gelangte.

Die Gewissheit um den Verlust des Welpens kauerte in ihm, so, wie es noch andere düstere Dinge taten, doch war ihm auch klar, dass eine zu starke Trauer nicht gut für die Seele war. So genoss er es umso mehr, herumzualbern und seiner unglaublichen Lebensfreude Kund zu tun – denn er hatte erfahren, wie flüchtig ein Leben sein konnte, wie schnell es erlosch.
Anstatt ihn zu bekümmern, hatte er eine tiefe Erleichterung erfahren, wie wunderbar es doch war, noch atmen zu können.

Kház kam von der Sonnenaue hinaufgelaufen zur Rudelhöhle, hechtete über das freie Gelände hinweg, auf dem kein Baum die Sicht zu stören vermochte. Mit einem seltsamen Laut gab er sich zu erkennen. Rau und düster klang er, ein Geräusch, was tief aus seiner Lunge hinaus nach oben kam. Er mochte das Gefühl des dunklen Vibrierens in seiner Kehle und ließ es erneut ertönen, gurrte, grollte, donnerte. Ein herrliches Gefühl ergriff von ihm Besitz, welches er nicht einmal genau zu beschreiben vermochte.
Ergreifend. Erregend. Belebend.

Mit einem gar zornigen Jaulen setzte er zum letzten Takt und verstummte dann.

Immer schneller war er geworden, als testeten seine Muskeln, wie weit sie gehen konnten. Und er kostete dies aus, aus vollster Lust. Er liebte es zu Laufen. Es war eines jener Dinge, die er so manch anderem Wolf voraus hatte. War er doch sonst kein Kämpfer, von eher schmaler Natur, schmächtig und sehnig, so machte ihm doch nicht so leicht jemand etwas im Laufen vor.

Das genießerisch Heroische in ihm pulsierte, als er in der Nähe der großen Höhle auflief und in tänzerischen Kreisen um sich selbst herum trippelte, um ein wenig herunter zu kommen.

[nahe der großen Höhle, jedoch nicht unbedingt Sichtweite, mehrere Hundert Meter | alleine]



I K E R U

Eiskönig.
Der Name, mit dem Nouri ihn angesprochen hatte, als sie ihm ihren Rang vermachte, gefiel ihm. Nein, er war kein Wolf, der gern herrschte, gern seine Macht kundtat und allen seine eigenen Regeln aufzwang. Erstrecht hatte er sich bisher erfolgreich davor gedrückt zu viel Verantwortung auf sich zu nehmen. Doch diese Zeiten, die Zeiten der Verantwortungslosigkeit waren nun allem Anschein nach vorbei.
Ikeru war der Alpharüde geworden und nun galt es tatsächlich hier für Recht und Ordnung zu sorgen. Er mochte es nicht glauben, konnte es nicht, doch war es wahr geworden. Er erinnerte sich noch genau an den Tag, an dem er das Revier zum ersten Mal betreten hatte. Damals war er noch mit seiner Schwester gereist. Wie ein Schatten war er immer bei ihr gewesen, hatte sie beschützt, behütet, bewahrt. Bis zu ihrem Tod, den nur er zu verschulden hatte.

Der Gedankenstrom riss ihn fort zu eben diesem Tag, seiner Ankunft im Revier der Schicksalstänzer. Es war Frühling gewesen, glaubte er. Vielleicht auch schon Sommer, genau vermochte er es nicht mehr zu bestimmen. Sicher war nur, dass seine Schwester da gewesen war. Seine geliebte Schwester... Als er die ersten Worte mit Nouri und dann mit Kenáo gewechselt hatte, war er alles andere als Freundlich gewesen. Nein, stattdessen war er kühl und distanziert, fast schon abschätzend gewesen. In seiner Stimme hatte kein Ausdruck gelegen. Nichts, dass in irgendeiner Form darauf hindeutete, dass er etwas empfand.
So war er hier angekommen, und die beiden Alphawölfe haben ihn aufgenommen. Es hatte ihn fast gewundert, bei dem Verhalten, dass er an den Tag gelegt hatte. Min Thi war mit ihm gewesen.
Nach diesem Zeitpunkt riss der Faden seiner Erinnerung. Zu schwarz waren die Gedanken, die in jener Zeit in seinem Kopf gesessen hatten. Zu Bitter der Verlust, den er hatte einbüßen müssen. Im Nachhinein zählte nur eins: Min Thi war tot. Und mit ihr war für eine Weile all sein Gefühl gegangen.

Schneeflocken, die vom Boden aufgewirbelt wurden und die der Wind erfasste und in sein Gesicht bließ, ließen den Weißen aufschrecken. Nahezu allein stand er bei der Sommerhöhle. Er war sich nicht sicher, doch er glaubte, dass auch einige der anderen Wölfe in unmittelbarer Nähe waren, vielleicht nicht mal mehr als hundert Meter entfernt. Für den Augenblick hatte dies jedoch nicht gezählt.
War er der Verantwortung als Alpharüde gewachsen? Die Hochstimmung, die ihn noch vor einigen Stunden erfasst hatte, war nun fast vollends verschwunden. Sorge kam in ihm auf. Wenn er es nicht einmal geschafft hatte seine Schwester vor dem Tod zu bewahren, wie konnte er dies dann bei einem ganzen Rudel vollbringen? Unsicherheit. Angst. Sie brachten ihn zum Schwanken.
Wieder war er kurz davor in der Welt seiner Erinnerung zu versinken, als der Wind die Geräusche Kházuns zu ihm wehte.
Irritiert schüttelte sich Ikeru. Am liebsten hätte er sich für die Vergangenen zehn Minuten geohrfeigt. Er wusste, dass er eine starke Persönlichkeit hatte, wenn er sie brauchte. Ebenso war ihm klar, dass er durchaus in der Lage war zu verteidigen, zu schützen, zu leiten.
Er war nun Alpharüde, und Nouri sollte ihm diese Ehre nicht umsonst erwiesen haben. Ja, er sollte ein guter Alphawolf sein.

Stolz hob sich sein Kopf und auch seine Rute, die zuvor etwas bedrückt zwischen den Hinterläufen gehangen hatte, schwang auf und zeigte an, wer hier der Herr der Lage war.
Der Eiskönig.

» Der Alpharüde befindet sich an der Sommerhöhle. Bitte, lieber Rudelmitglieder, versammelt euch dort. Es gilt für uns alle eine Reise anzutreten, um diesen Winter zu überstehen. «

Das waren die Worte, die er mit seinem Heulen über das Revier schickte. Laut deutlich und lang war das Geräusch, dass aus seiner Kehle trat. Noch wusste niemand, dass er nun der Alpharüde war. Er hoffte, dass die Enttäuschung nicht zu groß sein würde, wenn die Anderen feststellten, dass es nicht Kenáo war, den er in seinem Ruf gemeint hatte.

[ an der Sommerhöhle | noch allein ]


N O U R I

Wie Säulen fluteten Sonnenstrahlen zwischen dichtem Geäst hinab und zauberten flimmernde Punkte auf schneebedeckte Stellen und Nadelüberzogenen Grund.
Trotz dass sie vom Firmament hinab auf die Erde reichten, so spendeten sie kaum Wärme. Zu kühl war die Umgebung, zu kalt ihr Herz.
Womöglich hätte es jemand, der nicht betroffen war, es anders aufgefasst. Nur spielte das momentan eine Rolle?

Die, deren Schein trug, schlich, getrieben von Unruhe, zwischen den Bäumen entlang, bis ihr Pfad sich in eine trostlose, kahlgraue Gegend verlor, welche an scharfen Klippen endete. Stumm trat sie vorsichtig an den Abgrund heran und neigte den Kopf, um in den offenen Schlund hinabzuschauen, der vor ihr sein Maul aufklaffte und sie grausig schreiend anstarrte. Langsam drehte sie die Ohren zurück und zog ebenso die Mundwinkel nach hinten, während sich ihre Stirn glättete, gleich einem poliertem Gestein. Sie sog die Düfte der Umgebung ein, welche geprägt von Harz war, der aus den Bäumen blutete, die in der Lage waren, an diesem unwirklichen Ort hier im Norden zu leben. Der Wind trug diesen herben Geruch, der ihr würzig in die Nase kreiselte, von dort her, wo die harten, knorrigen Pflanzen hinter ihr zu wachsen begannen, etwas entfernt von den Klippen, die kahl waren, und unverschönt ihr wahres Ich präsentierten.
Für einen kurzen Augenblick verweilte das graue Tier, welches zwischen dem kantigen Gestein nicht aufzufallen vermochte, wandte sich dann um und ging mit zittrigem Schritt von dem Schlund weg.
Wahrscheinlich war es gut, dass der Abgrund sich so wahr gab, und sich nicht mit Vegetation schmückte, die abrupt im Fall endete.
So lief niemand Gefahr, sich sicher zu fühlen, und dann im nächsten Moment über die Kante zu stolpern. Vielleicht war es manchmal besser, sich nicht mit falscher Schönheit zu schmücken, wenn unter dieser Maske ein ausgedörrtes Nichts war.

Doch es war falsch, vor dem ganzen Rudel als gebrochene Wölfin dazustehen, und ihnen Stellen zu zeigen, an welchen ein Biss tatsächlich verletzen konnte.
Und sie wollte ihnen nicht ihre wahre Identität zeigen. In ihren Augen gab es nur wenige, welche das wert waren.

Sie war kaum ein, zwei Stunden Trab von der Höhle entfernt gewesen. Warum war ihr nicht klar – wollte sie sich doch hauptsächlich bei Ikeru aufhalten, um ihn zu stützten, in seiner neuen Aufgabe als Herr des Rudels.
Jetzt, wo sie von ihrem Marsch zurückkehrte, merkte sie umso schmerzlicher, dass sie doch die Jenige war, die den Halt benötigte.

Das Bedürfnis nach Beständigkeit hielt sie ab erneut blindlings ins Unbekannte zu stürzen und nach ihrem Bruder zu suchen, welcher sie verlassen hatte. Die Natur gab ihr nichts Tröstliches, sie wusste, dass sie das nicht finden konnte. Sie brauchte das Rudel, um weiterzuatmen.
Sie brauchte jemanden, der ihr Anweisungen gab.

Das Gefühl heimzukehren war etwas, das sich in einem Revier schwer beschreiben ließ. Es war nicht die Höhle, die ihr die Sicherheit gab, dass es gut war, hier zu sein. Schließlich war das gesamte Tal im Grunde die Heimat des Rudels. Es war alles ihr zu Hause.
Das konnte einen trotzdem kalt lassen.
Nein. Nein, es war etwas anderes, dass in ihr einen Keim Hoffnung wachsen ließ, es war etwas anderes, das dieses noch zarte Gewächs mit Wärme versorgte, sodass es Zukunft hatte.

Die Graue blinzelte, und fast vergnügt warf sie einen gar zufriedenen Blick auf Ikeru, den sie vor sich erkennen konnte.

Ernüchtert durch die Tatsache, dass das Rudel die Neuigkeiten noch nicht wusste, es unklar war, wie es darauf reagieren würde, und die Aufgaben, die ihnen bevorstanden, kühlte sich ihr Gemüt zügig wieder ab. Vage Angst ergriff von ihr Besitz. Das Revier roch noch zu stark nach ihr selber, zu stark nach dem Roten. Es war falsch, denn trotz dass sie den für die Schicksalstänzer typischen Rudelgeruch besaß und Autorität durch den Betarang hatte: die Grenzen mussten von dem neuen Alphawolf markiert werden, sodass deutlich feststand, dass eine neue, starke Hierarchie herrschte.
Die Graue fürchtete sich in diesem Moment. Nach wie vor war sie innerlich noch nicht gefasst. Und sie wusste nicht, wie andere Wölfe, welche dem Rudel, beziehungsweise dem Revier, nicht zugehörig waren, darauf reagieren würde, entdeckten sie, dass das Tal nicht nach dem derzeitigem Alphawolf roch. Fremde konnten es so auffassen, dass das Tal sich nicht in festem Besitz befand und kämen womöglich noch auf die wahnwitzige Idee, es sich selbst anzueignen, da die Grenzen nicht klar waren.
Wie sie von hinten auf den Hellen zuging, kräuselte ihr die Beängstigung im Nacken. Sie wusste wie aggressiv das Bergrudel war, und ohnehin gab es dort oben, wo die Reviere aneinander grenzten, kein wirkliches Niemandland. Sie waren direkt beieinander. Ihr hatte diese Nähe schon immer missfallen, da es keinen Freiraum zwischen den Rudeln gegeben hatte, der das Konfliktpotenzial gesenkt hätte.

Sie hörte den klaren Ruf des Alphas und wusste, dass es gut war, alle beisammen zu haben und aufzubrechen.

Der Eiskönig machte eine imposante Statur. Ein natürliches Verhalten, was zeigte, dass er seinen Rang anerkannte und ihn wohl auch vor anderen deutlichen machen würde.
In ihr schwirrte ein leichter Stolz; schließlich war sie es gewesen, die ihn gekrönt hatte. Und umso mehr fühlte sie sich bestärkt, dass es das einzig Richtige gewesen war.
Überfallen von dieser Empfindung wieder jemanden zu haben, der ihr die Linien vorwies, begann sie zu winseln und kam leicht unterwürfig heran. So nahe, so dicht, so sehr, dass sie sein Herz hörte, dass sie die Wärme fühlte, die von ihm ausging. Sie kauerte sich an seine Beine und schnupperte mit der Schnauze in seinem dichten Fell.

» Es ist gut so. «

Sagte sie leise, wie sie meistens sprach, doch es klang ein wenig, als wollte sie sich selber bestätigen.
Die Graue gab einen leicht wohligen Laut von sich. Das erste Mal, seit der Rote fort gegangen war. Es schien tatsächlich so, als würde langsam eine Phase beginnen, in der sie akzeptieren würde. Die Angst in ihrer Stimme schwang trotzdem unterschwellig mit.

» Aber irgendwas stimmt nicht. Von irgendwo her droht es. Langsam und schleichend. Wie Schatten, die sich am Abend länger ziehen und alles verschlingen. «

Sie schnippte mit den Ohren.

» Es liegt an dir… es liegt an uns, das Licht zu entfachen und diese Dunkelheit zu vertreiben. «

Ihren Kopf an einem seiner Vorderbeine schaute sie weiterhin in die Ferne, wo irgendwo ein kleiner, dunkler Punkt umherhüpfte. Sie wusste, es war nicht Kenáo, sondern der Sandwolf, zu dem sie immer noch ein arg gespaltenes Verhältnis hatte. Das Misstrauen ihm gegenüber war keineswegs kleiner geworden, in gewisser Maßen hegte sie einen noch größeren Groll gegen ihn, da er, der sich um den Welpen hatte kümmern sollen, es nicht geschafft hatte es zu verhindern, dass die kleine Seele die Welt verlassen hatte. Eigentlich wollte sie es sich auch nicht eingestehen, dass sie selbst versagt hatte. Sie war wütend auf ihn, weil sie selber dazu nicht in der Lage gewesen war, den Tod der Kleinen abzuwenden.
Sie hatte schon so vieles nicht geschafft.
Aber ihr blieb ein Lichtschimmer, der in der Zukunft einiges verbessern würde.
Und jener saß in diesem Augenblick neben ihr, und spendete ihr die Wärme, die ihr die aufkommende Sonne nicht geben konnte.

[an der Sommerhöhle | bei Ikeru]



S Ó K E

Erfüllte Ruhe war irgendwie eingekehrt, hatte sich festgesetzt, konnte dennoch nicht den ‘Schaden’ lösen, den der Alpharüde mit seinem Verschwinden ausgelöst hatte. Diese Verwirrtheit der anderen war nicht an ihr vorbeigegangen, dass, obwohl sie noch nicht einmal ein fester Bestandteil des Rudels war.

Sie hatte sich ein wenig vom Rest des Rudels, von der Rudelgrenze entfernt hielt sich abseits, blieb aber in Sichtweite. Sie fiel dennoch nicht sonderlich auf, sie befand sich in einem Feld aus Schnee und Eis, einer ewig weißen Wüste. Eigentlich saß sie dort einfach so herum, hatte eigentlich vorgehabt die Umgebung zu erkunden, hatte aber nach kurzer Zeit die Lust daran verloren und war hier verweilt.

Genussvoll streckte sie sich in die Länge, spürte die kühle Luft in ihrem Fell. Noch hatte sie sich hier keine wirklichen Freunde gemacht, der einzige Fremde mit dem sie gesprochen hatte war dieser Mayoki gewesen, der dennoch noch außer Sichtweite war. Aber dennoch, da waren welche irgendwo, nicht weit, hielten sich innerhalb des Reviers auf. Die Alphafähe, eventuell. Sie war noch nicht fähig alle Gerüche ihren Eigentümern zuzuordnen. Sie rümpfte die Nase, entschloss sich zurück zu gehen, zurück zur großen Höhle. Eventuell hielt sich dort vielleicht schon jemand auf?

Sicher wie sonst nie setze sie eine Pfote vor die andere. Die pessimistischen Gedanken sollten allmählich schwinden, ein Rudel tat ihr gut, die Gesellschaft, und positive Gedanken von anderen Seiten die ihre zu fördern versuchten. Aber die momentane Situation machte das nicht leicht, es gab keine positiven Gedanken und dort wo sie vorher gewesen waren war nur noch ein heller Punkt, der sich Schwachstelle nannte. Sie empfand es jedoch als positiv den Alpha nicht recht zu kennen, so konnten zwar die negativen Gedanken an ihr entlang ziehen, trafen aber auf nichts, auf kein Gefühl ihrerseits.

Die Augen der Fähe funkelten im hellen Licht wie Bernsteine. Das Licht selbst prallte gegen die reflektierende Eisschicht des kalten Untergrundes, fiel zurück, traf auf sie. Sie war der Meinung ein leichter Funke von Gleichgültigkeit schlummerte in ihr. Sie vermochte nicht zu verstehen wieso das Rudel so Trübsal bließ. Der Alpha würde zurück kommen. Und die Alphafähe hatte liebevolle Wesen um ich herum, die ihr den nötigen Halt geben würden. Erneut rümpfte sie die Nase.

Sie war nicht mehr weit entfernt von der großen Höhle. Tatsächlich hielt sich vor ihr jemand auf, den sie jetzt noch nicht ganz erkannte, von ihrer Nase aber nicht unentdeckt geblieben war. Ihre braunen Augen waren vom Licht schon halb verschlossen und versuchten sich dieser beinahe unerträglichen Helligkeit zu entziehen. Trotzt allem lief sie schnurstracks geradeaus, zur Höhle, hatte sie nicht aus den Augen verloren. Vielleicht war sie schon vom Wolf entdeckt worden, der sich in der Höhle befand? Ein Rüde. Sein Name aber war ihr entfallen, was sie im Moment aber wenig bedauerte. Die Zeit war da um ein Gespräch über alles zu führen, so auch über die Namen, und eventuell hatte sie ja Glück und stand nicht alleine da, vielleicht war auch ihr Name vergessen worden, oder gar nie gefallen. Nur noch wenige Schritte, dachte sie, blieb dann stehen und ließ sich auf die Hinterläufe sinken.

“Guten Tag!”

Gab sie unsicher von sich, war sich nicht sicher ob sie nun lieber doch den Mund gehalten hätte.

“Ich hoffe ich störe nicht.”

Kurz ließ sie den Blick vom braunen Rüden durch die Umgebung schweifen, nur um noch einmal sicher zugehn ob nun jemand anderes noch in der Näh war oder eben nicht. Cél war immer noch weg.

[ nahe großer Rudelhöhle // bei Kházun ]



I K E R U

Sonnenstrahlen wagten es sich durch die sonst so dichte Wolkendecke zu schieben. Nur kurz und für wenige Sekunden brachen sie durch die graue Front, doch sie kehrten es immer wieder, versuchten wieder und wieder das Grau zu vertreiben, obwohl sie keine Chance gegen die Wolken hatten. Es war wie ein Kampf im Himmel. Als wollten die Sonnenstrahlen fliehen, um auf Erden den Segen der dort Lebenden zu ernten, doch die Mauer aus Wolken ließ sie nicht durch. Immer und immer wieder schoben sich die Fetzen der Wolken vor die Löcher, durch die die Sonnenstrahlen hätten fliehen können. Immer und immer wieder wurde eine Flucht vereitelt.
Ein Kampf.
War nicht alles ein Kampf? Der Kampf der Sonnenstrahlen gegen die Wolkenfront. Der Kampf im Leben, um dem Tod so lang wie möglich zu entrinnen. Der Kampf der Pflanzen, die sich gegen Tiere und Regen durchsetzen müssen, um zu wachsen und mehr und mehr Sonne zu ernten. Gab es etwas, dass kein Kampf war?
Ikeru löste seinen Blick nicht vom Himmel. Er konnte nicht, hatte ihn der Anblick des Spiels zwischen Himmel und Sonne doch so gefangen, dass er gespannt darauf wartete, wer wohl gewinnen würde. Selbst obwohl sicher war, dass es nie einen Sieger geben würde.
War auch sein Leben ein Kampf? Hatte er selbst nicht schon immer gegen irgendetwas kämpfen müssen? Gegen die Angst, gegen die Trauer, gegen die Gewissheit, dass er Schuld am Tod seiner Schwester gewesen war. Ja, auch bei ihm schien alles ein Kampf zu sein, auch, wenn er dies zu diesem Zeitpunkt ungern wahrhaben wollte. Es war seltsam so von sich selbst zu reden, denn er war nie ein Kämpfer gewesen, wie er selbst glaubte.
Dennoch schien ihm nun einzuleuchten, dass jeder ein Kämpfer war, der gegen irgendetwas kämpfte. Zu jedem Zeitpunkt.

Erst Nouris Winseln riss ihn aus seinen Gedanken. Als ihm auffiel, dass er sich schon wieder in diesen verloren hatte, ärgerte er sich über sich selbst. Später würde er weiter darüber nachdenken, weshalb er so viel nachdachte.
Nouri war da.
Unsicher, wie er sich verhalten sollte, wedelte er, legte die Ohren an und rang mit sich selbst, um nicht in eine unterwürfige Haltung vor ihr zu fallen. Sicher, er hatte sein Amt als Alpharüde angenommen und würde gegenüber den anderen auch nur wenige Probleme haben um diesem Ausdruck zu verleihen, doch bei Nouri viel es ihm schwer. Sie war noch immer diejenige, die in seien Augen Alphafähe war und sich nicht vor ihr in den Schnee zu legen war fast eine Qual für die Moral.
Mit Mühen blieb er standhaft. Seine Rute stand aufrecht und schwankte hinunter anstatt zwischen den Hinterbeinen eingeklemmt zu werden. Nur seine Ohren, die mehr angelegt waren, als sie sollten, zeugten noch von seiner Unsicherheit. Er verstand nicht, was Nouri sagte doch er verstand es als Zuspruch für ihn selbst, nicht ahnend, dass sie dabei sich selbst gut zugeredet hatte.
Ihre nächsten Worte drangen deutlicher zu ihm und er fühlte sich an die Wolken erinnert, die auf ewig versuchen würden die sonne zu besiegen. Und es erinnerte ihn an die Sonnenstrahlen. Das schimmernde Licht, dass durch die Dunkelheit, durch die Wolkendecke brach, um die Finsternis zu vertreiben.
Ein Schauer lief ihm über den Rücken, denn er wusste, dass sie recht hatte. Auch er spürte, dass irgendwo hier etwas Dunkles war, das näher kam.Er hatte von den Menschen gehört, die erst vor wenigen Tagen im Revier gewesen waren, doch er bezweifelte, dass dieser Schatten von ihnen ausging. Nein, es war etwas neues. Etwas das fast noch mehr Unheil aufwies als die Ankunft der Zweibeiner.

» Es hat keinen Zweck sich über die Schatten Sorgen zu machen, die um uns herum geistern, als wären sie Gespenster, die nur darauf warten, dass einer von uns einen Schritt zu weit in ihre Richtung macht. «

Er wusste, dass er seinen Worten selbst nicht glaubte. Natürlich machte er sich Gedanken darüber. Und das nicht gerade wenig.

» Nein, Nouri, ich weiß, dass wir den Schatten standhalten können. Wir brauchen kein Licht zu entfachen, denn wir sind das Licht. Und solange wir nicht vergehen, wird auch das Licht nicht entschwinden. Dennoch wird es nicht schaden ein Auge auf alles zu haben, was seltsam erscheint. «

Für einen kurzen Moment wanderte sein Blick ein weiteres mal zurück zu den Sonnenstrahlen, die sich noch immer gegen die Wolken zu währen versuchten. Vergebens versuchte er sich mit ihnen zu identifizieren und aus den Wolken die namenlosen Schatten zu machen, die so nah, aber so unerkenntlich waren. Dann wand er sich wieder zu Nouri, um ihr liebevoll über die Schnauze zu schlecken.

[ an der Sommerhöhle | bei Nouri ]



Y U K O N

Erhobenen Hauptes lief der junge Rüde durch das Unterholz. Er wollte nicht zugeben, dass sie sich verlaufen hatten. Wollte nicht zugeben, dass er wohl in die falsche Richtung gelaufen waren. Warum eigentlich nicht? Nayeli würde ihm ganz sicher keine Vorwürfe machen. Trotzdem... wenn ihnen wieder etwas geschehen würde, wenn ihr etwas passieren würde, wäre es seine Schuld. Dann könnte er nur zusehen, ihr nicht helfen, sie nicht den starken und geifernden Fängen entreissen. Und nur er wäre Schuld gewesen. Denn Yukon hatte ihr gezeigt, ihm zu folgen. Und sie hatte es getan, wie sie es immer tat, weil sie ihm vertraute. Und er war zielgerade immer weiter in das fremde Revier gerannt, immer weiter in das Gebiet, das den verfeindeten Wölfen gehörte. Den Wölfen, die aus Hungersnot immer mehr des eigenen Reviers eingenommen hatten, bis es schließlich zu diesem einen, tödlichen Kampf kam, der Yukon k'eyush und Nayeli die Eltern kostete und sie aus ihrer Heimat jagte.

Jetzt waren die beiden Welpen schon ein paar Tage unterwegs. Da es zu dieser Jahreszeit sogar für erwachsene Tiere nicht leicht war, an Nahrung zu kommen, hatten die Freunde in den Tagen absoluten Hunger leiden müssen. Einmal hatten sie ein gefrorenes, verendetes Reh gefunden, das so mager war, dass es wohl auch verhungert war. Das hatte ihren Magen weitgehendst gefüllt. Trotzdem füllte es nicht die Leere, die in ihren Herzen zurück geblieben war und die ihre Familie hinterlassen hatte. Yukon hatte bis jetzt immer noch nicht das Geschehene in Erinnerung gerufen. Die schrecklichen Bilder, das Knurren, die blitzenden Zähne.. Das alles jagte ihn in seinen Träumen, wurde aber tagsüber verdrängt.

Yukons Fell was bis an die Knochen durchnässt. Wie lange seine Beine den eigenen Körper noch tragen konnten, wusste er nicht. Er spürte sie immer wieder zittern, während die Pfoten schon Taub von Kälte waren. Immer wieder warf der Rüde einen Blick zur Seite, in das Gesicht seiner Begleiterin und einzigen Freundin, die sein Herz höher schlagen ließ. Und so liefen die beiden Welpen, ohne große Pausen zu machen, um so schnell aus dem feindlichen Revier zu kommen, in das sie so blind gerannt waren.

Fast urplötzlich und ohne wirkliche Vorwarnung, sah Yukon dann das Ende des Waldes. Auch, wenn die Sonne nicht wirklich schien, und dem Rüden nicht einen Hauch wärmer wurde, viel eine riesige Last von seinen Schultern, sein Herz wurde leichter. Es schien, als würde die Sonne durch die Bäume zu ihnen scheinen und ihnen den Weg zeigen. Aufgeregt drehte sich der Rüde zu Nayeli.

“Wir sind da, wir haben es gleich geschafft!“

Vorsichtig rannte er los. Es war ein komisches Gefühl, dabei seine eigenen Pfoten nicht spüren zu können und obwohl das Fell schwer durch das Wasser war, fühlte er sich leicht und frei. Nur noch ein paar Schritte. Jetzt durfte sie niemand mehr aufhalten. Es waren nur noch ein paar Bäume, die zu dem feindlichen Revier gehörten. Immer wieder schaute Yukon über die Schulter, um sicher zu gehen, dass Nayeli mit ihm rannte und nicht zurück blieb. Denn.. wo wäre er, ohne sie? Nichts wäre mehr so schön, wenn sie nicht an seiner Seite war.

Und mit einem letzten Satz, landete er auf allen Vieren, den Wald hinter sich, die Wiese vor sich. Sie hatten es geschafft, sie waren in Sicherheit.

[An der Reviergrenze, mit Nayeli, in Bjartrs Nähe]



K H A Z

Eine Frohnatur wie er besaß wenig Kenntnisse davon, was Groll war. Und sollte er in einer ruhigen Minute einmal dazu kommen, über diese Tatsache nachzudenken, so befände er es sicherlich als gut so, wie es war. Zorn war etwas, das relativ gut an ihm vorbeiging, wie schneidiger Wind, der ihn nur streifte, aber nicht wegzustoßen vermochte.
Wäre er ein anderer Charakter gewesen, und geriete leicht in Rage, so käme er nicht als Omegawolf in Frage. Sein eher heiteres und ausgeglichenes Wesen trug schon in seinem alten Rudel dazu bei Konflikte zu mildern. Zwar zog er sich dabei dann und wann die Aggression anderer zu, die ihn dann malträtierten, bekam dieses Einstecken aber auch honoriert. Ein gutes Stück der Beute, ein angenehmer Platz in der Mitte zum Schlafen. Immer mal wieder ließen sich die anderen zu einem feinen Spiel herausfordern und er lenkte sie davon ab, dass sie im letzten Moment noch nahe dran gewesen wären, sich gegenseitig immer mehr hoch zu stacheln.
Er genoss die Anerkennung, die ihm durch seinen Rang zu Teil kam, und er liebte es mit der Gewissheit zu leben, dass er der Gute war, der niemandem etwas zu Leide tun konnte.

Wieso gerade er es gerade so berauschend fand, dieses wilde Gefühl von unterschwelliger Wut in sich zu spüren, ließ sich nicht äußerlich erklären. Ihm gefiel das Brodeln, was ihm so unbekannt war. Vermisste es aber auch nicht, als es sich langsam wieder aus ihm verflüchtigte, wie die Atemluft, die er stetig ausstieß, und die in kleinen Wölkchen zum Himmelszelt aufstieg.
In seinem Kopf wummerte es leicht.
Der Rüde gab ein amüsiertes Geräusch von sich.

Es war ihm nicht aufgefallen, dass sich eine Fähe genähert hatte, und er drehte erst den Kopf zu ihr, dann sich schließlich auf seinen staksigen, schlanken Beinen unbeholfen komplett herum, um sie mit einem Anflug von seiner Belustigung anzusehen, und dann fröhlich mit der Rute vor sich hinzuwedeln. Seine Ohren schnippten, die Schnauze zuckte, die haselnussbraunen Augen glänzten im leichten Licht der Sonne, die einmal klar am Himmel stand. Ein ungewöhnlicher Anblick in den letzten Tagen.
Auch sie. Er hatte seit einigen Stunden keinen anderen Wolf mehr gesehen. Er mochte Gesellschaft. Wieso auch nicht?

"Hallo."

Seine Stimme war ein wenig rau. Erhitzt vom Laufen. Trocken vom Hecheln.
Seine großen Ohren drehten sich zu ihr.

"Nein, wieso auch."

Was sollte er zu dieser Fähe sagen? Er kannte sie nicht. Da er gerade so viel gelaufen war, legte er es auch nicht direkt auf ein Herumgetolle an – es war ihm egal, ob er jemanden zum Springen aufforderte, der das nicht mochte, es gab für ihn keinen Unterschied zwischen Wölfen. Es lag nicht an ihr. Er brauchte lediglich zwei Minuten, um wieder zu Luft zu kommen.
Sein Blick schwenkte kurz zur Höhle, dann wieder zu ihr.

"Folgst du dem Ruf?"

Er tat einen Schritt Richtung des Alphas, der in der Ferne gerufen hatte, blinzelte dann zu der Fähe. Auch wenn er eben noch sehr fröhlich gewirkt hatte, und jetzt auf keinen Fall verstimmt, lag in seinem nächsten Satz eine etwas verwirrte Frage. Der Tonfall verriet, dass er nicht sicher war, was er davon halten sollte:

"Klingt nicht nach Kenáo."

Der Sandwolf blinzelte die Helle an. Vielleicht wusste sie eine Antwort.

[nahe der Sommerhöhle | bei Sóke ]



N A Y E L I

Der Boden unter ihren Pfoten schien endlos zu sein und ihr Blick war starr auf ihren Weg gerichtet, denn würde sie nun stolpern, dann könnte sie wahrscheinlich nicht wieder aufstehen. Zu lange waren sie schon unterwegs.
Sie wusste nicht, ob sie tatsächlich so erschöpft war, oder ob es ihr nur so schien, war ihre Reise doch so monoton verlaufen, dass sie nicht mehr wusste wie lang sie schon liefen.
Kurz hob sie den Blick und betrachtete Yukon, der stumm ein Stück vor ihr lief. Wusste er wo sie waren? Und wenn schon, sie würde ihm folgen, egal wohin.
Im Moment war sie einfach kaum dazu in der Lage selbst zu denken und wenn sie ihre Gedanken schweifen ließ, landeten sie doch nur bei spitzen Zähnen und blutigem Fell.

Seit sie liefen, waren ihre Gedanken nur von solch düsterer Natur und ihr Herz war nahezu so kalt und leer wie die Landschaft um sie herum. Nur Bäume, kaum ein Lebewesen, und diese klirrende Kälte schien den Boden mit schneidenden Eiskristallen zu übersähen. Zumindest tat es beim Auftreten jedes Mal so weh, als würde sie auf solchen laufen.
Doch sie wollte nicht jammern, denn Yukon war bei ihr und obwohl er einen Monat älter war, musste er doch genauso empfinden wie sie?

Sie hatten alles verloren und beinahe auch einander.
Schaudernd senkte sie den Blick und unterdrückte ein Zittern, das durch ihren Körper schoss.
Sie war nicht weit vom Rudel entfernt und doch die erste, die sie kommen sah.
Ein großer schwarzer Wolf hatte plötzlich vor ihr gestanden, als wäre er aus dem Boden gewachsen. Seine weißen spitzen Zähne gefletscht, drang ein ungeheuerliches Grollen aus seiner Kehle und seine Augen funkelten wahnsinnig in der Sonne.
Bei der Erinnerung winselte sie leise, doch unhörbar für ihren Gefährten.
Sie wollte ihn nicht zusätzlich bedrücken.

Gerade hatte sie aufgeben wollen, als ihr Beschützer sich veränderte.
Sie vernahm seine Worte und sie brauchten schon eine Weile um wirklich in ihrem Kopf angekommen waren, doch dann erwachten auch ihre Lebensgeister aufs Neue.
Sie waren da, sie hatten es fast geschafft!
Mit einem freudigen Kläffen jagte sie ihm nach, die Ohren aufgerichtet und die Nase in die Luft gehalten. Freiheit!
Sie blieb immer dicht hinter Yukon, schließlich wollte sie ihn nicht verlieren und außerdem hätte sie sowieso nicht gewusst wohin sie gehen sollte, lieber folgte sie ihm.

Er machte einen Satz und landete am Waldrand, beinahe wäre sie in ihn hineingelaufen, doch sie bremste stolpernd ab und purzelte ein Stück weiter auf die Wiese, die sich vor ihnen erstreckte.
Wiefend richtete sie sich mühsam wieder auf und tänzelte schon wieder auf der Stelle.
Vorbei waren ihre tristen Gedanken, zumindest vorübergehend, und freudig blickte sie über die weite Wiese. Es kribbelte in ihren Pfoten, ihren Läufen und in ihren Lefzen, die Freude endlich hinaus zu sein aus diesem Finsterwald.
Aufgeregt stieß sie die Schnauze gen Himmel und ließ ein helles Heulen erklingen, nicht so laut und weittragend wie das der Erwachsenen, doch immerhin ein Ausdruck ihrer Euphorie.

„Yukon, wir haben es geschafft!“

Ihre Stimme war ein einziger Singsang ihres Jubels und begeistert hüpfte sie zu ihm, wie ein kleines Rehkitz. Kurz schmiegte sie den Kopf unter seinen und stupste dann unter sein Kinn.
Sie war froh, denn sie hatten es gemeinsam geschafft.

[bei Yukon an der Reviersgrenze - Nähe von Bjartrs]



S Ó K E

Kurz hatte sie den Rüden vor sich außer Acht gelassen. Seine Worte und alles andere in der Umgebung hingehen aber war ihr nicht entgangen. Die Unsicherheit tief in mitten ihres Herzens war weg geblasen, für jetzt. Es gab Situationen da war es einfach abzuwarten, und welche in denen zu handeln galt, welche in denen man kämpfen musste und jene in denen du gezwungen bist zu sprechen. Dies hier war ein Moment des Schweigens, ohne den paranoiden Gedanken der noch unbekannte Gegenüber könnte es missverstehen, und sie ignorante Frohnatur erkennen, wassre nicht war.
Viel zu nachdenklich. Sie schmunzelte, ließ die Ohren zucken und sah zurück zu ihm.

“Wie?”

Ihr war ein Ruf entgangen, vielleicht war auch ein Heulen gemeint. Sie hatte das Geschehen zu wenig verfolgt, und das obwohl sie geglaubt hatte so aufmerksam zu sein. Ein Seufzen entglitt ihr, kaum hörbar für den Fremden. Und welche Verbindung hatte das mit Kenao? Die Emotionslosigkeit inmitten ihres Blickes wurde geradezu niedergeschlagen von der Verwirrtheit. Statt darauf hinzuweisen das sie nicht wusste wovon ihr Gegenüber redete, beschloss sie eine Art kurzen Vortrag über diesen zu halten, und über ihre Vermutungen und Gott und die Welt.

“Es ist schade, dass er weg ist, nicht? Zuerst dachte ich das läge an dem Auftauchen meiner Freundin und mir, wobei ich den Gedanken schon wieder fallen gelassen habe.”

Sie lächelte.

“Aber es ist bedauernswert dass er das Rudel im Stich lässt. Auch wenn er seine Gründe hat, die vielleicht verständlich wären, sofern Ich sie mir näher ansehe und.. Naja.”

Es fehlte nur noch die Frage wie den ihr Gegenüber darüber dachte und all so was. Aufs neue lächelte sie, nicht unsicher, wie sonst. Ihre Augen verformten sich zu Schlitzen, als sie gen Boden blickte. Das war aber alles schon verzwickt. Die Trauer schien nicht den Wolf vor ihr erreicht zu haben, so wenig wie Sie, so wenig wie dieser ‘Ruf’, von wem er gesprochen hatte. Ihre Gedanken lösten sich wieder aus der Starre, die nur kurz angedauert hat. Sie richtete sich wieder auf, schüttelte sich das Fell, was eigentlich unnötig gewesen war, da sich von der Erkundungstour im Schnee nicht viel von der Kälte in ihrem Fell abgesetzt hatte. Ein paar Gerüche kamen ihr entgegen, und die schwachen Umrisse von Gestalten waren auch zu sehen, jene die vorher von ihr unentdeckt geblieben waren. Ein Ärgernis, und eine weitere Unachtsamkeit. Zwei Wölfe, vielleicht, natürlich, zwei Rudelmitglieder. Wie gesagt, es war noch schwer die Gerüche allen zuzuordnen. Und Namen… apropos Namen.

“Wie heißt ihr?”

Schnell sah sie wieder zu ihm. Wie gesagt, auch sein Name war irgendwo hängen gebliebene, nur nicht in ihrem Kopf.

“Mein Name ist Sóke.”

[nahe der Sommerhöhle / bei Khazun ]



K H A Z

Die Haut auf der Schnauze zog sich kaum merklich kraus, die Stirn legte sich in etwas unsichere Falten, die Nase bewegte sich stetig – er dachte einen Moment lang angestrengt nach. Wie immer, wenn er das tat, zeigte sich das der Außenwelt durch seine Mimik. Er hatte nichts zu verbergen.

Dass sich da etwas vor ihm verbarg, das ahnte er nicht.

Im Grunde war er davon ausgegangen wie bei den meisten anderen Rudelmitgliedern eine nichts aussagende, kurze Konversation zu führen. Er kannte alle zu wenig, hatte bisher nicht wirkliche emotionale Bindungen knüpfen können. Und normalerweise ging er in solchen Fällen davon aus, dass man sich zunächst langsam aneinander herantastete. Wie die Sonne, die ihre Strahlen aussandte, und sich vorsichtig in die Dunkelheit wagte, zaghaft und zögerlich, um zu sehen, ob sie es schaffen würde, das Düstere zu erhellen.
Es war nicht so, dass es ihm unangenehm war, tiefgründig zu werden, wenn er jemanden noch nicht kannte. Es überraschte ihn lediglich, dass das erste, was ins richtige Gespräch ging, weniger mit Floskeln zu tun hatte, sondern ein wirkliches Thema besaß. Er beobachtete den Horizont, wie er sich in Wellen bewegte. Eine Hügellandschaft. Unwillkürlich glitten seine Gedanken weg, wie bei einem Kind. Unschuldig, nicht gewollt. Wie war es wohl im Sommer hier? Es mussten wunderschöne Zeiten sein, wenn das Gras wieder zum Vorschein kam, und Tausende Wildblumen sich über die Falten der Welt zogen.
In dem Moment aber, in dem sie sprach, horchte er auf und wandte ihr aufmerksam seinen Kopf zu.

"Töricht zu denken, es wäre deine oder ihre Schuld."

Er schmunzelte innerlich. Aber das jemand verschwand, wenn jemand fremdes auftauchte – das erweckte in ihm plötzlich ein Déjà-vu. Es kam ihm doch eigenartig bekannt vor. War ihm das nicht auch geschehen? Sein linkes Ohr schnippte zur Rudelhöhle. Die Graue. Sie war doch auch vor ihm geflüchtet, wenn er sich da nicht täuschte? Wenn er einmal über die Grenzen hinausblickte, über das hinweg, was er sich eingeredet hatte, so hatte die Fähe doch eindeutig versucht ihn loszuwerden. Und nach wie vor wusste er nicht, was der Grund war.

"Was solltet ihr schon verbrochen haben?"

Fragend und durchaus interessiert musterte er ihre Züge. Wie sie sich bewegte, die Gestik, die Mimik. Eine Freundin? Wer sie wohl war? Er wusste es nicht, die Hauptzeit seiner Rudelmitgliedschaft hatte er mit Welpenhüten verbracht, er kannte Gerüche, aber wenige Gesichter.
Er lauschte ihr weiterhin. Sofern sie sich die Gründe ansah? Was für Gründe?
Irgendwie kam sich der Rüde mit einem male furchtbar unwissend und dumm vor. Was hatte er alles nicht mitbekommen? Hatte ihn der Welpe so sehr von der Außenwelt abgeschirmt, dass er nicht einmal über die einfachsten Dinge informiert war?
Trotz dieser Fragen bedauerte er es nicht, dass er sich um den kleinen Wolf gekümmert hatte. Irgendwer musste es ja tun, und er hatte diese Aufgabe liebend gerne übernommen.

"Ich kenne keine Gründe,"

gab er ehrlich zu,

"anscheinend wisst ihr anderen mehr Bescheid als ich."

Er wirkte wieder fast verschmitzt, wenn auch nicht albern. Es entsprach ja nur der Realität, die konnte er nicht leugnen. Und es richtig bedauern, dass er keine Ahnung hatte, konnte er auch nicht. Es wäre eine Lüge gewesen, jetzt bestürzt zu tun.

"Ich weiß auch nicht, wann er gegangen ist. Aber … er wird schon welche haben. Vielleicht erfahren wir auch irgendwann einmal, woran es gelegen hat. Ich denke jedoch nicht, dass wir konkret damit zu tun haben."

Er ging ziemlich offen mit den meisten Dingen um. Wie er sie ansah, wusste er nicht einzuschätzen, ob sie das auch tat. Irgendwie konnte er sich kein wirkliches Bild von dieser Wölfin machen. Was hielt sie denn nun von dem Verschwinden des Alphawolfes? Vielleicht war sie noch nicht allzu lange im Rudel. Dann beträfe es sie eigentlich noch nicht so sehr – ihn auch nicht. Ihm tat es lediglich für die leid, die sich von einem engen Freund hatten verabschieden müssen.
Doch an Abschied wollte er gerade nicht denken. Es gefiel ihm viel mehr, jemanden zu treffen, mit dem er mal reden konnte. Einfach so. Unbefangen, über alles Mögliche. Vielleicht war sie ja eine solche Gesprächspartnerin, mit der das funktionierte. Wer wusste das schon?

Er schaute sie an, neigte den Kopf so wenig zur Seite, dass es kaum zu bemerken war. Die Rutenspitze spielte ein wenig und seine klaren Augen blinzelten ihr entgegen.

"Hallo, Sóke."

Endlich hatte er sich wieder abgekühlt, sein Gedankenwirrwarr hatte sich wieder beruhigt. Seine Stimme besaß einen zarten heiteren Unterton. Freundlich, zufrieden.

"Mein Name ist Kház. Und ich schätze, wir sind beide ziemliche Frischlinge hier."

[nahe der Sommerhöhle | bei Sóke ]



A C E A N

Man konnte nicht sagen, dass ihn dieser Vorfall übermäßig verwirrt hatte. Aber ein wenig überfordert war er schon gewesen. Wie Nouri über ihn gestolpert war, sich dann ziemlich aufgeregt hatte, ihn angeschrien und letz endlich einfach verschwunden war. Es war merkwürdig. Er hatte noch einige Momente einfach da gestanden, auf die Stelle geschaut, an der wenige Herzschläge zuvor die Graue gestanden hatte. Und er hatte wirklich an seiner Loyalität gezweifelt. Sollte er es etwa bereuen, hier her gekommen zu sein, und unter der Führung der Grauen zu leben? Nein.. es gab sicher einen Grund dafür, er brauchte nichts zu bereuen. Und wenn es ihm zu bunt wurde, hatte er noch immer die freie Wahl. Er konnte gehen, wenn er die Graue anzweifelte. Auch wenn er sich eingestehen musste, nach dieser Begegnung kurz davor gewesen war, diesem Rudel den Rücken zu kehren. Aber er wollte nichts bereuen, und ebenso wenig vorschnelle Entschlüsse fassen. Also blieb er. Fürs erste.
Nun trottete der schwarze Rüde durch den Schnee, den Kopf gehoben und den Blick nach vorn gerichtet. Er hatte kein genaues Ziel, er kehrte nur von seiner Erkundungstur zurück. Er hatte die Fährte der Menschen verfolgt, bis er sie schließlich im dichten Schnee verloren hatte. Zu gerne hätte Acean gewußt, was diese Wesen hier her getrieben hatte. Und wieso sie so schnell wieder verschwunden waren. Aber dies würde wohl ein gut gehütetes Geheimnis bleiben. Er hatte die schlafende Sey zurück gelassen, hatte sich allein auf den Weg gemacht. Und nun kehrte er zurück zum Rudel. Es machte den Schwarzen neugierig, was mit Nouri war. Würde sie wieder ausrasten, ihn bedrohen und einfach verschwinden? Das galt es heraus zu finden. Er konnte ihren schwachen Geruch wahrnehmen, folgte ihm durch den Schnee. Minuten vergingen, in denen er stumm dahin schritt, ehe ein Heulen die Winterstille durchbrach. Acean verharrte, stellte die Ohren auf. Ihr Alpharüde? Eine Reise? Einen Moment schmunzelnd setzte sich der Dunkle dann doch in Bewegung, Richtung Sommerhöhle. Er war gespannt, was ihn dort erwartete.
Es vergingen noch einiges an Zeit, ehe die Höhle in Sichtweite kam. Aber der Dunkle erhöhte nicht sein Tempo, sein Schritt blieb weiterhin ruhig. Er erkannte die Graue, und bei ihr war Ikeru. Aber nirgends war Kenáo zu erkennen. Wieso ließ er sie hier her rufen, aber war selbst nicht anwesend. Und auch seine Fährte lag nicht in der Luft. Acean blieb stehen, die beiden hatten ihn sicher schon entdeckt. Er blieb einfach stehen und sah sie an. Einige Herzschläge ruhte sein heller Blick auf Nouri, fast schon prüfend blickte er sie an. Wie würde sie nun reagieren? Acean ließ sich in den Schnee sinken, hob den Blick kurz zum Himmel und wandte den Blick dann wieder den beiden Wölfen zu. Er konnte nur abwarten.

[Sommerhöhle - Nouri & Ikeru]



S Ó K E

Im Gegensatz zum Gegenüber untersuchte sie ihn eher weniger, analysierte weder Mimiken noch Gestiken, was eigentlich nicht schlau war, zumindest nicht wenn es sich um den Gegenüber nicht um ein Rudelmitglied hielt. Nicht jeder Wolf war friedlich gesinnt, dennoch war auch nicht jeder aggressive bösartig oder gleich Feind. Ihre Verwirrtheit aber musste auch auf ihn hinübergesprungen sein, wie ein Floh es machen würde. Ihre Aufmerksamkeit ruhte aber wieder auf ihm, ganz auf ihm, hatte sie sich fest fortgenommen. Sie rümpfte die Nase. Erneut.

“Das hoffe ich doch.”

Meinte sie kurz und knapp und ließ die spitzen Ohren leicht hängen, so als ob sie nicht daran glaubte dass es so war. Sie selber aber hatte wie gesagt den Gedanken schon abgelegt, der Alpha würde sicher nicht wegen zwei neuen Rudelmitgliedern verschwinden von denen er glaubt sie wären innerlich verdorben oder dergleichen. Es bedurfte einer Probezeit. Die hatten sie bekommen. Und das war gut. Keine Zeit für negative Gedanken. Ein Vorsatz der schon lange da war aber manchmal nicht eingehalten wurde. Und das war schlecht.

Sie hatte vielleicht erst einige Minuten bei dem Fremden verbracht, wurde sich aber bewusst dass er ihr gleich sympathisch war. Irgendwie.

“Ich weiß nicht. Aber ich glaub ich brauche keinen Grund um negativ zu denken, vielleicht habt ihr Recht. Es gibt sicher viiiiiiel mehr Gründe als mich und meine Freundin, dass er verschwunden ist.”

Sie klang ein wenig naiv in ihrer Wortwahl, wie sie selbst herausgefunden hatte. Ein wenig dahingerafft von dem Gedankenfluss in ihrem Kopf. Von den negativen Strömungen um sie herum. Leicht benebelt. Aber glücklich. Sie leckte sich über die Lefzen, hatte den Blick wieder vom Rüden abgewandt, nur ganz kurz, um wieder z uzen anderen Wölfen zu sehen. Vielleicht irrte sie, aber es waren jetzt sicher schon drei Wölfe. Und irgendwo waren noch welche, nicht Cél, zwei andere Wölfe. Junge Wölfe? Und sie kamen näher, ziemlich rasch, vielleicht suchte nie ebenfalls Zuflucht wie es einst sie und Cél gemacht hatten. Sie wollte schnellstmöglich wieder auf ihren Gegenüber zurück kommen.

“Vielleicht klingt das irgendwie boshaft, aber wenn er wegen uns verschwunden ist, dann muss er ziemlich schwach sein. Wobei diese Aussage töricht ist, denn ich kenne den Alpha nicht einmal. Nicht wirklich.”

Entgegnete sie noch beiläufig, hatte ihren vorletzten Satz als noch nicht vollendet betrachtet. Nun war es vollkommen. Sie lächelte zufrieden, irgendwo in den Schnee, diesmal nicht zum Wolf. Die Fähe lief irgendwo unbeirrt durch ihren Kopf hindurch. Das musste sie ändern. Auch wenn es ihr selbst nicht auffiel. Das während in ihr wirklich ein Funken Boshaftigkeit lauerte, tief versteckt, zwischen einem Geäst aus vermeintlicher Naivität. Nein, auch das war nicht gut. Sie hoffte inständig darin das mehr Gesellschaft ihr beibringen konnte was Cél nicht gekonnt hatte. Was ihr damaliges Rudel nicht gekonnt hatte weil sie zu rebellisch gewesen war. Vielleicht hatte man sie damals ja in den Kopf gebissen, wer weiß? Der Name des Fremden drang durch das Wirrwarr hindurch, wie ein Laubfeuer dass sich durch alles fraß was es bekommen konnte.

“Freut mich, Kház.”

Sie klang wieder emotionslos, aber dennoch war sie erfreut, war der Meinung in den ‘neuen’ eine Art Verbündeten zu finden, vielleicht wenn sie jemanden zum reden brauchen würde, wenn Cél nicht da war, so wie jetzt. Nun, jetzt wusste sie nicht mehr worüber sie hätte reden sollen. Vielleicht fand der Wolf ja ein Thema das ganz ansprechend war? Ihr Blick ging wieder ins Verwirrte, fast schon käme man auf die Idee sie würde einen Welpen imitieren wollen, der nicht wusste was es zu tun gab. Im Grund war das auch so. Nur das sie kein Welpe ist.

[nahe der Sommerhöhle /// Bei Kház]



B J A R T R

Irgendwie.. War hier was schiefgelaufen. War er selbst schief gelaufen, hatte sich gar verlaufen? Die Nacht hatte keine Klarheit gebracht, nicht wirklich, eher hatte sich die Verwirrung im Kopfe des Rüden zugespitzt, vermehrt, ein zügelloses Spiel mit seinen Gedanken getrieben. Zu allem Überfluss hatte er auch noch die Spur des Rabenwolfes verloren, fand die Fähe nicht mehr, die ihn zu den Menschen geführt hatte und ihm scheinbar das Leben erklärte. Mal ganz abgesehen von der hellen Fähe, die ihre Zweisamkeit gestört hatte und von der er sich rasch wieder abzuwenden suchte. Die Menschen, ein Thema für sich, sie waren weitergezogen, hatten Furcht bekommen vor den lauernden Schatten, der Kälte und Dunkelheit der tiefen Nacht nicht getraut und beim ersten Sonnenstrahl des Morgens das Weite gesucht. Ihre Hunde hatte des Nachts kein Auge zugemacht, denn die Wölfe zogen weiter ihre Kreise. Beobachteten. Lauerten. Engten die fremden Wesen ein und verschlossen jeden Fluchtweg. Nicht, dass sie eine ernsthafte Gefahr dargestellt hätten, aber das wussten ja die Menschen nicht. Dies war kein ungefährliches Spiel gewesen, suchte sich eingeengtes Wild doch auch mit den letzten Mitteln zu wehren. Zum Glück schienen die seltsamen Tiere auf ihren zwei Beinen eher friedlicher Natur und so kam es zu keinem ernsthaften Zwischenfall.

Stattdessen.. War die Schwarze verschwunden, hatte einen einsamen und weitestgehend orientierungslosen Bjartr zurückgelassen. Die ganze Nacht war er durch die Gegend geirrt, hatte ihre Spur jedoch nicht finden können. Er hätte seinem eigenen Pfad zurück zum Rudel folgen können, doch irgendwas hielt ihn davon ab. Er spürte eine Veränderung in der Luft, er fürchtete sich vor dem Unbekannten und ahnte einen neuen Geist im Herzen der Wölfe, von dem er selbst nicht besessen werden wollte. Also hielt er sich zurück, suchte seinen eigenen Weg, der ihn immer tiefer in das Unbekannte trieb. Alles schien gleich, die Ebene, auf der er sich bewegte, war schneebedeckt und selbst in der dunkelsten Nacht erleuchtete der helle Mond die weiße Decke und blendete den grauen Rüden. Immer wieder blieb er stehen und reckte den Kopf gen Himmel, um die Wolkenfetzen zu beobachten, die wie graue Gespenster vorbeizogen, sich auflösten und neue Formen bildeten. Ein, zweimal stieß er gar ein Heulen aus und glaubte, dadurch den Lauf der Wolken, vielleicht gar den Lauf der Dinge verändern zu können, in der Dunkelheit fühlte er sich mächtig, schnell und ungesehen, scheinbar an allen Orten gleichzeitig. Sein grauer Schatten, der das Revier erfüllte, unsichtbar für den Rest der Welt und doch spürbar, wenn man nur wollte.
So vertrieb sich Bjartr nun die Nacht, rast- und schlaflos – wann hatte er überhaupt das letzte Mal geschlafen? Es musste Tage her sein. Und an die letzte Mahlzeit konnte er sich auch nicht mehr erinnern. Die ersten Sonnenstrahlen, der helle Schweif am Horizont, das ließ Hoffnung in dem jungen Wolf aufkeimen und am Waldesrand trabte nun ein graues Wesen entlang, die Ohren gespitzt, die Rute erhoben, hier und da die Nase durch den tiefen Schnee schiebend. So stolzierend, fühlte er sich wie ein König. Der König der Baumgrenze, Gebieter über Wald und Flur, Schatten und Licht. Vielleicht sollte er einfach hier bleiben, diesen kleinen Streifen zu seinem Königreich ernennen, es würde sicher niemand merken.

Zuerst musste jedoch ein tiefgreifendes Problem gelöst werden, nämlich das des leeren Magens. Ein leerer Magen an sich mag vielleicht niemanden stören, viel weniger Ballast, den man mit sich herumtragen musste, aber wenn besagtes Organ bereits beginnt, sich zu winden vor Leere und lautstark nach Füllung zu schreien, dann sollte man sich doch endlich seinen Wünschen annehmen. Das hatte nun auch Bjartr vor, der sich ein Stück weit vom Wald entfernte und aufmerksam lauschend, die Nase tief am Boden über die dicke Schneeschicht schlich. Die Technik, die es nun anzuwenden gab, hatte er sich einst von einem Fuchs abgeguckt, überhaupt fühlte er sich den klugen Rotschöpfen sehr verbunden.

Vorsichtig traten seine Pfoten auf der weißen Decke auf, hinterließen zwar Abdrücke, ob seines niedrigen Gewichts und der großen Oberfläche jedoch keine sehr tiefen. Plötzlich verharrte er in der Bewegung, den linken Vorderlauf leicht angewinkelt, den Kopf zur Seite geneigt, die Rute erhoben. Regungslos starrte er auf einen Fleck, ca. anderthalb Meter vor sich, senkte den Kopf noch näher an den Untergrund, setzte die Pfote vorsichtig einen Schritt weiter vor. Langsam spannten sich die Muskeln des Rüden, zog er seine Hinterläufe näher, machte sich klein, krümmte den Rücken. Ein seltsamer Anblick, denn all dies schien in Zeitlupe zu geschehen, ehe der Graue mit einem plötzlichen Sprung von überraschender Gewandtheit in hohem Bogen nach vorne setzte und mit dem Kopf die Schneedecke durchbrach. Für einen Moment war nur noch das Hinterteil und wie wedelnde Rute des Wolfes zu sehen, ehe auch wieder Kopf und Nase sichtbar wurden, als sich Bjartr schnaufend aufrappelte. Der Fang war mager, aber immerhin, eine Maus befand sich zwischen seinen Zähnen. Das noch ein paar Mal am Tag wiederholen und zumindest für einen weiteren Tag leben, das war der Plan.
Sich nun einen Moment der Ruhe gönnend, legte er sich neben dem aufgewühlten Loch ab und kaute an seiner Beute, sie nicht sofort verschlingend, das musste schließlich eine Weile halten. Immer wieder versicherte er sich dabei mit Seitenblicken Richtung Wald und Ebene, dass er auch ungestört blieb oder nahende Störenfriede zumindest früh genug entdecken würde. Ein fernes Heulen ließ ihn flüchtig aufhorchen, das Rudel, ach richtig. Beinahe hätte er vergessen, dass er sich auf fremdem Boden befand und er nur als Gast geduldet war. Doch sollte er deshalb diesem Rufe folgen? Zumindest aufsetzen konnte man sich ja mal, ein Gähnen verlauten lassen, doch der Weg schien so unsagbar weit, seine Pfoten waren müde, sein Hunger durch die Maus noch lange nicht gestillt. Vielleicht später, sonst konnte er den Spuren der Wölfe auch immer noch folgen.

Doch da? Neues tat sich auf, am Waldrand, ein quietschendes Geräusch, was konnte das sein? Mit einem Satz war der Graue wieder auf den Pfoten, starrte mit gespitzten Ohren in die gewiesene Richtung und erblickte.. Zwei helle Punkte. Naja, etwas größer als Punkte, eher Fellbündel. Ob diese fressbar waren? Auf jeden Fall deutlich kleiner, als er selbst, auch wenn ihm ein sachter Windstoß verriet, dass es sich um Wölfe handeln musste. Komisch, warum waren sie so klein? Mit tänzelnden Schritten machte er sich auf, die Kleinen näher in Augenschein zu nehmen, schaffte keinen geraden Pfad zu finden, sondern bewegte sich eher in schlängelnden Linien auf sie zu, den Kopf zur Seite geneigt und leicht gesenkt, die Rute dafür etwas höher erhoben. Keine typische Haltung, aber Bjartr war auch nach wie vor nicht der typische Wolf, kannte die sozialen Regeln nicht, hatte sich seine eigene Körpersprache zugelegt. Je näher er kam, desto mehr sank seine Hoffnung, dass die beiden als Nahrung dienen könnten. An denen war doch nichts dran. Also wurden sie stattdessen mit einem heiseren Wuffen gegrüßt, auf sich aufmerksam gemacht, während er sich abwechselnd fixierte und wieder den Blick schweifen ließ, ehe er sie schließlich erreichte. Keine sehr lange Aufmerksamkeitsspanne.

[Am Waldrand || die beiden Jungwölfe erreicht]



N O U R I

Bumm. Bumm. Bumm.
Sie hört ihren Herzschlag.
Bumm. Bumm. Bumm.
Weich, gleichmäßig, stark.
Bumm. Bumm. Bumm.
Diesmal schallte er ihr nicht in den Ohren, wie damals, als sie lief, als sie flüchtete, als sie rannte, im Versuch vor etwas zu entfliehen, das sie nicht zu definieren vermochte.
Bumm. Bumm. Bumm.
Und sie wusste, alles war gut.

Das Gefühl der Sicherheit hatte sie eingenommen, so sanft und doch feste, dass sie nicht anders konnte, als ein wohliges Summen aus ihrem Brustkorb hervorzubringen – und das ohne dass sie die Kiefer voneinander trennte. Immer noch lag sie sehr dicht bei dem Rüden, welcher sie nun Leiten sollte. Der, dem sie die Verantwortung übergeben hatte, in der Hoffnung, er würde sie an sich nehmen.
Der Eiskönig, der für andere vielleicht nicht gerade als Alphatier in Frage gekommen wäre. Und das lag nicht an seiner psychischen Zurechnungsfähigkeit, sondern der Tatsache, dass auch Wölfe so berechnend sein konnten, und Invalide im Wert hinabsetzten.
Sie hatte nie einen Unterschied dazwischen gemacht, dass der Helle einen Lauf weniger besaß, als die übrigen Rudelmitglieder. Sie hatte ihn deswegen nicht angestarrt, und nie hatte sie es gewagt Fragen zu stellen. Nicht, dass es sie nicht interessieren würde, was geschehen war, wenn er ihr es sagen würde, sondern aus dem Grund, dass sie es als eine Unverschämtheit empfand, jemandem so auf den Zahn zu fühlen, und womöglich in Wunden zu bohren, die noch lange nicht verheilt waren. Ihr war bekannt, dass er mit seiner Schwester in das Revier gekommen war.
Allerdings hatte sie keinen Schimmer davon, was die beiden hergebracht hatte. Sie war nicht über die Geschichte der beiden informiert, und hatte sich auch dafür entschieden, dass es sie nichts anging, wenn er nicht das Bedürfnis bekam, das Vergangene in Gespräch aufzuarbeiten.
Sie war niemand, der in dem früheren Leben anderer rumstocherte. Sie nahm beinahe jeden an, der bei ihr nach Hilfe fragte, und gab sie, ohne den Namen zu wissen, ohne dass derjenige etwas über seine Herkunft Preis gab.
Denn sie kannte es von sich selber, wie lästig es sein konnte, wenn andere es gut meinten, aber ihr damit nur noch mehr wehtaten, und nicht einfach das leisteten, was gerade nötig war: Halt.

Sie war froh, dass Ikeru nie unnötig nachfragte, sondern hinnahm. Er war jemand, den sie mochte, da er auf seine besondere Art und Weise anders war.
Weil er ihr das Gefühl der Sicherheit gab, ohne dass sie eine Gegenleistung brachte.

» Große Worte für jemanden, der die Ohren nicht aufrecht hält. «

Sie schmunzelte unwillkürlich, während sie wie er in die ferne Umgebung guckte, und ein spitzbübischer Ausdruck lag in ihren Augen. Der Schalk kitzelte sie. Es war schön, dass man in seiner Nähe seinen Kummer heraushängen lassen konnte. Und noch angenehmer war es, dass sie bei ihm dann ruhiger wurde.
Es war gut, ihn als Alpha gewählt zu haben – sie fühlte sich wiederholt von sich selbst bestätigt.

» Aufrechte Haltung, strammer Gang, starker Blick. «

Wäre es ihr möglich gewesen, hätte sie gelächelt. Er sollte sich in ihrer Anwesenheit ebenso überlegen geben, wie er es als Alpha allen anderen gegenüber auch zu tun angeregt war. Mochte ja sein, dass es schnell geschehen war, und sie als Betawölfin nur kurz unter ihm stand. Trotzdem war sie nicht mehr die Alphafähe, und auch, wenn er ihr gerne seine Freundschaft zeigen konnte, sie verlangte mit leicht neckischer, aber ernst gemeinter Stimme, dass er sie nicht hinaufstufte.

» Ich weiß, dass du das kannst. Ich weiß, dass ich das kann. Das wir beide das können. «

Sie legte eine kurze Pause ein.

» Schatten kommen, Schatten gehen. Du hast Recht, es ist wichtig ein Auge darauf behalten. Ich lieber beide. Irgendwas ist nicht richtig. «

Es fiel ihr schwer zu sagen, was das war. Sie konnte es nicht definieren. Das war das Problem.

» Misstrauen. «

Ein einziges Wort. Ja, sie misstraute vielem in dieser Welt. Einigem vom Instinkt her, vielem auch deswegen, weil sie ein wenig introvertierter war und so ihre Geschichte besaß, wie jede Kreatur auf Erden.
Kurz versank sie in Gedanken. Horchte dann auf, stupste ihn zart an, nachdem er ihr die Schnauze geleckt hatte.

» Was suchst du im Himmel, Eiskönig? «

Sie schleckte sich über die Lefzen.

» Erkenntnis? «

Wieder eine Art Schmunzeln. Kurz schaute sie zu ihm, dann auch zum Himmel, wo sein Blick kurz zuvor verweilt hatte.

Auf die warten wir schon so lange… Doch ich glaube, dass die Sonne sie uns verwehrt, bis wir das letzte Mal gen Firmament blicken. Am Ende sind wir immer schlauer. Davor tappen wir im Dunkeln herum: unsicher, Entscheidungszwang im Nacken, Angst vor dem, was kommen könnte. Aber sich nicht in die Finsternis zu wagen, bringt einem nichts. Man verweilt an Ort und Stelle und wird irgendwann kläglich verhungern, oder an Einsamkeit eingehen. Wer sich allerdings traut, mit der Gewissheit, dass er Vertraute an seiner Seite hat, die ihn stützen, wird auch durch die tiefste Nacht wandern können. Vielleicht nicht sicher, aber immer mit Klarheit, dass er das nicht alleine durchstehen muss. «

Ihr war klar, dass sie wieder verstummen würde, tauchten die anderen Wölfe auf. Aber die wenigen Minuten, die sie mit dem neuen Alpha alleine verbringen konnte, würde sie ausnutzen. Mit ruhiger, freundlicher, mal nicht deprimierender Stimme redete sie mit ihm. Um ihm zu sagen, dass es gut war, wie es war, und dass sie das überstehen würde. Die Aufgabe eines Alphas war machbar. Und sie würde ihn nicht im Dunkeln verkümmern lassen. Sie würde ihm bis ins Licht folgen. Immer und immer wieder.

» Auch die schwärzeste Nacht wird einmal zum Tag. «

Sie rieb ihren Kopf an seinem linken Forderlauf, nach wie vor an seiner Seite liegen. Dort, wo ihm das Hinterbein fehlte, links.
Sie würde es ihm ersetzen, und stützen, sodass er sicher Laufen konnte.
Loyal und verlässlich, wie sie es bei ihrem Bruder gewesen war. Bei Helligkeit, und auch bei Dunkelheit.

Denn er war kein Invalider in der Weise, wie viele dachten. Ihm fehlte womöglich was, und trotzdem besaß er viel mehr, als es andere taten: ein Kämpferherz.

Die Graue blinzelte, als sie den Dunklen auf die Höhle zukommen sah. Sie starrte ihn an und blieb so liegen, wie sie war - womöglich konnte Ikeru merken, wie sich ihre Muskeln an seiner Seite anspannten. Die Begegnung mit dem Dunklen war ihr noch ziemlich deutlich in Erinnerung, arg unangenehm, und etwas, das sie am Liebsten überging. Ebenso wie Acean wartete sie auf eine Reaktion, und zwang sich, normal zu Atmen.

[An der Sommerhöhle | Ikeru & Acean - tut mir Leid, dass der Text irgendwie Panne ist xD]

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Winter 1874 I Vide
BeitragThema: Re: Winter 1874 I   Winter 1874 I Icon_minitimeSo Nov 21, 2010 1:07 am


K H A Z

Ihm viel auf, dass sie häufig die Nase rümpfte. Anstatt sich zu wundern, ob sie irgendetwas, gar ihn, irgendwie abstoßend fand, amüsierte er sich darüber und fragte sich, ob es ein Tick war, und ob es da bei ihr noch mehr dergleichen gab. Es geschah ihm öfter, dass er diese merkwürdigen Gedanken spann, wie kleine Tierchen ihre Netze: sehr verwebt, für Außenstehende womöglich ohne Zusammenhang grob gezimmert und wild zusammengeworfen. Wenn man sich das Ganze aber näher betrachtete, wurden zwar einige seltsame Verknüpfungen deutlich, allerdings gab es da auch Strukturen.
Sie waren eben nur für Kenner sichtbar.
Und solche gab es in diesem Rudel nicht.

Niemand kannte ihn. Er war über die Berge gekommen, stammte weder von einem der angrenzenden Rudel ab, noch hatte er irgendwen, dessen Herkunft seiner Geburtsstelle nahe war. Ebenso wusste niemand mehr als seinen Namen, und dass er der geborene Omegawolf war. Im Grunde gab es dort auch nicht mehr zu wissen: er war ein relativ gewöhnlicher Wolf, mit gewöhnlichen Fähigkeiten und Gewohnheiten.
Es war ihm egal, dass sich keiner für ihn interessierte und Dinge über ihn herausfinden wollte. Es genügte ihm vollkommen, dass er überhaupt Gesellschaft genießen konnte – denn die war für ihn das höchste Gut. Andere, die sich in seiner Nähe aufhielten und ihm das Gefühl von Gruppe und Gemeinschaft gaben – selbst, wenn er nicht richtig darin integriert war.
Er vermutete, dass es so einige Wölfe gab, welche in relativ losen Verbindungen hier lebten. Der harte Kern aus dem Alphawolf, welcher nun verschwunden war, seiner Schwester und den Betatieren schien die engste gewesen zu sein. Gerne wollte er dazugehören, störte sich aber auch nicht daran, wenn sie ihn nicht sonderlich beachteten. Er zählte sich einfach dazu.
Und er glaubte, dass sich irgendwann auch mal die anderen aus ihren Kokons wagen würden, alle näher zusammenrücken, und sie aus vielen kleinen Teilen ein Mosaik formen würden, was im Großen und Ganzen ein hübsches Bild ergab, welches man bestaunen konnte.

Das mochte naiv klingen, doch er hielt daran fest. Negatives Denken, Zweckspessimismus oder generelle schlechte Voraussichten schob er irgendwo tief in seinen Hinterkopf. Er wollte davon nichts wissen. Was war das für ein Leben, wenn man nicht ein wenig Licht dort hineinleuchten ließ?
So schaute er die helle Wölfin an, und erneut wedelte die Rutenspitze etwas hin und her. Sie schien auf eine seltsame Weise niedergeschlagen zu sein – nicht so, wie es gewöhnlich jemand war. Er konnte es nicht beschreiben. Es erschien ihm nicht wie das typische Traurigsein, denn mit eben diesem fand man sich nicht ab. Auf ihn machte sie den eigenartigen Eindruck sich mit etwas abzufinden.
In welcher Situation mochte sie sein, dass solche Gefühle sich ihres Herzens bemächtigten?

"Ach, ich glaube wirklich, dass es eher an etwas anderem gelegen hat."

, versuchte er sie zu bestätigen. Es war nicht ihre Schuld. Gewiss nicht.
Damit wollte er sie nicht umstimmen, sondern eher ein wenig ermuntern. Jemand, der pessimistisch war, der musste selbst aus seinem Loch kriechen. Davon war der Sandbraune überzeugt. Lediglich ein wenig Hilfe konnte man leisten – gute Zusprüche und vielleicht eine helfende Hand*, die sie hielt und etwas ziehen konnte. Aber wer sich komplett hängen ließ, der konnte auch nicht von jemand anderem aus der Tiefe geborgen werden.
Selbsthilfe war auch wichtig.

"Töricht als Aussage? Als Vermutung nicht, würde ich sagen. Es muss ja nicht wahr sein."

, erwiderte er, und schnippte die übergroßen Fuchsohren zu ihr. Die warmen Haselnussaugen betrachteten sie.

"Aber wenigstens machst du dir Gedanken darüber – ich schätze es gibt genügend andere, die das nicht interessiert. Und das wäre töricht, denn immerhin geht es mit einem Alphawolf nicht nur im die Leitung eines Rudels, sondern auch um die Sicherheit eines Reviers. Und diese betrifft alle, welchen in eben diesem anwesend sind: dich, mich und alle anderen, welche sich vielleicht nicht mal darum scheren."

Er gab ein fröhliches Fipsen von sich. Sie schien irgendwie zufriedener mit sich zu sein. Sicherlich nicht durch sein Zutun, aber durch ihre Gedanken. Das erfreute ihn, denn er mochte es nicht, wenn andere sich zu viel Kummer machten – besonders, wenn sie sich eben diesen selber zuschrieben.

"Womöglich scheint es dann einen neuen Alphawolf zu geben, welcher sich seiner Aufgabe bewusst ist und dessen Auftreten von Stärke zeugt. Das werden wir schnell herausfinden, wenn wir dorthin gehen."

Sprach er (obwohl er Kenáo für kompetent gehalten hatte. Jedoch wusste auch er über ihn zu wenig) – aber bewegte sich nicht vom Fleck. Er unterhielt sich gerade so gut mit ihr. Solange sie keine Anzeichen von Langeweile machte, oder selbst aktiv wurde und zur Höhle ging, sah er keinen Sinn darin, sich zu den anderen zu gesellen – er wollte es nicht, obwohl er wusste, dass er sollte. Schließlich hatte der Alphawolf gerufen. Aber wenn sie jetzt gingen, dann wäre jede Unterhaltung wieder zerbrochen. Er wusste es. Das war häufig so: sobald man in Gesellschaft kam, klang der Redeschwall ab.
Man sah ihm an, dass er hin- und her gerissen war.

"Ganz ehrlich: in mir sträubt es nicht, ich will nicht gehen."

Es war besser, dass offen zuzugeben. Dann würde er sich nicht so dumm vorkommen, wenn das Gespräch verebbte, und sie wüsste, dass es durchaus nicht an ihr lag.

"Nur schätze ich, wir sollten uns langsam auf den Weg machen."

Er schaute sie an, und ein schelmisches Funkeln blitzte in seinen Augen auf.

"Dennoch… vielleicht läuft uns ja noch was über den weg, und verleitet zum Trödeln. Ich meine, ich hätte da irgendwo einen Hasen gesehen."

Lüge. Eindeutig. Aber mit Humor gesagt, um deutlich zu machen: man kann ja langsamer sein. Die Fünf Minuten würden sie auch noch ohne die beiden auskommen.

[in der Nähe der Sommerhöhle | Sóke | * das konnte man schlecht anders beschreiben]



Z Á N M E I Í R

Zán's Pfoten hämmerten über den Schneebedeckten Boden, vor ihm hetzte ein Kaninchen um sein Leben aber der Junge Rüde holte auf. Beflügelt von der Kraft des Raben. Corvinus drängte Zán's Bewusstsein zurück und übernahm die Kontrolle. Zán spürte noch den Wind der ihm in den Ohren grollte und ihm ins Fell biss, dann war sein Gefühl fort und er war nur noch Beobachter seines eigenen Körpers. Er sah wie Corvinus dem Kaninchen hinterhersprang. Er glaubte den Todesschrei zu hören als sich Corvinus' -seine- Zähne in den Nacken des Tieres bohrten und er wusste dass Corvinus im Gegensatz zu ihm selbst, nicht aus Hunger getötet hatte. Obwohl Zán in seiner Beobachterposition noch wusste, dass er Hunger hatte, war ihm auch klar, dass Corvinus seinen Körper dominierte und er keine eigene Meinung hatte. Zu lange schon waren sie eins. Seine Mutter hatte es von anfang an gespürt. Und ihm erzählt warum sie es wusste. Corvinus sei ihr älterer Bruder gewesen. Er habe sie alle verflucht als er verbannt wurde, weil er gegen die Rudelgesetze verstoßen hatte und er hatte ihnen allen nach dem Fluch geschworen, dass seine Seele ihnen niemals Ruhe schenken würde. Aber dass sie einen Welpen besetzte, hätte niemand gedacht. Er wusste, dass Corvinus in eben diesem Moment die Beute -seine Beute- zerfetzte. Er wusste dass Fleisch und Fellfetzen durch die Luft flogen aber Corvinus' Seele blockte Zán's Protest ab als wäre es Nichts. Er hatte noch nie eine Chance gegen den Parasiten gehabt. Denn das und nichts anderes war Corvinus. Ein Parasit seines Körpers- Wild und unberechenbar. Aller Protest war machtlos gegen die Furchtbare Seele des anderen. Zán ergab sich seiner Verdrängung. Bald würde Corvinus weichen und Zán Bewusstlos allein lassen, während Das Gift des Raben in den Abgründen seiner selbst schlummerte. Der Rabe war unbesiegbar und irgendwann würde seine finstere Kraft Zán vollständig verdrängen und seinen Körper an sich reißen. Und vor dem Tag hatte der Jungwolf Angst, denn dann würde er verlieren und sterben auch wenn sein Körper weiterlebte. Doch drohen konnte er Corvinus nicht. Der Parasit kannte seine Gedanken und wusste von Zán's Angst. Er unterdrückte ihn.

Corvinus war nicht zufrieden, der Hase war eine zu leichte Beute gewesen und sein Schrei in Todesqual zu leise. Also machte er sich auf um nach etwas anderem zu suchen. Und er fand etwas. Einen Mageren Luchs. Perfekt. Mit den selbstsicheren Bewegungen eines Kriegers und der Schlauheit die den Wölfen zu Eigen war, ging er auf die abgemagerte Luchsin los und kämpfte mit ihr. Es machte keinen Spaß sie nur zu töten. Auch wenn sie von vorneherein keine Chance gegen den gut genährten Rüden gehabt hatte. Corvinus bohrte seine Fänge in den knochigen Rücken der Katze und drückte sie zu Boden während Zán ihn still anflehte sie zu verschonen, aber wie immer wurde sein Protest ignoriert. Zán fluchte und Corvinus Gelächter flutete seine Gedanken. Vor ihm im Schnee blutete der Körper der Luchsin langsam aus. Das Blut sickerte um die Pfoten des Rüden herum in den Schnee und färbte ihn rot. Der Krieger schob seinen Geist ein wenig zur Seite um Zán die Möglichkeit zu lassen, zuzusehen.

oO [Siehst du? Ihr Blut ist Rot wie deines. Aber im Gegensatz zu dir ist sie eine unwürdige Gegnerin gewesen. Denn im Gegensatz zu dir ist sie allein] Oo

Corvinus lachte und ließ es zu, dass Zán zusah wie er die Katze zerfleischte. Er riss ihren Bauch auf und sah zu wie sie sich selbst entleerte. Blut befleckte die hellen Lefzen des Jungwolfes, der gerade keiner war. Und als die Katze ausgeblutet & ausgeweidet dalag und ihre Augen im Tod erstarrt zum Himmel blickten, ließ Corvinus den Jungen Rüden allein. Eine eisige Kälte übermannte Zán und riss ihm die Pfoten unterm Körper weg. Zán sackte kraftlos in den Schnee und blieb neben dem Kadaver des Luchses liegen, den Kopf auf den Pfoten. Die Augen schlossen sich und der Rüde verlor langsam das Bewusstsein. Dunkelheit empfing ihn wie jedesmal zuvor und riss ihn hinab. Es war wie ein Strudel der ihn in einem tiefen Teich runterzog und ihn unter Wasser zog. Er wehrte sich nicht, es hatte keinen Zweck und er war jedesmal danach gut erholt und hatte eine Weile nichts vor Corvinus zu befürchten. Er ließ die Ohnmacht zu und alles versank in Dunkelheit. Der Rabe legte die Flügel an und glättete seine Federn. Seine dunklen Augen funkelten tückisch. Dann verlor Zán endgültig das Bewusstsein.

[irgendwo auf einer verschneiten Ebene nahe des Reviers l allein]



I K E R U

Eine Sekunde der Stille, in der nur Nouris Wärme verriet, dass sie da war, ließ sich Ikeru wieder von Gedanken durchströmt ablenken.
Seit Min Thi gestorben war hatte er viel Zeit gehabt. Zeit, in der er gelernt hatte, wie man sich in seinen Gedanken verliert. Er hatte gelernt, dass man sich leicht in Gedankenströmen verlieren konnte, die einen fernab der Realität führten. Ikeru hatte es als gut bewertet und zugelassen, dass er oft seinem Körper entwich und eine Reise mit dem Geist antrat. Eine Reise in seine Gedanken, die ihm von dem ablenkten, dass ihn bedrückte. Ein behilfliches Gut, wenn man vergessen wollte, was war.
Es hatte dem weißen Rüden dabei geholfen zu verdrängen, was seiner Schwester geschehen war. Auch, wenn es weniger geholfen hatte mit den Anderen Wölfen des Rudels zu kommunizieren, so war er doch Teil des Ganzen geworden. Teil einer Art Familie, die sich selbst nicht kannte.

Familie.
Ein Wort, das eine lange Zeit keinerlei Bedeutung für ihn gehabt hatte. Ein Wort, dass fast in Vergessenheit geraten war.
Nun jedoch führten die Pfade zurück zu seinem ehemaligen Rudel. Seinem Geburtsrudel. Seinen Eltern.
Seiner Familie.
Er fragte sich, ob es seinen Eltern gut ging. Waren noch alle anderen Welpen, die zusammen mit ihm im Wurf gelegen hatten am leben? Ging es ihnen gut? Waren seine eigenen Eltern noch immer die Alphawölfe? Der Weiße glaubte es nicht. Immerhin waren sie alle schon älter, als er selbst es war. Sein Vater, Kageshirou, war immerhin schon in etwa acht Jahre alt. Ein beträchtliches Alter für einen Rüden seiner Art. Ein Draufgänger, der viele Risiken einging. Zu viele, wie man meinen konnte.
Noella, Ikerus Mutter, lebte noch. Das wusste, oder hoffte er. Er glaubte, dass er spüren würde, wenn ihr Leben zur Neige ging, denn wenn es je einen Wolf gegeben hatte, dem der Rüde näher war als seiner Schwester Min Thi, dann war es seine Mutter gewesen.

Nouris Frage, was er im Himmel suchte, ließ ihn zusammen zucken.
Wiedereinmal schallte er sich selbst dafür so abwesend zu sein. Er musste es ändern, wenn er seinen Rang behalten wollte.

» Ich suche nichts. «

Eine Pause. Wieder wanderte sein Blick gen Himmel, beobachtete, wie ein Sonnenstrahl durch das Wolkenwerk gelang. Das Licht zerbarst auf der glatten Schneefläche und blendete grell.

» Die Sonne und die Wolken sind in einen ewigen Kampf verstrickt. Die Sonnenstrahlen sind gütig und spenden dem Leben hier auf Erden ein angenehmes, warmes Gefühl. Sie sorgen für Frohmut und verkörpern die Hoffnung. Die Wolken wollen jedoch verhindern, dass es uns warm ums Herz wird. Nein, sie sind nicht böse, doch sie sorgen dafür, dass wir uns nach etwas sehnen, dass wir nicht nur Gutes erfahren, denn ohne das Böse, das Kalte, dass bekämpft, was uns glücklich macht, gäbe es kein Gutes. «

Eine weitere Pause folgte, in der es dem Rüden gelang dem Gedankenstrom zu entwischen, so dass er nicht wieder von ihm gefangen war. Die Worte, die er Nouri gewidmet hatten, hatten etwas an sich, dass nach einer Stille verlangte, in der sie Revue passierten. Es war vonnöten sie zu überdenken um zu verstehen, was sie tatsächlich bedeuteten. Ikeru wollte nicht wiederholen, nicht erläutern, was er von sich gegeben hatte, deshalb hoffte er, dass Nouri verstanden hatte.
Es dauerte, bis auch der Weiße den Rüden bemerkte, der etwas unterhalb der Höhle lag und sich in den Schnee gelegt hatte. Weitere Sekunden verstrichen, bis er verstand, dass es Acean war, den er sah. Ikeru hatte nie wirklich mit ihm zu tun gehabt, aber dennoch war er froh, das wenigstens einer bisher seinem Ruf gefolgt war.

Ein Geräusch, dass dem Bellen eines Hundes nahe kam, forderte Acean dazu auf näher zu kommen. Sollte er es ihm gleich sagen? Sollte er es jedem Rudelwolf einzeln sagen? Acean. Gehörte er überhaupt zum Rudel, oder war er einer der vielen Wanderer, der durch das Tal der Schicksalstänzer kam?
Ein hilfloses Winseln entglitt ihm. Am liebsten hätte er Nouri gefragt, was er tun sollte, doch er wollte nicht auf ihre Hilfe angewiesen sein. Deshalb wartete er ab.
Eine schlechte Strategie.

[ bei Nouri und Acean | an der Sommerhöhle ]



C É L A Y A

In den letzten Tagen hatte die Fähe viel geschlafen.
Vollkommen erschöpft war sie ins Rudel gekommen und es hatte lange Zeit gebraucht, bis sie sich wieder erholt hatte. Letztendlich, an dem heutigen Tag, hatte sie jedoch die Sommerhöhle verlassen, um das Revier zu erkunden, in dem sie vorerst untergekommen war.
Es war schön hier. Das war etwas, was sich schnell heraus gestellt hatte, obwohl sie noch nicht allzu lang umher streunte. Die Landschaft war so gut wie eben mäßig mit Schnee überdeckt und die kahlen Bäume fügten sich in den Grautönen gut darin ein. Nur die Nadelbäume zeigten noch immer ihre grüne Pracht, die hier und dort mit Weiß überdeckt war. Ein schneeweißes Paradies.
Die Reviergrenze war nah. Célaya spürte, dass der Geruch von Kenáo und Nouri nachließ und der der Wildnis zunahm. Unsicher, ob sie weitergehen sollte, hob sie die Nase in den Wind und forschte, ob ihr außerhalb der Grenzen Gefahr im Sinne von anderen Rudeln drohte.

Die Fährte eines einzigen fremden Wolfs war zu vernehmen. Gleichzeitig schwang der beißende, rostige Geruch von Blut mit.
Unruhe, ein selten erkanntes Gefühl schwang in der Braunen auf. Es war nicht so, dass sie sich fürchtete. Nein, sie lebte in dem stetigen Glauben, dass ihr nichts passieren würde. Dennoch machte sie sich Sorgen. Sie hatte von dem Alpharüden gehört. Von Kenáo, der plötzlich verschwunden war. Doch... nein, dies war nicht sein Geruch, sondern der eines wahrhaftig Fremden. Der Duft des Rudels klebte noch nicht an ihm.
Zögern setzte sie ihren Weg fort und schnell lag die Grenze des Reviers hinter ihr und sie befand sich wieder auf freiem Land. Im Stillen versprach sie nicht allzu lang weg zu bleiben. Entfernt erklang der Ruf eines ihr fremden Wolfs. Er verwies sie darauf, dass es etwas wichtiges gab. An der Rudelhöhle. Der Alphawolf würde sprechen. Kenáo? Das würde eine Auflockerung der Klimas der Schicksalstänzer verheißen. Dennoch, sie würde erst herausfinden, was hier draußen war und dann zur Sommerhöhle zurückkehren. Vielleicht war das, was sie hier fand wichtig.

Bald erspähte Célaya die Luchsin, die in ihrer eigenen Blutlache vollkommen zerfetzt am Boden lag. Er danach fiel ihr auch der Körper des jungen Wolfs auf, der direkt daneben regungslos ruhte.
War er tot?
Mit wenigen Sätzen sprang sie hinüber zu dem Fremden und beugte sich hinab. Sein Atem war zu vernehmen, doch er schien fern des Diesseits zu sein.
Ihre Schnauze berührte seinen Bauch, tippte wieder und wieder dagegen, in der Hoffnung, dass der Wolf sich regen würde. Sie blieb still, aber ging nicht. Das kleine Wesen wollte sie hier draußen nicht allein lassen. Er schien zu jung, um ein so wildes Leben zu fristen.
Mitnehmen würde sie ihn. Mitnehmen zur Sommerhöhle.

[ Bei Zán | an der Reviergrenze ]



Z Á N M E I Í R

Normalerweise hätte der Rabe ihn in dem Teich der Bewusstlosigkeit gelassen aber das stetige Stupsen gegen seinen Bauch weckte den Raben und er flüsterte mit fauchender Stimme Flüche in Zán’s Gedanken. Zán der immer noch nicht wirklich bei Bewusstsein war, konnte seine Gedanken nicht verschließen.

oO [ Sieh nur Zán, Du hast Besuch. Soll ich sie für dich töten? Denn bestimmt weckt sie uns nur damit sie dich demütigen kann.] Oo

Der Junge Rüde winselte leise und flüsterte vor sich hin. Ihm war nicht bewusst dass er laut sprach, so dass die Fähe ihn hören konnte

“Nein…nein Corvinus..das glaub ich dir nicht“

Aber der Krieger in ihm lachte nur spöttisch und zwang den jüngeren seine Augen zu öffnen. Zán war gezwungen das zu tun was Corvinus verlangte. So sah er die Fähe von unten herauf an. Sie war braun. Zán schauderte als er die schmeichelnde Stimme des Raben durch seine Gedanken wispern hörte. Sie wollte ihn necken. Corvinus wollte ihn verführen die Fähe zu töten. Wie er die Luchsin getötet hatte. Sein warmer Atem ließ den Schnee leicht antauen aber nicht genug um ihn zu schmelzen. Corvinus‘ raues Gelächter saß ihm im Nacken und er baute Mühsam eine Mauer um seine Gedanken damit der Krieger nichts mitbekam von dem was Zán nun tat

“Fliehe… bitte. Ich will nicht dass er dir wehtut. Er kommt bald zurück“

Flehte der Jungwolf die Braune an und hoffte sie würde auf ihn hören, auch wenn er wusste dass sie es nicht tun würde. Die meisten Wölfe waren naiv genug, zu glauben sie könnten es mit dem Raben aufnehmen. Aber das konnten sie nicht. Keiner könnte das. Denn der Rabe war so unsterblich wie sein Fluch.

[neben dem Toten Luchs & Célaya l außerhalb des Reviers]



S Ó K E

Diesmal hatte sie sich nicht vom Gegenüber abgewandt. Das passierte recht selten. Sie schwirrte mal hier, mal da, in einer komischen Traumwelt, wenn man das so sagen konnte. Keineswegs weil ihr langweilig war. Sie war lediglich ein geduldloses Etwas, und diese negative Eigenschaft hatte ihr wohl damals das heutige Leben beschert, welches sie tief in sich lebte. Trotzdem würde sie nicht sagen sie hätte etwas geändert, an der Situation damals, an dieser jetzt, und überhaupt. Es war gut, wie es ist. Kház schien eine positive Energie auszustrahlen. Sie tat es ihm gleich, und fiepte leise.

Seine Worte hatten sie darin bestärkt nicht länger an dem Gedanken festzuhalten, dass der Alpha wegen Ihnen gegangen war. Kurzzeitig spielte sie mit den Ohren und blickte am braunen vorbei, in die Sommerhöhle, dann an dieser vorbei. Die anderen Wölfe hatten sich noch immer nicht vom Fleck bewegt. Das ließ sie zweifeln ob es wirklich Zeit zum Aufbruch war, wie Kház glaubte, meinte, sagte. Dennoch verzichtete sie darauf erneut ihre Zweifel kund zu tun, und zog es vor ihm einfach zu glauben. Dennoch war auch er nicht recht davon begeistert jetzt los zu müssen. Das bestärkte sie hingegen wieder. Sie war nicht allein.

“Ich auch nicht.”

Sie hinterließ ein Lächeln das man mit Glaubwürdigkeit übergossen hatte, ehe es zum Vorschein gekommen war. Es war ein gutes Gefühl zu wissen dass die beiden so gut miteinander auskamen, wie gesagt, sie war nicht allein, und obwohl das hier jetzt nur ein paar Minuten einer Konversation waren, die erst am Anfang steht, so war sie bereits so naiv ihn als Art ‚Freund‘ zu betrachten. So wie Cél. Die Fähe war auch aufgetaucht, irgendwo, noch weiter weg, und nur schwach zu wittern. Aber sie schien im Angesichts Kházuns eher unwichtig, zudem würden sie sich sowieso alle bald wieder sehen, im Kreise des Rudels des ‘fast‘ ganzen Rudels. Sie hob ihr Haupt und ließ den Blick wieder schnell zu Kházun wandern. Ein Hase? Sie hatte einen Moment gebraucht um sich wieder zu ordnen.

“Wo? Wo denn?!!”

Sie sah sich hektisch um, achtete dabei nicht einmal darauf, dass sie nichts witterte. Das musste amüsant aussehen, vor ihrem Gegenüber, der vermutlich humorvoller war als sie es je sein konnte. Sie hatte seine humorvolle Lüge erst jetzt bemerken können, nahm es dennoch gelassen und winselte eher gespielt vor sich hin.

“Es ist schade dass er nicht existiert, dieser Hase mein ich.”

Das war bedauernswert. Für einen Bruchteil einer Sekunde sah sie wieder gen Boden, dann wieder zu ihm, die Ohren zuckten nervös, zugleich auch freudig, irgendwie. Sie visierte erneut ihren Gegenüber an.

“Lassen wir uns Zeit, und gehen zusammen.”

Schlug sie vor.

“Gaaanz langsam.”

Sie wollte ihm den Vortritt lassen, zumal sie wie gesagt sich die Peinlichkeit erspare wollte, ertappt zu werden, dass sie keinen Schimmer von einem Ruf hatte. Sie war zu abwesend gewesen, irgendwo in ihren Gedanken, wie meist, oder zu inkompetent, zuzuhören, was dann doch eher weniger der Fall, was selbst sie von sich behauptet hätte. Jetzt hatte sie schon einmal einen guten Eindruck machen können, in mitten dieses leistungsstarken Rudels, so wollte sie ihn auch beibehalten. Sollte alles scheitern, so konnte sie immer noch auf Cél hoffen. Das war seit sie denken konnte so. Schon damals, als sie sich gegen den Alpha aufgelehnt hatte und ehrlich gesagt nicht mit Konsequenzen wie diesen gerechnet hatte, auch nicht mit der Unterstützung ihrer Freundin, die dafür hatte büßen musste, und genau wie sie verschwinden musste. ‘Das war ein inkompetenter und intoleranter Wolf, der nicht duldet, dass eine junge Fähe nach Aufmerksamkeit brüllt. Sie sind alle inkompetent und intolerant.’. Dies versuchte sie sich zumindest einzureden. Dabei konnte man sich streiten ob das richtig war oder nicht.
Der Entschluss doch einfach voraus zu laufen packte sie eher spontan.
Ohne Hektik schritt sie an ihm vorbei, kam dann jedoch wieder zum Stillstand, drehte den Kopf nur ein wenig, bis sie ihn sehen konnte, ein wenig mit der Erwartung dass auch er sich in Bewegung setze.


"Warum bist du hier?"


Es war fraglich ob Er diese Frage verstehen würde, da sie das Rudel nicht in Betracht gezogen hatte. Die Frage konnte allgemein gehalten sein, bezog sich aber auf seinen Aufenthalt in diesem Rudel.
Eigentlich hatten alle Wölfe sie selben Gründe, sie suchten Zuflucht. Asyl. Weil sie Außenwelt sie nicht brauchte, sie wollten gebraucht werden, weil man sie jagte, denn sie wollten nicht krepieren, oder weil sie nach Veränderung strebten, denn sie wollten ein besseres Leben, und sobald sie das hatten konnten sie immer nicht verschwinden, wenn es sein musste ohne jedes Wort und ohne jede Erklärung.
Sollte sie von sich erzählen?

[bei Kházun // Nahe der Sommerhöhle // Der Text ist Mist, sry Kház xDD]



A C E A N

Ruhig beobachteten die orangen Augen die beiden Wölfe, abwartend war die Haltung seines Körpers. Vor allem Nouri wurde nach ihrem letzten Auftritt beobachtet. War sie nun eine Gefahr? Musste er aufpassen, dass sie ihm nicht plötzlich die Kehle aufreißen wollte? Er wußte es nicht, beobachtete die Graue von daher lieber ein wenig genauer. Sie lag dort, neben dem Rüden, der sie hierher gerufen hatte. Und auch sein Auftauchen schien sie wenig zu stören. Sie blieb liegen, blickte ihn nur an. Acean tat es ihm gleich, verharrte ruhig im Schnee. Hatte er vorher ihre Stimmen gehört, so lag nun eine Stille über dem Platz. Nouri regte sich nicht, nur Ikeru gab einen bellenden Laut von sich. Sollte er zu ihnen herüber gehen? Den Blick voller Skepsis erhob sich der schwarze Rüde, den Blick nicht von den im Schnee liegenden Wölfen abwendend. Mit ruhigen Schritten bewegte sich der Dunkle auf die beiden zu, beobachtete sie jedoch aufmerksamer als zuvor. Er fand diese Situation.. merkwürdig. Sehr merkwürdig. Wieso rief Ikeru nach dem Rudel, im Auftrag des Alphas.. wenn Nouri bei ihm lag? Er konnte es sich nur auf eine Art und Weise erklären. Kurz vor den beiden Wölfen blieb der Rüde stehen, sein heller Blick lag misstrauisch auf der grauen Fähe.

“Ziehst du wegen einer Kleinigkeit den Schwanz ein? Gibst du auf, weil dir etwas über den Kopf gewachsen ist?“

Kurz huschte sein Blick zu dem weißen Rüden, ehe er sich wartend auf Nouri legte. Unmerklich biß er die Fänge aufeinander. Wenn sein Verdacht wahr wurde.. er wußte nicht, ob er länger bei diesem Rudel bleiben würde.

[Sommerhöhle - Ikeru & Nouri]



N O U R I

In ihrem Kopf machten sich die Bilder selbstständig, und formten ein wildes Mosaik aus vielen, sich durcheinander abwechselnden Darstellungen. Das, was er sagte, kommentierte sie stumm in ihren Gedanken, indem sie es zunächst zu einer Vorstellung brachte, und diese dann kurz auf sich wirken ließ, bis zwischen ihre allgemein warmen Gefühle auch noch andere Emotionen dazuaddiert werden konnten, die das Gesehene unterstrichen.
Wolken kamen auf, leicht und flockig, wurden grau und fleckig, wirbelten wild durcheinander in einen Strudel und verdeckten das Licht. Erst eine genügsame Gleichgültigkeit, dann plötzlich eine vage Beklemmung. Kälte, da er von einer solchen sprach, und dann wieder Sonne, die sich plötzlich auf sie nieder senkte. Gemütlichkeit, Glück.
Bilder von ihrem Bruder, wie er davonlief, von ihr weg, irgendwo in eine undefinierbare Dunkelheit, von der ein klirrender Schmerz auszugehen schien, der ihr durch das Fell auf die Haut fuhr und sie kratzig machte. Sie spürte, wie sich die Muskeln im Nacken anspannten, und ihr Kiefer sich ebenso anzog.
Und dann da Ikeru, der größer war, als sie ihn in Erinnerung hatte, mächtig über ihr stehend, ein Fels, umrankt von reißendem Sturm. Ein helles Leuchten, was sich über sein Haupt auftat, und es zuließ, dass sie sich sicherer fühlte, während sie hetzenden Herzens unter ihn flüchtete, um sich vor der Angst zu verbergen, die der schwarze Tunnel zuvor in ihr provoziert hatte.
Ohne das Schlechte, konnte das Gute nicht existieren.
Auch wenn Kenáo gegangen war, Ikeru war hier, und würde der neue Alpha sein.
Ein Freund war fort, ein neuer beständig.
Sie war nicht alleine.
Nein.

Sie antwortete nicht darauf, denn das war nicht nötig. Einmal, weil es ohnehin Zeit benötigte, um zu begreifen, was er meinte – und wenn es jemand nicht verstand, so hatte es wohl kaum Sinn, ihm das noch umständlich zu erklären. Wenn einer nicht sah, dass das eine ohne das andere nicht existenzfähig war, so war es nur verlorene Minuten, in denen man es ihm näher zu bringen versuchen würde.
Ihr gefiel diese Ansicht der Dinge, denn sie erhellte ihre derzeitige Situation ungemein. Wenn es bergab ging, so würde es bald auch wieder hinauf zum Gipfel gehen. Sie würde sich hoch kämpfen, wieder und wieder. Und jeder, der ihr dabei in die Quere kam, war womöglich ein Hindernis, aber zu überwältigen, und würde sie im Ende doch nur stärken.

Trotz dessen war sie im ersten Moment alles andere als begeistert, als der dunkle Rüde seine Bemerkung fallen ließ. Zunächst hatten sich beide ruhig verhalten, als tasteten sie sich vorsichtig voraus, was sie sich nun so alles erlauben konnten. Sein Kommentar machte sie von der einen Sekunde auf die andere zornig. Wie konnte er es sich nur herausnehmen, so mit ihr zu sprechen?
Anstatt, wie sie es sonst getan hätte, sich als Alpha zu gebärden, stand sie nicht auf und starrte ihn nieder. Dennoch verhielt sie sich dominant – denn sie war immerhin die Betafähe, und würde es ihm nicht durchgehen lassen, wenn er sich so ihr gegenüber herabließ. Sie sah keine Gnade, die sie hätte walten lassen können, auch wenn es nur ein Spruch am Rande war.
Sofort hob sie die Rute leicht geknickt hoch und signalisierte ihm, dass sie durchaus nicht schwach war und über ihm stand. Sie drohte, und untermalte dies mit ihrer Gestik des Selbstvertrauens. Sie hatte es nicht nötig, ihm das durchgehen zu lassen. Kurz fletschte sie die Zähne, ließ aber die Lefzen dann wieder zurückschieben. Sie schnippte mit den Ohren zu ihm, und ein seltsamer Blick lag in ihren Augen, der zwar nicht ihrer Haltung entsprach, aber diese keineswegs abschwächte. Er schwankte zwischen Wissen und kühler Distanz, die zeigte, dass sie es nicht nötig hatte, sich so etwas anzuhören.

» Dummkopf. «

, schnappte sie leise, aber mit einem leicht hämisch, belustigtem Unterton. Dummkopf, der er war, der noch nicht einmal die Situation verstand. Nur, weil er sie einmal auf falschem Fuß erwischt hatte, dachte er, dass sie schwach war? Was hielt er denn von sich selbst – dass er ein Überflieger war?
Lächerlich.

Die Graue hielt es für unnötig ihm die Situation zu erklären, denn es war unter ihrer Würde, sich zu so etwas noch zu rechtfertigen. Wer sie ehrlich fragte, dem würde sie antworten. An anderen wurde sie vorbeigehen, dominant und kalt, und nicht mehr Beachtung schenken, als sie es für gut hielt – oder wie Ikeru von ihr verlangte. Wie dieser reagieren würde war fraglich. Er durfte nicht klein beigeben, durfte weder unsicher Winseln, noch viel Warten, ruhig bleiben, wo es wichtig war. Er war stark, und das musste er doch wissen.

» Die anderen werden wohl auch bald kommen. «

,sagte sie, was nicht zum Thema passte. Sollte er doch sehen, wo er blieb. War er nicht ein Wanderer? Wenn es ihn störte, konnte er doch gehen.
Die Graue gab ein dunkles Gurren von sich und streckte ihre Vorderläufe genüsslich aus. Provokant gelassen. Ihr ging es gut, das würde der Dunkle schon sehen. Ihre Allgemeinsituation war nicht die Beste, aber sie würde drüber hinwegkommen.

» Wo ist die Bunte? «

Das war eine Anspielung auf die Fähe, mit der sie den Dunklen zuerst kennen gelernt hatte. Seyíra.

[an der Sommerhöhle | Ikeru und Acean]



K H Á Z

Normalerweise war Kház eine Instanz, die als erstes gehorchte, sobald ein Wort gesprochen wurde. Manche hielten ihn dafür kriecherisch, andere für dumm, die nächsten für übereifrig, andere für feige. Ihm waren ihre Kommentare gleich: sein Herz sagte ihm, dass es richtig war zu hören, und zu tun, was verlangt wurde, solange es nicht gegen seine eigene Moral verstieß. Er wusste, wie viele Wölfe nach Beachtung lechzten, wie sehr sie sich das Gefühl hersehnten gebraucht zu werden, wie sie sich wünschten, dass man ihren Worten Wahrscheit schenkte und sie befolgte, sodass sie sich auf irgendeine Art und Weise wichtig vorkamen. Der Sandbraune konnte nicht anders, als sie unterstützen. Es war wider seine Natur, dies nicht zu tun. Er lebte für andere, nicht für sich.
Im Gegensatz zu vielen anderen, war das für ihn nicht negativ, und er teilte ein schweres Schicksal damit. In seinen Gedanken, und wenn er es sich auch nur einredete, war das nötig und hilfreich, und er bildete sich ein zu wissen, wie sehr eine Rudelgemeinschaft auch einen Wolf brauchte, der sich so gut wie niemals auflehnte. Einer, der als braves Beispiel vorausgehen konnte, einer, durch den sich andere gut vorkamen, weil sie auch mal Befehle erteilen konnten.
Normalerweise.

Jetzt aber, und zur Abwechslung gefiel es ihm außerordentlich, setzte er sich über die normalen Gesetze seiner Welt hinweg, und entdeckte einen neuen Horizont, der sichUngehorsam nannte.

Er quittierte ihre Suche nach dem nicht existenten Kaninchen mit einem fröhlichen Ausdruck, und lachte nicht über sie. Das wäre gemein gewesen, zudem kannte er solche Situationen: wie gerne war er selber in solche Fallen getappt. Verstanden hatte sie es ja dann doch.
Sie war ja nicht dumm – das dachte er ganz und gar nicht. Sie wirkte immer noch etwas durcheinander auf ihn, etwas gedankenverloren. Aber es sah auch so aus, als würde er sie noch nicht langweilen, also würde er sich weiter mit ihr unterhalten, denn er mochte ihre Art: sie machte den Eindruck auf ihn, dass sie keine der quatschenden, naivkindlichen Wölfinnen war, und auch keine von den unglaublich unantastbaren. Sie hatte so ihre spezielle Weise, die sich in einem Rahmen bewegte, den er gut leiden mochte.

Der Braune machte einen langen, staksenden Schritt, als laufe er in verzögerter Zeit, und blickte sie amüsiert an.

“Dann kommen wir zur nächsten Eiszeit an.“

Flacher Witz, vor allem, da bereits Winter war. Aber es war ihm so unbedacht durch den Kopf gegangen, dass er es hatte aussprechen müssen. Er lachte auch nicht darüber, sondern hatte es noch in einem eigenartigen Ernst gesagt, der ein wenig überrascht über diese Tatsache klang, dass sie erst so spät zum Rudel kommen würden. Hach, es störte ihn nicht, wenn sie später kommen würden. Es war ihm egal. Das hier machte mehr Spaß.

Japsend wedelte er mit der Rute und machte einen Sprung voraus, als sie an ihm vorüberging, und schloss wieder in einem angenehmen Tempo zu ihr auf, was sich wieder verlangsamte, sodass sie nicht allzu zügig zu der Höhle gelangen würden. Sein tänzelnder Schritt signalisierte sein Wohlbefinden. Er hätte nicht gedacht so eine sympathische Gesprächspartnerin zu finden – wo durch die graue Fähe ihm gegenüber schon so extrem abweisend gegenüber gewesen war.

“Weil ich in diesem Moment nichts anderes zu tun hatte.“

,kommentierte er spontan seinen Standpunkt und drehte den Kopf, um kurz hinter sich zu blicken. Vielleicht würde ja doch noch ein Hase auftauchen, wer wusste das schon?

“Oder meinst du, warum ich überhaupt im Revier bin?“

Er klang weder irritiert, noch abweisend. Wieso sollte er ihr nicht sagen, was geschehen war? Wieso seine Vergangenheiten, mit ihren Höhen und Tiefen im Geheimen halten? Schließlich fragte sie danach. Interessiert spitzte er die Ohren, wedelte wieder mit der Rutenspitze und schaute beschwingt.

“Es schien mir einfach eine gute Idee. Davon hab ich nicht viele.“

Es war deutlich aus der Stimme herauszuhören, dass das ehrlich und auch mit Humor gemeint war. Hoffentlich nervte er sie mit seiner Fröhlichkeit nicht – darüber dachte er überhaupt nicht nach. Er redete einfach, denn das erschien ihm als die einfachste Lösung. Noch kam sie ja damit zurecht.

“Darf man die Frage zurückrichten?

Eine Antwort war nicht verlangt, wenn sie nicht wollte. Er stieß wieder schnell warme Luft aus der Nase aus, die in Wölkchen aufstieg.

“Ansonsten: Kennst du hier noch irgendwen? Ich kaum.“

Belanglos, einfache Fragen, spontan gestellt, ohne Hintergedanken. Es interessierte ihn einfach so.

[Nahe der Sommerhöhle | Sóke | Wieso xD Klappt doch. Meine Antwort ist was dumm xD Kház halt]


S Ó K E

Die Fähe öffnete den Fang zu einem beherzten Gähnen. Es war kein Zeichen aufkommender Langeweile, sie hatte nicht viel geschlafen in der letzen Zeit, war eher herumgelaufen, welches dann schon eher ein Resultat ihrer Langeweile gewesen war. Dies hier belustigte sie zunehmend. Sie versuchte Schritt mit ihrem ‚Begleiter’ zu halten. Ihre Gedanken waren zwischen ‚beeilen’ und ‚Zeit lassen’ hin und her geschwankt, zumal sie mit heftigen Konsequenzen rechnete. Wobei sie allerdings ein Gefühl für die Realität bekommen hatte, nur ein klein wenig, ein zu spät kommen würde ihr sicher nicht den Kopf abreißen, nicht dem Wolf neben ihr, und vor allem nichts an ihrem Aufenthalt hier ändern. Sie rümpfte die Nase, ein weiteres mal an diesem Tag, und hatte sich damit gedanklich festgelegt. Nur um dumme Zweifel weg zu räumen. Die waren unnötig!

„Naja, weshalb du im Rudel bist. Aber ja, darf man.“

Aufgrund seiner Frage kam es in den Sinn, vielleicht eventuell mit einer Kurzfassung ihrer Lebensgeschichte daher zu kommen. Sollte sie nicht eventuell damit beginnen? So schlimm war es nicht, was sie zu erzählen hatte. Sie hatte ja auch niemanden getötet, damals, als das vorgefallen war, nichts verbrochen, im Grunde war das ein Missverständnis, welches noch nicht gewichen war. Sie hatte noch nie die Charakterzüge einer Mörderin besessen, war dafür mit Torheit und anderen Tücken gesegnet worden und schien für einige irgendwann in ihrer Entwicklungsphase hemmungslos stehen geblieben zu sein. Sie schluckte. Da kam die Frage ob sie nicht noch jemanden hier kannte, und nutzte dies um das Thema dann doch vorerst beiseite zurücken.

„Ja, eine Fähe, mit der ich hierher gekommen bin. Eben weil, wir naja, auch auf der Flucht waren. Vor dem Sturm. Célaya, heißt sie. Kennst du sie?“

Sie vermutete dass er noch niemanden hier wirklich kannte. Sie musste darüber hinweg lächeln, dass sie die vermeintliche Ehre besaß, als erstes mit ihm geredet haben zu dürfen. Was ja nicht einmal der Fall war, sie glaubte es lediglich nur. Das seine erste Konversation in einer Art Desaster geendet war, war ihr ja ebenfalls nicht bekannt.

„Wie lange begleitest du das Rudel denn schon? Bist du auch ganz neu?“

Sie ließ die Ohren nervös zucken. Vielleicht war es ein Fehler so viele Fragen auf einmal zu stellen. Cél vertraute Sóke wohl nicht ganz darin, Sóke würde Ärger machen und den Aufenthalt hier gefährden. Jetzt waren die beiden praktisch soweit, es würde sicher nicht lange brauchen, bis man sagen konnte, dass beide feste Mitglieder waren. Dann waren sie endlich Bestand von etwas. Vielleicht wollte Cél das. Sóke wollte das auch, aber vielleicht reichte es auch einfach nur nicht allein zu sein, man brauchte keine Gruppe, nicht unbedingt. Aber es erschien ihr dann doch zu früh nicht mehr an eine Existenz von Zeit hier zu glauben. Sie verengte die Augen zu Schlitzen. Sie wollte ihren Glauben nicht in unnötigen Dinge investieren, das war alles.

„Sie und ich, wir können uns noch nicht als festes Glied dieser Kette bezeichnen, weißt du. Das hat Cél gesagt, ich höre da nicht so hin.“

Sie schmunzelte amüsiert darüber. Cél investierte mehr Glaube in diese Zukunft. Und das wollte sie auch, dringest. Der Braunen fiel das alles nur viel leichter. Die Fähe hatte die Augen wieder weit geöffnet, hielt Ausschau nach etwas.

„Ich kann immer noch keinen Hasen riechen. Und sehen auch nicht.“

Sie ließ die Ohren hängen.

[bei Kház // nahe der Sommerhöhle I Joah xDD Den Text mag ich auch nich wirklich aber ich vll magst Du den ja xDD]



Y U K O N

Hechelnd stand Yukon am Waldesrand, müde vom rennen, aufgeregt, da er sich jetzt endlich in einem neuen Revier oder Gebiet aufhielt. An ein anderes Rudel, das hier möglicherweise auch leben konnte, dachte er in diesem Moment nicht. Fröhlich schaute er zu Nayeli, die ihm genauso begeistert gefolgt war, machte ein paar tapsige Schritte auf sie zu und berührte ihre Nase mit seiner. Ein kurzes Zeichen der Zuneigung und Dankbarkeit. Er war dankbar, dass sie ihm gefolgt war, dass sie Gesellschaft war, dass er, dank ihr, nicht alleine durch unbekannte Gebiete reisen musste. Und dankbar dafür, dass es sie überhaupt gab.

Dass Yukon nicht weiter daran gedacht hatte, hier auch auf unbekannte oder sogar feindselige Wölfe zu stoßen, bereute er recht schnell. Und zwar, als er plötzlich die, recht leise, Stimme eines fremden Wolfes vernahm und das noch dazu so nah an seinem Ohr, dass er zusammen zuckte und sich reflexartig vor Nayeli stellte, um sie vor allem zu beschützen. Yukons Ohren waren nach vorne gerichtet und fixierten den fremden, schwarzen Wolf, der nun vor ihnen stand und sie interessiert musterte. Irgendetwas an ihm wirkte bedrohlich für den Welpen. Er konnte nicht ahnen, dass der Blick des anderen Rüdens noch so gierig wirkte, weil er sie bis gerade eben noch für Beute gehalten hatte. Ob er das jetzt noch tat.. wusste niemand. Und am wenigsten Yukon.

Die Ohren des Welpens zuckten. Er wagte es nicht, sich zu bewegen, sein Herzschlag raste. Da hatten sie es gerade aus dem Wald geschafft und liefen gleich in die Arme des nächsten Wolfes. Er war misstrauisch. Und das musste er sein, sonst hätte er nicht lange überlebt. Er war sich nicht sicher, was er sich erhoffte. Irgendwann wollte er sich doch, zusammen mit Nayeli, wieder einem Rudel anschließen? Oder nicht? So weit hatte er noch nicht gedacht und seine Begleiterin hatte nie etwas in der Richtung angesprochen. Yukon musste ruhig bleiben, einen klaren Kopf bekommen und richtig handeln. Für einen kurzen Moment, kaum länger als ein Zwinkern, schloss der Rüde seine Augen und ließ alles um ihn herum auf sich wirken. Der Wald, neben dem sie standen, schien ihm zu zuflüstern. Das Rauschen der Bäume wurde laute, der Wind, der durch die Wiese zog, schien von allen Seiten zu ihm hinzuwehen und brachte Gerüche von fernen Orten. Schnell öffnete Yukon seine Augen wieder, etwas ruhiger und sprach mutiger, als er war, den fremden Rüden an.

“Wer bist du?“

Nicht zu viel über sich selbst verraten. Erst soviel wie möglich über den anderen erfahren, der möglicherweise ein Gegner sein könnte. Man musste die Schwächen der Wölfe finden, um sich wirklich sicher zu fühlen und dabei seine eigenen so gut wie möglich verstecken. Und genau das tat er doch? Er stand so geschickt vor Nayeli, dass der Rüde sie von seiner Stelle kaum sehen konnte.. Und das gab Yukon ein Gefühl der Sicherheit.

[Mit Bjartr und Nayeli am Waldrand, hat Bjartr angesprochen, versucht Nayeli zu verstecken]



K H Á Z

Gerade war er dabei, jemandem sich selbst zu öffnen. Gerade lief er Gefahr, mehr zu erzählen, als vielleicht gut wäre. Gerade war er im Begriff, den ersten Wolf im Rudel tatsächlich kennen zu Lernen.
Es kam ihm, im Hintergedanken, doch ein wenig suspekt vor. Hatte er nicht vor gar nicht allzu langer Zeit Wochen gebraucht, um sich zwei Artgenossen anzunähern, und hatte in diesem Zeitraum nicht einmal ihre Namen in Erfahrung gebracht?
Was tat er also hier? Wieso war es, als würde er seine ganze Gefühls- und Gedankenwelt nach außen hin mit sich herumtragen?
Vielleicht, weil er einfach einmal wollte, dass jemand mehr an ihm sah, als den Omegawolf, den man von einer Ecke zur anderen schieben konnte, wie es einem passte.

Immer wieder hielt er fest daran, dass ihm sein Rang gefiel. Aber wenn einem Mal mehr Beachtung geschenkt wurde, wenn man fremd irgendwo war, da war das schon eine andere Situation. Er spielte mit einem Mal eine Rolle – nicht in dem Sinne, dass er sich verstellte, sondern in der Hinsicht, dass er plötzlich noch irgendeine Bedeutung zu gewinnen schien, die einmal, und endlich nichts mit seinem Status zu tun hatte.
Und das war schön.

Auf ihre Fragen hin schüttelte er kurz den Kopf. Wen kannte er schon? Die Einzige, die ihn mehr kannte als durch flüchtige Begegnungen und vom Geruch her, war das Welpenmädchen gewesen. Und diese war tot.

„Gesehen – ja. Kennen – nein. Ich gehöre wohl, wie ich vermute, zu dem Rudel, doch wirkliche Bekanntschaften gibt es für mich nicht. Der Zögling dieses Tals, den sie gefunden haben, das kleine Würmchen, die kannte ich.“

Er überlegte kurz.

„Aber sie war zu entkräftet, zu müde, zu eingeschüchtert. Ihre Chancen war gering.“

Seine Stimme war immer noch klar, und kein Unterton von Trauer schwang mit – es war der Gang der Dinge, und obwohl er den Zwerg gemocht hatte, war seine Bindung doch nicht so stark gewesen, dass er nun in tiefe Depressionen versunken wäre. Dazu hätte sie länger bei ihm leben müssen.

„Abgesehen davon bin ich hier ein fremder Eissplitter, der vom Wind hin und hergetrieben wird.“

Nun klang er leicht erheitert, und ging langsam auch auf die erste Frage ein, welche seinen Anwesenheitsgrund betraf.

„Dieser hat mich auch hierhin gebracht. Ich wurde weder vertrieben, noch habe ich Schande gebracht, bin nicht von übermäßigem Entdeckungsdrang fortgelockt worden. Nicht, dass ich nicht gerne Abenteuer erlebe,“

, er schluckte kurz, und holte kurz Luft, damit er nicht allzu schnell redete, und fing schnell wieder ein angenehmes Tempo ein,

„aber mich haben andere Gründe in dieses Tal tanzen lassen.“

Der sandbraune Rüde blickte mit seinen Haselnussbraunen Augen fast verträumt voraus, dorthin, wo sie langsam hinsteuerten.
Nach einer kurzen Zeit setzte er wieder an. Nüchtern. Manchmal mit Betonungen. Als würde er ein Märchen erzählen, und nicht sein Leben vor ihr ausbreiten.

„Ich bin zwei Wölfen gefolgt. Vielleicht Geschwister, vielleicht ein Paar. Ich weiß es nicht mehr… Sie kreuzten bei ihrer Reise unser Revier. Ich bin ihnen nachgelaufen, weil ich wissen wollte, wer sie waren. Ihre Spuren zogen sich geradlinig, und ihre Gerüche wirbelten mir süß im Kopf.“

Er gab ein Geräusch von sich, was dem Ansatz eines Lachens ähnelte. Wie kindlich er sich damals verhalten hatte. Mit welcher naiven Neugierde er ihnen nachgeeifert war.

„Sie waren so unbekannt, dass ich – warum auch immer – dringend herausfinden wollte, woher sie kamen, und wie sie hießen.“

Erneute, kurze Pause.

„Dann waren wir irgendwann ein Stück vom Revier entfernt, ohne, dass es mir wirklich aufgefallen war. Und ohne rechtes Bedauern bin ich ihnen dann weiterhin nach. Es störte mich nicht sonderlich, mich von meiner Familie zu trennen, obwohl ich sie gewiss liebe.
Aber irgendwann gibt es diesen Punkt, wo du entscheiden musst, ohne darüber nachzudenken. Du musst einen Weg einschlagen, und dir selber deine Ziele festlegen.
Also bin ich weiter.“


Er blinzelte zu ihr, wedelte wieder, schaute dann geradeaus und schüttelte kurz sein Nackenfell.

„In einer guten Distanz folgte ich ihren Fährten, und ich wusste, dass sie über meine Anwesenheit informiert waren. Sie flüchteten nicht, aber wir blieben voneinander getrennt. Das ging Wochen so. Die genaue Anzahl habe ich vergessen. Wir kommunizierten nicht wirklich, aber das geheimnisvolle, reizende Gewissen, dass wir mehr oder minder eine Gruppe bildeten, schien auch ihnen zu gefallen.“

Wie lange war das nur her…?

„Der Abstand zwischen uns wurde immer kleiner. So, dass wir in Sichtweite waren. Ich kannte nach wie vor nicht ihre Namen, sondern nur ihre Düfte – und andersrum. Trotz dieser verschwörerischen Stille wurden wir zu einer Gemeinschaft: wenn sie ruhten, ruhte ich auch, wenn ich eine Pause brauchte, so hielten sie auch Lager. Dabei achteten wir aufeinander. Ich spüre noch ihre Blicke, wie sie ruhig und beinahe mütterlich auf mir liegen.“

Kurz versank er in Gedanken, fuhr dann fort.

„Ebenso ließen sie mir stets einen Bissen ihrer Nahrung übrig, die sie zwischendurch erbeuteten: nichts großes, Kaninchen oder ähnliches. Zu zweit erreicht man da nicht viel, zu dritt hätten wir womöglich ein Reh schlagen können, aber soweit kam es nie.“

Nun trat doch ein seltsamer Ausdruck in die Stimme. Er schwankte zwischen einer Art Verbitterung und Trauer, doch nur leicht, und zart. Als seihe er gerade vor kurzem darüber hinweggekommen.
Als er weitererzählte rückte er sich wieder in einen neutralen Bereich. Er wollte die Stimmung nicht vermiesen.

„Jedenfalls habe ich sie irgendwo in den Bergen verloren, dort im Gebirge, siehst du?“

Sein Kopf drehte sich zu den Bergen. Ganz hinten, dort, wo die Blicke gar nicht hinkamen, waren sie in die Berge einmarschiert, nicht wissend, dass ein Unwetter sie trennen würde.

„Nebel kam auf, und das Rauschen von Lawinen, die am Gestein hinabstürzten übertönten alle anderen Geräusche. Da war das erste Mal, dass ich nach ihnen gerufen hatte. Ich weiß nicht, ob sie mich hörten. Aber ich hatte das Gefühl, dass mein Heulen vom Wind geschluckt wurde, als wolle er mich abkapseln. Ich dachte, ich erfriere.“

Ein Schaudern fuhr über seinen Rücken.

„Als ich nach Tagen dort oben den Gipfel erreichte, den man von hier sehen kann, bin ich natürlich hinab. Ich hoffte, dass sie auch hierhin gelangt waren, aber bisher habe ich sie nicht gefunden… – Jedoch die Alphafähe dieses Tals.“

Dass diese ihn hatte abhängen wollen sparte er gekonnt aus. Das war eine Information, die sie vielleicht eher abschrecken würde, und das hatte er nicht vor.

„Seitdem bin ich hier.“

Er schaute sie fröhlich an. Vielleicht war es ja gut, dass er hier gelandet war. Vielleicht hatte es einfach nicht sein sollen. Vielleicht hielt das Schicksal etwas anderes für ihn bereit.

Dass sie nichts Genaues über ihre Herkunft gesagt hatte störte ihn nicht. Also wollte sie zunächst eher nicht darauf eingehen, und das respektierte er. Sie wusste jetzt so einiges über ihn. Zumindest, was es einen großen Teil seiner Lebensgeschichte anging.
Nachdem er geendet hatte, schnippte er mit den Ohren und gluckste vergnügt.

„Ich vermute hier ist auch keiner.“

Er machte einen Satz und zog im Sprung die Beine an, sodass er – trotz dass er hoch gewachsen war – relativ tief versank. Amüsiert schnaubte er in den Schnee und ließ weißen Staub aufwirbeln, wuselte ein wenig herum und hüpfte dann ein wenig vor ihr herum.
Das Eis war in seinem Fell haften geblieben, und hellte ihn ungemein auf.

„Jetzt bin ich aber ein Hase.“

, knurrte er zum Spiel und schob die Ohren eng zueinander, richtete sie auf die Fähe und wedelte wild mit der Rute. Momentan hatte ihn wieder der Unsinn gepackt.

„Fang mich – wenn du kannst.“

Wenn sie nicht drauf einging, wäre das peinlich. Aber ihm vollkommen egal. Nachdem er aber so lange geredet hatte, wollte er nicht, dass sie sich zu lange darüber Gedanken machte, die vielleicht nicht allzu positiv waren. Also drückte er verspielte Rüde seinen Oberkörper gen Boden und begann mit zitternden Muskeln mit den Forderpfoten rumzuscharren, gebannt und jederzeit darauf gefasst ihr auszuweichen – immer wieder fuhr er flink von rechts nach links. Mal sehen, ob sie ihn erreichen würde, wenn sie es versuchen sollte.

[nahe der Sommerhöhle | Sóke | wird albern | ich konnte mit dem Text was anfangen ^^ Mal sehen, was du mit meinem Roman hier anstellst Wink ich hoffe, ich erschlag dich nicht damit]



S Ó K E

Man würde es der Weißen vielleicht nicht einmal ansehen, jedoch hörte sie ihm zu, und ihm wurde ihre ungeteilte Aufmerksamkeit zuteil. Das geschah wie gesagt nicht oft, aber doch, es interessierte sie ungemein, und vielleicht würde ihn auch das von ihr halbe absolvierte Leben interessieren. War er denn sicher, dass er Cél schon einmal gesehen hatte? Nun ist ihr aufgefallen das sie nicht einmal ihr Äußeres beschrieben hatte. Welch eine Peinlichkeit.

„Was das Rudel angeht, geht es mir genauso.“

Sie empfand es als leicht bedauernswert. Es war irgendwie schade dass die Mitglieder eines Rudels sich teils nicht einmal kannten, kein Wort miteinander wechselten. Im Zweifelsfall würde man nicht einmal wissen wen man da denn gerade vor sich hatte, und ob er eigentlich zum Rudel gehörte oder nicht. Das mit dem Welpen bestürzte sie dann noch ein wenig mehr. Kurz hatte sie ihn angestarrt als er von ihm gesprochen hatte und nichts wie Trauer oder desgleichen in seinen Augen vorgefunden. Für herzlos hielt sie ihn noch nicht, irgendwie dauerte er dies bestimmt. Dennoch wollte sie das Thema nicht noch einmal aufgreifen. Vielleicht war es zwischen etlichen Worten seiner halben Lebensgeschichte wieder in Vergessenheit geraten und hinterließ da vielleicht auch so seine Spuren. Eissplitter….

„Dann bin auch ich einer, ein Eissplitter.“

Meinte sie leicht amüsiert über dieses Wort. Irgendwie stimmte es ja schon. Cél und sie waren im Grunde auch zwei, das schlimme war aber das sie das Gefühl hatte sich von ihr zu entfernen. Sie war immer noch nirgendwo, ihre Witterung lag nur ganz schwach in der Luft, und eventuell wurde ihre von ihr noch nicht einmal bemerkt. Und es sah auch nicht so aus als würde sie sobald herkommen. Auch das war…. Schade. Ihre Gedanken schweiften wieder ab, einmal kurz zu Cél, dann zurück zu Kház. Eventuell schien er irgendwo sein Leben im alten Rudel verschwendet zu haben. Indirekt hatte sie das auch, sie hatte damals nicht die Konsequenzen betrachtet, sie ausgeblendet. Damals gab es noch keine Regeln, nicht für sie. Sie tat es Kház leicht, und schüttelte sich den schon abartig weißen Pelz. Er war unbefleckt und beinahe schon mit Reinheit übergossen worden, das sie im Schnee eher weniger auffiel. Sie schmunzelte über seine Worte, nahm ihm sein Tun von damals aber nicht übel. Aber ungefährlich war das auch nicht gewesen. Hatte er das damals nicht gewusst?

„Hast du damals nicht daran gedacht was alles hätte passieren können?“

Ihr Unterton klang trotzt dieser ernsten Frage ruhig und gelassen. Vielleicht war er zu Lebzeiten ja noch jung gewesen und hatte eben nicht daran gedacht. Wohlmöglich hatte ihn die Neugierde zu den beiden Wölfen geholt, vielleicht würden sie ja irgendwann wieder auf ihn treffen und vielleicht, ja vielleicht, waren sie in diesem Rudel. Aber das wäre vielleicht ein zu schönes Happy End. Sie empfand nun wieder Verständnis und schien auch nicht einmal mehr eine Antwort zu erwarten.

„Ist schon gut. Ich schätze du hast nur aus kindlicher Naivität gehandelt, oder?“

Ihre Ohren zuckten wieder nervös.

“Wobei ich mir das selbst vielleicht nicht vorstellen könnte, einfach zu verschwinden. Wenn ich damals nicht hätte gehen müssen dann wäre ich das wohl auch nicht.“

Was auch der Fall war. Selbst wenn man sie angesehen hätte wie ein Tier im Zoo. Auch wenn man sie des weiteren verachtete hätte, denn was hatte eine damals junge Wölfin alles zu verlieren wenn sie ein Rudel verließ und auf sich allein gestellt war, nichts wusste, beziehungsweise nicht viel? Sie würde vermutlich ebenfalls krepieren, wie der Wolf auf dem Schneebedecktem Wipfel des Berges. Er fiel ihr wieder ein, sie drehte den Kopf ebenfalls leicht und erkannte ihn, ebenso wie weitere Gefahren die mit dem auftauchen dort vorprogrammiert waren. Sie erinnerte sich ebenfalls nicht mehr, aber vielleicht waren Cél und Sóke auch darüber gelaufen, wenn sie sich so umsah schien es fast keine anderen Möglichkeiten zu geben, hier her zu kommen. Der Sturm hatte Sóke mit äußerster Präzision die Hoffnungen als Überleben genommen. Sie waren wieder zurück gekehrt als beide es geschafft hatten hier her zu finden. Ihre (mittlerweile wieder unruhigen) Blick waren wieder zu ihm gewandert. Schnee wurde aufgewirbelt, landete teils auch bei und auf ihr. Was tat er da?! Sie konnte sich ein munteres Lachen nicht verkneifen und ein Lächeln hatte sich ganz verbissen. Jedoch vermisste sie das was sich normaler unter dem Schnee befand. Ihre kurzen Krallen verbohrten sich tief in den Schnee. Wo waren die Blätter des herbstes, dessen Farben süßbunt flimmerten, wo war der Duft von frischem Gras und die sicheren Schatten der Baumkrönen? Die Natur fehlte ihr schon ein wenig, sie ist zwischen all dem Schnee irgendwie untergegangen, auch die zahlreichen Gerüche. Das alles hier wirkte dann doch wieder leicht deprimierend und wies eigentlich nichts auf – klar – Kälte auf. Das Lächeln aber bestand immer noch.

„Klar kann ich das.“

Sie machte sich für einen großen Satz bereit, hatte die Absicht ihn jedoch nicht zu erwischen, sondern genau vor ihm zu landen. Ihr dann doch eher mittelmäßiger Satz wirbelte den Schnee vor und hinter auf, anschließend versank sie ebenfalls wie ein Stein im Schnee, der Schnee flog ihr um die Ohren, auch um die des sandbraunen Wolfes versteht sich. "Ha!" stieß sie es hervor und erhob sich prompt, und schleuderte mit ihrer Pfote ein wenig Schnee zu ihm hinüber, zumindest versuchte sie des.

[nahe er Sommerhöhle / bei Kházun II Ich wollte mehr schreiben als du aber ich habe es nicht geschafft -.- xDD witz]

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Winter 1874 I Vide
BeitragThema: Re: Winter 1874 I   Winter 1874 I Icon_minitimeSo Nov 21, 2010 1:20 am

K H Á Z

Wenn man ihn ließ, so redete er wie ein junger Welpe, der gerade die Welt der Kommunikation für sich entdeckt hatte, die aus mehr bestand, als körperlichen Gestiken. Diese waren, besonders für den Omega, wichtig, aber die Laute, die man noch von sich geben konnte, das Fiepen, das Quietschen, das Summen, das Knurren – alles, was Worte in der Dimension der Wölfe formte besaß ebenso eine gewisse Relevanz. Er plauderte gerne über unsinniges Zeug, konnte aber auch ernsthaft sein.
Da er aber überwiegend in der Rolle des Spielenden steckte, wie er sie auch jetzt aus Gewohnheit erneut auszuleben versuchte, kam er recht selten dazu mit jemandem über mehr als nur das Wetter zu sprechen. Auch, wenn er nun nicht die Ernsthaftigkeit in Person mimte, so wurde doch deutlich, dass es ihm etwas bedeutete, sein Leben einmal auszupacken und glatt zu streichen, als es, wie sonst, zusammengeknautscht in sich herumzutragen.
Das würde helfen, sodass er in dieser faszinierenden Fremde noch besser zurechtkam, als sonst schon so vermeintlich.

Das wirbelnde, süße Vibrieren vergnügten Jauchzens kitzelte in seiner Kehle, und drückte den Spaß aus, den er gerade empfand. Er hörte ihr zu, und gleichzeitig war er immer noch damit beschäftigt, sich auf einen möglichen verspielten Angriff vorzubereiten.

„Ach, i wo, wer denkt denn an so-ho-o was?“

,japste er, zog eines der Wörter länger, als er den Kopf hin und her warf. Sein Fell wog sich in schlagenden Wellen um den Nacken.

„Nenn’ es kindliche Naivität oder Dummheit, nenn’ es eine kluge Entscheidung oder ein undurchdachtes, spontanes Handeln aufgrund eines unbefriedigten, unbekannten Bedürfnisses.“

Damit meinte er sein Verlassen seines ursprünglichen Rudels, was einst seine Familie gewesen war. Er wollte damit sagen, dass es so viele Möglichkeiten gab. Wenn junge Wölfe heranwuchsen, so wussten sie schon, welche Ränge ihnen für später vorbestimmt waren. Es gab jene, die sich schon als Welpen bewiesen hatten und für die ein hoher Status gesichert war. Es gab jene, die als schlichte, solide Rudelmitglieder galten, solche, die definitiv wie er dafür geeignet waren, ein harmonisches Beisammensein durch Konfliktvermeidung zu sichern.
Einige davon blieben ihrem Geburtsrudel treu, wenn es nur wenige Anwärter für einen hohen Rang gab, verweilten sie häufig und lösten dann Elternpaare oder die momentanen Alphatiere ab.
Manchmal verließen sie die Rudel aber aus dem Bedürfnis heraus ein eigenes Rudel zu gründen. Oft machten sich Geschwister, und solche, die diese für fähig hielten, auf zu neuen Abenteuern.
Er war allein gegangen. In gewissen Maßen, denn er war ohne eines seiner Geschwister fortgelaufen, aber in den Versen zweier Unbekannter, die er für sich als seine neue Familie auserkoren hatte.
Es war vielleicht nichts anderes gewesen, als ein natürlicher Trieb, jener, sich anderen anzuschließen, um ihnen beizustehen, und womöglich auch, um den Genpool zu erweitern.

Ihr Satz kam erwartet und gleichermaßen überraschend, und er hatte nicht wirklich die Gelegenheit wirklich auszuweichen.
Schnee flog herum, stob auf und versperrte ihm die Sicht. Mit einer freudigen Ausgelassenheit schnappte er in die Luft, um die Eiskristalle zu fangen, auch solche, welche sie mit ihren Pfoten aufwirbelte. Er machte einen Satz vor, um – genau wie sie – nicht auf ihr zu landen, aber kurzfristig abzubremsen und so mit spielerischem Übermut gegen sie zu rempeln. Er schob ihr seine Schnauze gegen den Hals, versuchte sie damit leicht zu Seite zu drängen und rutschte dabei aus. Prompt glitten die langen Beine zur Seite, und er ließ es gerne zu, dass er keinen Halt finden konnte.
Mit einem hellen Laut, der in der Menschenwelt wohl als Lachen hätte gedeutet werden können, fiel er auf die Seite in den Schnee und lag unter ihrem Kopf auf dem Grund. Augenblicklich reckte er die Beine in die Höhe und wedelte wild mit der Rute. Da er ein Omega war, machte es ihm überhaupt nichts aus in einer unterdrückten Pose zu liegen, abgesehen davon, war dies ein Spiel. Er patschte mit seinen Forderpfoten nach ihr und bewegte unruhig die Schulterblätter, um irgendwie wieder in eine Lage zu kommen, in der es ihm ermöglicht war, aufzustehen.

„Grr, aber der Hase gibt nicht auf.“

,griente er und langte wieder verspielt mit einer Pfote nach der Hellen.

„Irgendwann rappelt er sich wieder auf, und dann wird Wolf gejagt!“

[nahe der Sommerhöhle | Sóke | unproduktiv meinerseits xD Jay, wir spammen alles zu Wink]



S Ó K E

[COLOR=indianred] horchte den Worten des sandbraunen nach einiger Zeit dann doch nicht mehr so ganz genau. Ihre Ohren zuckten immer noch nervös, für einige Sekunden war ihre Aufmerksamkeit dem sandbraunen wieder aus den Pfoten geglitten, liegt verloren irgendwo zwischen dem Geäst. Sie hatte diese Zeit genutzt um kurz an Cél zu denken. An das Rudel, an das hier und jetzt und die Frage welchen Rang sie hier zukünftig belegen würde, und das war wohl die interessanteste von allen gewesen. Wider zuckten die leicht rundlichen Ohren. Sie war wieder anwesend. Doch ehe sie ihm irgend etwas hätte sagen können, antworten können (was vermutlich nicht der Fall gewesen wäre, da sie nicht ganz anwesend war) schreckte sie auf, landete kurzerhand fast ganz im Schnee und musste die Situation erst einmal realisieren. Ihr Herz pochte leise für Aufregung. Man war gegen sie geprallt, und der sandbraune hatte sich in den Schnee geworfen. Sie ging einen Schritt zurück und beobachtete ihn leicht skeptisch. Was würde ein Alpha dazu sagen? Ihre Ohren drehten sich nach hinten, ehe sie sich aber blitzartig wieder nach vorne drehten.

„Hase.“

Wiederholte sie. Ihre Lefzen wurden breiter, zogen sich bis nach hinten zu ihren Ohren bis daraus ein amüsiertes Grinsen wurde. Man konnte den Schnee natürlich auch anders wahrnehmen. Als er seine Pfoten zu ihr hoch streckte täuschte sie ein schnappen vor. Vergnügt fiepte sie dabei, mal was andere als das ewige Rümpfen der Nase.

„Das ich nicht lache.“

Meinte sie aufgrund des Satzes „Irgendwann rappelt er sich wieder auf, und dann wird Wolf gejagt!“. Wieder scharrte sie mit den Pfoten einen kleinen Haufen Schnee zusammen. Das war nicht ganz so leicht, er stellte sich als eher pulverig heraus. Aufs neue schleuderte sie etwas Schnee Richtung seines Kopfes. Mittlerweile hatte die Fähe die Zeit vergessen, und mit ihr vermutlich ein Teil der unnötigen Sorgen. Der Sandbraune schien dabei nicht unschuldig gewesen, er hatte die Fähe von all dem förmlich weggerissen. Das die beiden zu spät kommen würden, war ebenfalls wieder in weite Ferne gerückt./COLOR]
[Nahe der Sommerhöhe / Kházun / auch unproduktiv DD: nächste mal wird besser.]



S E Y Í R A

((Überraschung! Ich hoffe ich stürze keinen in Depressionen, wenn ich einfach so schreibe. Falls doch: Aci is' Schuld! Sie hat gesagt ich darf! *wegrenn*))


Stapf, stapf, stapf, stapf, stapf, stapf. So leer war ihr Kopf schon lange nicht mehr. Noch nie hatte Sey so wenig gedacht, dass sie sich mit Mitdenken ihrer eigenen Schritte bei Sinnen halten musste, während sie schon den ganzen Morgen lang umher spazierte. Wo war sie überhaupt? Sie müsste gefühlsmäßig eigentlich schon 3 Reviere weit weg sein. Wenn ja, hatte sie ein Problem. Ein großes sogar. So ganz allein. Mitten im nirgendwo. Nicht, dass sie es nicht schaffen würde alleine zu überleben, wenn auch nur gerade so, aber allein war es auf die Dauer einfach furchtbar langweilig. Sogar sich gegenseitig anschweigen ist besser, als alleine durch die Weltgeschichte zu wandern.
Träge hob sie ihren Kopf und sah sich leicht gähnend um, als es sie wie ein Schlag traf. Das konnte doch jetzt nicht wahr sein. Sie blinzelte einige Male um sicher zu gehen, dass ihre Augen sich nicht aus mangelnder Beschäftigung selbstständig gemacht hatten. Tatsache. Sie ist die ganze Zeit über im Kreis gelaufen. Immer um die Höhle herumgeschländert. Zwar in einem großen Bogen, aber trotzdem. Das bei einer freien Fläche nicht zu merken war selten dämlich. Überwältigt von ihrer eigenen, temporären, Beschränktheit starrte sie auf ihre Pfotenabdrücke im Schnee vor ihr, die mittlerweile schon mindestens eine Stunde alt sein müssten.

"Oh Mann."

brachte sie zeitgleich mit einem lauten Seufzer heraus.
Da hörte Seyíra auf einmal den Ruf Ikerus. Augenblicklich war ihr Kopf wieder erhoben und blickte verwirrt in die Richtung, aus der er kam. Sie verharrte noch einige Sekunden in dieser Position, bis ihr klar wurde, dass sie ebenfalls gemeint war. Schnell schritt sie zur Sommerhöhle, schüttelte sich jedoch vorher noch einmal, in der Hoffnung die geistige Umnachtung, die sie zu verfolgen schien, loszuwerden.

Fast angekommen, konnte sie bereits Aceans bissigen Kommentar hören und konnte es sich nicht nehmen darauf ein lautes Schnauben loszulassen. Der Gute könnte sich die Sache mit dem erst denken, dann reden ruhig eimal durch den Kopf gehen lassen. Immerhin haben diese Wölfe ihnen geholfen. Ihnen Unterschlupf gewährt und sogar ihre Nahrung mit ihnen geteilt. Da sollte man schon etwas netter sein. Einerseits überraschte sie sein Kommentar gar nicht, schließlich behielt er seine Meinung ungern für sich, andererseits wusste Sey, dass der Schwarze klüger war als das. Er müsste - nein, er wusste, dass es alles andere als taktisch vorteilhaft war, so mit der Alpha zu reden. Und fand deshalb den Kommentar Nouris durchaus...angebracht. Sie hätte es selbst nicht besser sagen können.
Plötzlich schoss es ihr durch den Kopf. Alpha? Aber hatte Ikeru nicht gerade. Wieso...? Irritiert wanderten ihre Augen von Nouri zu dem Weißen und wieder zurück. Eigenartig. Aber womöglich würde sich das ganze gleich von selbst erklären. Hoffentlich.
Endlich entgültig bei den dreien angekommen hörte Sey noch, wie die Graue nach ihr fragte. Na, was ein Timing.
Erst, als die Bunte sich selbst auf dem kalten Boden niederließ spürte sie die Anspannung, die in der Luft lag, doch beschloss sie für's Erste zu ignorieren.

"Was denn für eine Reise?"

Warf sie in die Runde, mit einem halben Lächeln, jedoch auch kaum merlichen, leicht desinteressierten Unterton. Eigentlich war es ihr egal, wohin die Wanderung gehen sollte, aber konnte ja ein bisschen Interesse heucheln und nett fragen. Wenn der große Schwarze neben ihr das mit dem "nett" schon nicht so hinkriegte.




A C E A N

Aceans Blick ruhte auf der grauen Fähe, auch als sie deutlich machte, dass sie über ihm stand, regte sich nichts in dem Schwarzen. Was sollte ihm das nun sagen? Hatte er Recht, konnte sie mit einer kleinen Misslage nicht umgehen? Anders wußte er sich ihr Verhalten nicht zu erklären. Und selbst die Beleidigung, die sie ihm entgegen schmiß, kratze ihn nicht. Er verstand diese Wölfin nicht. Was sollte er erwidern? Wollte sie ihn provozieren? Dies würde ihr nicht gelingen, auch wenn sie sich noch so aufplusterte. Aber aus ihrem Verhalten schloß er eine Bestätigung seiner Worte. Sie zog sich zurück, überließ Ikeru ihren Platz. Acean schnaufte leise, schüttelte leicht den Kopf. Wieso lenkte sie nun ab? Was interessierten ihn die anderen? Die meisten Wölfe akzeptierten einen Wechsel ihres Alphas, wie Willenlose, die nur jemanden brauchten, dem sie folgen konnten. Nicht so bei ihm. Er konnte es nicht ausstehen, diese Schwäche. Er wußte nicht, was passiert war, und wieso Nouri ohne einen Kampf ihren Posten abgab. Aber er wußte, dass diese Situation ihm missfiel. Auf die Frage der Grauen hin neigten sich die Ohren des Schwarzen leicht zur Seite., Seyíra? Gerade wollte er den Fang öffnen, als der Geruch der Fähe zu ihm drang, und sie wenige Atemzüge später neben ihm im Schnee lag. Acean wandte den Kopf zur Seite, blickte sie an, mit demselben kühlen Blick, der vorher auf Nouri geruht hatte. Er ging auf Seyíras Frage nicht ein, und dieses Thema war für ihn noch nicht geklärt. Sein heller Blick legte sich wieder auf die graue Wölfin vor ihm.

“Wie soll man dich so respektieren? Wie soll man einem Anführer gegenüber loyal sein, wenn man sich nicht in einer schweren Situation auf ihn verlassen kann?“

Er wollte diesen Ort nicht verlassen, schon allein um Seyíras Willen. Es lag allein an der Reaktion der Grauen, wie er reagieren würde.



N O U R I


Wenn die Graue eines hasste, war es Dummheit.
Dicht gefolgt von Wölfen, die dachten, dass sie sich über die Dominanz in einer Hierarchie hinwegsetzen könnten, als wäre es nicht mehr als ein Schritt, den sie taten. Und das meinte sie nicht aus dem Grund, dass sie hochgestellt war – auch als junge Fähe, der es geboten war still zu verweilen, wenn Ältere sprachen und sich bloß in den richtigen Augenblicken zu unterwerfen, hatte sie es schon als dämlich empfunden, wenn sich jemand für besser hielt und sich tatsächlich noch erdreistete, andere irgendwie provozieren zu wollen – denn einen solchen miesen Eindruck machte er auf sie. Dass ihn das nicht juckte war ihr klar, und sie scherte sich nicht weiter um den kleinen Horizont des Schwarzen.
Mochte er es ruhig als schwach empfinden, wenn man sich unterwarf: so war er ein sozial inkompatibles niederes Stück, was in einer Gemeinschaft, die hierarchisch gegliedert war schlichtweg nicht überleben konnte.
Wieso war er denn in einem Rudel, wenn ihm das nicht passte? Hinderte ihn irgendwer daran, sich zu verdünnisieren?

Nicht, dass sie wüsste. Sie würde ihm jedenfalls nicht nachheulen.

» Ja, genau. Und wo liegt jetzt dein Problem? «

Konterte sie müde eine rhetorische Frage, ohne einen Unterton von Aggressivität oder Spott. Lediglich ein wenig Desinteresse an seiner Aufgebrachtheit schwang mit, denn ihr wurde es letztlich doch zu dumm. Sollte er doch denken, was er wollte, überzeugen musste jetzt nicht sie, sondern Ikeru. Zudem kannte der Schwarze nicht die Dinge, die die Graue schon mit dem Rudel durchstanden hatte, er hatte keine Ahnung davon, welche Gefahren sie schon abgewendet hatte. Aber das wollte sie ihm nicht an den Kopf schmeißen, denn in ihm sah sie momentan nur ein störrisches Kind, und dem nützte es nichts viele Erklärungen entgegen zu bringen, es hätte ja zu doch nichts geführt. Trotz bricht auch kein Draufzugehen, gerade deswegen nennt man es ja auch Trotz.

Er hatte ja in einem Teil Recht: Ein Alpha musste jemand sein, auf den man sich verlassen konnte. Natürlich. Aber auch ein Rudel musste seinen Teil dazu geben, und das hatte Nouri bei allen bis auf den engen Kreis nicht feststellen können. Sie hatten sich doch alle von der Höhle entfernt, sehr weit, gefährlich weit, und er hatte sich besonders abgesondert. Was war das für ein Verhalten? Er war nicht besser, denn er behielt seine Kraft dem Rudel vor, welche diese gebraucht hätte. Ein Rudel brauchte einen starken Leiter, aber jeder andere musste auch seinen Teil dazu beisteuern, dass sie zusammenhielten und so in der Lage waren zu überleben.

Ein Alpha musste verlässlich sein, ja. Gerade das war es ja.
Im Grunde war ihr Verhalten deswegen intelligenter, da sie ja gerade wusste, dass sie diese Situation nicht alleine bezwingen konnte, und die Herrschaft abzugeben war im Sinne des Rudels geschehen. Hätte sie es nicht getan, so wäre sie eigenbrötlerisch gewesen und hätte den Anderen nur geschadet: eine unsichere Alpha, und sei es nur über einen kurzen Zeitpunkt hinweg, lief Gefahr die Bedürfnisse Aller außer Acht zu lassen und somit Unglück über die Gruppe zu bringen.

Sah er das nicht, sah er nicht, dass sie im Interesse der Existenz des Rudels gehandelt hatte?

Was für ein Trottel.
Es war ja fast bedauerlich, dass er so sozialinkompetent war, dass er nicht mal diese einfachen Dinge begriff.

Sollte er nur wegen der Bunten verweilen, nach der sie gefragt hatte, und welche sich just zu ihnen gesellte, fand sie, war das eine Sache, die die beiden unter sich auszumachen hatten.
Und wenn er irgendeinen Frust hatte, den er jetzt an ihr ausließ, weil er glaubte eine Zielscheibe in ihr gefunden zu haben, sollte er das ruhig versuchen.
Noch hatte sie ihm Antworten gegeben.
Aber genauso gut hätte sie ihn gegen eine Wand laufen lassen können. Er war ihr egal. Es spielte keine Rolle.

Ihr Blick glitt zu der Fähe, und die Rutenspitze setzte zaghaft ein wenig in Bewegung und wedelte leicht. Von ihrer Seite her war es aufrichtige, vage Freude, denn wenn auch sie das andere Weibchen nicht wirklich kannte, fand sie es doch angenehm, dass sich jetzt doch jemand hinzugesellte, nach dem Ruf. Unwillkürlich fragte sie sich, wann die Übrigen auftauchen würde und ihr Blick hing kurz in der Ferne auf den zwei Punkten, die beachtlich lahm ein paar Meter von dem Standpunkt weggekommen waren, an dem sie bei ihrem letzten Beobachten gewesen waren. Na, immerhin schienen sie es nicht ignoriert zu haben.

Wieder schaute sie zu der Hellen, die wenigstens gekonnt Interesse heuchelte, das war ja schon mal was. Sie motzte nicht herum. Nette Wölfin. Die Graue fand sie ja doch recht sympathisch.

» Weg von der Sommerhöhle, Beute ist zu dieser Zeit weiter unterhalb des Reviers einfacher zu fangen. «

Sie kannte das Revier seit einer ganzen Weile. Es war ihr bekannt, wie sich der Jahreswechsel auf das Tal auswirkte, und auf dessen Bewohner.

» Und ich nehme an, dass wir alle gut durch den Winter kommen möchten. «

Sie guckte leicht verschmitzt.
Sie hatte für Ikeru geantwortet – was sie nicht tat, um sich höher als ihn zu heben, aber er war anderweitig beschäftigt, und wenn der Alpha gerade nicht zur Tat schreiten konnte, war der Beta die Vertretung. Das hatte nichts mit Schwäche zu tun.*
Und die war sie.

[an der Sommerhöhle | Ikeru, Acean, Sey | * damit darauf nicht die Aufmerksamkeit gelegt wird und daraus kein weiterer Konflikt entsteht, Ikeru ist ja gerade unpässlich, deswegen antworte ich xD]



K H Á Z

Ungeachtet dessen, was an der Rudelhöhle für sich ging, hatte er noch seinen Spaß. Er genoss es wirklich, denn Freude konnte so plötzlich erlischen wie Sonnenlicht, wenn sich plötzlich Wolken über den Himmel kämpften und sich vor die helle Scheibe schoben.
Wie oft hatte er das schon erlebt. Beispielsweise bei Welpen, die vergnügt durch die Gegend tollten. Sie sprangen und hüpften, kugelten sich und japsten vor Freude. Und er tat es ihnen gleich. Sie jubelten, jaulten, jauchzten, liefen ein wenig fort von dem scheinbar sicheren Ort, der sich Höhle nannte.
Und dann, aus dem Nichts heraus, tauchte eine Bärin auf. An für sich wäre sie kein Problem gewesen, da sie zwar gefährlich, aber ohne Provokation ruhig war.
In den Zeiten jedoch, in denen eine Bärin Junge hatte, und besonders welche, die noch nicht allzu alt waren, trugen sie eine dauerhafte Gereiztheit mich sich herum, die hochexplosiv war und augenblicklich, wie Fontänen, hervorbrechen konnte.
Das waren die Momente, in denen er vom verspielten Kamerad zum schützenden Schild werden musste, so plötzlich und vollkommen bei der Sache, dass für so etwas wie Spaß keine Faser in seinem Körper mehr etwas übrig hatte.

Selbst ein Omega seiner Gattung wusste dann durchaus um die Ernsthaftigkeit des Lebens.

Viele waren zu ernst*. Manche gar scheu, weil sie hinter jedem Baum ein Risiko wähnten, das einzugehen sie nicht bereit waren. Welche, die ein wenig schreckhaft waren, aber auch in die ganz andere Sparte gehen konnten, in der sie ständig und immer wieder in ihre eigene Welt versanken.
Es war ziemlich kompliziert. Solche, die träumten, konnten entweder sehr ruhige und genügsame Artgenossen sein, oder auch wieder welche, die der Kummer plagte. Die dann und wann wegglitten und sich über die hinfälligsten Sachen Gedanken machten, die durchaus auch nicht immer guter Natur waren.

Sie schien auch ab und an nicht ganz bei der Sache zu sein, was ihn an für sich nicht störte, aber er fragte sich, was wohl die Beweggründe dafür waren. Es schien ihm häufiger vorzukommen, dass sie dann und wann mal plötzlich zwar physisch da war, aber psychisch in andere Weiten abreiste.
Eine eigenartige Fähe.
Aber nett.
Ausgesprochen nett.

Sie tat, als schnappe sie nach ich, und überrascht zog er seine Pfoten schnell zurück. Hoppala, hatte er sie unterschätzt?
Aber da sie recht belustigt schien gab er nur ein arg gespieltes Knurren von sich und kugelte sich einmal herum, sodass er wieder aufstehen konnte. Bevor er dies aber tat, blinzelte er sie lachend an. Seine Fänge öffneten sich weit, als er nach dem Schnee geiferte und versuchte, ihn zu erhaschen.

Er tat gutes daran, dass er nicht weiterging, herum sprang und nach ihren Gliedmaßen biss, auch, wenn das nur spielerischer Natur entstammte.

Er wusste nicht, was für Probleme er damit auslösen konnte, und das hatte gewiss nichts mit der Rudelhierarchie oder sonstigem zu tun.

Da er sich dessen aber auch nicht bewusst war, spielte es für ihn keine Rolle, und er sprang vor, um direkt vor ihr zu stehen und so stark mit der Rute zu wedeln, dass sein hinterer Körperteil leicht mitschwankte.

Es tat gut, so zu Toben.

Der Sandbraune kicherte.

“Ich fürchte irgendwann werden die Hasen wirklich mal einen Aufstand machen.“

Kurz schien er ein Kaninchen nachzumachen, das knurrte, ging dann wieder in seine alte Position zurück und tänzelte etwas rückwärts vor ihr her durch den aufgewühlten Schnee.

“Hast du schon mal einen solch’ flinken Genossen gejagt? Die sind echt fixer, als man denkt.“

Er war schon öfter an der Jagd gescheitert.
Seine Ohren spielten herum. Langsam, aber sicher kamen sie der Rudelhöhle näher.
Trotzdem waren seine dunkelbraunen Augen auf sie fixiert. Ein Leuchten trat dort hinein.

“Ich frage mich, wann sie hier auf die Jagd gehen.“

Der Rüde freute sich darauf, auch wenn es ausgeschlossen war, das er an der Beutefindung teilnahm. Er war ein Omega und dementsprechend lag seine Aufgabe nicht darin zu den Starken mitzugehen, und zu helfen. Der Alpha würde mitkommen, die Betatiere, und einige des Rudels, die normale Stellungen einnahmen, oder sich eben als stark bewiesen hatten, dass sie langen Märschen, schnellen Hetzen und dem Niederwerfen gewachsen waren. Abgesehen davon gab es noch die mit dem besonders feinen Geruchssinn, die alte oder kranke, oder sehr junge Tiere aufspüren konnten – schneller als die anderen.
Er bedauerte es nicht wirklich, nicht zu denen zu gehören. Aber er hätte durchaus nichts dagegen einzuwenden gehabt, wenn er die Chance gehabt hätte einmal mitzukommen.
Gewöhnlich löst sich der Rang eines Omegas über einige Zeiträume hinweg ab. Diese Art von Pausen, die er haben würde, hoben ihn in einen höheren Status: vielleicht konnte er sich, der ein guter Läufer war, dann bei der Hetz beteiligen.
Eine durchaus ansprechende Vorstellung.

“Du wirst doch sicher auch dabei mitmachen – du machst auf mich den Eindruck, dass du dabei gut mithalten könntest.“

Sie war jung, um zwei, zweieinhalb Jahre jünger als er, aber vermutlich war sie etwas über das Jährlingsalter hinweg und dementsprechend könnte man sie schon gut zu der Jagd mitnehmen.

[nahe der Sommerhöhle | Sóke | * folgendes ist irgendwie zu kompliziert umschrieben, nicht wichtig xD]



S Ó K E

Das was dort so vor sich ging, an der Sommerhöhle, machte sich bei ihr weniger bemerkbar. Sie war meist nur fähig sich auf eine Sache zu konzentrieren. Manchmal schien die Fähe fast bewusstlos zu sein, wenn ihre Miene in die Emotionslosigkeit abtauchte und diese auch auf einen total uninteressanten Fleck in unmittelbarer Nähe lenkte. Sie war irgendwann selbst darauf Aufmerksam geworden und arbeitet daran. Jedoch nicht mit aller Intensität. Die war schon wieder ganz wo anders. Und wenn sie gerade nicht irgendwo anders war, dann vielleicht hier. Sie war bestimmt eine dieser Persönlichkeiten die wegglitten und sich über die Dinge der Welt Gedanken machte, über die es nichts zusagen gab, und die in den Köpfen anderer einfach nicht existierten und dort nie Platz gefunden hatten. An Ernst fehlte es ihr aber. Sie schüttete ihre Naivität anderen gerne aus, und es ließ sich nicht ausschließen das sie nicht manchmal einfach nur zu faul war, und sich dumm stellte, nur damit jemand anderes etwas tat worauf sie weniger Lust hatte. Diese Möglichkeiten ließen sich wenig blicken. Sie war ein neutrales Wesen, mit einem komplizierten Denkvermögen und dem ebenso neutralen Willen an der Umgebung um sich herum nichts ändern zu wollen. Sie musste sich selbst verändern.

Der Sandbraune schnappte nach ihren langen Läufern, sie wich aus, so fern dies möglich war. Dieses Spiel war lustig, dachte sie sich. Für einige Sekunden tat sie es ihm gleich und wiederholte im Grunde dass was sie zuvor schon getan hatte, schnappte ebenfalls nach seinen Läufern, hatte jedoch vor diese wirklich zu erwischen und ihn vielleicht eventuell vom Boden zu reißen. Natürlich war dies ein Spiel. Sie würde ihm nicht das Bein ausreißen.

“Die Hasen werden trotz allem chancenlos sein, egal wie viele es sind.”

Antwortet sie ihm amüsiert, mit einem spöttischem Unterton und setze erneut zu einem “Schnappen” an. Die Fähe hatte eigentlich noch nie wirklich gejagt. Zumindest konnte sie von keiner Jagd erzählen, die für sie sonderlich interessant, spektakulär. Sie hatte nie einen Hirsch, einen Reh erbeuten können. Zu sehr hatte sie sich davor gefürchtet aufgespießt zu werden, von diesen in ihren Augen leicht ornament-artigen Gebilden, auf deren Köpfen. Wenn man sich dumm anstellte, konnte es das gewesen sein. Sie war zum Glück bescheiden und hatte sich auch mit einem Kaninchen zufrieden gegeben, immer. Sie empfand es als vorteilhafter in der Gruppe nach so etwas zu greifen. Das war es bestimmt auch. Nicht, dass sie noch nie von einem Hirsch gekostet hätte. Voooorzüglich. Die Fähe war kurz zum Stillstand gekommen und unterbrach es nach dem sandbraunen zu schnappen. So ein Spiel war anstrengend. Sie leckte sich über die Lefzen, ließ den Rüden aber diesmal nicht aus den Augen. Sie war anwesend.

“Na klar.”

entgegnete sie ihm nur kurz und bündig. Klang beinahe so als wäre es Selbstverständlich. Wobei es das auch irgendwo war, in einem gewissen Alter sollte man dazu fähig sein. Sie rümpfte die Nase, was schon auffallend oft vorgekommen war, an diesem Tag.
Wann das große Spektakel denn beginnen würde… Ja, nun. Das könnte auch interessant werden. Vielleicht wurde dann auch entscheiden welcher der Neulinge welchen Rang bekommen würde und so weiter. Wobei sie sich nicht in einer jagenden Gruppe sah. Vielleicht auch als Omega, vielleicht auch etwas völlig anderes. Die Alphafähe könnte dies sicher besser entscheiden.
Was sie verwunderte war, dass ihr Gegenüber der Meinung war sie wäre für so etwas geeignet. Das war sie bestimmt. Dauerhaft sah sie sich dort wohl nicht drin. Gute Chancen würde sie dabei schon haben, sie hatte lange Läufer, und wenn sie alles an ihren Möglichkeiten mobilisieren würde, dann könnte sie wortwörtlich etwas reißen. Sein Zuspruch ermunterte sie. Wieder schnappte sie nach ihm.

“Deine Worte ermutigen mich es zumindest zu versuchen, weißt du. Was ist mit dir, bist du auch dabei?”

Sie wollte ihn ebenfalls ermutigen. Auch wenn es aufgrund ihrer Position im Rudel vielleicht ausgeschlossen war, wobei sie davon wenig Ahnung hatte.

“Du kommst doch auch mit, oder? Du musst, und desto mehr, desto besser und erfolgreicher die Jagd.”

Er musste gar nichts. Vielleicht wollte er das auch nicht. Wobei er auf sie diesen Eindruck machte, dazu noch einen relativ qualifizierten. Er würde sich sicher besser machen als sie. Sie war vielleicht nicht ganz so arg motiviert wie er. Aber das war angebracht. Sie sah kurz zum Trubel, der sich einige Entfernung von hier ereignete. Es schien diskutiert zu werden, und es machte nicht den Anschein das bald etwas vor sich gehen würde, was annähernd nach einer Jagd aussah. Sie sah schnell wieder zurück zum sandbraunen, und sprang mit einem kleinen Satz zurück, nur um seinem Schnappen umso besser auszuweichen. Sie kam auf die dumme Idee allein jagen zu gehen, mit ihm, wenn er es wie gesagt wollte.

“Wenn das nicht in die Gänge kommt, dann könnten wir das doch erledigen.”

Ihre Miene wurde ernst und motiviert. Motivierter denn je. Mit der linken Pfote stampfte die fest in den Schnee, eiskalter Schnee wurde wieder aufgewirbelt. Ja, die kämpfte sich weiter hoch, tief in ihr Bewusstsein. Sein Kichern war ebenfalls ansteckend, hatte sich auf sie abgefärbt, und sie tat es ihm gleich.

“Man wir stolz auf uns sein.”

Sie senkte den zierlichen Kopf ein wenig, und ging dann los, in einem nicht zu schnellem, aber auch nicht zum langsamen Trott. Mehr oder weniger stieß sie gegen den sandbraunen, sah ihn kurz an, während sie dann beinahe schon demonstrativ weiter ging.

“Ganz sicher. Komm schon!”

Rief sie noch zu ihm, damit sie sicher sein konnte, dass er es auch so tat. Sie achtete dabei darauf möglichst die anderen zu umkreisen, die gerade an der Sommerhöhle diskutierten. Sie wollte nicht stören.

[geht von Sommerhöhle weg / (HOFFENTLICH mit) Kház / -.- löscht bitte wer wieder dne text BITTE]



I K E R U

Mittlerweile drangen die Worte von Nouri und Acean nur noch gedämpft an seine Ohren.
Er hatte Acean begrüßen wollen, doch als er sich so in den Schnee legte und dort liegen blieb und diese für ihn sinnlose Streiterei begann, unterließ er es.
Anfangs hatte er noch mit dem Gedanken gespielt sich einzumischen. Als er jedoch länger darüber sinnierte entschied er sich dagegen. Nouri sollte die Chance erhalten, diese Streitigkeit selbst zu lösen, und solange sie nicht zu weit gingen, ging es ihn auch kaum etwas an.

Es galt für ihn nur noch nicht wieder in seiner Welt der Gedanken ab zu tauchen.
Und Wunder – es gelang ihm.
Dank zwei Wölfen, die die ganze Zeit nahe der Rudelhöhle gestanden hatten und sich nun scheinbar wieder von ihr wegbewegten. Auch, wenn er sie nicht genau sehen konnte, ahnte er, dass der ein Wolf Kházun war. Ein Rüde, der sich benahm, als wäre er ein kleiner Welpe – diesen Eindruck hatte er zumindest bei Ikeru hinterlassen.
Ob er sich irrte oder nicht, konnte der Weiße nicht genau sagen.
Den anderen Wolf, der bei dem Braunen stand, konnte der Rüde jedoch nicht erkennen. Schon so war es schwer das Geschöpf auszumachen, denn die Fellfarbe des Wolfs verschmolz mit der des Schnees.
Eben dieser weiße Wolf war es jetzt, der seinen Weg scheinbar von der Rudelhöhle weg fortsetzte.
Was sollte das? Ikeru hatte doch nach allen Wölfen dieses Reviers gerufen? Was fiel denen nun ein, dass sie es wagten von hier wieder weg zu gehen?
Es ärgerte ihn. Ein seltenes Gefühl, dieser Ärger.

Nun wurde seine Aufmerksamkeit zweigeteilt. Aceans Stimme und Seyíras Ankunft zogen seine Aufmerksamkeit auf sich.
Etwas irritiert schaute er von den Wölfen, die ihn umgaben, zu den beiden, die sich entfernten.
Gerade hatte Acean Nouri als unzuverlässig beschimpft und erntete einen warnenden Blick von Ikeru.
Er wusste nicht, was er davon halten sollte. Er fand, dass es akzeptabel war, wenn man kurze Weile etwas durch den Wind ist, nachdem der Bruder, auf den man sich immer hatte verlassen können, verschwunden war. Sollte Seyíra mal plötzlich weg sein, und dann würde Acean zusehen, wie er damit klar käme.
Dabei meinte er das der Fähe gegenüber natürlich nicht bös'.
Seyíra begrüßte er kurz mit einem leichten Wedeln der Rute. Nouri erntete einen dankbaren Blick von ihm, als sie es verstand einer weiteren Diskussion größtenteils aus dem Weg zu gehen. Da sie für ihn geantwortet hatte, brauchte er auch nichts mehr hinzufügen. Sie wussten nun, worum es sich handelte.
Doch wo blieben die Anderen? Sie waren bisher nur zu Viert, obwohl das Rudel mittlerweile mehr Mitglieder hatte, als hier vertreten waren. Vor allem die beiden Wölfe unter ihnen, die sich ihren Weg davon bahnten, machten ihm Sorgen.

» Versammelt euch an der Sommerhöhle, es ist dringend. Der Alphawolf hat immer noch etwas zu sagen. Etwas, das alle angeht. Kommt auf schnellstem Weg. «

Sein Heulen ertönte so plötzlich, dass Ikeru selbst beinahe erschrak. Er hoffte, dass es diesmal alle erreichen würde.
Er wollte endlich aufbrechen...

[ Bei Nouri, Acean und Seyíra | etwas verwirrt & genervt | ruft erneut alle zusammen | Sommerhöhle ]



B J A R T R

Rüde und Fähe also. Unnatürlich klein, vielleicht waren sie ja auch.. wie hatte die Schwarze sie genannt? Hunde, genau. Aber nein, bei den beiden vor ihm schien es sich tatsächlich um Wölfe zu handeln. Geschwister? Auf jeden Fall mühte sich der eine deutlich, seine Gefährtin zu beschützen, verstecken, also musste irgendetwas ganz besonders Tolles an ihr zu finden sein, weswegen Bjartr auch versuchte, seinen Kopf durch seitliches Drehen in eine gutes Position zu bringen, von der man mehr von dem anderen Fellbündel erkennen könnte. Schwierig, er war schließlich keine Eule, Giraffe oder sonst irgendwas mit großen Bewegungsradius des Halses. Mh. Und dann sprach der Winzling auch noch, versuchte mit allen Mitteln, die Aufmerksamkeit des Grauen auf sich zu lenken, was ihm mit der Frage nach seiner Person für kurze Zeit gar gelang.

“Wer ich bin? Bjartr, der Krähensohn.“

Den Bruchteil einer Sekunde zögerte er, bevor er die folgenden Worte sprach, wählte sie mit Bedacht, ganz davon überzeugt, dass es die kleinen Wölfe eh nicht mehr weit bringen würden.

“Und das, was ihr hier seht, das ist.. eh.. meins.“

Eine sehr wage Beschreibung, natürlich, aber er konnte ja auch schlecht zu viel verraten. Dass hier nicht eine einzige Markierung von dem Rüden zu finden war, fiel den Welpen vielleicht nicht auf, wenn er Glück hatte. Oder, anderer Plan. Vielleicht konnte er mit den Kleinen ja ein Rudel gründen, dann wäre er der Alpha, hätte Gesellschaft und könnte seine eigenen Regeln aufstellen. Welch schöner Tagtraum. Stattdessen jedoch schüttelte der Graue nun heftig den Kopf, legte die Ohren kurz zurück und warf einen Blick zur Seite auf die weiße Ebene, die sich hinter ihm erstreckte.

“Und was könnt ihr?“

Fragte er schließlich an die Jungtiere, noch ehe er den Blick wieder zu ihnen wandte. Auf eine Antwort wartend, gespannt – vielleicht konnten sie fliegen, oder Feuer spucken, oder.. - setzten sich seine Pfoten nun wieder langsam in Bewegung, um das Duo zu umkreisen. Somit hatte er nun auch endlich die Sicht frei auf das weibliche Wesen, das sich beharrlich hinter ihrem Beschützer versteckte. Dabei kam er ihnen immer näher, zog seine Kreise enger, bis seine Nase mit ein bisschen recken beinahe ihre weichen Pelze berühren konnte, was sie aber nicht tat, irgendwie hegte er ja doch noch etwas Misstrauen ihnen gegenüber, hatte sozusagen leichte Berührungsängste.
Mit einem Ruck kam er jedoch zum Stehen, hob den Kopf und spitzte die Ohren, als ein eindringliches Heulen erneut die Luft durchschnitt. Mist, einfach seinen Plan durchkreuzt. Blöder Alpha. Aber, war das nicht bis vor kurzem noch der rote Fuchs gewesen, der ihn im Schneesturm überrascht und zum Rudel geführt hatte? Diese Stimme jedoch klang anders, das konnte er trotz der Entfernung ausmachen. Hatte etwa ein Machtwechsel stattgefunden? Was war passiert? Neugierde ließ Bjartr einige Schritte in die Richtung des Rufes tun, die beiden Wölfe schon fast wieder vergessen. Plötzlich jedoch blieb er stehen, drehte den Kopf langsam zurück und musterte die zwei Neulinge.

“Kommt mal mit, ich glaube, da gibt es etwas zu sehen.“

Und Spannung war doch immergut.

[Am Waldrand || Nayeli und Yukon]



K H Á Z

So hatte es angefangen.
Mit einem Spiel.

Er erinnerte sich nicht einmal mehr daran, denn dieser Tag, der an für sich wie jeder andere war, trug keine Besonderheiten mit sich. Der Braune wusste nicht, dass er jedoch so schicksalhaft war, wie bisher nichts anderes in seinem Leben – nicht einmal jener Morgen, an dem er den beiden Fremden gefolgt, und durch einige Miseren in dieses Tal geraten war.
Eigentlich hatte er Glück, dass er nicht darüber Bescheid wusste, dass dieser Mittag in seiner Vergangenheit seine Existenz gravierend bestimmen sollte – denn dieser milde Tag legte fest, wann der Braune sterben sollte.

Sie hatten herumgetobt. Wie es bei ihm Gang und Gebe war. Waren gerannt. Hatten geknurrt. Nach einer erfolgreichen Jagd in der Nacht war das Rudel wieder näher zusammen gekommen, und sie hatten in ihrem Bund das tiefe Bedürfnis nach mehr gespürt, als sprödes Dahinvegetieren. Diese allgemeine unterschwellige Motivation hatte der Omega ausgenutzt und ein heiteres Spiel angezettelt, welches, nach dem es ins Rollen gekommen war, ein heilloses Durcheinander aus Läufen, schmalen Körpern und fliegenden Ruten bedeutete.
Das Rudel hatte nicht registriert, wohin sie liefen, sondern sie taten es schlichtweg, denn in ihrem eigenem Revier fürchteten sie sich nicht und gingen davon aus, in vollkommener Sicherheit zu sein.
Die drohende Gefahr jedoch, diese kam. Und sie kam in Form eines jungen Rüden, der nicht mehr wusste, wer er war.

Zähne, die sich verspielt in anderes Fell bohrten, Zungen, die über andere Lefzen leckten.
Es dauerte nicht lange, und sie hatten ihr Schicksal düster besiegelt, ohne, dass sie darüber informiert waren. Und keiner von ihnen sollte je erfahren, dass das Unglück von ihnen selber ausging, und sie es immer mehr verteilten.
Ob sie es wollten, oder nicht.

War es also Glück, dass er von seiner Schande keine Ahnung hatte? Hätte er es gewusst, wäre er keine Risiken eingegangen, wie nun, da er mit der Hellen spielte und sie nacheinander schnappten. Er wäre nicht Gefahr gelaufen, das Böse zu verteilen.
Aber er hätte auch nicht mehr gewusst, was es hieß, unbeschwert zu Leben.

Und das genoss er gerade jetzt. Ihrem Leben zur Freude besaß er ein zwar kurzes, aber doch dichtes Fell, sodass er zwar schneller Kälte spürte als andere, aber vor Bissen genauso gut geschützt war. Ihre Zähne drangen nicht durch seine Haut, sie kamen an keiner möglichen Wunde vorbei und so war es unwahrscheinlich, dass sein Fluch auf sie überging.
Sie war noch in Sicherheit.

Er wog sich auch in eben solcher und kugelte erneut vergnügt herum, als habe er zudem den Drang, seinen Geruch überall im Schnee zu verteilen. Jeder sollte wissen, dass er hier gewesen war. Dass er dazu gehörte. Dass er nicht alleine war.

Er lachte.

„Tu das, du hast mehr Chancen als ich.“

Er sprang auf und brachte etwas Distanz zwischen die Beiden, wedelte aber nach wie vor mit der Rute. Er holte tief Luft. Er kam langsam wieder außer Atem. Ungewöhnlich für ihn. Da aber auch sie Abstand zwischen sich und ihn brachte, war das in Ordnung.

„Nein, ich kann nicht teilnehmen, das ist mir als Omega eher verwehrt.“

Seine Augen glänzten.

„Irgendwann vielleicht. Aber ich denke, dass genügend Wölfe im Rudel gibt, welche schnell auf ihren Beinen sind. Es sind, denke ich, noch mehr nötig, die kurze Läufe haben, und wendig und schnell sind, stämmig und stark, um die Beute nicht nur zu hetzen, sondern auch niederzustrecken.“

Er machte einen großen Satz, um ihr zu Folgen. An für sich war Jagd nichts für ihn, er durfte nicht, er hatte andere Aufgaben, die es gewissenhaft zu erledigen gab. Aber ihre Motivation reizte ihn, und er wollte mit.

Als aber der erneute Ruf des Alphas erklang versteifte er sich plötzlich. Seine innere Instanz meldete sich. Er wirkte fast erschrocken, als wäre er aus seiner Welt herausgerissen.

„Er ruft. Es wird Zeit.“

Wenn sie noch länger fortbleiben würden, dann gäbe es Ärger – das wusste er, auch wenn es ihn in diesem Moment sehr sträubte, wie man deutlich sehen konnte. Er wollte mit ihr Jagen, aber er wusste auch, dass es dumm war, sich noch den Zorn des anderen Alphas auf sich zu ziehen. Denn er war sich im Klaren darüber, dass die Graue ihn nicht leiden konnte.

Er drehte sich, und machte sich mit seinen schlanken Beinen zügig Richtung Sommerhöhle auf, die schnell aufzutauchen begann. Dabei machte er zuerst aber einen Bogen, um vor sie zu laufen und gewissermaßen den Weg abzuschneiden.

„Auf jeden Fall gehen wir Jagen.“

Ächzte er ihr dabei zu, denn auch, wenn er jetzt mit ihr hoch musste, wollte er das gemeinsame Spiel mit ihr nicht missen. Auch nicht die Jagd.

„Doch wir müssen uns erst anhören, was er zu sagen hat.“

[nah der Rudelhöhle, kommt immer näher | hoffentlich bei Sóke]



Y U K O N

Misstrauisch und aufmerksam musterte Yukon den Rüden, der sich vor ihm und seiner Begleiterin Nayeli aufgebaut hatte. Ihm war nicht klar, dass er den Rüden dadurch, dass er seine Freundin verstecken wollte, nur noch neugieriger auf sie machte. Als sich der schwarze so bewegte, dass er von dort wo er stand einen Blick auf sie werfen konnte, schob sich Yukon noch näher an sie ran. Die Ohren des Welpen spitzen sich, als der Rüde sich vorstellte und angestrengt versuchte der Welpe sich den Namen genau einzuprägen und versuchte anschließend zu verstehen, was Bjartr – so hatte er sich vorgestellt – mit „das ist meins“ meinte. Blinzelnd schaute sich Yukon um, ohne dabei jedoch seine Stellung zu verlassen. Er spürte, wie Nayeli hinter ihm vor Angst zitterte... Meinte der Schwarze das Revier? Das gehörte ihm? Es gab keinen Grund für Yukon daran zu zweifeln. Wieso sollte es auch nicht so sein? Nur weil der Rüde sich ein wenig komisch ausdrückte?

Für einen kurzen Moment entspannten sich Yukons Muskeln, während er darüber nachdachte, wie er am besten Antworten sollte, als Bjartr sich plötzlich in Bewegung setzte und Kreise um die beiden Welpen zog, die immer enger wurden. Und während er das tat, musterte er die beiden und rückte ihnen immer näher, so dass Yukon leise anfing zu knurren. Was sollte das? Was hatte er vor? Erst in diesem Moment drangen die Worte, die der Rüde kurz vorher ausgesprochen hatte, zu Yukons Gehirn, das mit Reizen überflutet wurde. Was sie konnten? Jetzt musste Yukon etwas sagen, er hatte schon zu lange geschwiegen und der Rüde kam ihnen immer näher.

“Wir können selber jagen und sind den Feinden alleine entkommen!“

,sagte er und dabei klang er nicht halb so mutig, wie er es sich in Gegenwart von Nayeli gewünscht hätte. Aber eigentlich war das doch schon etwas besonderes? Nicht jeder Welpe konnte das von sich sagen. Oder was erwartete der schwarze zu hören? Und während Yukon noch über die Frage und seine Antwort nachdachte, hörte der Welpe ein Heulen, das durch die Luft zu schweben schien. Es verwirrte ihn. Klang das nicht wie ein Alpharuf? Die Ohren des Kleinen zuckten und sofort drehte er seinen Kopf zu dem schwarzen Rüden. Hatte er sie angelogen? Was war hier los? Führten hier auch zwei Rudel Krieg? Mit einem wieder mit Misstrauen gefüllter Blick beobachtete Yukon Bjartr, wie er ein paar Schritte in die Richtung machte, aus der das Heulen gekommen war. Nayeli lugte neugierig hinter Yukon hervor. Wollte er ernsthaft jetzt dorthin? Ja, seine Worte bestätigten die Vermutung. Und noch dazu lud der Schwarze die beiden Welpen ein, ihm zu folgen. Während Yukon noch überlegte, ob es eine Falle sein konnte, ob es nicht besser wäre, jetzt das Weite zu suchen, sprang Nayeli fröhlich nach vorne und folgte Bjartr in spielerischer Nähe. Yukon jappste und rannte seiner Begleiterin nach. Nun war es geschehen, sie folgten einem Fremden.

[Mit Nayeli, folgen Bjartr zur Höhle]



S Ó K E

Ehe sie dem sandbraunen antworten, und die Vorfreude vor sich herwandern lassen konnte, kamen ihr die Worte des neuen Alphas in die Quere. Sie wirkte leicht entrüstet, und nicht vorbereitet. Sie blieb einfach stehen, und sah zu ihm hinüber, die Ohren wanderten in einer deutlichen Langsamkeit nach hinten und drückten ihr unterwürfiges Verhalten aus. Ihr Plan einfach den Tag zu genießen, mit etwas sogar zur Abwechslung mal konstruktivem, war gescheitert. Der Sandbraune tauchte vor ihr auf.
Ausgerechnet jener mit dem sie dem Rest des Tages verbringen wollte, hatte sich dieser ‘Aufgabe’ angenommen, sie daran zu hindern, vielleicht doch einfach zu verschwinden. Soviel Trotz dürfte noch in ihr stecken, was sich im Ergebnis immer zur Qual ihrer Gedanken entwickelte. Sie durfte es nicht, und wollte das ganze auch nicht mehr. Sie hatte einen Fehler gemacht, so war ihr zumindest. Einsicht war noch irgendwo anders. Aber langsam aber sicher schlich sie sich hervor.

“Na gut.”

Meinte sie nur kurz und knapp. Sie schwankte irgendwo zwischen Enttäuschung und Kälte, ja, irgendwo da musste es sein.

“Versprochen?”

Sie zweifelte zwar nicht wirklich daran, dass er seine Worte nicht einhalten würde, sofern es sich noch nicht einmal um ein wirkliches Versprochen gehandelt hatte. Dennoch war er mit vollem Ernst bei seinen Worten gewesen als sie seinem Fang entfleucht waren. Irgendwo war er ja ein Narr, dass er sich nun doch eher den Regeln hingab. Sie zeigte ihr vollstes Verständnis, sie würde genauso handeln, zeigte sie bereitwillig ihm zu folgen, zum Rudel. Er schien im Moment aber auch ganz anders zu sein, der verspielte Rüde von vor ein paar Minuten war im Schnee verschwunden. Ihr Blick streifte Ikeru und wich vorerst nicht von ihm. Sie wollte sich keinen schlechten Ruf zuziehen. Sie erhoffte sich, wenn sie nun einfach tun würde wie ihr befohlen, sie ihren Pelz wieder ‘reinwaschen’ könnte. Fehler waren Sünde. Wenn sie sie machte.

Sie drehte dem sandbraunen den Rücken den zu, um den ‘Rest’ des Rudels gänzlich im Blick zu haben, dabei beschränkte sie sich des weiteren immer noch auf Ikeru. Sie machte noch keine Anstalten sich dort hinzubewegen, machte nur einen vielsagenden Schritt nach vorn, drehte den Kopf wieder ein wenig nach hinten, sah sich über die Schultern, zu Kház. Er sollte ihr folgen, auch wenn er das nun sowieso getan hätte.

[Nahe der Sommerhöhle, geht eig. schon drauf zu / bei Kház]



S E Y Í R A

Es war ja nicht so, dass ihr das Ziel egal war, weil es sie nicht interessierte. Sie wusste nur, dass sie sowieso folgen würde, wenn sie den Winter etwas angenehmer als den letzten überstehen wollen würde. Und da die Graue und Ikeru sich hier weitaus besser auskannten als sie, war es nur klug sich an die beiden zu halten. Nur Acean schien da immer noch komplett anderer Meinung zu sein. Was war nur los mit ihm? Diese aggressive Grundhaltung gegenüber Nouri konnte doch nicht aus dem nichts kommen. Sie war ja keine unsymphatische Fähe, der man am liebsten schon die Fänge ins Genick jagen würde, wenn man sie nur sah. Im Gegenteil. Seyíra mochte sie. Aber irgendwoher musste der Groll des Schwarzen jedoch kommen. Sie beschloss in später zu fragen, wenn keiner zuhörte. Es brachte ja doch nichts, sich jetzt darüber den Kopf zu zerbrächen. Außerdem war sie im Moment viel zu träge um überhaupt irgendwelche größeren Denkvorgänge zustande zu bringen.
Die Bunte war froh, als Nouris Aufmerksamkeit sich mehr auf ihre Frage, als auf das Streitgespräch zu richten schien. Ihr war es zwar im Grunde sichtlich egal, wenn sich irgendjemand stritt, schließlich passierte das immer mal, aber ein gereizter Acean war etwas ganz fieses. Etwas wirklich Gemeines. Und das konnte man zu keiner Zeit gebrauchen.
Bei dem Kommentar der Grauen musste Sey grinsen und versuchte angestrengt ihre sarkastische Ader zurückzuhalten.

"Ach, wer will denn schon so einen Winter überleben? Reicht doch, wenn man vorher durch die Gegend tollt, dann kann man jetzt ruhig abdanken."

Was nicht hieß, dass es ihr auch gelang. Dennoch versuchte sie dabei deutlich zu machen, dass sie das nicht ernst meinte. Man wusste ja nie. Sey hatte schon oft genug Wölfe getroffen, die alles für bare Münze nahmen, was sie sagte. Da kam man nicht immer ohne Verletzungen davon.
Da erwachte Ikeru auf einmal wieder zum leben, wirkte allerdings ein wenig genervt. Wer wäre das nicht, wenn man ein Rudel zusammenrief und dieses dann nicht zu hören schien? Auch wenn sie immer noch nicht verstanden hatte, warum er sie alle gerufen hatte. Und es nun ein zweites Mal tat. Für sie war es unhöflich und respektlos nicht auf die Rufe der Ranghöheren zu hören. Selbst wenn man nur zu Gast war.

"Wo die nur alle bleiben..."

Vielleicht waren sie ja plötzlich schwerhörig? Unwahrscheinlich, ja, aber sie wollte den anderen keine Respektlosigkeit unterstellen. Möglicherweise hatten sie ja ihre Gründe, dass sie bis jetzt noch nicht erschienen sind.
Abwartend senkte sie ihren Kopf auf die Vorderpfoten und hoffte, dass der Rest sich nach dem zweiten Mal ein wenig beeilen würde.

[an der Sommerhöhle | Ikeru, Acean & Nouri]
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Winter 1874 I Vide
BeitragThema: Re: Winter 1874 I   Winter 1874 I Icon_minitimeSo Nov 21, 2010 1:32 am

A C E A N

(Ich musste bei euren Texten so lachen. Und bei Seys hab ich Tränen gelacht o.o‘‘ Einfach lustige Bilder im Kopf x’D Ich bin krank, ich weiß.. x’DDD Aber deswegen is der Text.. irgendwie lustig angehaucht. *Nebenbei auch zu viele lustige Sachen guck*)

Ruhig saß der Schwarze im Schnee, den hellen Blick auf der Grauen verharren lassend. Er hatte schon von Anfang an das Gefühl, dass sie nicht wirklich wußte, worum es ging, und dass sie völlig einander vorbei sprachen. Und Ikeru rührte sich kein Stück. Naja, er selbst hätte sich wahrscheinlich auch raus gehalten, wäre er nicht mittendrin. Er konnte sich schon vorstellen, was die Graue in ihm sah. Einen störischen Wolf, der nicht von seiner Meinung ab zu bringen war. Und er sah in hr die bockige Wölfin, die knurrte, drohte und dann mit einem Mal im Gebüsch verschwand. Man musste nun selbst entscheiden, was besser war. Kurz glitt sein Blick zur Seite, wo Seyíra saß. Sie war sicher vollkommen ahnungslos, wieso er die Graue anzweifelte. Sie hatte sie ja auch nicht erlebt, wie sie sich aufgebäumt hatte, kurz davor, ihn an zu greifen. Er konnte es ihr also nicht übel nehmen.
Die Bunte antwortete auf die Frage der Grauen, und dann sprach Nouri ihn an. Sein Problem? Es lag wahrscheinlich einfach bei seiner Art und Weise zu Denken. Jeder Wolf war anders, und es gab wahrscheinlich nur sehr wenige seiner Art, die verstanden, wie er dachte. Aber er konnte einfach niemandem gegenüber loyal sein, der wegen irgend etwas sofort alles hinschmiß. Er konnte nur jemandem gegenüber loyal sein, der jedes noch so hohe Hindernis überwand, und alles für sein Rudel tat. Und selbst, wenn Nouri sich für ihr Rudel einsetzen mochte, über ein Hindernis schien sie nicht hinweg zu kommen. Dies musste nun Ikeru für sie übernehmen. Aber er konnte der Grauen auch nicht verübeln, wie sie reagierte. So war eben jeder Wolf anders. Er fragte sich nur, ob sie ihre Entscheidung bereuen würde. Vielleicht war es auch das, was ihn störte. Nicht heute, vielleicht auch nicht in einigen Tagen. Was war, wenn sie es in einigen Monaten bereute, ihren Posten ab zu geben? Bekam sie dann den nächsten Wutanfall? Und bereute sie den dann auch wieder? Sie verstand ihn nicht, aber sie konnte sich auch nicht damit rühmen, dass sie wußte, was in ihm vorging.

“Mein Problem liegt vielleicht einfach darin, dass ich dich nicht verstehe.“

Seine Stimme war ungewohnt freundlich, nicht mehr die schneidende Kälte schwang in ihr mit. Sie konnte es noch so dumm finden, aber sie hatte keine Luft, ihr seine Lebensgeschichte zu erzählen, damit sie verstand, was er meinte.
Nun wandte sich sein oranger Blick auf Ikeru, der erneut ein Heulen aussand. Ohne Nouris Aufforderung. Nur eine Bestätigung seines Verdachtes. Der Schwarze reagierte nicht mehr auf die Worte, die Nouri noch an Seyíra gewandt hatte. Vermutlich wollte die Graue ihn nach solch einer Aktion eh nicht mehr in ihrer Nähe haben. Aus den Augenwinkeln beobachtete Acean Seyíra.

“Wärst du ohne mich auch herum gesprungen, bis du dich nicht mehr bewegt hättest?“

Nur eine kleine Anspielung auf die nicht vorhandene Orientierung der bunten Fähe.

[Sommerhöhle - Nouri, Ikeru & Seyíra]



N O U R I

Ziemlich unverschämt, dass das Rudel sich so lange Zeit ließ. Sie hatten sich zu weit vom Rest der Gesellschaft entfernt: es war wirklich höchste Zeit den ganzen Bund ein wenig zusammenzuschweißen, damit sie lernten, dass sie nur gemeinsam überlebensfähig waren. Die Graue konnte darüber nur den Kopf schütteln. Hatten sie das als Welpen nicht gelernt? Sie hatte erfahren müssen, wie gefährlich es werden konnte, wenn ein jeder ständig Alleingänge machte. So hatte sie das alte Rudel auch nicht einsam verlassen, sondern war ihrem älteren Bruder nachgeeifert.
Dieser ging gerade der Erziehung, die sie genossen hatten, strikt entgegen. Er war alleine gegangen.
Sie begriff ihn nicht. Wie konnte er so etwas Dummes tun?

Ohne dass sie es wirklich realisierte, baute sich ein vager Groll in ihr auf. Was zuerst tiefe Enttäuschung und Verzweiflung gewesen war, wandelte sich nun auf diesen Grundsätzen in einen Zorn gegen den Roten auf. Er hatte sie im Stich gelassen.
Er hatte sich von ihr abgewandt und es war ihm egal gewesen, was aus ihr werden würde.

Ganz gegen ihre normale Art, kam ihr in diesem Moment nicht der Gedanke, dass er womöglich wirkliche Beweggründe gehabt haben mochte. Sie dachte nicht darüber nach, dass er sich vielleicht dazu gezwungen gefühlt hatte, den Weg so einzuschlagen, und dass er sie gar nicht verlassen wollte, sondern es schlichtweg nicht anders ging.
In diesem Augenblick war sie erfüllt von ihrer Wut, über die sich ein dichter Schleier aus Trotz gelegt hatte.

Umso mehr sah sie in Ikeru den Held, der ihr aus dieser Misere half. Der einzige, der ihrer Ansicht nach etwas besaß, auf das man setzen konnte.

Ihr Blick fiel wieder auf den dunklen Rüden. Warum tat er plötzlich so freundlich?
Nach wie vor war sie ihm gegenüber skeptisch und konnte ihn nach wie vor nicht sonderlich ab. Mehr als den Sandbraunen Rüden, aber weniger als den Rest des Rudels. Komischer Typ.
Trotzdem sah sie ihn nun ruhig an und antwortete auch fast gelassen:

» Da bist du wohl nicht allein. «

Damit war das Thema nun für sie endgültig erledigt. Sie verstand weder ihn, noch er sie. Was gab es da noch mehr zu sagen?

Sie schaute nun zu einer sehr hellen Fähe und dem Sandbraunem, die sich näherten. Ach nee. Also hatten sie den Ruf doch gehört?
Wurde aber auch Zeit.

» Noch zwei. Fehlen ja nicht mehr viele «

Freundlich wedelte sie ganz leicht mit der Rute und begrüßte die Beiden von ihrem Standpunkt aus bereits. Das war einerseits nett, andererseits machte sie damit klar, dass sie aufmerksam auf die Wölfe geworden war und diese jetzt keine wirkliche Gelegenheit mehr hatten sich unbemerkt aus dem Staub zu machen. Jetzt waren sie beinahe gezwungen sich zu ihnen zu gesellen.

[bei der Sommerhöhle | Ikeru, Acean, Sey, nahe Kház und Sóke]



K H Á Z


Es wäre äußerst töricht gewesen, sich noch schlechter bei der Grauen zu machen. Er wusste, dass es für ihn bei ihr ohnehin nicht viel zu holen gab, denn ihren Abscheu ihm gegenüber hatte sie schließlich schon öfter mehr als deutlich gemacht. Sie duldete ihn, sie akzeptierte ihn nicht.
Jetzt jemanden zu haben, wie er sich wenigstens einbildete, der ihn annahm, wie er war, bereichte ihn mit einem warmen Gefühl gemocht zu werden, und eigentlich ging es ihm gegen den Strich, seine Euphorie mit seinem Pflichtbewusstsein zu untergraben. Es war ungerecht, zumindest kam es ihm so vor. Und er fühlte sich schlecht zweierlei Hinsicht.
Wenn er jetzt den Alphawolf ignorierte, um seiner eigenen Freude nachzugehen, so würde er sicherlich noch mehr Ansehen bei der Grauen verlieren, und das konnte er sich nicht leisten, wenn er sich einen Platz im Rudel sichern wollte. Er war sich nicht sicher, ob sie ihn ausstoßen würde, weil ihm nicht so wirklich klar war, wie viel Handlungsvollmacht sie besaß. Womöglich behielt sie ihn auch nur in der Gemeinschaft, weil sie einen Omega benötigte.
Was, wenn noch einer auftauchte, einer, der sich eignete, und der Braune womöglich noch überflüssig wurde?
Davor fürchtete er sich.
Aber auch davor, dass die helle Fähe keine Lust mehr darauf verspüren würde Zeit mit ihm zu verbringen, weil er letzten Endes doch an die starren Regeln in der Wolfshierarchie gebunden war. Immerhin waren sie gerade mitten im Spiel und es hatte so gewirkt, als taue sie wahrhaftig etwas auf: und kurz vor dem Ziel hatte er abgebrochen, weil sein schlechtes Gewissen zu übermächtig geworden war. Er empfand ein Schuldgefühl ihr gegenüber, da er sie nicht hatte vor den Kopf stoßen wollen, und es nun doch getan hatte.
Wie kriecherisch mochte er nun auf sie wirken?
Und das, obwohl er doch lediglich seinem Instinkt nachging, der ihm befahl, seinem Herr zu folgen?

Gar irritiert schaute er sie auf ihre Frage hin an.

„Ja doch, natürlich versprochen.“

Stammelte er fast, weil er nicht begriff, dass sie das nicht ernst nahm. Was er versprach hielt er in der Regel auch, er war niemand, der groß log. Das mochte er nicht. Und durfte er auch nicht. Das hatte man ihm lange genug eingebläut.

Mit einem mulmigen Gefühl richtete sich ein Blick zu der Rudelhöhle. Er würde ein wenig Abstand zu der Grauen halten. Sie war so kühl ihm gegenüber, und sie konnte es sicher nicht gebrauchen, wenn er jetzt noch direkt vor ihrer Nase herumscharwenzelte und zeigte, dass er erst arg spät auf den Ruf des Alphas reagiert hatte. Dieser musste schon genervt genug davon sein, dass das Rudel sich zerstreut hatte, ansonsten hätte er nicht erneut gerufen.
Um jetzt nicht auch noch bei der hellen Fähe zu verspielen machte er einen wieder etwas fröhlicheren Sprung auf sie zu und verpasste ihr einen lieben Nasenstüber. Sie sollte wissen, dass er wirklich nicht so gehandelt hatte, weil er sie nicht mochte – denn das tat er ja, sondern weil es ihm schlichtweg nicht anders möglich war.

So hopste er vor ihr her zur Rudelhöhle, tänzelte mit seinen langen Läufen herum und ließ sich etwas schräg gegenüber von der Grauen auf die Hinterbeine nieder, wandte einen aufmerksamen Blick zu der Hellen. Zwar grüßte er den Rest des Rudels und nahm dann auch eine unterwürfige Haltung ein, als er sich niederlegte, wollte aber erst nach seiner neuen Bekanntschaft gucken.
Insgesamt hielt er ein wenig mehr Abstand zu den anderen als es die Bunte tat, und auch der dunkle Rüde, von dem er nur wusste, dass er Acean hieß.
Er wusste nicht, wie nahe Sóke den anderen kommen wollte, und er hatte nicht vor sie in die Mitte der anderen zu zwängen, wo sie doch eben noch eher hatte alleine was unternehmen wollen.

[bei der Sommerhöhle, etwas Abstand zu Acean, Seyíra, Nouri & Ikeru | eher bei Sóke]


S Ó K E

Der Sandbraune war bereits an ihr vorbei gezogen, und hatte die jüngsten Ereignisse mit einem Nasenstüber an sie hinter sich gelassen. Sein Versprechen hatte sie noch grob mitbekommen, konnte im Moment jedoch nicht ihre Freude zum Ausdruck bringen, sie war nervös. Ja, es war besser sich jetzt zu fügen. Zu all dem hatte sie sich verpflichtet, als sie nach Zuflucht gebettelt hatte, zusammen mit Cél. Aber nun gut. Sie wollte sich nicht beschweren, in einer Gruppe musste es Verpflichtungen geben, eine solche Versammlung war das harmloseste. Sie sah dem sandbraunen nach, zwang sich ein Lächeln auf. Sie sah nun zum Rest des Rudels hinüber, bekam die graue Alphafähe in den Blick. So nett ihre Geste auch sein mochte, sie war sich sicher, sie musste genervt sein, der Rest auch, und wie gesagt, Verständnis war vorhanden. Sie hätten sich diese Dreistigkeit verschwinden zu wollen nicht leisten sollen. Sie hätte gar nicht in den Kern ihrer Gedanken sein sollen.

Sie steuerte eher unbewusst auf den Sandbraunen zu, der sich bereits der Gruppe gefügt hatte. Beinahe wäre sie vor Nervosität im Schnee ausgerutscht, hielt sich aber noch und hoffte das diese Peinlichkeit unbemerkt geblieben war. Die Gruppe war ‘vereint’. Das wusste sie zwar nicht, auch nicht, dass sie die beiden letzen waren, die die Gruppe verhindert hatte. War vielleicht auch besser so. Sie hätte sich sonst noch länger damit aufgehalten. Sie sah aus den Augenwinkeln zu Kház, welcher sich ohne ein Wort nieder gelassen hatte, ehe er die Gruppe begrüßt hatte. Sie hatte es verschwitzt, holte es nach, indem sie jedem der anwesenden einmal kurz zunickte, ehe sie es ihm gleich tat, und sich auf die Hinterläufe setzte. Cél war nicht da. Ihr Geruch war aber auch nicht mehr vorhanden, wie vom Erdboden verschluckt, oder einfach nur außerhalb des Reviers.

Sie hatte den Kopf ein wenig gesenkt, sah vorsichtig von unten herab in die Runde. Sie wusste nicht mehr was sie hätte machen oder sagen sollen. Um nicht noch mehr Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, sagte sie dann lieber gar nichts. Aber es konnte jetzt los gehen. Das Rudel konnte losziehen. Es war würdig sich darüber Gedanken zu machen, wie das hier verlaufen würde.

[bei der Sommerhöhle // Acean, Nouri, Seyíra, & Ikeru // eher bei Kház]



I K E R U

Mittlerweile hatte die Gruppe sich erweitert. Sie waren zu sechst, doch noch immer nicht vollständig. Ikeru erinnerte sich, dass Bjartr fehlte. Der graue Rüde, der ihm schon immer etwas unheimlich gewesen war. Außerdem war da noch eine braune Fähe, Célaya oder so ähnlich, die nicht anwesend war. Auch Huesca hatte er seit geraumer Zeit nicht mehr gesehen, auch wenn diese nicht wirklich zum Rudel dazugehörte. Außerdem war da noch Mayoki.
Wo war der Betarüde geblieben? Wie vom Erdboden verschluckt, war er nicht mehr aufzufinden. Es schien fast, als ginge hier jemand um, der die Wölfe einfach verschwinden ließ.

Der Alpharüde reckte seinen Kopf höher noch als zuvor. Jedem der hier Anwesenden schenkte er einen Blick Ein Blick, der durchdringend sein sollte, und den Wölfen mitteilte, dass sie nun zuzuhören hatten.
Da war Seyira. Die bunte Fähe, mit dem hellen Fell. Hell, aber nicht so wie seines. Ikeru wusste kaum etwas über sie. Er glaubte fast noch nie mit ihr geredet zu haben, doch entsann er sich, dass er ihr bereits einmal begegnet war und ein paar Worte mit ihr gewechselt hatte. Irgendwann, vor gefühlten fünf Jahren. Aus unerklärlichem Grund kam es ihm vor, als wäre es Ewigkeiten her.
Neben der Bunten war Acean. War er ihr Bruder? Der Weiße wusste nicht, wie er auf die Idee kam. Schon allein von der Fellfarbe her war es unmöglich. Dennoch, Ikeru war sich ziemlich sicher, dass sie sich schon länger kannten, als sie beide im Rudel waren. Wie auch immer – auch Acean war für Ikeru ein unbeschriebenes Buch, ein Fremder, mit dem er kaum ein Wort gewechselt hatte.
Kházun war ebenfalls anwesend. Der Omegarüde. Etwas enttäuscht und hoffentlich unbemerkt schüttelte Ikeru den Kopf, denn auch ihn kannte er so gut wie gar nicht. Der Rang war alles, was er über ihn wusste.
Neben dem Braunen, fast so, als hätte sie Angst, saß Sóke. Eine weiße Fähe, die, die zusammen mit der anderen braunen Fähe, Célaya gekommen war. Ihr begegnete Ikeru heute zum ersten Mal direkt. Nie zuvor hatte sie ihm näher als jetzt gegenüber gestanden.

Der Weiße legte seinen Kopf leicht schief und lenkte seinen Blick zum Himmel. Dort, wo die Wolken immer noch gegen die Sonnenstrahlen kämpften suchte er nach der Antwort auf die Frage, die ihm nun im Kopf herum spukte:
Wie sollte er vier Fremde Wölfe zu einem Ort führen, den er selbst nur flüchtig kannte? Wölfe, die nie großartig untereinander waren, Wölfe, die sich wahrscheinlich nicht einmal untereinander kannten?
Es würde ein Chaos geben, das wurde ihm langsam immer klarer.
Doch da war noch eine Frage, die in seinen Hinterkopf geschrieben stand. Sollten sie auf die anderen Warten, oder schon jetzt beginnen sich für den Aufbruch bereit zu machen? Es wäre unfair jetzt schon zu gehen, dass wusste der Weiße, doch würden sie warten, würde sich der Aufbruch immer weiter verzögern und letztendlich liefen sie in Gefahr einem Schneesturm in die Arme zu laufen und hier oben, in der unsicheren Höhle zu verhungern.
Sie mussten gehen.
Oder sich zumindest schon bereit machen.

» Nouri hat Recht. Wir müssen fort von der Sommerhöhle. Hier oben ist es nicht mehr so sicher, wie südlich von hier, bei der Mittellandhöhle. Auch wenn es ein weniger gemütlicher Marsch wird, müssen wir gehen. Es bleibt nur die Frage, wann wir aufbrechen. Es fehlen noch einige und es wäre weder gut für das Rudel, noch für deren Wölfe, wenn wir sie hier allein zurück ließen. «

Ikeru hatte gar vergessen, dass die anderen noch nicht eindeutig wussten, dass nun er der Alphawolf war und nicht länger Nouri.
Er hatte eigentlich nicht so viel verraten wollen, wie er es getan hatte. Die Graue hatte weniger preisgegeben als er und vielleicht war es ohnehin schlauer zu verschweigen, dass sie möglicherweise in Lebensgefahr schwebten – selbst, wenn man von dem gefährlichen Weg über den Fluss und auf Umwegen über die Berge absah.
Fraglich war auch noch, ob sie es schaffen würden in eins durch zugehen. Ohne Pausen zu machen.
Das wäre unwahrscheinliches Glücksspiel.

[ an der Sommerhöhle | bei Nouri, Seyíra, Acean, Kház & Sóke ]



S Ó K E

Es beruhigte die weiße zunehmend das man nichts (mehr) des weiteren zu ihrer Verspätung sagte. Mehr oder weniger war es eine gewesen, es war eher eine dreiste Widersetzung gewesen. Das war noch viel schlimmer. Der Blick von Ikerau fiel auf den ihren, sie blinzelte leicht erschrocken darüber, dann sah sie weg, dann wieder zu ihm, als er begann sein Wort an die Gruppe zu richten.

Und laut ihm war die Gruppe noch nicht vollzählig, sie und Kház waren nicht die letzten gewesen, und das beruhigte nochmals. Das Fehlen von Cél war ihr nicht entgangen, aber damit hatte sie sich mehr oder weniger abgefunden, vielleicht hatte auch sie den Ruf nicht gehört oder hatte andere Dinge denen sie nachging. Auch ihre erste Bekanntschaft, Mayoki, war noch nicht eingetroffen. Die Beiden hatten zwar nur wenige Worte gewechselt, weniger als sie und Kház, aber auch für ihn hatte sie Sympathie empfunden. Er schien ihr ein Pflichtbewusstes Wesen zu sein, dass seine Rolle und seine Position in dieser Gruppe ernst nahm. Das war bewundernswert, dachte sie sich. Sie sah hinab zu Kház, mit dem Wissen, dass sie ihn ihm einen ‘Verbündeten’ gefunden hatte, und sich vielleicht an ihn werden konnte, wenn ihr etwas mal wieder Sorgen bereitete oder dergleichen.

Der Fähe fiel es ungemein schwer Kontakt zu anderen aufzunehmen, es sei denn, diese waren allein unterwegs. Vielleicht war sie ja paranoid oder so etwas. Den Rest der Truppe kannte sie noch nicht, hatte einige nur von weitem gesehen, aber noch kein Wort mit ihnen gewechselt.
Mit dem Ziel den Ort hier zu verlassen, da das Rudel sonst Gefahr lief in einen Sturm zu geraten, gab es vielleicht noch ein anderes, dass sich, wenn auch, eher im Hintergrund zu befinden schien. Es konnte möglich sein, dass sie Gruppe im Laufe dieses Marsches zusammen wuchs. Es würde nicht leicht werden, vielleicht würde man sich stützen, und in der Not, so sollte sie denn kommen, würden der Fähe vielleicht die einen Worte über die Lefzen wandern. Bis jetzt war das alles noch etwas unpersönlich, jeder hatte sein eigenes Ziel, einen Grund wieso er dem Rudel beigetreten war, aber bei diesem Marsch würden sie eventuell alle das gleiche Ziel vor Augen tragen. Ihre Augen weiteten sich. Das konnte nur ein Vorteil sein.

Es wirkte ganz so als hätten sie alle nicht mehr viel Zeit. Sie wollte nicht ohne Cél gehen, das wirkte für sie fast wie ein Verrat, und sollten sie aufbrechen, und sie wäre noch nicht hier, dann würde sie es vorziehen zu warten, bis sie kommt. Oder man würde Sie und auch den Rest des Rudels aufgabeln, an der Rudelgrenze, darüber hinaus, oder sogar hier irgendwo, auch wenn sie keine der fehlenden wittern konnte. Sie sah Ikerau bedauernd an, vielleicht ein wenig flehend, sich die Zeit zu nehmen sie er noch hatte, alle Zeit die dafür nötig war, bis es eben nicht mehr ging, auf Cél und auf Mayoki. Aber sagen wollte sie nichts, sie wollte eigentlich auch niemanden aufhalten. Sie würde schweigend dasitzen, wenn er gehen will. Sie nahm es sich vor, ganz für sich selbst.

Dennoch war es wahrscheinlich vom Vorteil dies anzukündigen, um im entscheidenden Moment nicht für weitere Diskussionen zu sorgen, wenn der Marsch losging. Sie musste es jemanden mitteilen, jemanden der das ganze leitete. Sie sah zwischen Ikeru und Nouri hin und her. Bisher hatte sie Nouri für den Alpha gehalten. Ikeru musste aber auch eine hochangesehene Position hier haben. Sie wusste nicht, dass er der neue Alpha war. Und doch entschied sie sich es ihm zu sagen, vermutlich auch weil er ihre und Kház Anwesenheit gefordert hatte. Sie schluckte und sah ein weiteres mal zu Kház hinab, in der Hoffnung er würde ihr irgendwie beistehen, aber das konnte er nicht, und Wissen von ihrem innerem Vorgang hatte er auch nicht. Sie schluckte erneut und ließ den Blick wieder zu Ikeru wandern, ehe sie sich wieder vorsichtig aufrichtete und sich ihm in einem Tempo näherte, das langsamer nicht hätte sein können. Ihr Erscheinungsbild einer selbstbewusst erscheinenden Fähe war schon vom ersten Augenblick an dahin. Sie platzierte sich vor ihm.

“I-Ikeru?”

Sie sollte dieses stottern unterlassen.

“Ich habe eine Bitte. Es tut mir leid das gerade ich als noch nicht einmal fester Teil der Gemeinde eine Forderung an dich stelle aber ich verspreche dir sie wird dir und der Gruppe keinen Schaden zufügen.”

Sie sah kurz in die Runde, um sicher zu gehen das sie vielleicht nicht zuviel Aufsehen auf sich zog.

“Bitte lasst uns noch ein wenig warten. Meine Freundin mit der ich hier hergekommen bin ist noch nicht anwesend und ich glaube nicht das ich in der Lage bin ohne sie zu gehen. Das erscheint mir ein Verrat an sie und vielleicht auch an mich selber. Aber wenn das Rudel nicht länger warten kann, dann werde ich es tun.”

Längst hatte sie wieder zu Ikeru geblickt um seine Reaktion abzuwarten.

[an der Sommerhöhle // jetzt eher bei Ikeru, Acean, Nouri, Kház, Seyíra]



K H Á Z


So gesehen war es schon ziemlich merkwürdig, dass der braune Rüde, sobald er seinen Platz einnahm und sich wieder in die Gemeinschaft eingliederte, eine eigenartige Ruhe empfing. Nicht, dass er vorher wirklich nervös gewesen war, denn in der Anwesenheit der weißen Fähe waren seine Gedanken fern von Kummer und nahe an Spaß und Freude gewesen, doch hatte dieses Beisammensein seine eigene, magische Wirkung auf ihn. Innerlich bestätigte ihm das nur noch mehr, dass er ein reines Rudeltier war, und dankte dem Himmel, den Wiesen und Wäldern um die Gnade, die ihm widerfahren war, dass er dieses Tal und seine Insassen gefunden hatte. Er wusste, dass er wahrscheinlich vorher an der Einsamkeit eingegangen wäre, als dass die Kälte ihren Tribut eingefordert hätte.

Gelassen begann sein Kopf sich selbstständig zu machen und sofort abzudriften. Taumelnd zwischen seiner schelmischen Traumwelt und den Wahrnehmungen der Realität am Rande, hing er keinem richtigen Gedanken nach, sondern stellte sich die verschiedensten, unwichtigen Fragen, die ihm so eben in den Sinn kamen.
Er war recht unbekümmert, denn die Gegenwart der Anderen gab ihm das unantastbare Gefühl beschützt zu sein. Wie sehr hatte er das oben in den Bergen vermisst!
Ein Ohr zu der Weißen gedreht, um sie irgendwo doch immer noch zu beachten, schaute er zufrieden in die Runde. Er sank mit einem glücklichem Grunzen etwas in sich zusammen. Die Spannungen, die vorher zwischen der Grauen und dem Dunklen geherrscht hatten, lösten sich – zumindest seines Erachtens nach – mehr und mehr auf und verdunsteten wie Nebel. Wahrscheinlich gab es zwischen den Beiden eine gewisse Unklarheit, doch sie schienen sich bisweilen miteinander zu arrangieren. Sie hatten auch keine andere Wahl, wenn es zu der Wanderung kam, die dem Rudel bevorstand. Da er dem ehemaligen Alphaweibchen immerhin eine ganze Weile gefolgt war, bevor er aufgenommen wurde, hatte er schon einen gewissen Eindruck davon erhalten, wie weitläufig das Gelände war, und wie unwegsam es sich an einigen Stellen gab. Insbesondere, da nach wie vor ja Winter herrschte, und Felsen rutschig, Gewässer manchmal nur teilweise gefroren waren, und es sehr anstrengend war, sich durch Passagen zu Kämpfen, an denen der Schnee den Wölfen über den Brustkorb ragte.
Diese Situationen zu umgehen war ziemlich schwierig, an einigen Stellen unvermeidbar, und schloss dabei einen langen Umweg nicht aus.
Wenn er so an den Welpen dachte, um den er sich gekümmert hatte, konnte er fast erleichtert feststellen, dass das junge Tier nicht dazu gezwungen war, sich den Gegebenheiten anzupassen: das hätte ihr wohl einen weitaus qualvolleren Tod gebracht.
Wie er das sah, gab es recht wenige Wölfe hier, die das Alter von eineinhalb Jahren unterschritten, womit ein größeres Überleben für alle wahrscheinlicher war.
Das war gut so.

Er wurde wieder aufmerksam, nachdem Ikeru geendet hatte – Kház fühlte sich in seiner Vermutung bestätigt, dass der Weiße nun der neue Alpha war – und lenkte seine Gedankenwelt endgültig wieder auf das jetzige Geschehen, als sich die junge Helle erhob und zu dem dominanten Rüden ging. Er folgte ihr nicht, da er das Vertrauen hatte, das könne sie schon alleine bestehen, und er es nicht mochte anderen das Gefühl zu geben, dass diese unfähig seien, etwas selber zu erledigen. Sie hatte seine Unterstützung nicht nötig. Und auch, wenn sie etwas zurückhaltender war, so war dies hier nur eine weitere Prüfung auf ihrem Pfad, eine Möglichkeit, sich selbst zu beweisen.
Also kauerte er weiterhin, wo er blieb, und schaute nur aufmerksam zu ihr.

Was sie jedoch sagte machte ihn durchaus nervös. Was, wenn Ikeru nicht warten wollte – was auch irgendwo töricht war – und sie tatsächlich alleine wartete? Das war gefährlich. Sie könnte, sollte ihre Begleiterin nicht auftauchen, und den Anschluss an das Rudel verpasste, ohne die anderen vielleicht in unnötige, brenzlige Situationen geraten, die ihr vielleicht zum Verhängnis wurden.

Mit einem angespannten Blick überschaute der Braune von seinem Standpunkt aus die Gegend, und hoffte, dass die andere Fähre irgendwo am Horizont auftauchte.

[bei der Sommerhöhle, etwas Abstand zu Acean, Seyíra, Nouri & Ikeru, Sóke]



S I T A R I

Die hellgraue Fähe hielt einen Moment inne. Vor ihr breitete sich ein Tal aus, so groß, dass sie es gerade so überschauen konnte. Ihre warmen, braunen Augen erspähten weite Wälder, Wiesen und in der Ferne Wasser. Ihre Ohren schnippten leicht herum, als sie einen Fluss rauschen hörte. Der Frieden, der von diesem Ort ausgeströmt wurde, lies sie verharren. Tief sog sie die frische Luft in ihre Lungen und schloss die Augen. Der Wind strich durch ihr Fell. Sie wusste nicht wohin ihr Weg sie da geführt hatte, sie wusste nur, das es das einzige war, was noch vor ihr lag. Den Rückweg würde sie ohne einen triftigen Grund nicht so schnell wieder antreten, zumal niemand auf sie wartete. Ob sie nun hier nach einer schönen Gegend für sich schaute, oder ob sie weiter lief, es war egal, überall würde sie die Fremde sein.

Als sie die Augen wieder öffnete hatte sich - o Wunder - rein gar nichts verändert. Wie auch? Man erwartete nur die spektakulärsten Dinge in unbekannten Gebieten, diese Erwartungshaltung hatte Sitari unwillkürlich übernommen, obwohl sie doch so naiv und unwissend war. Sollte sie jetzt über sich den Kopf schütteln und versuchen ihre Gedanken in eine andere Richtung zu lenken? Diese allseits beliebte Geste taugte gar nichts, Sitari sprach dabei aus Erfahrung. Bisher hatte sich sich noch keinesfalls überlegt, wie sie auf andere Wölfe reagieren sollte. Sollte sich fragen ob sie sich ihnen anschließen durfte? Aber was, wenn sie in dem Rudel nicht glücklich war? Was, wenn es hier nur von schaurigen Schreckgestalten wimmelte? Falls sie aber ging, ohne überhaupt nach Wölfen Ausschau zu halten? Würde sie dann vielleicht nie wieder in ein Rudel integriert werden? Und was, wenn das nächste Rudel, dem sie begegnete noch schlimmer war, als das was sie hier finden könnte? Langsam aber sicher verwirrten ihre eigenen Gedanken sie. Seltsam. Man konnte sich tatsächlich selbst verwirren! Sie lachte leise. Zum Glück konnte niemand Gedanken lesen, man würde sie wohl für nicht zurechnungsfähig befinden.

oOÜber das Zusammentreffen mit anderen, mache ich mir Gedanken wenn es soweit ist. Erst einmal muss ich sehen wie ich nach unten komme ohne irgendwo abzustürzen.Oo

Nach einigen Überlegungen beschloss sie dem Fluss zu folgen und sich Nahe der Uferböschung zu bewegen. Dort konnte sie sich sicher sein das der Bogen nicht zu trocken war und unter ihren Kletterversuchen zu schnell weg brach. Nach einigen großen Sätzen hatte sie den Fluss erreicht. Das Wasser war eisig. Falls der Weg zu steil werden würde, könnte sie vielleicht im Wasser waten, doch der Gedanke im Winter einen kleinen Badeausflug zu unternehmen gefiel ihr gar nicht. Warum war sie nur auf diese prächtige Idee gekommen diesen Weg zu wählen?

Ich sollte vorher besser nachdenken...wenn man irgendwo hinauf läuft, muss man auch wieder herunter!

Sie sprach halblaut mit sich selbst. Absurder Weise half ihr dies dabei sich zu konzentrieren. Der Abstieg ging schneller und leichter als sie gedacht hatte. Das abschüssige Gelände war nicht voller Tücken, wie sie angenommen hatte. Wahrscheinlich lag das auch an der kalten Jahreszeit. Immer näher rückte ihr Ziel und im Inneren versprach sie sich immer wieder, Berge nur zu erklimmen, wenn es bitter nötig war. Aber, war es nicht bitter nötig gewesen? Noch bevor sie sich in weiteren Gedanken verheddern konnte, verhedderte sich ihre Pfote und lies sie beinahe Stürzen. Als sie sich wieder gefangen hatte, atmete sie erst einmal ruhig durch. Doch Tücken! Sie hatte es gewusst! Nach relativ kurzer Zeit hatte sie den Fuß des Berges erreicht - ohne weitere Zwischenfälle. Fast hätte sie, um nicht aus dem Trott der eigenen Bequemlichkeit zu kommen, eine weitere Rast eingelegt, doch irgendwie spürte sie das Verlangen, erst mal zu sehen wo sie da nun hingekommen war. Neben sich sah sie das Zusammenfließen zweier Flüsse, des "ihrigem" und eines anderen. Aus diesen Beiden trat ein breiterer Strom hervor. Vielleicht war es klug im zu folgen. Langsam setzte sich sich wieder in Bewegung, nun in leichterem Gelände. In ihren Gedanken baute sie sich die Umgebung aus die sie so bald schon sehen würde.

[kommt vom Talbach | denkt nach | entschließt sich dem Tränenfluss zu folgen]



K H A I Z A
Schatten. Überall schienen sie zu sein und doch war niemand in der Nähe. Wie lange war es nun schon her, dass sie diese fremden Artgenossen hinter sich gelassen hatte? Sie wusste es nicht und fühlte trotzdem, obwohl sie bereits die nächste Reviergrenze überschritten hatte, noch bei jedem Schritt Blicke auf ihren Gliedern. Sie war froh, dass sich die Umgebung inzwischen etwas gelichtet hatte. Der Wald lag hinter ihren Pfoten und somit auch jeglichen Versteckmöglichkeiten für die Wölfe, die sich im Wald niedergelassen und ihr bei Möglichkeit aufgelauert hatten. Hier in dieser kargen Landschaft würde kein Wolf ihren Sinnen entgehen. Und auch, wenn die Weiße eigentlich so freundlich gesinnt war, sie wusste nicht, wie sie auf einen Fremden reagieren würde. Ihre Sinne waren gespannt und noch immer pochte ihr Herz wild gegen ihre Brust, als wollte es ihr irgendetwas sagen. Khaiza hatte gehofft, dieses unangenehme Gefühl zusammen mit dem Wald hinter sich lassen zu können, doch innerlich wusste sie, dass das Rudel, in wessen Revier sie sich nun befand, nicht anders sein musste. Oder war das gar nicht der Grund für dieses merkwürdige Gefühl?

Mit Erleichterung nahmen ihre Seelenspiegel wahr, dass es immer heller wurde. Die Sonne (zwar gut versteckt hinter einem dichten Vorhang aus Wolken, der ihr nur hin und wieder gestattete, einen Blick auf die Erde zu werfen) hatte der Nacht ein Ende gesetzt und mit dieser Finsternis verzogen sich nun auch langsam die Augenpaare und Schatten, die sie seit der Begegnung im tiefen Wald nicht mehr loslassen wollten. Khaiza wusste nicht genau, warum sie dieses merkwürdige Gefühl von Verfolgung nicht mehr los wurde, ließ sie so etwas doch normalerweise ganz kalt. Vielleicht stieg ihr einfach die ungewohnte Einsamkeit zu Kopf? Sie schüttelte ihr Haupt, um sich zu verdeutlichen, dass sie nun nicht an die Vergangenheit denken durfte. Es war geschehen, das Schicksal war besiedelt und ihre Eltern tot. Die Fähe wusste nur zu gut, dass man daran nichts ändern konnte und das einzig rationale war, darüber hinwegzukommen und nicht weiter daran zu denken. Und wenn es hieß, dass man den Ort verlassen musste, mit dem all die Erinnerungen verknüpft waren.

Die Zeit verging und die Gegend wurde langsam ‚freundlicher‘. Baumstümpfe (oder besser Teile, die trotz Schnee noch sichtbar waren) ließen darauf schließen, dass auch das Land hier einst bewaldet war. Die Spur eines Hasen zog sich vor ihrem Weg entlang, doch momentan war die Fähe nicht in Stimmung (und eigentlich auch nicht befugt), seiner Fährte nachzugehen und für Frühstück zu sorgen. Die Sonne schien sich hinter den Wolken inzwischen ganz erhoben und an Stärke zugenommen zu haben, denn immer öfter gelang es ihr, einen – wenn auch nur kurzen – Blick auf das Tal zu werfen. Auch Khaiza blieb hin und wieder mal stehen, um sich umzusehen. Die Schneedecke hatte etwas Beruhigendes in ihren Augen. Es war still und nichts schien die Natur momentan stören zu können. Die Langohren hatten sich verkrochen und schmiegten sich sicherlich irgendwo unterirdisch eng aneinander, um dem Winter zu trotzen. Hach. Wie schön doch wenigstens etwas Gesellschaft wäre.

Es trieb sie weiter und allmählich untermalte ein leises Rauschen die Stille der eingefrorenen Natur. Immer lauter wurde es, bis sich Khaiza Malí an einem Fluss widerfand. Vorsichtig musterte sie die Umgebung, um sicher zu gehen, dass sie allein war. Doch nur kurz senkte sie ihren Kopf gen Wasser und stillte ihren Durst, ehe ein Windzug ihre Aufmerksamkeit auf etwas anderes zog. Sie schien sich dem Rudel genährt zu haben, konnte ihre Witterungen vernehmen und hätte sich vielleicht auch etwas länger damit beschäftigt, dass etwas Bekanntes in ihnen lag, wenn ihr nicht einer von ihnen so nah gewesen wäre. Wenn es denn überhaupt einer von ihnen war. Khaiza überlegte kurz und kam schließlich zu dem Entschluss, dennoch kurz zu ruhen. So ließ sie sich auf den Hinterläufen nieder und widmete sich eine Zeit lang der verschneiten Umgebung. Die Fremde würde ihr schon nicht entgehen…

[läuft vom Süden her in das Revier | am Tränenfluss | wittert die anderen]



Z Á N M E I Í R

Zán's Pfoten hämmerten über den Schneebedeckten Boden, vor ihm hetzte ein Kaninchen um sein Leben aber der Junge Rüde holte auf. Beflügelt von der Kraft des Raben. Corvinus drängte Zán's Bewusstsein zurück und übernahm die Kontrolle. Zán spürte noch den Wind der ihm in den Ohren grollte und ihm ins Fell biss, dann war sein Gefühl fort und er war nur noch Beobachter seines eigenen Körpers. Er sah wie Corvinus dem Kaninchen hinterhersprang. Er glaubte den Todesschrei zu hören als sich Corvinus' -seine- Zähne in den Nacken des Tieres bohrten und er wusste dass Corvinus im Gegensatz zu ihm selbst, nicht aus Hunger getötet hatte. Obwohl Zán in seiner Beobachterposition noch wusste, dass er Hunger hatte, war ihm auch klar, dass Corvinus seinen Körper dominierte und er keine eigene Meinung hatte. Zu lange schon waren sie eins. Seine Mutter hatte es von anfang an gespürt. Und ihm erzählt warum sie es wusste. Corvinus sei ihr älterer Bruder gewesen. Er habe sie alle verflucht als er verbannt wurde, weil er gegen die Rudelgesetze verstoßen hatte und er hatte ihnen allen nach dem Fluch geschworen, dass seine Seele ihnen niemals Ruhe schenken würde. Aber dass sie einen Welpen besetzte, hätte niemand gedacht. Er wusste, dass Corvinus in eben diesem Moment die Beute -seine Beute- zerfetzte. Er wusste dass Fleisch und Fellfetzen durch die Luft flogen aber Corvinus' Seele blockte Zán's Protest ab als wäre es Nichts. Er hatte noch nie eine Chance gegen den Parasiten gehabt. Denn das und nichts anderes war Corvinus. Ein Parasit seines Körpers- Wild und unberechenbar. Aller Protest war machtlos gegen die Furchtbare Seele des anderen. Zán ergab sich seiner Verdrängung. Bald würde Corvinus weichen und Zán Bewusstlos allein lassen, während Das Gift des Raben in den Abgründen seiner selbst schlummerte. Der Rabe war unbesiegbar und irgendwann würde seine finstere Kraft Zán vollständig verdrängen und seinen Körper an sich reißen. Und vor dem Tag hatte der Jungwolf Angst, denn dann würde er verlieren und sterben auch wenn sein Körper weiterlebte. Doch drohen konnte er Corvinus nicht. Der Parasit kannte seine Gedanken und wusste von Zán's Angst. Er unterdrückte ihn.

Corvinus war nicht zufrieden, das Kaninchen war eine zu leichte Beute gewesen und sein Schrei in Todesqual zu leise. Also machte er sich auf um nach etwas anderem zu suchen. Und er fand etwas. Einen Mageren Luchs. Perfekt. Mit den selbstsicheren Bewegungen eines Kriegers und der Schlauheit die den Wölfen zu Eigen war, ging er auf die abgemagerte Luchsin los und kämpfte mit ihr. Es machte keinen Spaß sie nur zu töten. Auch wenn sie von vorneherein keine Chance gegen den gut genährten Rüden gehabt hatte. Corvinus bohrte seine Fänge in den knochigen Rücken der Katze und drückte sie zu Boden während Zán ihn still anflehte sie zu verschonen, aber wie immer wurde sein Protest ignoriert. Zán fluchte und Corvinus Gelächter flutete seine Gedanken. Vor ihm im Schnee blutete der Körper der Luchsin langsam aus. Das Blut sickerte um die Pfoten des Rüden herum in den Schnee und färbte ihn rot. Der Krieger schob seinen Geist ein wenig zur Seite um Zán die Möglichkeit zu lassen, zuzusehen.

oO [Siehst du? Ihr Blut ist Rot wie deines. Aber im Gegensatz zu dir ist sie eine unwürdige Gegnerin gewesen. Denn im Gegensatz zu dir ist sie allein] Oo

Corvinus lachte und ließ es zu, dass Zán zusah wie er die Katze zerfleischte. Er riss ihren Bauch auf und sah zu wie sie sich selbst entleerte. Blut befleckte die hellen Lefzen des Jungwolfes, der gerade keiner war. Und als die Katze ausgeblutet & ausgeweidet dalag und ihre Augen im Tod erstarrt zum Himmel blickten, ließ Corvinus den Jungen Rüden allein. Eine eisige Kälte übermannte Zán und riss ihm die Pfoten unterm Körper weg. Zán sackte kraftlos in den Schnee und blieb neben dem Kadaver des Luchses liegen, den Kopf auf den Pfoten. Die Augen schlossen sich und der Rüde verlor langsam das Bewusstsein. Dunkelheit empfing ihn wie jedesmal zuvor und riss ihn hinab. Es war wie ein Strudel der ihn in einem tiefen Teich runterzog und ihn unter Wasser zog. Er wehrte sich nicht, es hatte keinen Zweck und er war jedesmal danach gut erholt und hatte eine Weile nichts vor Corvinus zu befürchten. Er ließ die Ohnmacht zu und alles versank in Dunkelheit. Der Rabe legte die Flügel an und glättete seine Federn. Seine dunklen Augen funkelten tückisch. Dann verlor Zán endgültig das Bewusstsein.

[irgendwo am Tränenfluss l allein]



I K E R U

Eine unangenehme Stimmung breitete sich aus. Eine, von der man zu Boden gedrückt wurde, weil sie ähnlich einer puren Hoffnungslosigkeit nur einen schmalen Grat der Möglichkeiten offen ließ.
Erst jetzt bemerkte Ikeru wie viel Gefahr hinter dem steckte, was sie vorhatten. Irgendwie hatte er es längere Zeit lang unterdrückt. Doch nun war es ihm klar: Ihr kleiner Wanderweg könnte Leben fordern. Leben, deren Verlust sie alle schwach werden und in Gefahr schweben ließ. Es war zeit für Motivation.
Der Rüde war nie ein guter Entertainer gewesen, noch war er talentiert darin anderen Mut zuzusprechen. Zumindest wurde das nie von ihm behauptet, und was man ihm nicht über ihn selbst erzählte, dass nahm er nicht an.
Er fuhr leicht zusammen, als einen Fähe ihn ansprach. Sóke war ihr Name, oder irgendetwas in der Richtung. Sie sprach ihn auf Célaya an. Die, mit der sie gekommen war. Eine weitere Fähe, die er kaum kannte.

» Deine Freundin befindet sich bereits auf dem Weg in Richtung Tränenfluss. Wir werden sie irgendwo auf dem Weg finden. Ich habe ihre Fährte gewittert, als ich hierher, zur Sommerhöhle kam. «

Seine Stimme war fest und so überzeugend, dass er sich selbst glauben konnte. Es war etwas gutes, auch wenn er sich schrecklich angesichts der Lüge fühlte, die er in den Raum gestellt hat. Er hoffte, dass niemand es merken würde, denn er selbst wusste nicht wo die Fähe war, auf die man ihn angesprochen hatte. Unglücklicherweise.

Das Rudel schwieg und das Schweigen machte es für Ikeru nicht leichter. Es kostete ihn mittlerweile unglaubliche Mühen die selbstsichere, mutige Fassade zu erhalten, in die er sich kleidete, um den anderen ein gutes Gefühl zu geben. Ob dieses Gefühl auch ankam wusste er nicht, denn auch seine Rudelgenossen wollten nicht so recht preisgeben, was in ihnen geschah.
Schließlich ergriff er einen Beschluss. Sie mussten ihre Reise beginnen, denn noch bestand die Möglichkeit einen guten Beginn zu machen, bevor die Sonne im Zenit stand. Der Morgen war bereits weit fortgeschritten, doch es konnte sich lohnen. Es würde sich lohnen, wenn er jetzt nur beginnen würde endlich mal optimistisch zu denken. Solche Zeiten ließen sich nicht durch sachliches Denken überstehen.
Ein ernster Blick mit einer großen Spur der Freundlichkeit lastete für einige Sekunden auf jedem einzelnen des Rudels. Aufmunternd setzte sich der Rüde in Bewegung und schwenkte wie zum Spiel seine Rute. Er wollte den anderen zeigen, dass keine Gefahr bestand, und das die, die nun noch nicht da waren mit Leichtigkeit ihren Spuren folgen und später zu ihnen aufschließen würden.
Seine Körperhaltung sagte das, was er nicht aussprechen wollte: das sie diesen Ort erst wieder sehen würden, wenn es an der Zeit war wieder den Sommer und seine wärmeren Tage zu genießen, doch nun würden sie diesem Ort den Rücken kehren – eben so, wie es der Alphawolf der Suerto Bailarin machte.
Stolz hob er sein Haupt und blickte gen Himmel. Noch immer war da der Kampf, nein, das Spiel zwischen Wolken und Sonne, das ewig währen würde. Doch dieses Mal verhieß es nur eines – Aufbruch. Wage es endlich und beharre nicht bei dem, dass dir nur für den Augenblick Sicherheit gewährt.

Ikerus Schritte gingen zögerlich. Bis die Sonne durch die Wolkenfront brach und die kalte Schneedecke vor ihm in ihrer ganzen Pracht zu strahlen begann. Einzelne Schneekristalle leuchteten in Milliarden verschiedenen Farben und blendeten den, der es wagte ihre Schönheit in den Vordergrund zu rücken.
Jetzt war der Moment gekommen, in dem der Rüde wusste, dass es soweit war. Er hatte den richtigen Moment abgepasst. Das Rudel würde ihm folgen. So verschwanden seine klaren Konturen in einem Kegel aus Licht, als er einige weitere Schritte nach vorn tat. Das Rudel sah nun nur noch verschwommen das dreckige Weiß vor dem klarweißen Hintergrund. Und der Wolf warf den Kopf in den Nacken. Sein lang gezogenes Heulen erfüllte nun schon zum dritten Mal an diesem Tag den umliegenden Wald.

» Meine Freunde, unsere Reise hat begonnen. « Das wären seine Worte gewesen, würde der Laut, der aus seiner Kehle drang eine Bedeutung haben.
Und dies läutete den Tag ein, den die Suertos niemals vergessen würden.

[ begibt sich auf den Weg zum Tränenfluss | den Anderen ein paar Schritte voraus ]



S I T A R I

Die junge Fähe Sitari hatte bislang nie in dieser Weise für sich selbst denken müssen. Schon immer hatte sie die verschiedensten Gedankengänge, meistens dann, wenn die Gedankenwelt mit der Realität wenig gemeinsam hatte. Doch diese neuen Erfahrungen hatte sie noch nie machen müssen. Noch nie hatte sie allein den Weg finden müssen, Entscheidungen waren ihr abgenommen wurden und grundlegendes Wissen war Aufgabe der Älteren gewesen. Das sie ihren Weg bis hier her gefunden hatte ohne sich in ihrem Übereifer in eine auswegslose Situation zu bringen war ein schieres Wunder. Doch gerade in dem Moment, als ihr dieser Gedanke durch den Kopf ging, beging sie schon wieder den nächsten Fehler. Munter, vergnügt und mit festen, kaltem Boden unter den Ballen lief sie mit dem Wind, jeder konnte sie also wittern bevor sich auch nur in Sichtweite gekommen wäre. Alte Wölfe benutzen stets Sprichwörter. Zu ihrer jetzigen Situation hätten sie wahrscheinlich gesagt: "Sie ist noch ganz grün hinter den Ohren" oder "Ungeschützt wie ein rohes Ei." Doch glücklicher Weise war niemand hier, der ihr alte Weisheiten unter die dunkle Nase reiben konnte. Unglücklicherweise war niemand hier, der ihr beibrachte sich intelligenter, oder besser, vernünftiger zu verhalten. Wäre jemand anwesend gewesen, hätte sie sicherlich eh nicht zugehört.

Der Fluss machte eine leichte Biegung. Sie hatte -es war sicherlich nicht gerade schlau, aber es war trotz der Temperaturen ein großer Spaß- damit begonnen am Ufer des Flusses im Wasser herum zu springen, als sie nach dem mäandrierenden Gewässer einen weiteren Wolf sah. Einen Augenblick blieb sie wie erstarrt stehen. Wer war das? Würde er/sie/es ihr etwas antun? Wusste er/sie/es das sie hier stand und beobachtete? Langsam trat sie aus dem Uferbereich heraus und hinterließ wieder Spuren im Schnee. Durch ihr helles Fell konnte sie nicht sonderlich stark aufgefallen sein. Oder?
Langsam und bedächtig, auf jede Reaktion achtend, näherte sich sich der Fremden. Als sie sicher war, das der Abstand zwischen ihnen nicht zu groß und nicht zu klein war -für den Fall einer Flucht nicht zu klein, um nicht Unhöflich oder gar ängstlich zu wirken, nicht zu groß- blieb sie stehen und sprach die Fremde an.

"Ähm...hallo. Wer bist du?"

Ob hier noch mehr Wölfe unterwegs waren? Sie war an dem Punkt angekommen, an dem sie sich Gedanken über die anderen machen musste um nicht in unvorbereitete Situationen zu kommen. Hatte sie schon den ersten Fehler gemacht, indem sie sie einfach so ansprach? Sitari musterte die andere Fähe. Sie war heller als sie selbst und sah schön aus. Selbst aus dieser Entfernung konnte Sitari das ohne Neid feststellen. Das weiße Fell und diese schon fast natürliche Eleganz, die sie selbst beim sitzen ausstrahlte. Außerdem wirkte sie reifer als Sitari, vielleicht war sie ein paar Jahre älter.
Die beiden Fähen waren beide klein und eher zierlich gebaut, doch Sitari umgab zeitweise eher etwas niedliches, als etwas schönes.
Die Fähe schien keine unmittelbare Gefahr zu sein, wie sie so eins mit der Landschaft, fast schon mit der Umgebung verschmolz. Langsam näherte sich Sitari der Fremden.
Immer noch mit etwas Abstand zwischen ihnen beiden, blieb sie stehen und blickte die Weiße aus großen Augen an. Würde sie antworten? Das rauschen des Flusses war in den Hintergrund getreten, Sitaris Rute wedelte Schwach und ein Ohr war fest auf die Fremde gerichtet. Das andere schnippte umher, versuchte in der Stille des Winters Geräusche zu erhaschen und vielleicht sogar die Anwesenheit anderer Wölfe zu erahnen.
Ob sie Mitglied eines Rudels war? Neben ihrem Geruch nahm Sitari den Geruch von Wald und anderen Wölfen war, doch war letzte Duftnote sehr schwach. Oder kannte sie die hier lebenden Wölfe? Vielleicht würde die Weiße ihr Auskunft geben, wenn oder besser falls sie antworten würde. Ein bisschen Gesellschaft war wahrlich schön, Sitari war seit längerem allein gewesen. Doch, was wenn die Andere nicht auf ihre Gesellschaft Wert legte? Man konnte schließlich nichts erzwingen. Doch, optimistisch wie sie war, wartete sie erst einmal ab und würde sich über die Einsamkeit sorgen, wenn sie einsam war.

[bei Khazia | Tränenfluss]



A C E A N

Langsam füllte sich der Platz, an dem die Wölfe sich befanden. Anscheinend waren den anderen auch Ohren gewachsen, sodas sie den Ruf ihren neuen Alphas gehört hatten. Der Schwarze betrachtete die Wölfe, die erst in einiger Entfernung stehen blieben, skeptisch herüber blickten und dann doch näher kamen. Einige der Blicke blieben an ihm hängen, sodass Acean fast gezwungen war, den Blick des Wolfes zu erwidern. Nouri brach die Stille, in dem sie ihn ansprach. Mit kühlem, aber nicht abweisendem Blick drehte der Dunkle den Kopf zu ihr. Ein leises Lachen verließ auf ihre Worte hin seine Kehle. Das konnte er sich sehr gut vorstellen. Aber er ging nicht weiter auf sie oder ihre Worte ein. Das war eine Sache zwischen ihnen, der Rest des Rudels musste das nicht alles mitbekommen. Stattdessen richtete sich sein Blick wieder auf die Bunte neben ihm. Sey schien nach seinen Worten völlig geschockt zu sein, jedenfalls reagierte sie nicht. Vielleicht ignorierte sie ihn auch extra? Zumindest konnte er sich das bei ihr gut vorstellen. Ungewolltes ignorieren. Leise seufzte der Dunkle. Vielleicht würde sie gleich noch reagieren?
Der Kopf des Rüden wandte sich herum, als Ikeru sich erhob und sich langsam vorwärts bewegte. Es ging also los, er hatte endlich entschlossen, auf zu brechen. Die orangen Augen glitten kurz zu Nouri, ehe er dem Weißen hinterher blickte. Er schritt durch den Schnee, den Kopf stolz erhoben. Acean wußte nicht, ob dies nun ein verzweifelter Versuch war, wie ein Anführer zu wirken, oder ob er sich schon längst in seine Rolle eingefunden hatte. Er selbst für seinen Teil konnte dem Rüden keinen Respekt entgegen bringen. Ein Anführer konnte nicht einfach bestimmt werden. Wie hatte er sich den als Alpha bewiesen? Wie sollte er jemandem Respekt zollen, der einfach so in seine Aufgabe.. gezwungen wurde? Er hätte sich darüber wahrscheinlich noch Stunden den Kopf zerbrechen können, und wäre zu dem selben Ergebnis gekommen. Er musste diese beiden Wölfe nicht verstehen. Es war etwas vorgegangen, das ihn anscheinend nichts anging. Und dabei musste er es belassen. Es brachte nichts, zu versuchen, den Grund heraus zu finden. Er biß bei Nouri nur auf Stein. Und trotzdem wollte er sich nicht einfach so mit Ikeru als neuem Anführer zufrieden geben. Der Schwarze schüttelte den Kopf. Für solche Gedanken war keine Zeit, sonst saß er noch hier, wenn das Rudel schon längst im dichten Schnee verschwunden war. Nur ein kurzer Blick galt Seyíra, als der Rüde sich erhob, kurz den Schnee aus seinem Pelz schüttelte und sich dann ohne ein Wort zu verlieren, vorwärts bewegte. Seine Schritte waren ruhig, ohne Eile und Hast. Selbst in diesem Schnee würde er Ikerus Fährte nicht verlieren, wenn er dicht genug hinter ihm ging. Und trotzdem konnte er noch genug Abstand zu dem neu ernannten Alpha halten. So hatte er genug Zeit, noch ein wenig nach zu denken. Und das war seine Welt. Er war ein Wanderer, der eigentlich nie an einem Ort blieb. Der Schwarze atmete tief die frische Winterluft ein, und schloß einen kleinen Moment die hellen Augen. Kaum hatte er sie wieder geöffnet, drehte er kurz den Kopf zurück, um nach zu sehen, wo der Rest blieb. Aber sie würden ihnen folgen, dessen war der Schwarze sich sicher.

[Geht los - In einigem Abstand zu Ikeru]


Zuletzt von Das Schicksal am So Nov 21, 2010 1:47 am bearbeitet; insgesamt 1-mal bearbeitet
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Winter 1874 I Vide
BeitragThema: Re: Winter 1874 I   Winter 1874 I Icon_minitimeSo Nov 21, 2010 1:46 am

N O U R I
In ihrem Kopf herrschte eine angenehme Leere.
Keine Alphasorgen, kein Kenáo, kein Acean, keine Vergangenheit, keine Zukunft.

Alles schien wie weggepustet von einer warmen Brise, die ihr phantommäßig um die Beine tanzte und dazu animierte einen leichten Schritt zu laufen. Anstatt direkt zu Ikeru aufzuschließen, als er aufstand und sich in Bewegung setzte, lief sie in einem Bogen um die gesamte Gruppe herum, scharrte hier und da, um für die Schicksalstänzer eine Markierung zu setzen, wedelte mit der Rute zur Animation und Ermutigung, verteilte den Duft des Rudels. Ab und an kam sie mal kurz näher und schnupperte vergnügt, stupste die bunte Fähe aufmunternd an und leckte ihr in einer kurzen Geste über die Wange, um ihr zu zeigen, dass sie dazugehörte, und ein Teil des Ganzen war. Selbst dem Omegawolf begegnete sie mit einer gar freundlichen Art, schnaubte ihm leicht ins Nackenfell und wollte ihn dazu anregen sich dem Tempo anzupassen – er schien ein wenig versteinert und auf die weiße Fähe fixiert zu sein.
Der Grauen war das durchaus Recht. Wenn er schon keinen Anschluss bei ihr selber gefunden hatte, war es doch ganz angenehm zu sehen, dass überhaupt jemand anderes noch mit ihm zurechtkam. Auch die etwas unschlüssig wirkende, auf die der Sandbraune so guckte, begrüßte die Graue aufgeweckt, stupste auch sie an und lief in einem zügigem Trab an Acean vorbei. Mit ihrer Körperhaltung signalisierte sie ihm Neutralität bis Akzeptanz, denn auch, wenn sie ihn nicht verstand und vielleicht auch nicht besonders mochte, war er in ihren Augen momentan nun einmal beim Rudel. Das machte ihn nicht zwangsmäßig zu einem Mitglied, da sie auch nicht sicher war, ob das überhaupt seine Intention war, doch in diesem Augenblick war ihr aller Kummer und alle Feindseligkeit fern.
Sie war einfach unglaublich zufrieden, dass sie für ein paar Minuten völlige Freiheit aller Lasten besaß, und genoss das in allen Zügen.

In ihren Gedanken flog sie über die Ebene hinweg, die sie nun beschreiten würden. Sie wusste, wohin der Weg ging. Sie war ihn schon oft gelaufen. Dementsprechend war sie sich der Gefahren durchaus bewusst. Es würde nicht einfach werden, aber, und das kam ihr erneut in den Sinn, die anderen dazu zwingen miteinander zu kommunizieren und als Gruppe zu agieren.
Sie wären nicht das erste Rudel, was sich womöglich zusammenfinden würde. Aus ihrem Geburtsrudel her kannte sie dieses Handeln. Gemeinsame Jagd, gemeinsame Erfolgserlebnisse würde ihnen die Möglichkeit geben die zarten Fäden der Bekanntschaft zu stärkeren Bändern zu flechten. Sie war natürlich nicht so naiv zu denken alle würden sofort die engsten Freunde werden. Wenn sie – sollte sie aus ihrem Zustand ein wenig in die Realität zurückkehren – an sich und Acean denken, war ihr klar, dass einige aneinandereckten.
Im Großen und Ganzen aber, da war sie sich sicher, würden sie diese Aufgaben bestehen, und daran heranwachsen.
Sie hielt daran, an einen so derart kindlichen Gedanken, bis sie Ikerus Geheul hörte, und wie von einer Flutwelle mit einem warmen Schauer übergossen wurde.

Augenblicklich erhob sie im Lauf ebenso den Kopf, verlangsamte sich und heulte ebenso. Sie stimmte mit ihrem melodischem Laut in seine Ankündigung ein und sang ihre Strophe des Liedes, welches das der Schicksalstänzer war.
Ihr klarer Ton erhob sich in den glänzenden Himmel.

Eine Ode an die Freude, an das Rudel, und das vage Gefühl des Glücks, was sie in diesem Moment durchströmte.

[läuft erst zwischen allen herum und animiert, leitet ein Freudengeheul an | leicht hinter Ikeru | PS. Bin gerade sentimental ;'D und arg unkreativ]



K A Z E S H I A I
Es war die falsche Zeit um die Reise fort zu setzen. Jetzt, wo die Sonne sich langsam ihren höchsten Punkt erkämpfte und mit letzter Kraft ein wenig Wärme ausstrahlte. Schwach – nur vereinzelt fielen die sichtbaren Streifen – und dennoch wäre es nun angenehm gewesen sich einfach nur fallen zu lassen. In einem alten Bau eines anderen Tieres oder zwischen riesigen Wurzeln. Auf eine Stelle die von dem weißen Mantel befreit war. Ja, es wäre angenehm gewesen, die Glieder an den Leib zu ziehen und zu ruhen, Kräfte zu sammeln, Wärme zu speichern. In der Dunkelheit war es zu kühl um die Bewegung aufzugeben, daher war die Nacht für die helle Fähe zum Tag geworden.

Leider musste Shiai ihre winterliche Planung in dieser Umgebung schon seit Tagen unterbrechen. Das Waldstück, dass sie sich als Schutz vor dem Schneesturm ausgesucht hatte war besetzt gewesen. Deutlich hatte die Spur eines Rudels in der Luft gehangen, sobald der Wind einmal nur schwach in die richtige Richtung geweht war. Ein Rudel, dessen Entfernung die Helle als ausreichend einstufte um sich ohne Vorwarnung in das Gebiet zu wagen und es so schnell wie möglich zu durchqueren. Natürlich war es ihr gelungen – wie so viele Wanderer nutze sie gerne die abgelegenen Grenzen als Orientierung, als einen Pfad, um zumindest eine Angabe zu erhaschen, der sie folgen konnte. Selten kam es vor, dass diese Pfade sie in die Irre führten. So wie der, dem sie gefolgt war.
Entlang einer schier unendlichen Bergkette, nahm ihr vorgenommener Weg kaum ein Ende, ebenso wenig wie das Revier, in dem sie sich befand. So lange, bis sie sich zu ihrem eigenen Schutz – der Geruch von Artgenossen kam ihrem Geschmack, zumal sie ja eindeutig der „Eindringling“ war, zu nahe - an einer geeigneten Stelle die steilen Bergwände hochkämpfte um endlich aus diesem Tal zu entkommen.

Ein tiefes Grollen entfloh der rauen Kehle, die sich dem Boden zuneigte. Die Ohren flach angelegt, sonn die Fähe sich in der Entwicklung ihrer derzeitigen Lage. Zu Mal die Kälte und Nässe ihr schon genügten, hatte sich ihr am vorherigen Morgen ein Bild geboten, das eine weitere lange Bergkette zu ihrer einen Seite zeigte und in der Ferne eine weite Ansammlung von Wasser zu ihrer Anderen. Beides umgab ein weiteres Revier, durch das Shiai nun gerade Wegs durch trabte. Noch einmal würde sie nicht so einen Umweg machen und eine Selbstmordaktion starten, in dem sie sich im Winter über die Berge traute. Die Erholung danach hatte genug Zeit in Anspruch genommen.
Erschrocken erstarrte der helle Körper, als ein dunkler Ton die Stille der unebenen Fläche zerbrach. Ein Ton, der schon einmal an diesen Morgen ertönt war. Doch zu der Zeit noch aus einiger Entfernung. Die Ohren nun senkrecht zum Himmel gerichtet wartete sie und wägte ab, wie weit der Besitzer der „Stimme“ noch entfernt war. So viel sie mitbekommen hatte, war es nicht nur ein Wolf – ansonsten wäre der erste Ruf sinnlos gewesen. In der kompletten Starre des schmalen Körpers, begann die Rute der Fähe leicht zu beben. Hätte sie sich angemeldet, wäre die Kreuzung des Tals wahrscheinlich nicht der Rede wert gewesen. Aber wie zu oft, war sie sich zu schade gewesen um Erlaubnis zu bitten nur um ihren Weg fortzusetzen.
Im Kopf die Vor- und Nachteile abschätzend, hob sie nach einiger Zeit die Schnauze und stieß ein kurzes, helles Jaulen aus, grade einmal laut genug, um die Entfernung zu überbrücken, die zwischen ihr und der Ansammlung von Artgenossen lag. Es besaß keine Bedeutung, sollte allein als Anmeldung dienen, dafür, kurz auf sich aufmerksam zu machen, ihre friedlichen Absichten zu verkünden. Ihr Eintritt in das Revier war wahrscheinlich schon bemerkt worden.
Wenn das Rudel sich in Gang setzte – so könnte sie sich ihm für den Rest des Weges durch ihr Gebiet anschließen. So hoffte sie trotz ihres dreisten Eintritts zumindest.
In voller Größe aufgerichtet, setzte die Fähe ihren Trab fort, langsamer als zuvor, um bei einer negativen Antwort den Abstand zu wahren, der zu der Zeit noch eine große Sicherheit da legte.

( Auf der Höhe des Sumpfsee, etwas westlich davon entfernt – alleine )



S Ó K E
Die Worte des Alphas hatten sie zunächts beruhigt. Das es sich dabei um eine Lüge handelte, war für sie zu undenkbar. Nur wie kams, dass sie Cél nicht gewittert hatte? Ihre Sinne mussten lediglich weit weniger geschärft, dass war alles. So würde sie es sich erklären. Während sie erstmal noch so schweigend darüber nachdachte - über was auch immer - waren der Alpha und jemand anderes dessen Name ihr entfallen war, schon voraus gegangen. Die Reise hatte endlich begonnen, wenn auch mit etwas Verzögerung. Sie selbst versprach sich jedoch nicht soviel davon, außer zu überleben, schließlich zog man nun zu einem sicheren Ort, dieser hier würde bald nicht mehr so schützend sein wie einst, und es würde kälter werden als es schon war. Sie wurde durch die einstige Alpha aus den Gedanken gerissen, die versuchte die weiße zu animieren. Ein leises Fiepen entwich ihrem Fang, ehe sie sich zur Grauen wandte, die jedoch schnell wieder weg war, mit dem Sinn den Rest auch noch zu motivieren und mit Wärme anzustecken.

Sie befasste sich nicht weiter mit den letzen Gedanken, ebenso wenig sah sie noch zur Grauen, und anstatt jetzt zu folgen und die Reise endgültig beginnen zu lassen, drehte sie sich ganz herum, und taxierte auf den sandbraunen zu und stupste ihn ebenso an wie die graue sie bereits vor wenigen Augenblicken angestupst hatte. Sie überlegte sich ob sie das Spiel von vorher nicht weiterführen könnten. Wobei das eher negativ auf sich ziehend war, sein würde. Sie freundetet sich schnell mit dem Gedanken an jetzt einfach nur laufen zu müssen, und sie wusste nicht einmal wohin.

“Hallo.”

Sagte sie, ganz so als wäre das nun schon ewig seit sie miteinander kommuniziert hatten. Dabei konnte es sich nur um Minuten handeln. Sie schmunzelte, ließ den Blick von Kház zu Ikeru und seinem ‘Gefolge’ wandern.

“Jetzt geht’s los.”

Erneut stupste sie ihn an und entfernte sich dann wieder langsam von ihm, er würde leicht hinterher kommen, wenn er es darauf anlegte. Ihre Ohren zuckten nervös. Sie wusste nicht wie weit der nächste Sturm kommen würde, vielleicht wäre es ja egal wie weit die Gruppe heute kommen würde. Sie war wieder weiter weg gerückt vom positiven denken. Sie sah über die Schulter hinweg zum Sandbraunen und kam wieder zum Stillstand, entschloss sich dann doch auf ihn zu warten. Wohlmöglich war der Rest der Gruppe schon ein wenig weiter. Vermutlich würden die beiden weiter hinten bleiben, Sóke war viel freundlich und wenn es jemanden gab der noch hinter ihr war konnte er damit rechnen das sie wartete, es schien egal um wen es sich dabei handelte. Bis jetzt kannte sie nur drei. Cél, Kház und Mayoki. Auch er war irgendwie nicht aufgetaucht. Das war seltsam. Er war jener den sie als Pflichtbewussten erkannt hatte, für die Regeln des Rudels würde er vermutlich sein Leben geben. Wieder sah sie den anderen nach, die schon losgegangen warn. Ja, es war doch ein wenig bedauernswert, und sie fragte sich wo er abgeblieben war. Sie schnaubte.

“Vielleicht sollten wir uns ein wenig beeilen, Kház.”

Meinte sie für ihn nicht ganz so gut hörbar, aber immer noch verständlich, so einiger Maßen.
Noch war nicht jeder losgezogen, aber sie selbst wollte den Rest nicht aufhalten, tief im inneren. Sie rechnete damit, dass dies der Fall sein könnte. Erneut sah sie zurück zu Kház.

[nahe der Sommerhöhle / Zuerst bei den anderen, dann bei Kház, dann ein bisschen vorraus]


S E Y Í R A
Sey realisierte gar nicht richtig, dass der Dunkle mit ihr gesprochen hatte, wo ihre Augen doch immer müder und ihre Konzentration ganz dem Wachbleiben galt. Warten war immer so verdammt anstrengend. Wie eingefroren lag sie da, bewegte sich kein Stück.
Erst, als allmählich der Rest eintrudelte hauchte das ihr wieder Leben ein. Na endlich. Hatte ja auch lang genug gedauert. Trotzdem beachtete sie die anderen nicht großartig. Nur ein anerkennender Blick. Weiter nichts. Sie musste viel mehr darauf achten, eine Gelegenheit abzupassen um Ace allein zu erwischen und die ganze Sache von vorhin zu ergründen. Er wirkte fast, als hätte Nouri in angegriffen, was Seyíra sich beim besten Willen nicht vorstellen konnte. Wieso sollte sie das auch tun? Schließlich gab es keinen ersichtlichen Grund dafür. Oder? So oder so, irgendetwas schien die Bunte nicht mitgekriegt zu haben und das störte sie. Gewaltig. Normalerweise hatte der Dunkle immer einen Grund für solche Aktionen. Immer. Ergo musste ja etwas vorgefallen sein.
Erst, als Ikeru sich langsam in Bewegung setzte, erhob auch sie sich, lief ihm allerdings nicht sofort hinterher. Sie musste sich ersteinmal an die stehende Position gewöhnen. Seit sie hier angekommen waren, hatte sie sich so viel ausgeruht und so wenig bewegt, dass es sie schon wieder ermüdete. Sie sah Acean an, nur um zu sehen, dass dieser ebenfalls bereits losgelaufen war. Als Erster. Merkwürdig. Aber gut für sie, so konnte Sey ihn schnell abfangen und ausfragen.
Kaum war dieser Entschluss gefasst, kam die Graue zu ihr und animierte sie fröhlich zum losgehen. Sie freute sich ehrlich darüber. Solche Dinge waren beängstigend selten geworden. Jedenfalls bei den Wölfen, die sie in ihren drei Lebensjahren getroffen hatte. Sie konnte die Wärme regelrecht spüren. Die Bunte erwiderte dies mit einem glücklichen Wedeln ihrer Route und lief motiviert los. Klebte sich allerdings direkt an den dunklen Rüden.
Kein entkommen, mein Freund.

Schnell hatte sie aufgeholt und ließ Acean auch keine Chance zuerst zu reagieren.
"Muss ich fragen oder sagst du's mir von alleine? Übrigens, ohne dich wäre ich erstmal viel eher hier gewesen, weil dann kein schlafender Wolf aufgehalten hätte."
Sey sah ihn nicht an. Ihr Blick war geradeheraus in die Ferne gerichtet, während sie auf eine Antwort... oder Ausrede wartete.

[Erst weiter hinten, dann ein Stück hinter Ikeru || bei Acean]


K H A I Z A
Es war eins. Alles gehörte zusammen. Die Natur war etwas Wunderbares. Etwas, was nicht ohne auch nur eine Sache so existieren konnte, wie es momentan der Fall war. Doch wieso wurde einem (oder nur Khaiza?) das gerade jetzt klar? Gerade dann, wenn auch alles gleich aussah? Wenn alles weiß war und eine Einheit ergab. Ein Ganzes, von dem auch sie selbst nur ein kleines Stückchen war. Dann, wenn der Winter über das Land herrschte und Leben nahm, so viele es ihm genügt. Oder hatte auch er seine Regeln? Nahm er nur so viele mit sich, dass die Natur in ihrem Gleichgewicht blieb? Erlöste er all diejenigen, die nicht stark genug waren, dem Leben (länger) zu trotzen und nahm sie deshalb mit sich? Handelte er nur im Sinne aller und stand trotzdem als ‚böse‘ da? Sie zuckte kurz mit den Ohren, während ihre Gedanken frei waren. Oh ja, freier denn je und eins mit der Weite des Winters. Doch ob gut oder böse, er trug gleichzeitig etwas wunderbares und etwas tödliches mit sich herum. Nicht jeder schaffte es, der Kälte zu trotzen. Der Winter war ein Neuanfang, eine Zeit, in der man sich ändern konnte, in der man ruhen konnte, bis der Frühling alles wieder erweckte. Dann, wenn die Bäume austrieben und die ersten Blumen blühten, dann konnte man sich auch selbst neu erheben, aufsteigen. Alles erwachte neu. Alles, außer denjenigen, deren Seelen es gekostet hatte.

Sie war unachtsam geworden und so vernahm sie für ihre Verhältnisse das auffallend plätschernde Geräusch viel zu spät. Die Fremde war nun da. Die, die sie auch vorhin schon von weiter weg vernommen hatte. Doch Khaiza wendete nicht den Kopf, sah sie nicht an – Nicht direkt. Peripher konnte sie schließlich jede noch so kleine Bewegung wahrnehmen. Sie konnte erkennen, dass es sich um eine junge Fähe handelte. Eine unachtsame, junge Seele, die alleine dem Tod überlassen worden war? Es war nicht die Art der Weißen, Fremde zu ignorieren, doch momentan spürte sie, dass etwas in der Luft lag. Was genau, vermochte sie nicht genau zu bestimmen, doch die Junge spürte diese Anspannung doch auch, oder? Oder war es nur wieder der eigene Instinkt, der übermäßig gespannt war und alles Mögliche erahnte, was dann doch nicht eintraf? Die Weiße blinzelte, als sich in der Wolkendecke ein Riss auftat und die Sonne ihr Gesicht zeigte. Es zauberte ihr ein sanftes Lächeln auf die Lefzen. Selbst auf die Worte, die die Junge nun schüchtern an sie richtete, schien sie nicht reagieren zu wollen. Irgendetwas war doch da! Irgendwas musste kommen!

Schlagartig stellte sie die Ohren auf, als ein sanftes Heulen die kalte Luft durchschnitt. Leise, fern und dennoch da. Voller Freude, voller Stolz. Khaiza schloss die Augen, während sie lauschte. Gemeinsamkeit, Gesellschaft. Liebe. All das hatte sie zurückgelassen. Zusammen mit den Erinnerungen, dem Schmerz, den sie einfach nicht mehr aushalten wollte. Sie war geflohen, so würden es manche beschreiben, doch für sie war es das einzig vernünftige gewesen. Eine zweite Stimme stimmte ein und untermalte das so bekannt wirkende Lied, sang es weiter und führte es voller Stolz allen vor, die es hören konnten. Hach. Wie sie doch diese Freiheit vermisste, diese gemeinsame Freiheit, die man mit der alleinigen einfach nicht vergleichen konnte.

„Hört Ihr das? Diese Glückseligkeit? Diese Gemeinsamkeit, die uns einsamen Seelen nicht mehr gegönnt ist? Diesen Gesang, der eine ganze Geschichte erzählt, voller Stolz.“

Noch immer hatte sie die Augen geschlossen und lauschte bis auch der letzte Ton in der Ferne verklungen war. Die Fremde hatte sich noch ein Stück weiter an sie heran getraut, doch ging von ihr offensichtlich keine Gefahr aus, weshalb sich die Weiße auch dazu entschlossen hatte, ihre derzeitige Tätigkeit nicht zu unterbrechen. Doch nun erst schien sie zu überlegen und zu dem Schluss zu kommen, dass ihre Worte die Fremde sicherlich nur verwirren würden. Handeln ohne groß zu überlegen. Hach ja. Das kannte man ja von ihr. Woanders. Nicht hier. Und es war auch nicht schwer, festzustellen, dass auch die Junge genauso fremd war wie sie selbst.

„Entschuldigt meine wirren Worte. Khaiza Malí. Freut mich.“

‚Namenlose‘ fügte sie noch in Gedanken hinzu und öffnete langsam die Augen, während sie den Kopf das erste Mal in ihre Richtung wandern ließ. Ein sanfter Ton hatte gegenüber der jungen Seele in ihrer Stimme gelegen, während sie ihr nun freundlich entgegen lächelte. Einen Moment zumindest, ehe sie erneut mit den Ohren spielte. Wieder hatte es sich angefühlt, als würde sich etwas durch sie hindurchbohren. Ohne Schmerz, doch unangenehm war es trotzdem. Diese ständigen Beobachter. Lästig. Oder waren es wieder nur ihre übersensiblen Instinkte, seit sie den Wölfen im tiefen Wald begegnet war.

„Irre ich mich, oder habt auch Ihr das Gefühl, dass wir nicht allein sind? Entweder es ist das Rudel, welches sich in unsere Richtung aufgemacht hat. Oder es ist eine einsame Seele, so wie wir...“
[am Tränenfluss bei Sitari| lauscht dem Heulen | bemerkt Zan(?)]



K H Á Z

Es kam nicht selten vor, dass mal wer ein wenig zurückblieb: aus Unachtsamkeit, weil er sich ablenken ließ, die Kräfte vielleicht nicht durchhielten und so der Betreffende etwas brauchte, um wieder aufzuholen. Sich aber bewusst dazu zu entscheiden, sich von der Gruppe abzusondern und aus verschiedenen Gründen alleine zu verweilen war eine riskante Idee und der Braune schätzte das nicht sonderlich. Abgesehen davon machte er sich in diesem Fall wirklich Sorgen und es missfiel ihm die Weiße alleine lassen zu müssen – sollte sie darauf beharren auf die andere Fähe zu warten. Was womöglich auch noch eine vermeintliche Aktion war. Ihm war klar: würde sie sich dazu entscheiden nicht mitzugehen, musste er sie wie der Rest des Rudels gewähren lassen. Ihm selber war dabei geboten dem Alpha zu folgen.
Missgelaunt betrachtete er die beiden hellen Wölfe und ließ sich nur kurz ablenken, als die Graue herankam, um ihn animierend anzustoßen. Er huschte zwei, drei Schritte vor und wedelte, den Blick auf sie gerichtet und hechelnd, mit der Rute. Seine Miene verriet, dass er unter Stress stand, da ihm die Situation nicht zusagte.
So etwas Blödes aber auch!

Kaum, dass sich die Weiße zu ihm umdrehte klappte sein Fang zu und er schaute sie von unten herauf an. Er versuchte ein wenig entspannter aufzutreten, um keine negativen Eindrücke von sich bei ihr aufzuwerfen und wedelte erneut mit der Rute herum. Dabei hielt er dezent seine Fragen bei sich. Ob sie nun mitkommen würde oder nicht, dass sagte sie ihm bestimmt von sich aus: da musste er nicht so aufdringlich erscheinen.
Was sie dann von sich gab stimmte ihn augenblicklich versöhnt, sogar fröhlich und er richtete sich sofort in seine gesamte Größe auf, um mit einem ausgelassenen Sprung hinter ihr herzueilen. Kház war jemand, der schnell wieder glücklich war.
Sie war noch ein Stück von ihm entfernt, sowie auch der gröbste Teil er eben versammelten. Er war es gewohnt einen kleinen Abstand zu behalten, wenn er gerade aktiv in der Omegarolle war. Er rückte dann und wann wieder ins Licht, wenn er Spannungen bemerkte und diese durch seine alberne Art ausreizte und somit niederlegte. Jetzt schien es auch gewisse Dinge zwischen vereinzelten Rudelmitgliedern zu geben – um die er sich aber in diesem Moment noch nicht sonderlich scherte. Einmal, weil diese Sorgen noch nicht besonders groß wirkten, zweimal, weil er gerade mit etwas Besserem beschäftigt war: Freundschaft pflegen.
Wenn auch er Sóke noch nicht besonders lang kannte – was auch relativ war, da er ja nicht besonders viel über sie wusste – hatte er doch nach wie vor das Gefühl, dass sie sich gut verstanden und den Keim einer solchen Beziehung schon in die Erde gepflanzt hatten. Ihm war es wichtig nun mehr darauf zuzugehen: denn er mochte die Gewissheit, dass da vielleicht wer war, an den er sich würde richten dürfen, wenn er Probleme hatte, oder sich über etwas freute.
Eine Bezugsperson eben.

Aber noch war das zu sehr aus der Luft gegriffen und er wollte sich in dieser Hinsicht noch keine zu großen Hoffnungen machen. Es war ja oft so, dass alles anders kam, als man glaubte.

So hüpfte er ihr nach und wackelte vergnügt um sie herum. Was sie sagte, hörte er nicht so genau. Er stellte nur Vermutung an und antwortete einfach mal unbedacht drauf los.

““Ja, klar können wir das Spiel wieder aufgreifen!

Fand er super.

[versteht Sóke falsch und freut sich | etwas hinter den anderen auf dem Weg von der Sommerhöhle weg | Sóke]



S Ó K E

Sie hatte diesmal, was ziemlich ungewöhnlich war, jegliche Sorgen abgelegt. Vielleicht hatte sie sie auch einfach bloß zur Seite geschoben, nur um es den anderen und sich selbst einfacher zu machen. Man hatte einen weiten Weg vor sich, und es war bestimmt nicht zu leugnen dass einem dabei so einige Steine in den Weg gelegt werden würden. Noch war sie optimistisch. Ob es ihr angesehen wurde? Kházun war vielleicht für die nächste Zeit die einzige Persönlichkeit für die weiße Fähe, die dass bestätigen konnte. Da war ein Lächeln, kurz, aber bei Aufmerksamkeit würde es bemerkt werden, ehe es wieder verschwand, und scheinbar nie existiert hatte. Ruhig wedelte ihre Rute hin und her, und sie setzte sich wieder in Bewegung. Das Spiel, ja. Ein Fiepen. Vielleicht sollten sie es auf den Zeitpunkt verschieben indem alle sicher waren, wo keine Gefahr vorm Sturm bestand. Sie wusste nicht wann dieser eintreten würde.

“Denkst du nicht, wir würden die Gruppe damit aufhalten?”

Dabei klang sie nicht ernst, eher unsicher. Sie wäre jetzt lieber auch in ihre Naivität verfallen und hätte den sandbraunen in den Schnee geschubst, oder sanft und spielerisch in die Seite gebissen, gezwickt. Sie schien sich den Pflichten zufügen, die sie hatte. Es würde nicht lange dauern, und sie wäre bald ganz und gar ein Teil des Rudels.
Aus den Augenwinkeln sah sie zu ihm und schnappte spielerisch nach ihm. Vielleicht könnten sie die Zeit mit Schnappen überbrücken, der weißen schien das im Moment zu reichen. Es schien aber auch nur so. Wie gesagt. Sie wäre auch lieber ihren welfischen Instinkten verfallen, in welchen es weder die so genannten Pflichten, noch Spaßverderber existent war’n. Sie war immer noch ein wenig nervös. Sie kannte die Gebiete die folgten nicht, und fand das selbst ziemlich spannend. Vielleicht würden sie grüne Flächen erreichen, die sie nur noch aus Welpentagen kannte. Hatte sich nie daran gestört, aber das war einige Zeit her, und das alles wäre ihr vielleicht ein wenig fremd. Sie rümpfte die Nase. Das dürfte für Kházun nicht unbekannt sein.

“Ich bin gespannt wo wir eigentlich hingehen. Weißt du’s?”

Sie legte den Kopf schief, während sie ihn so ansah. Hielt nicht für lang, sie sah der Gruppe wieder nach, die nicht ganz so weit voraus waren. Akzeptabel. Dennoch wurden ihre einst zögerlichen Schritte etwas schneller.

“Ich meine lediglich ob es dort nicht vielleicht wärmer ist, grüner. Ich erinnere mich noch vage an das grelle Grasgrün und das Zeug von dort, wo ich herkomme.”

Sie war wieder kurz davor zu lächeln. Das war eine tolle Zeit gewesen, auch wenn sie sich eben nur noch halb daran erinnerte. Und dennoch trauerte sie ihr nicht nach. War auch besser so, es hätte sie noch mehr behindert als sonst. Sie war ungewöhnlich optimistisch und hoffte das es anhielt für die nächste Zeit. Ja, sie lächelte, erneut.

“Das wird ganz toll!”

Ihre Wortwahl klang sehr naiv. Egal. Aber es klang zumindest positiv. Vielleicht wäre die Position des Omegas geeignet für sie. Jemand der ihre Vorgeschichte kennen würde, welche trotzt allem nicht sehr ereignisreich gewesen war, würde darüber schmunzeln. Sie würde sich die allergrößte Mühe dafür geben. Sie selbst machte sich zwar noch keine Gedanken darum, aber nun. Um ehrlich zu sein kannte sie sich auch nicht besonders gut damit aus. Früher war sie wegen solchen Dingen sehr begeistert gewesen, früher hätte sie all das gewusst, aber das war im Laufe der Zeit verblasst. Aber das würde wieder kommen, dachte sie. Sie hatte Kházun in seiner Rolle als Omega noch nicht in Aktion gewesen. Es musste eine Position sein, die man im Rudel eher weiter unten fand. Doch sie war bestimmt nicht minderwichtig.

“Ist das schwer, so als Omega?”

Sie wusste bereits ein wenig,, dass die Graue, von der sie noch dachte, dass sie Alpha wäre, dem Sandbraunen nicht ganz so freundlich gesinnt war. Sie wusste nicht warum, aber wollte das auch noch nicht breitschlagen, das war unhöflich, dachte sie, Möglicherweise, irgendwann, sobald sie wusste, dass sie und der sandbraune befreundet waren. Die beiden waren auf dem besten weg dahin. Lag es daran das er ‘bloß’ ein Omega war? Vielleicht hatte der sandbraune bloß etwas ausgefressen.

[entfernt sich von der Sommerhähle // etwas weiter hinten, mit Kház]



K H Á Z

„Nee, solange wir in absehbarer Nähe bleiben...“

Meinte er nur und trabte glücklich neben ihr her. Er kicherte, als sie nach ihm schnappte und gab ein arg gekünsteltes Knurren von sich.

„Muss schön da gewesen sein, wo du herkommst.“

Danach schwieg er erst einmal, antwortete nicht sofort auf das, was sie noch sagte und schaute zunächst die Spuren an, die ihnen den Weg zu den anderen zeigen würden, auch, wenn sie diese aus den Augen verlieren sollten. Der Wind war nicht besonders stark und es schneite momentan nicht, weswegen die Abdrücke nicht allzu schnell verschwinden würden – geschweigedenn der Duft, der daran haftete.
Schließlich gab er ein zufriedenes Grunzen von sich und erhob etwas nachdenklich, sowie amüsiert die Stimme.

„Ja und nein. Ich weiß nicht den genauen Ort, aber ich bin aus dieser Richtung aus den Bergen hinabgekommen. Es muss da unten irgendwo sein.“

Er schnippte wieder mit den Ohren, wie er es oft tat.

„Nun, es ist grüner als hier: es gibt mehr Bäume, dichte Wälder. Allerdings tragen nur die Tannen und solche Gewächse momentan noch Blätter.“

Das klang irgendwie trist, obwohl es durchaus seinen Reiz hatte, wenn das dunkle Grün unter den weißen Schleiern hervorbrach. Zudem war es reizvoll, wenn man den Anblick mit allen Sinnen in sich aufnehmen konnte: der Geruch süßherben Harzes hing teilweise schwer über der Erde, war aber durchaus angenehm.
Um den Eindruck ein wenig schöner zu untermalen ergänzte er zusätzlich noch etwas.

„Aber im Sommer, vielleicht auch im späten Frühling, wenn der Schnee zurückgeht, dann wird es hier sicherlich ein buntes Durcheinander von hellen Farben werden.“

Er klang fast verträumt, und sehnte sich danach, das zu sehen. Wo er herkam gab es weniger gefrorenes Wasser, weniger Kaltes. Er war in einer kühlen bis gemäßigten Steppengegend aufgewachsen, die nicht viel mehr hergab als ein paar Sträucher und Blumen – aber im Vergleich zum ewigen Winter war das schon das blühende Leben. Er vermisste es, durchaus.
Während her neben ihr dahertänzelte hin er ein wenig seinen Gedanken nach. Der Ort seiner Herkunft zeichnete sich vor seinem innerem Auge ab, ebenso dessen Bewohner. Er sah eine Gruppe von jungen, wilden Rüden, die mit ungeschickten Sprüngen in eine Gruppe von Kaninchen rannten, sodass diese in alle Himmelsrichtungen davonstoben. Hierbei ging es nicht darum ernsthaft Beute zu schlagen, sondern einem ausgelassenen Spiel nachzuhängen.
Lustig.
Trotz dass er allgemein die wärmere Gegend misste, dachte er nun nicht mit Wehmut an seine Familie. Es hatte sicher schon sein Gutes gegangen zu sein, und so war es nun einmal. Es war nichts, dem man hinterherweinen musste. Vielmehr sollte man sich bedanken eine so schöne Zeit verbracht zu haben, und nun die Gelegenheit zu besitzen, mal über den Horizont hinwegzuschauen.

„Ja, natürlich.“

Er lachte klar auf, nachdem er geantwortet hatte und schaute sie verschmitzt an.

„Ich denke jede Aufgabe fordert ihren Tribut. Jeder Rang ist anstrengend, und erwartet von seinen Besetzern dann und wann Opfer. Soziales Arrangement, den Überblick nicht verlieren, sich unterordnen, willenlos gehorchen: das missfällt jedem irgendwann mal, kann für jeden ein harter Brocken zum dran Kauen sein.“

Verspielt trat er absichtlich mit den Vorderpfoten nur in die Spuren, die sich vor ihm dahinzogen, und blickte dabei konzentriert und hechelnd auf den Schnee unter sich.

„Als Omega hast du das schwere Päckchen zu tragen immer wieder den Zorn anderer auf dich zu lenken. Sie können immer mal sehr wütend reagieren, und tun dir in ihrer Rage mal weh. Aber genau das macht es so faszinierend und ist gut an meiner Aufgabe: gerade deswegen zollen dir auch viel Achtung. Du sorgst für den gesunden Ausgleich und kannst die Aggressionen zerstäuben, indem du ihre Aufmerksamkeit auf so etwas lenkst.“

Er machte einen wilden Satz vor sie, sprang und kugelte sich, japste und tatschte wie ein kleiner Welpe mit den Pfoten nach ihr. Dabei gab er Laute von sich, die zwischen Winseln, fast einem Bellen und einem fröhlichem Jaulen herumschwankten. In einem engen Kreis tänzelte er um sie herum und stieß sie amüsiert und lieb mit der Schnauze unter ihrem Kinn an, die Rute tief zwischen die Beine geklemmt, nachdem sie eben noch sehr ausgelassen gewedelt hatte. Er unterwarf sich aktiv und lief dann wieder einträchtig neben ihr her.

„Man muss wohl leicht verrückt sein, um für diesen Rang eine Faible zu entwickeln – aber das ist man dann vermutlich wirklich, größtenteils wird man schließlich schon dort hineingeboren. Und ich mache es wirklich gerne. Es gibt mir das Gefühl unerlässlich zu sein.“

Erneut lachte er auf.

„Ohje, klingt sehr egozentrisch.“

Ein Glucksen entfuhr ihm und er schnaubte in ihr Halsfell und fiepte. Dann legte sich sein Blick auf die anderen, vor sich.

„Was meinst du, wo dein Platz ist?“

Das war im Bezug auf den Rang gemeint. Hatte sie schon genaue Vorstellungen?

[läuft in Sichtweite hinter den anderen | Sóke]



I K E R U

Die Reise hatte also begonnen und die ersten Schritte waren getan, doch irgendwie schien es keineswegs so zu laufen, wie Ikeru es wollte. Er wusste nicht, was genau ihn störte. Vielleicht war es die Stimmung, die vorhergegangenen Diskussionen oder das Wetter, dass ihn beunruhigte. Genau konnte er es nicht definieren.
Einige Minuten nachdem der Rüde den Weg eingeschlagen hatte, den sie die erste Zeit gehen würden – sie mussten in südöstliche Richtung, zum Talbach um von ihm aus in Richtung Schneespitze zu gelangen – hörte er ein Geräusch. Es war nur sehr leise, doch der Weiße vernahm letztendlich, dass es sich um das Heulen eines Fremden handelte. Scheinbar war da jemand in das Revier eingedrungen, ohne es so recht zu wollen. So blieb der Alphawolf also stehen. Die anderen waren noch einige, wenige Meter hinter ihm zurück, sah er, als er sich umdrehte.
Er fragte sich, was er jetzt tun sollte. Auf den oder die Fremde warten, oder ungeachtet der Nachricht weitergehen? Ikeru entschied sich für die erste Idee.
Zum gefühlt hundertsten verließ also ein Heulen seine Kehle, mit der Nachricht, dass der Fremdling ihn aufsuchen sollte. Es war zwar ohnehin nur eine Ankündigung des Fremden gewesen, doch irgendwie wollte der Rüde erst einen Eindruck von dem Eindringling haben, ehe er den weiteren Weg mit ihm teilte, oder ihn gar geradewegs durch sein Revier laufen ließ.
Vielleicht war das eine etwas seltsame Handlung. Dennoch, er hatte das Recht es zu tun, immerhin war der Fremde geradewegs durch das Tal gegangen, größtenteils ohne sich anzumelden.
Die Anderen würden wohl so lange warten müssen.

[ bei der Wandergruppe | zwischen Sommerhöhle und Talbach ]



K A Z E S H I A I

Dicke Schneeklumpen hatten sich zwischen ihren Pfoten gebildet. Nicht so dass es schmerzte – es war allein ziemlich unangenehm. Vor allem beim Heben und Senken der Tatzen, wenn der Kraftaufwand sich langsam bemerkbar machte. Es war, als versuchte sie sich durch hohes Wasser zu kämpfen. Einfach sinnlos. Schnelligkeit war hier fehl am Platz. Selbst der ruhige Trab, wie sie ihn seit ihrer Anmeldung hielt, war für die niedrige Fähe nicht der leichteste Gang.

Die Antwort des Alpharüden, wie sie es sich denken konnte, war ihr nur recht. Es hatte sich nicht feindlich angehört – nur etwas verstimmt. Wenn sie sich so ungefähr zusammenreimte dass es daran lag, dass er und sein Rudel eine längere Wanderung vor sich hatten, war diese Stimmung nur gerechtfertigt. Zumindest hoffte Shiai sich diese Erklärung herbei. Dann wäre sie zumindest nicht das größte Problem und somit leicht aus dem Kopf zu drängen.
Schnaubend, um den leichten Schnee nicht in die empfindliche Nase zu bekommen, lies sie die Schnauze durch den weißen Bodenbelag gleiten. Die zahlreichen Gerüche des Landes waren nur schwer auszublenden – alles roch nach Artgenossen, Nässe. Ganz leicht mit etwas Fremden vermengt das sie nicht zuordnen konnte – allerdings verlosch diese Fährte mit jedem Stück das sie sich von der Bergkette entfernte. Als die lange Schnauze ihren rechtmäßigen Platz wider eingenommen hatte, schüttelte sich der feingeschnittene Kopf kräftig, der Leib darauf folgend, bevor sie vorsichtig anfing das Rudel zu koordinieren.
So weit war es nicht mehr.
Automatisch beschleunigten sich die Läufe in ihrer Abfolge, die Ohren senkrecht aufgerichtet. Wider einmal war die Neugierde der Vorsicht voraus – jeder Sünde gegenüber war dies wohl das schlimmste Verbrechen. Ja, sie wollte nun endlich sehen wessen Wissen sie sich anvertraute. Zumindest fürs erste.

Jeden Muskel des Körpers angespannt, um die Flucht weiterhin im Hinterkopf zu behalten, lies sie den letzten Hügel hinter sich, der sie von dem Rudel trennte – tatsächlich, da war die Gruppe von farbigen Vierbeinern. Auf dem hellen Untergrund leicht zu erkennen. Unwillkürlich waren ihre Schritte schneller geworden. Und dieses Tempo hielt sie an, um mit Abstand parallel die Spitze des Rudels zu erreichen. Soweit sie sich erinnerte musste der jenige, den sie suchte, an der Spitze sein. Oder zumindest sehr weit vorne.
Ihre Vermutung lag auf dem Rüden, dessen Fellfarbe sich nur schwer von dem Untergrund zu unterscheiden ließ. Doch so lange sie ihm noch nicht gegenüber stand, zog sie das Rudel mehr in ihre Gedanken. Es war eine sehr gemischte Ansammlung. Weder ihr Äußeres, noch ihre Art, wie sie sich bewegten, passten zusammen. Damit waren sie schon mal keine Familie im engeren Sinn, wie es viele nicht allzu große Rudel häufig zeigten. Fürs erste dürfte dies wohl ein Vorteil sein.
Den Trab verlangsamend, schloss sie langsam zu ihrem Ziel auf, seitlich, so dass sie noch im Blickwinkel war, wie sie hoffte. Die Ohren sanft nach hinten verlagert, schwenkte die Rute zur Begrüßung und als Zeichen dafür, dass sie hier eindeutig in der Unterzahl befand, sich daher wohl auch unterzuordnen hatte - wie sie es nie als „einzelner Wanderer“ zugegeben hätte – und hob dem zuwider den Kopf.

„Ich danke dir, das Land durchqueren zu dürfen.“

Das wollte sie zumindest schon einmal festhalten, falls der Helle mit anderen Gedanken spielte, die ihre Pläne durchkreuzen würden. Aus Erfahrung war ihr bewusst, dass eine Aussage mehr bedeutete als eine Frage, auch wenn sie noch so höfflich gestellt war.

„Und freue mich, das Rudel hier anzutreffen. Bis vor Kurzem wart ihr dem Wasserlauf noch nicht so nahe.“

Ja, ein gewisser Unterton war zu vernehmen – hätte das Rudel sich nicht in Bewegung gesetzt, hätte sie sich wahrscheinlich niemals offiziell zu erkennen geben müssen.

„Es tut mir Leid, euer Gebiet unerlaubt betreten zu haben – allerdings zwang das Wetter auf der Bergkette mich in das Tal hinab zu steigen.“

Den Anfang auf der anderen Seite der Berge verschwieg sie lieber – falls es eine Verbindung zwischen den Rudeln gab, war das wohl die vorteilhaftere Entscheidung.
Den Abstand wahrend hielt sie sich darauf hin zurück.

[zwischen Sommerhöhle und Talbach | seitlich, mit Abstand, zu Ikeru ]



S Ó K E

Sie war verwundert über seine Lockerheit. Wenn die beiden verloren gehen würden, aufgrund dieser Entspanntheit, könnte das ihre beiden Leben kosten, sofern dieser Sturm einsetzte. Aber vermutlich war sie einfach zu unentspannt, das war alles. Bloß ihr Fehler. Natürlich nahm er das alles ernst.
Ob der Ort an dem sie gelebt hatte, schön (gewesen) war? Nun, damals war er es, wenn auch nichts außergewöhnliches, viel zu viele Bäume, mochte man meinen, ein dichter Wald, viel Schatten, und diese vielen Blumen, und weit und breit fehlte diese gewohnte Kälte des Winters, die sich jetzt an allen Herzen des Rudels verankerte. Wie gesagt, eigentlich nichts besonderes, aber in Zeiten wie diesen war so etwas das Paradies. Sie wollte die Wärme zurück.

“Ja.”

Meinte sie euphorisch, kurz und knapp, und musste dabei leicht lächeln. Sie lauschte seinen Worten, und stellte schnell - vielleicht auch Naivität heraus- fest, dass die Position als Omega…. Ja, genau das richtige für sie war. Das…. Klang friedlich, und einfach, und erforderte von jemanden wie ihr vielleicht erstmal nicht ganz soviel. Es ließ sich nicht leugnen das da ein Fetzen Faulheit war, aber es klang schmackhaft und reizte ihr Interesse. Bis zu dem Zeitpunkt wo das Wort ‘Sozial’ fiel. Innerlich schüttelte sie darüber den Kopf und sagte sich selbst, dass das alles schon werden würde.
Sie beobachtete wie er spielerisch in die Pfotenabdrücke der anderen trat und es ihm gleich tat.

Sein spielerisches Verhalten amüsierte sie, und eine Art Winseln war ihrem Fang entwichen. Auch sie stieß ihn sachte in die Seite, um das ganze fortzusetzen und nicht vorzeitig enden zu lassen. Ja, das war lustig.

Die Frage, nach ihrem Platz wäre wohl oder über sowieso irgendwann gekommen. Zunächst jedoch wollte sie sich nicht (mehr) über ihren Wunsch als Omega äußern. Man hätte sich ja irren können, oder Ungläubigkeit in der Miene des anderen feststellen können. Das wäre schmerzhaft gewesen.

“Mein Platz? Der des Alphas natürlich.”

Gab sie amüsiert von sich, vielleicht auch um wieder von dieser wegzulenken. Obwohl des vermutlich keinen Grund dafür gegeben hätte, denn der Sandbraune war bis jetzt vertrauenswürdig genug, und zeigte sich verständnisvoll. Es war wieder still geworden. Vermutlich wegen ihr, sie hatte Kház reden lassen und nur fiel der weißen nichts mehr ein, was sie noch hätte sagen können. Da schnappte sie aufs neue nach ihm. Sie lief wieder ein wenig schneller. In regelmäßigen Abständen stießen sich die Pfotenballen der Fähe vom kalten Boden ab, ließen sie schnell vorankommen. Der Gedanke hatte sie nicht losgelassen, das sie alleine zurückbleiben würden. Ohne es noch mal zu erwähnen legte sie einen Zahn zu, in der Hoffnung der Sandbraune würde es ihr gleichtun. Dabei wäre es vermutlich auch von Vorteil ihn wieder in ein Gespräch zu verwickeln.

Die Stimme Ikerus wurde von ihr erkannt, und ehe sie den Sandbraunen kontaktieren konnte, waren ihren Gedanke schon wieder völlig zerstreut. Offenbar hatte er jemanden geantwortet. Und dieser Jemand war sehr schnell herbei geeilt, und sprach nun mit Ikeru.

„Schau mal. Die gehört nicht zum Rudel, oder?“

Sie war sich sicher, dass einige Rudelmitglieder immer noch unentdeckt von ihr geblieben waren, dass manche vielleicht jetzt erst hinzukamen, oder sonstiges. Wobei sie das auch daran erinnerte, das Cél angeblich hier sein sollte. Die ersten Zweifel an den Worten des Weißen machten sich breit. Das reichte jedoch noch nicht ihn zur Rede zu stellen oder ihn ans Lügner abzustempeln. Letztendlich würde sie sich sowieso nicht dazu durchringen können, so glaubte sie. Eine ähnliche Situation hatte ihr damals alles verdorben, und sie hatte ihr ‚Zuhause‘ mit Cél verlassen müssen. Heute war das alles längst nicht mehr so schlimm. Und darüber nachzudenken brachte ihr auch nichts.
Was die Fremde anging, beschloss sie sich zurück zu halten, bei Kházun zu bleiben. Unauffällig sah sie wieder zu ihm hinüber.

[In sichtweite hinter den anderen // Bei Kház]



S I T A R I

Sitari hatte der Fähe gelauscht. Doch ihre Worte klangen so fremdartig für sie, das sie mit einem schlichten:

Ähm...ja...ähm....

Wahrscheinlich wirkte sie dümmer als sie war, aber Sitari hatte noch nie viel über das Heulen nachgedacht. Sie dachte nach, doch nicht darüber. Dafür war sie nioch nicht lang genug allein gewesen.

Äh...hallo. Ich bin Sitari. Warum hast du einen Doppelnamen?

Das hatte sie schon immer interessiert. Warum hatte sie eigentlich keinen?

Ihre Ohren schnippten umher. Nicht allein? Unsicher suchte ihr Blick das Gelände ab.

Was machen wir, wenn es das Rudel ist? Ob es freundlich gesinnt ist? Und wenn nicht?

Sitari war in manchen Beziehungen noch sehr unerfahren. Fragend blickte sie die Weiße an. Was Nun?
[Mali | Tränenfluss]
Sehr kurz. Sehr schlecht. Alles was im Moment geht.



I K E R U

Vielleicht war es ein wenig fahrlässig, aber Ikeru interessierte es derzeit nicht, warum dieser fremde Wolf, der soeben zu ihnen gestoßen war, so spät um Erlaubnis gebeten hatte. Von ihm – oder viel besser ihr, wie der Alpharüde jetzt erkennen konnte – ging keine Gefahr aus. Immerhin befand er sich mit nahezu dem vollkommenen Rudel – oder wie man diese Anhäufung von Wölfen auch immer nennen wollte – hier und alle waren lebendig und durchaus bereit das Revier zu verteidigen. Zumindest hoffte er das. Selbst wenn nicht. Es sah nicht danach aus, als würde die Fähe im Zweikampf sonderlich lange aushalten. Dazu war sie zu zierlich.
Seine Rute hatte sich aufgestellt, als die Fremde näher gekommen war. Glücklicherweise passte ihre Körperhaltung zu der Situation und auch eine Entschuldigung folgte schnell. Dann musste er wenigstens nicht noch anfangen an ihr herumzutadeln oder sie speziell zu beachten.
So gab es nur eine Sache, die ihn störte: Die Fähe hatte sich nicht vorgestellt. In Ikerus Augen war es eine Sünde. Er wusste nicht wieso, doch er hatte schon immer ziemlich viel Wert darauf gelegt, dass man seinen Namen nannte, wenn man jemandem zum ersten Mal begegnete.

» Leider macht das Wetter nicht immer das, was man will, mh? «

Seine Worte wurden von einem Seufzen begleitet, das sowohl der Situation, als auch dem Wetter galt. Ja, das Wetter. Er würde sich noch den lieben langen Tag über dieses Wetter auslassen.

» Ich für meinen Teil würde vorschlagen, dass wir weitergehen. Ich weiß nicht, wie weit du uns begleiten willst, wo du hin musst und an welche Grenze des Rudels du beabsichtigst weiterzureisen, doch indem wir rum stehen und darüber diskutieren kommen wir auch nicht weiter. «

Vermutlich wurde mit seiner Aussage recht deutlich, dass er unbedingt weitergehen und sich bewegen wollte. Irgendwie beunruhigte es ihn nur noch mehr, wenn er so tatenlos rum stand. Im Moment zählte nur die Reise.
Da er eh schon beschlossen hatte was zu tun war, wartete er auch nicht auf eine Antwort. Stattdessen ging er direkt los.

»Mein Name ist Ikeru Mai. Ich bin Alpharüde dieses Rudels, der Schicksalstänzer. Das du dich in unserem Revier befindest, hast du ja schon bemerkt. «

Ja, auch Ikeru hatte sich zu spät vorgestellt. Das fuchste ihn. Es fuchste ihn gewaltig, dass er erst das gegenüber gedanklich kritisierte und dann den selben Fehler machte. War er nachlässig geworden? Doch das war jetzt egal. Wenigstens bewegte er sich wieder. Stetig in die Richtung des Talbachs.
Irgendwie stand er unter Stress. Und irgendwie wollte das einfach nicht vergehen. Sorge, ungutes Gefühl, Unruhe. Alles verwirrte ihn und sorgte dafür, dass er sich wünschte nie die Höhle verlassen zu haben. Auch wenn es sein musste. Und es würde nun auch kein zurück mehr geben. Und dann war da auch noch der Geruch von einigen weiteren Wölfen.
Ein grunzendes Lachen ertönte aus seiner Kehle, während er es schaffte umzuknicken und sich der Länge nach in den Schnee zu legen. Das grunzende Lachen wurde lauter. Es war nichts passiert, aber scheinbar war er so unachtsam gewesen, dass er gar nicht bemerkt hatte, wie die Ebene vor ihm sich leicht senkte. Der Boden war wohl weiter entfernt als er gedacht hatte.

» Entschuldige. «, presste er zwischen seinem eigenen, prustenden Lachen hervor. » Ich bin nicht so ganz bei mir. «

Es war peinlich. Ziemlich peinlich. Aber Ikeru hoffte, dass es wenigstens die Stimmung, die auf ihm lag, ein wenig heben würde. Auch wenn die Wahrscheinlichkeit zu gering war.

[ redet mit Kaze, beim Rudel, wittert Sitari, Khaiza & Zan | auf dem Weg zum Talbach ]
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Winter 1874 I Vide
BeitragThema: Re: Winter 1874 I   Winter 1874 I Icon_minitimeSo Nov 21, 2010 2:02 am

B J A R T R

Eh.. Welpen weg. Moment, was für Welpen? Bjartr zuckte zusammen und hob verwirrt den schweren Kopf. Er war nach seinem Mahl eingedöst, welch gefährliche Fehltritt, nun da er allein war und der Winter langsam kälter wurde. Schnaubend rappelte er sich auf, schüttelte den grauen Pelz und wandte den Blick zu allen Seiten. Aber waren da nicht.. ? Nein, keine Spuren, er musste geträumt haben, dass dort andere Wölfe gewesen.. Wenn das ein Traum gewesen war, was von dem Anderen, das er glaubte, in den letzten Tagen erlebt zu haben, entsprach dann noch der Wirklichkeit? Unsicher durchstöberte er seine Erinnerungen, an die Menschen, die schwarze Fähe.. Die seltsame Schwarze, denn jene seiner Fantasie entsprungen wäre, so hätte ihn das nicht gewundert, aber das Rudel, nein. So viele Wölfe waren ihm noch nie erschienen, sie mussten echt sein. Doch wo befanden sie sich nun? Einmal im Kreis gedreht, doch eine große Hilfe war das nicht. Hatte es auch dazu nicht eine Lösung gegeben? Ein Heulen etwa? Nur wo kam das her.. Sicher nicht aus dem Wald.. Oder doch?

Ziemlich verloren stand der Graue nun am Rande der weißen Ebene, ließ den flackernden Blick darüber schweifen, hinter sich die dichten Bäume, die ihm langsam immer bedrohlicher vorkamen, obwohl der Morgen schon längst jeden Schrecken der Finsternis vertrieben hatte. Und dazu das Glitzern des Schnees, es blendete seine Augen, und doch zog es ihn wie magisch an. Und so konnte Bjartr gar nicht anders, als sich in Bewegung zu setzen, spürte einen bekräftigenden Windstoß, der ihn in die richtige Richtung zu schieben schien und verfiel in einen leichten Trab. Die Kälte spürte er gar nicht, die feinen Sonnenstrahlen erwärmten seinen Körper, auch wenn dieses Gefühl eher seiner Einbildung entspringen dürfte. Egal. Er fühlte sich wohl, und besser, je weiter er sich von dem ungeheuren Wald entfernte. Das konnte vielleicht doch noch ein guter Tag werden, zumindest wenn er irgendwann das Rudel erreichen sollte. Wobei, so sicher war sich der Rüde noch nicht, was er mit einem Haufen Wölfe anfangen sollte. Schon die Begegnung mit dem dämonischen Roten war ihm brennend in Erinnerung geblieben, seine Autorität, sein flammendes Fell, hoffentlich gab es nicht noch mehr von diesen Wesen.

Allmählich verlor der Graue sein Zeitgefühl – nicht, dass seines je besonders gut ausgeprägt gewesen war – und seinen Weg hatte er auch nicht mehr im Blick. Alles war weiß und obwohl er versuchte in gerade Linien zu laufen, taumelte er von einer Seite zur anderen und wusste nicht, ob sich ein Ziel am Ende seiner Reise finden ließe. Überall weiß. Blendend hell und tanzende Punkte traten in seine Sicht. Glitzern, in dem er sich verlor, verirrte, das ihn gefangen hielt in einer fremden, schönen, lebensfeindlichen Welt. Seine Schritte passten sich den Bewegungen der Glitzerlichter an, die Nase senkte er, um sie einmal durch dieses Meer aus Leuchtkraft zu schieben und erfreute sich an dem eisigen Gefühl, das beinahe schmerzte. So lebendig hatte sich Bjartr lange nicht mehr gefühlt, wie paradox.

[Erwacht aus kurzem Schlaf || Auf dem Weg über die weiße Ebene, hoffentlich Richtung Rudel]



K H Á Z

Er schwankte.
Erneut zwischen dem Willen zu gehorchen, und dem fremden Grollen in ihm, das ihm spielerisch erregt befahl zu tun, was ihm gefiel. Es war wie ein Surren in seiner Lunge, ein Vibrieren in der Kehle, was ein dunkles, heißes Gefühl aussandte. Und es schrie: Lauf!

Es war unabhängig von Sóke, und auch vom Rest des Rudels. Er wusste nicht woher dieses Empfinden kam, aber er erinnerte sich vage es vor kurzer Zeit schon einmal in sich gespürt zu haben. Die Wirkung war dem von Adrenalin gleich gekommen, und er war in wilden Sätzen gehetzt, hatte geknurrt und ein düsteres, grimmiges Geräusch von sich gegeben. Ein eben solches entfleuchte ihm jetzt auch, nachdem sie ihn angestoßen hatte, und mit einem gewalten Satz kam er auf sie zu.

„Uhhoooaaahh! Alpha, Alpha, so ist das.“

Er lachte und wollte sich auf sie werfen, verpasste ihre Seite jedoch und preschte in aufstäubenden Schnee. Mit der Schnauze fuhr er durch das kalte Eis, da etwas knorriges unter ihm in den Brustkorb stach.
Entweder das, oder das heiße Summen war zu einem stechendem Schmerz geworden.
Unwillkürlich gab er ein gequältes, kurzes Jaulen von sich, was augenblicklich wieder verstummte. Sein Blick wurde glasig, als er sie für den Bruchteil einer Sekunde abwartend ansah, als wüsste er nicht recht, was er von dem Stich halten sollte, dann sprang er auf und wühlte aufgebracht im Schneestaub. Seine Pfoten schabten herum, und mit der Rute aufgeregt hin und her schlagend scharrte er, um die kleine Grube herumlaufend, im Untergrund. Eigentlich wusste er nicht genau, was ihn gerade jetzt dazu trieb seine Aufmerksamkeit auf irgendeinen dämlichen Gegenstand zu lenken, der da verborgen lag, wo doch Sóke an für sich interessanter war. Doch irgendwas in seinem Kopf legte eine Schranke vor die Ecke, welche für das gewohnte Handeln zuständig war.

Mit einem Knurren zerrte er einen verschrumpelten Ast aus dem Eis. Das Geäst war beinahe so lang wie einer seiner Läufe, und da er ihn nur an einem Ende gepackt hielt, legte er ungewollt den Kopf leicht schief, um die Last in einem tänzelndem Zickzackkurs um sie herumzutragen.
In seinen Gedanken schwirrte alles, und er fühlte sich unglaublich warm. Aber gleichzeitig ging es ihm auch gut, sehr gut. Wieso also darauf achten?

Was sie sagte hatte er nur am Rande wahrgenommen, und guckte etwas bedröppelt zu den anderen Wölfen. Die Schnauze zuckte, während er die Fremde zu wittern versuchte, und weitete die Nasenlöcher leicht. Die braunen Augen glänzten scheel, und wäre es ihm ermöglicht gewesen, hätte er die Schultern gezuckt. Was kümmerte ihn eine Fremde? Er hatte ein Spielobjekt gefunden und eine Fähe, mit der er sich amüsieren konnte.
Seine Rute schlug herum.

„Na kommschomm Frallein Alfah!“

nuschelte er mit dem Ast im Maul und lief schräg in Richtung der anderen los.

„Wennschuwillsch, kschönnen wirunsch schie mal anschschaun!“

[läust mit Ast im Maul auf andere des Rudels zu | Sóke]



K A Z E S H I A I

Nervös strich der Blick der jungen Fähe immer wider weiter nach hinten, zum Rudel. Die große Anzahl von Artgenossen direkt im Nacken sitzen zu haben, gefiel ihr nicht sonderlich. Obwohl jeder Einzelne, abgesehen von einigen Ausnahmen, so aussah als wären sie noch nicht lange hier zusammen – dafür waren die Abstände und die Gestik sich nicht vertraut genug. Und doch. Demonstrativ richtete sie sich zu voller Größe auf. Dem Weißen hatte sie, ihrer Einstellung zur Folge, genug gezeigt, wie wenig feindlich sie ihm und dem Rudel gegenüber treten würde. Das genügte.
Die Furcht Fremden gegenüber zu treten wich jedoch nicht.
Daher war ihre Reaktion darauf, dass der Rüde sich wider in Bewegung setzte, eindeutig. Das Fell unwillig gesträubt, richteten sich die Ohren steil nach hinten. Vielleicht war ihre Vorsicht unbegründet – Erfahrungen bestätigten sie allerdings darin, den Sicherheitsabstand zu wahren. Hätte Ikeru, wie er sich vorstellte, nicht weiter gesprochen, hätte sie sich liebend gerne zurück fallen lassen. Diese Dreistigkeit besaß sie jedoch nicht. Mit einigen langen Zügen setzte die Helle wider zu ihm auf.
Erst dabei registrierte Shiai, dass sie sich selbst noch nicht vorgestellt hatte. Das sollte wohl auf seine Benennung folgen. Zögerlich lies sie die Rute schwenken. Namen besaßen etwas Persönliches. Sie waren dafür da, eine wörtliche Verbindung zu schaffen. Wenn sie gerufen wurde – oder angesprochen. Meistens versuchte sie diesen Moment immer so lange herauszuzögern, bis sowieso feststand dass sie ihren Gegenüber nicht wider sehen würde. Das war in diesem Fall unumgänglich.
Ein leises Brummeln entwich ihrer Kehle, bevor sie den Gewohnheiten zuwider nachgab.

„Shiai. Nur Shiai.“

Einfach und knapp. War gar nicht so schwierig gewesen. Nur ein wenig unangenehm.

Erschrocken fuhr die Fähe einen großen Satz zurück, als der Weiße zur Seite kippte. Erschrocken daher, dass es so plötzlich kam – und ebenso, weil der angespannte Leib nur auf so eine Situation gewartet hatte. Etwas, dass nicht so sein sollte wie sie es im Kopf durchgegangen war.
Für einen Schockmoment duckte sie sich zur Seite, lies das Bild des Rüden auf sich wirken, bevor sie erfasste, was genau gerade passiert war. Und, durch die „Vorstellung“ des Namens nun bekannt und dazu verpflichtet sich zu sorgen, trat sie etwas Näher – die Schnauze zu ihm gerichtet, als wollte sie ihn anstupsen, ob alles noch am rechten Fleck saß. Jedoch besann sie sich schnell wider. Mit Ausnahme davon, dass er den Weg kannte, spielte seine Person nicht die Rolle, die sie dazu veranlasst hätte nachzuhaken.
Die Ohren unsicher angelegt, schnaufte sie einmal. Das sollte ja wohl ein Scherz sein. Genau der Wolf, der das „Rudel“ anführte, konnte nicht auf allen vier Tatzen bleiben. Sehr zuversichtlich.

„Ist alles in Ordnung?“ ,

fragte sie zögerlich. Den Blick über den amüsiert prustenden Wolf schweifend. Nein, ihr war so gar nicht nach Lachen zu Mute. Erst da viel ihr Blick auf den zerfetzen Hinterlauf. Ein weiteres Manko. Da hatte sie sich auf etwas eingelassen. Verwirrt, wie er es sich damit zutraute eine größere Anzahl von Artgenossen anzuführen, wurde ihr Blick missbilligend – körperliche Schwäche, etwas das sie selber aufzuweisen hatte und es daher bei anderen noch weniger zu schätzen wusste.
Demonstrativ konzentrierte sie sich zurück auf das Gesamtbild des Hellen. Dabei tief die Witterung weiterer Fremde aufnehmend. Beunruhigend.

„Ja, sehr amüsant. Dieses Bild muss für die Fremden wohl sehr einschüchternd wirken, wären sie in Sichtweite gewesen.“

Recht nüchtern wandte sie sich wider nach vorne, nachdem das Wohlbefinden Ikerus deutlich war.
Falsch. Da war sie endlich einmal in Gesellschaft – das erste Mal seit sie diese Umgebung betreten hatte und sie konnte einige Gedanken nicht zurück halten. Dennoch lies sich ein Schmunzeln auf ihren Lefzen, hätten sich diese dazu formen lassen, erahnen.

.oO ( „So viel zu dem Thema Glück im Unglück.“ )

Das Rudel auf der einen Seite zu aggressiv – das auf dieser zusammengewürfelt. Zumindest bisher.

( Weiter vorne beim Rudel - Ikeru )



Y O U K O N

Regen? Nein, kein Regen für den Dunklen. Nur Schnee. Aufgebrochen war er vor Wochen, hatte sich durch's Dickicht geschoben und war vorwiegend tagsüber unterwegs. Hier konnte man ihn noch für einen schwarzen, etwas zu groß geratenen Hund halten. Das war dem Rüden natürlich ziemlich recht. Das letzte gesehene Kleinwild lag auch schon einen Tag zurück und seitdem hatte sich der Rabe auch nicht mehr sehen lassen – ob dem Schwarzen etwas zugestoßen war? Hoffentlich nicht, aufgeschmissener könnte You gar nicht sein als in besagter Situation!

Gerade seit sich der Schnee gehäuft hatte und die Stakspfote immer tiefer im weissen Gedöns versank, hatte er sich wohler gefühlt, seltsamerweise. Denn der Schwarze liebte Schnee – wenn auch nicht über alles. Aber wenn man die Pracht sah, den kalten Wind auf der Haut – unter dem Fell – spürte, dann wusste er zumindest, woran er war. Einige Wandel hatte er schon erlebt; von heissen Sommern über kalte Winter bis hin zu dem was sich zu seinen großen Pfoten präsentierte. Und ginge es nach You, konnte sein kurzes Fell gar nicht dünn genug sein, gleich wie sehr er auch frieren mochte. Denn nichts ging über Kälte, die einen mit den Zähnen klappern ließ und erbarmungslos nachwies, dass mit ihr nicht zu spaßen war.

Ein Heulen? Ja, sicher. Der Wind heulte für den Rüden in regelmäßigen Abständen, als gelte es ihn zu betrauern. Oder eher zu bedauern? Vielleicht beides, nur in umgekehrter Reihenfolge. Nein, er wirkte nicht wie jemand, der dauerhaft dem Winter trotzdem konnte. Und doch hatte er es lange genug, nämlich bis hierhin, geschafft. Und das würde ihm niemand nehmen. Diese Wanderung, sollte sie je ein Ende finden, würde ohnehin nicht mehr zu toppen sein, das war ganz klar.

Als das, was sich wie ein Heulen angehört hatte, wiederholte, spitzte der Rüde doch noch einmal die Lauscher. Immernoch keine Spur vom Raben – es war aber auch zum auswachsen! Jener hätte dorthin fliegen und schauen können, wer da eigentlich warum geheult hatte. Nicht nur einmal war ein simples Heulen Initiator eines Hinterhaltes gewesen, weshalb Youkon ausserordentlich vorsichtig blieb.

Dennoch rümpfte er witternd die immernoch nicht verkümmerte Nase. War da nicht doch Aas in der Nähe? Aber wo war dann der verflixte Rabe? Hier stimmte immernoch irgendetwas nicht, das war klar. Es konnte für den angegrauten nicht angehen, dass es Aas gab und der Rabe nicht in der Nähe war. Aber gut – der aufkommende Hunger nahm ihm die Entscheidung ab, ob er sich besagter Stelle nähern sollte. Und auch wenn er seine Vorsicht beileibe nicht aufgab, war er doch leidlich flott unterwegs. Musste er ja auch sein, denn auch wenn die „Beute“ ganz sicher nicht weglaufen würde, so könnte es ja dennoch der Fall sein, dass entweder jemand schneller war als er selbst – oder aber der Jäger selbst noch vor Ort war. Aber letzteres schloss er ob der Witterungsbedingungen aus. Aber war der Boden so eisig? Oder warum hatte der Betreffende sein Hab und Gut nicht vergraben? Langsam wurde es richtig merkwürdig – aber wie erwähnt, der Hunger ging vor.

Geduckt schlich er näher – viel größer als ein Hase schien das, was er da vorfinden würde aber auch nicht zu sein – mehr oder weniger wie erwartet also. Denn wo sollte hier auch größere Beute herkommen? Eben. Sich selbst welche basteln ging ja leider nicht. Die Nase so weit wie möglich nach vorn reckend, senkte der Rüde beim Minikadaver angekommen den Fang, biss hinein – und ließ sofort wieder los. Gefroren?! Gab's doch gar nicht! Wieder das leise Magengrollen, nur dieses Mal eine Nuance intensiver als noch zuvor – war ja klar. Immer wenn man nahe daran war, den Magen füllen zu können, gab es ganz sicher einen Umstand, der dies zu verhindern wusste. In diesem Fall war es eben die Temperatur, die dafür sorgte, dass Youkon sein Mahl verschieben musste. Sowas auch.

Nun hatte der Dunkle zwei Möglichkeiten: Weitertraben und vielleicht noch einmal Glück haben auf Aas zu stoßen – oder vor Ort bleiben, auf besseres Wetter sowie einen Raben – DEN Raben – hoffen und nebenher die gefrorene „Beute“ soweit belecken dass sie wohl auftauen würde – auch wenn es infrage stand, ob sie ihm jenen kleinen Gefallen tun würde. Das war bisher auch nie der Fall gewesen, so dass es nicht weiter verwunderlich schien, dass sich Youkon für die Variante Nummer 1 entschied. War auch sicherer, wenn er so nachdachte – am Ende hätte man ihn hier umzingelt---wegen eines gefrorenen Karnickels! Soweit kam es noch.

Die müden Glieder ein wenig streckend, setzte er sich schließlich mit einem Stoßseufzer in Bewegung und stakste so eine gute halbe Stunde durch die winterliche Landschaft, bis er schließlich erneut stehenblieb und leicht zusammenzuckte. Wolf? Hier? Vielleicht hatte er ja den „Übeltäter“ ausgemacht, der dem armen Karnickel den Hals umgedreht und dann kaum Appetit gehabt hatte? Nun wurde er doch ein wenig neugierig. Die Nase längst nicht mehr gesenkt, sondern in eine bestimmte Richtung gerichtet, witterte er, sog die Luft ein und blies sie, zu Nebel kondensierend, wieder aus. Dass er sich einem Wolf näherte, der selbst nicht so richtig wusste, wohin die Reise nun ging, ahnte er indessen ebensowenig wie er noch ein weiteres Heulen vernahm. Das ging in seiner kleinen „Wanderung“, die eher eine Pirsch schien, einfach unter. Zu groß war nun die Neugier – das einzige, was noch fehlte um sein Glück perfekt zu machen, war eines: Deckung. Denn davon gab es hier ausgesprochen wenig – und mit dem dunklen Fell war es nicht eben möglich, ganz unauffällig mit der Umgebung zu verschmelzen....und als der Wind zu Rückenwind wurde, galt es sogar, vorsichtig zu sein. Denn man konnte nie wissen, was besagter Genosse von Gesellschaft hielt.....

[wandert, findet Beute – oh, doch nicht, wandert weiter und nähert sich Bjartr...mehr oder minder mit Rückenwind]



A C E A N

Einen kleinen Moment blieben die Augen des Dunklen nach hinten gewandt, ehe er den Kopf wieder nach vorn drehte, um den Anschluss an Ikeru nicht zu verlieren. Acean Drajen atmete ruhig ein, richtete den Blick dann leicht zur Seite, als ein grauer Schatten neben ihm herlief. Einen Moment traf sein Blick Nouris, ehe die Graue weiterlief und zu Ikeru trabte. Allerdings blieb auch sie ein wenig hinter dem Weißen. Ihrem neuen Anführer. Der Schwarze schüttelte nur voller Unverständnis den Kopf, beließ es aber einfach dabei. Es war nun einmal so. Er konnte und wollte sie nicht ändern, das war nicht seine Art.
Und noch bevor er überhaupt irgendwie über etwas nachdenken konnte, war schon der nächste Wolf bei ihm. Irgendwie hatte der Schwarze fest damit gerechnet, weshalb er den Kopf nur wieder zur Seite wandte, und die bunte Fähe anblickte, während sie ohne zu zögern auf ihn einredete. Er hatte es sich doch gedacht, dass sie ihn darauf ansprechen würde. Nichts anderes hatte der Schwarze erwartet. Ein leises Seufzen verließ seine Kehle, und er wandte den Blick wieder nach vorn, wo Nouri lief. Wie.. erklärte er Sey das am besten? Sie war nicht dabei gewesen, und hatte den Ausdruck in den Augen der Grauen nicht gesehen. Wie konnte er es ihr also am besten erklären, ohne dass sie vollkommen verwirrt war.. was sie wahrscheinlich eh schon war.

“Weißt du.. ich bin einfach sehr loyal. Wenn ich mich jemandem anschließe, erwarte ich, dass dieser jemand stark genug ist, um Schicksalsschläge zu überstehen und nicht daran kaputt zu gehen. Oder um wegen jeder Kleinigkeit gleich seinen Rang ab zu treten.“

Der dunkle Rüde hielt einen Moment inne, wandte den Kopf dann wieder zur Seite. Ob sie überhaupt verstand, was er meinte? Er konnte es sich kaum vorstellen.

Ich hätte Nouri nicht zu getraut, dass sie sich so leicht, durch was auch immer, unterkriegen lässt. Ich bin enttäuscht von ihr als Anführerin. Ich denke, das beschreibt es am besten. Außerdem.. denke ich, dass sie ihre Entscheidung bereuen wird. Und für jemanden, der nie etwas tun würde, was er schließlich bereuen würde.. ist das einfach unverständlich.“

Damit wandte Acean den Kopf wieder nach vorn.

[Ein Stück hinter Ikeru - Seyíra]



B J A R T R

Tanze, kleiner Schneekristall, tanz! Bjartr hatte einen neuen, kleinen Freund gefunden, eine aufgewühlte Schneeflocke, die sich partout nicht wieder zu Boden legen wollte und aufgeregt vor ihm in der Luft umherwirbelte. Immer wieder versuchte er, nach ihr zu schnappen, doch sein warmer Atem verschaffte ihr neuerlichen Aufwind, der sie weiter vorantrieb. Ein schönes Spiel und so.. befreiend. Wie so oft vergaß der Graue die große, kalte Welt um sich herum und hätte auf immer diesem weißen, hellen Pfad folgen können.. Doch schließlich sollte es geschehen, dass die Flocke vor seiner Nase eine Kurve beschrieb, den Körper des Wolfes in die entgegengesetzte Richtung trieb und sich plötzlich auf seiner schwarzen Nase niederließ. Auf ebenjene schielend, kam der Rüde zum Stehen und konnte noch flüchtig erkennen, wie sich sein neuer Freund in einen toten, nie dagewesenen Freund verwandelte und noch viel schlimmer, als er nun den Kopf leicht hob, um sich wieder der Realität zu widmen, erkannte er eine Silhouette, die deutlich größer war als die der Schneeflocke.

Ein Wolf, kein Zweifel, dank seines schwarzen Fells ganz gut zu erkennen in diesem weißen Meer aus Licht. Überrascht trat Bjartr einen Schritt zurück und erst jetzt fiel ihm auf, dass der Wind den Duft des Fremden schon viel eher hätte in seine Nase treiben müssen, doch die war bis eben noch beschäftigt gewesen. Stattdessen schien er nun ratlos, was zu tun war, die fremde Gestalt näherte sich langsam und er blieb einfach wie angewurzelt. Suchend wandte er den Kopf zu allen Seiten, doch ein Fluchtweg.. Nunja, lag hier praktisch überall, aber nirgends gab es Schutz, wie weit es bis zum Rudel war, konnte er auch nicht sagen. Vielleicht half es, sich tot zu stellen? Aber nein, vielleicht wurde er dann gefressen. Mit leicht verengten Augen beobachtete er also den Fremden, der hochgewachsen war und so erschreckend dunkel.. Erinnerte er ihn an die Schwarze, die so spurlos verschwunden war und deren Gesellschaft er irgendwie vermisste, denn immerhin war es Gesellschaft gewesen und deutlich besser, als.. das hier. Vor Allem hatte sie Bescheid gewusst über das Leben und ihm eine Art Schutz geboten, den er alleine nicht vertreten konnte.

Wieder schob er sich einen Schritt zurück, ehe er beschloss, dem Fremden zu begegnen und endgültig stehenblieb. Sitzen wäre auf diesem eisigen Untergrund nicht zu raten, auch nicht bei seinem rauen Wolfspelz. Die Rute hielt er gesenkt, ebenso wie den Kopf, um seinen taxierenden Blick fokussieren zu können auf die seltsame Gestalt. Je näher er kam, desto realer erschien er ihm und doch nicht wirklich greifbar. Ob er zum Rudel gehörte? Bislang hatte Bjartr noch lange nicht alle dazugehörigen Wölfe getroffen, es war also möglich. Und dann? Als ob das irgendeinen Unterschied machen würde. Wie in einer grenzenlosen Arena, deren einzige Zuschauer die glitzernden Schneekristalle waren, erwartete der Graue nun seinen unheilvollen Gegner. Wo war bloß der ganze Optimismus geblieben?

[Bemerkt Youkon || Erwartet selbigen]



Y O U K O N

Eine Pfote wurde langsam aber sicher vor die andere gesetzt, allein schon deshalb, weil er darauf achten musste, nirgends einzusinken. Bei der Menge an Schnee war nicht absehbar, wo die Grenze lag bis zu der man einsinken konnte. Es gab keinen greifbaren Punkt, an dem es unter den Pfoten richtig hart wurde, was nur mehr bedeutete, dass der Schnee wirklich nicht sonderlich fest war. Aber das Eis darunter natürlich. Aber er kam seinem Ziel ein wenig näher.

In der Ferne zeichnete sich, oh Wunder, eine offenbar dem aufgenommenen Geruch zugehörige Silhuette ab. Keine sonderlich helle, sondern eher eine die dem eigenen Farbschlag noch ein wenig näherkam als das umgekehrt wohl der Fall wäre. Bis auf sein minimales Lätzchen und das vereinzelte Grau um die Nase herum hatte Youkon ja nicht viel an Nicht-Schwarz aufzuweisen. Der Genosse da in einiger Entfernung sah da schon bei weitem anders aus.

Youkon beschleunigte vorsichtig und umschiffte erfolgreich eine Stelle, an der offenbar schon einmal jemand eingesunken war, vorhandene und fast zugeschneite Spuren im Schnee bewiesen es. Ob der betreffende sich daraus befreit hatte? Es musste so sein, denn dem vor ihm befindlichen gehörten jene Pfotenstapfen, scheinbar zumindest. Aber noch war er weit genug weg, um ihn nicht verstehen zu können, hätte sich Youkon denn für das gesprochene Wort entschieden. Wie lange es wohl her war dass er das letzte Mal gesprochen hatte? Das musste nun gut zwei Mondwenden her sein. Als er den Rüden traf, der in die Gegenrichtung abgezischt war, als wären die Jäger hinter ihm her. Da hatte er ihn kurz gegrüßt, mehr jedoch nicht. Mehr war ob des Tempos aber auch gar nicht möglich gewesen.

Hier lag der Fall anders, denn der gegenüber befindliche rannte weder weg, noch machte er Anstalten anzugreifen. Es schien, als sei er sich nicht ganz klar, was er nun tun sollte. Ein leichtes Schmunzeln wurde Youkon offenbar, als er sich genau das ausmalte. Ob der andere immernoch wie angewurzelt dort stand, wenn er ankam? You schloss es zumindest nicht aus und keckerte leise. Welch ein Spaß hier in dieser Einöde! Vergessen waren für den Moment besagte Einöde, das Heulen und der nagende Hunger, der sich für den Moment in sein stilles Kämmerlein verzogen hatte. Ganz artiger Hunger, der.
Aus den verbliebenen Zweihundert Metern wurden einhundertfünfzig, wurden einhundert und schließlich weniger als die Hälfte der letzten Summe, ehe Youkon begann, sein Gegenüber eingehender zu betrachten. Auch nicht mehr blutjung, offenbar aber zumindest nicht älter als er, auch wenn Bjartr....tja, alt aussah. Für Youkon's Begriffe zumindest. Dass er nur so aussah, es aber nicht war, rettete ihn da nicht. Und endlich schien es, als sei Youkon nahe genug heran, den nicht eben größeren Rüden ansprechen zu können – und so eine Chance durfte man sich ja heutzutage gar nicht mehr entgehen lassen.

„Sei gegrüßt, oh Grauer Wanderer.“

Bumm. Ja, wie erwähnt – aus Youkon's Sicht, der wie ein hochgewachsenes Klappergestell wirkte, dürr genug war er ja, sah Bjartr alt aus. So vom Grau um den Fang und im Fell her. Youkon beschrieb einen Halbkreis und verkürzte die Distanz sukzessive um weitere Meter, würde wohl erst bei fünf Metern aufhören, wenn Bjartr nicht vorher schon die „Flucht“ ergriffen hätte oder aber es ihm gleichgetan hatte.

„Man trifft noch Wölfe, ich glaube es nicht. Du hast nicht zufällig einen schwarzen Vogel gesehen, der sich hier in der Nähe herumtreiben müsste?“

Es war klar, dass er sich zuerst nach Nevermore erkundigte. Die Befindlichkeit des anderen kam erst weit dahinter, so wie es eigentlich in den letzten Jahren immer gewesen war.

„Der ist nämlich einfach abgehauen und deswegen bin ich nun etwas...äh...aufgeschmissen.“

Da war etwas wahres dran – und man sah es Youkon an. Nicht viel auf den Rippen und dann noch von einem Raben abhängig! Gab es schlimmeres? Gut, spart Euch die Ausführungen. Youkon faltete sich ein wenig zusammen und tat so, als wäre im Schnee sitzen etwas wunderbar tolles.

„Dich hab ich hier noch nie gesehen. Neu?“

Der Trick zog immer. Zumindest hatte er das bisher immer getan. Und er war ein perfekter Einstieg in ein mögliches Gespräch, in dem man so tun konnte, als sei man ja schon viel länger hier als der andere. Auch wenn das vermutlich gar nicht einmal stimmte – vorerst blieb Bjartr ja ohnehin die Nachprüfung des ganzen verwehrt, wenn er sich nicht ausgesprochen schlau anstellte. Aber damit rechnete der Schwarze irgendwie nicht. Stattdessen würde der gegenüberliegende Rüde gemustert, als sei Youkon schon immer hiergewesen und habe nie etwas anderes getan als....Bjartr zu betrachten. Genau!

[nähert sich Bjartr und...plappert?]



B J A R T R

Näher und immer näher kam er. Dieser unaufhaltsame Schatten, der den Grauen in solch eine Unruhe zu versetzen mochte. Wenn er doch nur wüsste, mit welchen Absichten.. doch das würde er nun gleich herausfinden, denn nach wie vor machte Bjartr keine Anstalten zu flüchten, hielt stattdessen still ein und verharrte unbewegt in seiner lauernden Position. Als der fremde schließlich auf wenige Meter herangekommen war, hob sich die Rute des Rüden langsam, doch der Kopf blieb weiterhin in geduckter Haltung, sodass sie dunklen Augen nun von unten auf den Größeren heraufstarrten. Diese ungewöhnliche Haltung hatte er sich irgendwann zu Eigen gemacht, eine der vielen Sonderheiten an dem jungen Wolf. Die förmliche Begrüßung schien ihm nicht unangemessen, war sogar sehr in seinem Sinne und doch erstaunte sie ihn gelinde, denn der Schwarze, der dort vor ihm stand.. Er konnte nicht umhin, aber irgendwie empfand er sein Aussehen als rüpelhaft, die schlaksige Gestalt als misstrauenserweckend, den dunklen Blick als undeutbar. Eigentlich ihm selbst gar nicht so fremd.

“Grüße, Schwarzfang.“

Erwiderte er also mit ruhiger Stimme, sein Gegenüber dabei nicht aus den Augen lassend und nach wie vor leicht angespannt, was offenbar in einer gegenläufigen Funktion zu der Haltung des anderen stand. Schweigend lauschte er den folgenden Worten und Unglauben breitete sich auf seinen Zügen aus. Ein kurzer Blick aus den Augenwinkeln folgte gen Himmel, um sicher zu gehen, dass dort nicht wirklich einer dieser Rabenvögel kreiste, der nur nach Beute gierte, Aas, das aus einer Auseinandersetzung zweier Wölfe resultieren könnte.. und hob schließlich den Kopf ein Stück, um den Fremden besser in Augenschein nehmen zu können und seiner Antwort mehr Gewicht zu verleihen.

“Ich wusste nicht, dass es hier noch mehr von euch Rabenwölfen gibt, aber nein, keiner dieser Lügner ist mir zwischen die Pfoten gekommen, seit ich hier bin.“

Leichter Ärger nun über seine eigenen Worte, er hatte seinen Aufenthalt hier als ausgiebiger beschreiben wollen, nicht den Anschein erwecken, sich hier noch nicht auszukennen, doch zum Glück ließen seine Äußerungen Deutungen in zweierlei Richtung zu. Einen leicht abfälligen Blick konnte sich Bjartr nicht verkneifen, als der Schwarze nun von seinem Verlust erzählte und ergänzte mit abschätzendem Ton

“Nun, kein Wunder. Es war noch nie Verlass auf die schwarzen Federn, verbreiten nichts als Unglück.“

Tiefe Abscheu lag plötzlich in seiner Stimme, unerklärlich, woher. Doch wenn man den kleinen Wolf so betrachtete, vielleicht würde man erkennen, dass er eher mit den gewitzten Krähen sympathisierte.. Kråka sonen.. Und doch konnte er seine Gedanken nicht lange bei dem Federvieh verweilen lassen, denn plötzlich schwenkte der Andere seine Taktik um und ging in die Offensive. Die Augen des Grauen blitzten kurz auf, und gerade wollte er den Kopf wieder zwischen die Schultern ziehen, als sein Blick auf die Ebene hinter dem Wolf fiel. Moment. Der Fremde, der hier den Anschein erwecken wollte, ein alter Hase zu sein, dies Revier seit Ewigkeiten zu durchstreifen, war aus der gleichen Richtung gekommen, wie Bjartr. Und wenn der sich nicht völlig täuschte, lag das Rudel in genau entgegengesetzten Wegen. Sofort straffte sich die Haltung des Rüden, als er den Verrat kannte und mit leicht selbstgefälligem Lächeln war er um eine Antwort nicht verlegen.

“Weder alt noch neu. Im Gegensatz zu dir, Wolf. Deine Spuren sind mir fremd und werden es ebenso meinem Rudel sein.“

Haha, welch Triumph. „Mein“ Rudel war natürlich eine übertriebene Formulierung, doch genauso wohlüberlegt und erzielte hoffentlich die Wirkung, die der Graue beabsichtigt hatte. Die Idee, sich als Reviervater und sein eigener Herr auszugeben, war ihm zwar auch wieder gekommen, doch das würde ihm jener hier sicher nicht abnehmen.

“Ich schätze, dein Freund hat dich in weiser Voraussicht im Stich gelassen.“

Freund, das Wort erfuhr eine ganz eigene Betonung, gehässig beinahe. Und wie er dramatisieren konnte, ein großer Schauspieler steckte doch in dem kleinen Wolf, oh ja.

[wird von Youkon gestellt || dreht den Spieß um]



Y O U K O N

Ganz langsam kam das Schwarzfell zur Ruhe. Youkon fixierte Bjartr nicht etwa, sondern betrachtete den Graupelz mit einer Miene, die Neutraler kaum sein könnte. Einzig das leichte Funkeln verriet die Neugier, die der Rüde in sich trug, die er aber bemüht war, nicht nach aussen dringen zu lassen. Er lauschte der ersten Aussage des Grauen einigermaßen klar im Kopf, war allerdings mit den Gedanken immernoch beim Hunger und dem anderen Kram der ihn so beschäftigte. Demzufolge wirkte der Großteil der Bjartr-Aussage wie eine riesige Blabla-Sprechblase, die sich nach und nach über Youkon entlud und es hätte sicher nicht viel gefehlt und der Rüde hätte „Hast Du etwas gesagt?“ gefragt. Aber so weit war er dann immerhin doch nicht, welch Glück.

Youkon gefiel einiges an dem was er von Bjartrs Aussage mitbekam ganz und gar nicht. Ganz offensichtlich hatte der Graue schlechte Erfahrungen mit Raben gemacht, ansonsten würde er nicht so daher reden wie er es derzeit tat. Demzufolge überraschte auch das Brummen des Schwarzen nicht wirklich, als Bjartr sich so richtig über das Rabenvolk ausließ. Krähen waren da auch nicht besser, aber das behielt er – noch – für sich. Stattdessen nickte er hier und dort, legte den Kopf in die Schräge und machte einen sichtlich erleichterten Eindruck als der Redeschwall des Grauen zu versiegen schien. Wie...schon keine Luft mehr? Pah. Das war doch noch gar nichts! Nachdem Bjartr geendet hatte, stakste Youkon wie schon zuvor, da noch ansatzweise, um den Rüden herum. Umkreisen ohne ihn einzukreisen – mal sehen wie der Graue darauf reagierte.

„Hrm...soso. Es scheint, dass der Wolf, der behauptet Teil des Rudels zu sein, mit den Raben keinerlei Gute Erfahrungen hat machen können. Gut, mir geht es mit den anderen (Krähen) ähnlich. Aber muss man dennoch alle Geschichten glauben, die einem alte, gepiesackte Wanderer erzählen, die eigentlich schon fertig für Wulf und Wulfin sind?“

Youkon wusste, dass er sich auf dünnem Eis bewegte. Wenn es die Eltern waren, die Bjartr diese Flausen in den Kopf gesetzt hatten, war sehr wahrscheinlich dass der Rüde das nicht wirklich toll finden würde. Also galt es, diesen kurzen Moment des Zweifels zu überspielen – nichts, was Youkon leichter fiele als das, schließlich hatte Bjartr ja genug Steilvorlagen geliefert, dass es für ein stundenlanges Gespräch gelangt hätte, wenn man denn mit jener Absicht dort hineingegangen wäre. Also wurde wie erwähnt die Möglichkeit des Überspielens gesucht – und wahrscheinlich auch ganz gut genutzt, je nachdem.

„Ich kenne den Raben seit...er noch ein kleiner Flattermann war. Er hat mir damals geholfen, weisst Du, Wolf? Ich war nicht in der Lage auch nur irgendetwas zu tun und er lotste mich vorwärts.“

Auch des Schwarzen Blick hob sich nun gen Himmel, als hoffte auch er, dort besagten Raben zu sehen. Aber wie nicht anders zu erwarten hatte es der dunkle Freund wohl nicht in diese unwirtliche Gegend geschafft – ein Umstand, der Youkon durchaus nahe ging, für diesen Moment jedoch noch nicht so intensiv wie das später der Fall sein würde.

„Sag Wolf....wie kann es sein, dass Du zu einem Rudel gehörst, dessen Geruch Du nicht an Dir trägst?“

Eine gewagte These, die Youkon da aufstellte, hatte er doch selbst nicht wirklich erlebt, wie das Rudelleben vonstatten ging. Der Vater früh verstorben, die Mutter stellenweise zwar fürsorglich aber eben oftmals auch überfordert, alleine mit drei, später dann zwei Welpen. Aber Vorwürfe konnte man hier ohnehin niemandem machen. Die Frage ließ Youkon einige Momente im Raum stehen, ehe er sich abwandte.

„Ich habe Hunger. Die da drüben....“

Mit der Nase deutete er auf die Richtung in der er die anderen Wölfe vermutete, die ja – so zumindest hatte es Bjartr verkündet – sich freuen müssten, auf Bjartr zu treffen. Ob der Rüde sich mit trauen würde? Oder vielleicht doch nicht? Youkon schien es fast egal und so wartete er auch nicht darauf, dass Bjartr eine Entscheidung pro oder contra Youkon traf.

So stakste er vorweg, vergaß aber nicht, einen neckenden Blick zurück zu werfen. Bjartr würde schon wissen, was der Schwarze damit ausdrücken wollte – und selbst wenn nicht, verstand die Geste doch nahezu jeder Wolf, der seine Hirnzellen nicht unterwegs in einem Erdloch verloren hatte. Youkon jedenfalls stakste von Dannen, getrieben vom Hunger, aber auch der Neugier auf mehr Wölfe als den einen den er jetzt schon kannte. Das konnte ja nur noch besser werden!

[antwortet und stakst dann laaaangsam gen Rudel, sich umblickend]



B J A R T R

Soso, redseliger Freund der Raben, sprich nur weiter, denn wer zu viel preisgibt, dem gebührt das Los des Eingekreisten, der sich selbst verrät. So sehr sich Bjartr auch ärgerte über die Worte des Schwarzen, so sehr versuchte er jedoch auch, sie alle in sich aufzunehmen und mit höchster Aufmerksamkeit zu lauschen. Er hatte schon immer die Gabe gehabt, sich Umständen zu erinnern, Gegebenheiten wieder aufleben zu lassen und Worte zu verinnerlichen, nur so ließ sich auch seine unerschöpfliche Fantasie erklären, die das Erlebte vermengte zu immer neuen Formen. Zudem konnte er nicht umhin, sich an dem gesprochenen Wort zu ergötzen, labte sich an dem Spiel, dem Reiz, der Gefahr, die eine falsche Antwort bedeuten würde. Es erinnerte ihn an das Gespräch, das er mit der Fähe geführt hatte, auch sie ein schwarzer Schattenwolf, den gleichgefiederten Gesellen zugetan und gar etwas rauer im Ton, als der Rüde, der ihm hier nun gegenüber stand. Und sich auf Glatteis wagte.

“Keine Geschichten von Wanderern, sondern das Leben selbst lehrte mich die Vorsicht vor den schwarzen Federn. Doch hab Dank für den Rat, wie weit auch immer du noch von den obersten Herren entfernt sein magst, deine Geschichten werde ich nur mit Vorsicht genießen.“

Ein kleiner Schubs und schon hatte er das Gespräch wieder auf seine Seite gebracht, doch erstens war der Schwarze noch nicht fertig mit Reden, zweitens war er näher gekommen, was den Grauen zum Erstarren brachte und in eine leicht gekrümmte Haltung versetzte. Die Ohren nun abwechselnd gespitzt und angelegt – jeweils eins dem anderen folgend – beobachtete er den Fremden aus leicht verengten Augen, drehte den Kopf seinen Bewegungen nach. Die rührselige Geschichte des Kennenlernens der Beiden bedachte er nur mit einem leisen Schnauben, abfällig wie gehabt, denn mit diesem Kommentar gestand sich der Schwarze auch noch tiefste Unselbstständigkeit ein. Sehr seltsam, aber für Bjartr im Moment keiner weiteren Antwort würdig, zumal die nächste Feststellung abermals seiner ganzen Aufmerksamkeit bedurfte.
Den Geruch des Rudels, musste man so etwas an sich tragen? Er wusste es nicht, und hätte er doch bloß geahnt, dass es seinem gegenüber dabei ähnlich ging. Doch die Erklärung fiel ihm ein, und sie musste stimmen, denn er hatte doch tatsächlich schon einige Zeit mit den Wölfen verbracht, wenn auch nur in deren Schatten und ohne jemandes Augenmerk auf sich zu ziehen.

“Keine Antwort leichter als jene. Wir wurden getrennt vor einigen Tagen, ich war mit einer einzigen Fähe auf anderen Pfaden unterwegs..“

Und plötzlich überkam ihn die Erinnerung an die Zweibeiner, Hunde und hölzernen Gefährte eben jener. Dieses aufwühlende, verängstigende Abenteuer, das ihm so tief in den Knochen gesessen hatte und nach dessen Rausch er sich sehnte. Der Rausch der Todesnähe und Ungewissheit.
Doch lange blieb ihm keine Zeit, denn mit knappen Worten hatte sich Herr Schwarzfang plötzlich abgewandt, um Bjartrs zuvor gewählten Weg weiter zu beschreiten. Da konnte ihm der Graue natürlich in Nichts nachstehen und trotz des Gefühls, überrumpelt worden zu sein, machte er sich dennoch auf, dem Fremden zu folgen, denn die Richtung stimmte, das Rudel musste dort tatsächlich irgendwo sein. Und mit dem Hunger war das natürlich auch so eine Sache, die er inzwischen vergessen hatte, aber da war er wieder, lauter denn je. Danke, mysteriöser Fremder, für die gütige Erinnerung an die größte Schwäche des lebenden Organismus – ständiger Energiebedarf.

[Kurze Unterredung || Folgt Youkon]



Y O U K O N

Youkon nahm für den ersten Moment gar nicht zur Kenntnis, dass sich Bjartr an einer Erwiderung seiner Worte versucht hatte. Dennoch hatte er jene nicht überhört – im Gegenteil. Ein Teil der gesprochenen Worte setzte sich in des Rüden Gehörgang fest, verweilte dort eine Weile und wurde in die Ecke „Töricht“ gepackt. Was dachte der Jungspund eigentlich, wer er war?
Schnaufend fuhr er herum, als er gerade die ersten Meter hinter sich gebracht hatte – immerhin folgte ihm der Graue Fellhaufen, was ja allgemein schon einmal kein schlechtes Zeichen war. Wäre Youkon nun auf der Suche nach so etwas wie Gesellschaft gewesen, hätte er möglicherweise einen echten Volltreffer gelandet. Aber ehe er sich darüber auch nur ansatzweise freuen konnte, stand wohl noch eine kleine Debatte ins Haus, aus der er – da war er sicher – vielleicht nicht als Sieger hervorgehen würde, zumindest aber nicht als Verlierer. Vielleicht würde man sich auf einen Patt einigen?

„Das Leben hat dich besagte Geschichten von bösen Raben gelehrt? Haben Sie Dir ein Auge ausgehackt? Offenbar nicht. Haben Sie dir Löcher ins Fell gepickt? Offenbar nicht. Und wie jemand der ständig von Raben bestohlen wird, siehst Du auch nicht aus, dazu hast Du zuviel auf den Rippen.“

Hatte er nicht einen exzellenten Kennerblick? Gut, den brauchte man auch nicht, um zu sehen dass der graue Rüde sicher nicht kurzfristig an endlos leerem Magen eingehen würde. Aber gut, das Thema war fatal – denn so wurde er schon wieder (!) an seinen eigenen immernoch beissenden und nagenden Hunger erinnert. Selbst schuld, oder? Musste er halt mit leben – ebenso wie mit dem Grauen Rüden der sich tatsächlich zu einer Klette zu entwickeln schien.

Im nächsten Moment war Bjartr aber erst einmal darum bemüht – wie es schien – sich aus der aufgestellten Falle zu winden und zu erklären, warum er denn bitteschön nicht nach anderen Wölfen roch. Dummerweise, zumindest aus You's Sicht, klang seine Erklärung derart schlüssig, dass es Youkon kurzzeitig die Sprache zu verschlagen drohte. Allerdings fing sich der Dunklere der beiden Herren relativ rasch wieder.

„Muss ein seltsames Rudel sein, das Trennungen einfach so zulässt und dann nicht einmal nacheinander ruft. Oder hattest Du den Fang voll von den anderen und Dich abgesetzt? Könnte ich Dir nicht einmal übel nehmen. So ein Rudel ist nicht immer der richtige Ort für einen Wolf, gerade wenn man...speziell ist.“

Was auch immer Youkon mit diesem „speziell“ meinte, er ging für den Moment nicht weiter darauf ein. Vielleicht würde er sich ja später noch dazu bequemen, so denn die richtige Nachfrage in seine Richtung wanderte und er sich der Muße befähigt sah, darauf einzugehen. Nun aber hielt er erst einmal inne, als die nächste kleine Windbö – alles andere als eine Miniatur einer solchen – durch das dünne, kurze Fell der dürren Gestalt fuhr und den Rüden gar zum flüchtigen Erschaudern ob der aufkommenden Kälte brachte, die er zwar gewohnt war, sein Körper jedoch nicht unbedingt.

„Und mit einer einzigen Fähe? Mitten im Winter? Lebensmüde vielleicht?“

Ach ja, You und die Fähen – da war ja was. Keine glückliche Beziehung, wenn man so wollte, im Gegenteil. Er konnte gut ohne sie und sie ohne ihn, aber das musste er dem Rüden ja nicht auf die Stupsnase binden. Wobei jener sich vielleicht ja schon aus den Worten des Rüden seinen Teil zusammenreimen konnte, nachdem der Schwarze – in diesem Falle eher ungewollt – schon den zweiten Hinweis auf gewisse Formen von Besonderheiten gegeben hatte.

„Ich meine....wie kann man dann jagen?“

Ja, der Winter war böse und die meist damit verbundene Ranz auch. Wer wusste das besser als der Rüde, der eigentlich so gesehen gar keiner war und sich von Fähen spätestens dann weitestgehend fernhielt, wenn die zu riechen anfingen? Konnte ja keiner besser wissen, da war er sich sicher.
Seinen Gang hatte er ein wenig beschleunigt und stakste nun mit etwas raumgreifenderen Schritten als noch zuvor in Richtung Rudel. Zumindest ging er davon aus, dass die Richtung nach wie vor stimmte, denn auch wenn er den Raben nicht sehen konnte, so war er sich doch ob seines Bauchgefühls sicher, dass Nevermore genau diese Richtung eingeschlagen hätte, wäre er denn gefragt worden wo es hier zum Rudel ging. Und nur so nebenbei kam das Heulen, das er sich in Erinnerung rief, ja aus einer ganz ähnlichen Richtung wie jener, in die man sich nun bewegte.

„Wie groß ist das Rudel eigentlich?“

ließ er von der Front verlauten und warf einen kurzen Blick nach hinten, um sicherzustellen dass Bjartr weiterhin folgte, was er vermutlich sogar tat. Doch dem Schwarzen brannte noch eine weitere Frage auf der Zunge, die er stellen wollte, bevor man den Ort des Geschehens und somit vermutlich das Rudel erreichte. Eine eigentlich simple Frage, die für den Rüden nicht typisch war, für die Jahreszeit und die damit verbundenen „Tücken“ aber durchaus.

„Du wirst also Vater?“

Oh, gewagte Frage. Oder doch nicht? Youkon wusste es nicht und musste sich damit begnügen, dass er vermutlich nicht direkt genug gefragt hatte, um Bjartr nachhaltig zu verärgern. Vielleicht hatte er aber auch genau dies getan – und der Graue würde vorläufig kein Wort mehr mit ihm wechseln. Sich dem Platz weiter nähernd an dem das Rudel befindlich sein würde – oder wenigstens Teile davon – grübelte der Schwarze darüber nach, ob er das nun positiv oder negativ finden sollte. Nebenher hatte sich, von Youkon weitestgehend unbemerkt, das leichte Hinken hinten rechts wieder eingestellt, stellte aber keine besondere Behinderung dar, so dass der Rüde kaum bis gar keine Schwierigkeiten hatte, vorwärts zu kommen. Zumal der Schnee auch nicht mehr so tief war wie noch einige Hundert Meter vorher.....

[bei Bjartr, versuchsweise Smalltalk, während beide theoretisch langsam aber sicher von einem der anderen bemerkt werden dürfen]



I K E R U

Scheinbar besaß die Fremde noch weniger Humor als er. Oder einfach einen anderen. Das schwach angedeutete Schmunzeln half darüber kaum weg.
Auch wenn Ikeru das wohl kaum für möglich gehalten hatte.
Jedenfalls war sein pustendes lachen sofort wieder von seinen Lippen verbannt und er wurde ernst. Ernster als zuvor. Dieser Tag würde einer werde, der zum einen partout nicht enden wollte und zum anderen seine Stimmung bis in die untersten Etagen ziehen würde, die in seinem geistigen Raum überhaupt existierte. Oh ja, dies war ein schwarzer Tag.
Fix rappelte sich der Rüde wieder auf. Ein kurzer Blick zurück zum Rudel offenbarte ihm, was er sowieso schon wusste. Sie folgten ihm. Mehr schlecht als recht. Das darauf folgende Kopfschütteln war nur für ihn. Shiai war im Recht, wenn sie sagte, dass er nicht sonderlich abschreckend wirkte. Trotzdem, war es je vorgekommen, dass er sich hatte beweisen müssen? Es war kein Wunder, dass er keinen Eindruck schindete. Irgendwie war hier sowieso alles anders. Er war nicht nur Alpha, weil Nouri es für richtig gehalten hatte ihm ihren Rang zu überlassen. Niemand hatte protestiert, als es deutlich wurde, das er nun ihren Part eingenommen hatte. Sollte jemand ihn deshalb mit einer Beschwerde kommen, so war es nicht an ihm.
Sicher, das war nicht einmal der Ansatz einer Ausrede, doch was hätte er anderes tun sollen. Und er wusste, dass er Alpha sein konnte. Er war stark. Er konnte sich durchsetzen. Er hatte Erfahrung. Nur wussten die anderen davon nichts. Bisher hatte es auch keinen Grund gegeben es ihnen zu demonstrieren. Und war es nicht eine gute Taktik, wenn man seine Feinde glauben lässt, das man schwach war?
Wieder schüttelte der Alpha den Kopf. Das alles klang so sehr nach einer Ausrede, dabei war es tatsächlich keine. Eines Tages würde dieser Haufen von Wölfen das sehen. Und sie würden ihm dankbar sein, dass er das Rudel leitete und niemand anders. Auch wenn dieser Tag noch fern sein konnte. Es war zum Grasfressen.
Eher entnervt als willig setzte er sich wieder in Bewegung. Kein Muskel an seinem Körper verriet, dass er eben noch gelacht hatte. Wahrscheinlich würde es auch niemand glauben, wenn es ihm erzählt würde. Ikeru und Lachen – Pha!

» Ja, bestimmt. «

Sein Grummeln galt den letzten Worten, die Shiai von sich gegeben hatte. Bei seinen Worten verzogen sich seine Leftzen zu einem halben Zähne fletschen. Das, was sie gesagt hatte, nahm er als Beleidigung. Von einer Sekunde auf die andere war die Fähe ihm unsympathisch geworden. Sicher vertrug er Kritik, aber an diesem Tag lief irgendwie nichts wie geplant. Alle Emotionen waren ausgeprägter als sonst. Ziemlich unpraktisch, wenn man ohnehin schon in sich gekehrt war.
Nur einzeln schwappten die Worte, die Acean von sich gegeben hatte zu ihm hinüber. Er redete von Nouri, soviel war klar. Den Rest konnte sich Ikeru denken. Ein unzufriedenes Grummeln ertönte erneut.
Den restlichen Weg schwieg er. Er hatte weder etwas zu sagen, noch wollte er Shiai fragen, was sie hierher geführt hatte. Das ging ihn nichts an und es interessierte ihn auch nicht – solange sie nicht durch irgendetwas auffiel, dass ihn dazu veranlasste sie fragen zu müssen.
Trotzdem schien es ihm nicht verwehrt zu sein nach einiger Zeit wieder stehen zu bleiben. Zu den Gerüchen, die vom Tränenfluss zu ihnen herüberwehten kamen nun noch weitere. Einen davon konnte er klar vom anderen Unterscheiden. Bjartr. Dieser unheimliche Wolf, der mit den schwarzen Vögeln sprach, die Ikeru so gar nicht leiden konnte. Soweit der Rüde es beurteilen konnte hatte er den Grauen seit längerem nicht mehr gesehen. Das war allerdings auch kein großes Wunder. Der komische Vogel gehörte ja auch kaum zum Rudel. Man wusste, dass er da war und billigte es, aber das war schon alles. Oder hatte er je danach gefragt ins Rudel aufgenommen zu werden?
Den anderen Geruch konnte der Weiße nicht identifizieren. Der Alpharüde hoffte nur, dass es kein schwieriger Wolf war. Er hatte langsam genug davon irgendwelche Wanderer zu begrüßen, die nur einmal durch das Revier wollten und dann wieder verschwanden. Wenn das so weiter ging, würde es hier bald zu einer Zollstation werden; jeder, der durch wollte, musste seinen Teil für die Erlaubnis dafür leisten. Ja, das war ein guter Plan. Besser als sich als offene Grenze zu demonstrieren.
Noch sah er keinen der beiden Wölfe, doch sie kamen näher. Und Ikeru würde so lange nicht stehen bleiben, bis sie unmittelbar vor ihm standen.
Die Zeit lief ab.
Es roch nach neuem Schnee.

[ führt das Rudel an, knapp vor Shiai | wittert Bjartr & Yukon | geht weiter in Richtung Talbach ]


B J A R T R

Tölpel. Also, alle beide. Der schwarze, weil er einfach nicht die Klappe halten konnte, Bjartr, weil er von dem plötzlich Stopp des Großen dermaßen überrascht war, dass er ins Stolpern kam und sich nur mit Mühe von einem ungalanten Sturz abhalten konnte. Unwirsch brummte er etwas in seinen grauen Fellbart, während er versuchte Haltung zu bewahren. Schließlich traf er für kurze Zeit wieder den Blick des Fremden, doch nur kurz und sehr verstohlen blinzelte er zu ihm, die funkelnden Augen sofort wieder abwendend, um in die Richtung zu starren, in der er das – inzwischen – ersehnte Ziel vermutete. Das Rudel, bei dem er den Rabenwolf endlich loswerden würde und wieder seine Ruhe hatte, komisch eigentlich, wie schnell sich die Prioritäten ändern konnten.

“Es muss nicht immer erst zum Schlimmsten kommen, um seine Lektion zu lernen.“

erwiderte er knapp und sah überhaupt nicht ein, warum er diesem Wolf Rechenschaft schuldig war über seine Haltung zu den Federtieren. Zudem fühlte er sich missverstanden, was man für eine gewöhnte Situation halten konnte, doch da ihm bislang der Kontakt zum Fremdwolf gefehlt hatte, rührte daher auch eine anhaltende Unsicherheit im Umgang mit jenen. Er hatte sich das irgendwie einfacher vorgestellt. Und zu viel auf den Rippen hatte er also? Er musste nicht an sich hinabblicken, um den Rüden einen Lügner zu strafen, sein zottiges Fell mochte vielleicht über die eigene Magerheit hinwegtäuschen, dennoch befand er den Kommentar für äußerst vermessen. Was auch dazu führte, dass er seinerseits ohne Antwort blieb.
Am Liebsten wäre er einfach an ihm vorbeigezogen und hätte sich allein zum Rudel vorgewagt, dann hätte er vielleicht niemandem erklären müssen, wo er diesen vorlauten Schwarzen aufgegabelt hatte. Dabei war es beinahe anders herum gewesen, nunja.

“Ich bin nicht an das Rudel gebunden. Und auch du, Wolf, solltest wissen, dass ein jeder frei ist, seines Weges zu ziehen.“

Das war nun eine kleine Regel, die er sich selbst ausgedacht hatte, aber sie gefiel ihm und wenn es nach ihm ginge, entsprach sie auch der Wahrheit. In seinem Rudel wäre sich jeder Wolf selbst sein nächster, der Zusammenhalt als Zweckgemeinschaft, ein ganz natürliches Verhalten in seinen träumerischen Augen. Noch kannte er das Reglement der Wölfe nicht, die er großmütig als sein Rudel bezeichnet hatte und im Grunde.. wollte er es auch gar nicht kennen lernen. Seine eigenen Regeln hatten sich immer als klug erwiesen, kein Grund, jene nun zu ändern und schon gar nicht auf Geheiß anderer. In seinem Inneren wuchs der Rebell langsam zu ungeahntem Ausmaß, das musste Bjartr irgendwie zu unterdrücken suchen, und alles war seine Schuld. Schwarzwolfs Schuld.

Nun war es erneut an ihm, überrascht zu tun, den Fähenkommentar.. Er konnte ihm keinen Sinn abgewinnen. Was wunderte sich denn der Große so sehr? Was sollte daran so besonders sein und vor Allem, was hatte die verdammte Jahreszeit damit zu tun? Mit misstrauischen Augen blickte er wieder nur kurz zu ihm herüber, doch kein Witz glänzte aus ihnen zurück. Also war ihm diese Bemerkung ernst gewesen, aber warum? Es war doch nur ein Zufall gewesen, dass er die Schwarze getroffen hatte und mit ihr zusammen das Lager der Menschen entdeckte..
Er nutzte die Gelegenheit, den Stolzen zu spielen, der über jede Antwort erhaben war, reckte den Kopf ein wenig und schritt nun langsam an seinem Begleiter vorbei.

“Ich wüsste nicht, wieso dich das interessieren muss. Und sei beruhigt, unsere gemeinsame Zeit war kurz und musste meinen Jagderfolg nicht beeinträchtigen.“

Seine Stimme klang beinahe überheblich, als er dies sprach, auch wenn er nicht die leiseste Ahnung hatte, was er da sagte. Es ergab einfach keinen Sinn.. Jagen, Fähe, Winter, Lebensmüde? Diese vier Worte konnte er in keinen Zusammenhang bringen, was ihn zutiefst verärgerte. Zum Glück war das schauspielerische Können des Kobolds nicht das schlechteste und so gelang es ihm vielleicht, seine Unsicherheit zu übertünchen.

Auch danach sollte ihm die Stille nicht vergönnt sein, warum musste der Schwarze auch durchgängig reden? Langsam begann der Kopf des Grauen zu schmerzen, ein leises Stechen, das sich über seinem linken Auge bemerkbar machte.. Es strengte ihn an, mit aller Aufmerksamkeit den Bewegungen und Worten des anderen zu folgen, er war es nicht gewöhnt, so viel Beachtung zu erfahren. Es sollte aufhören. Und schon wieder eine Rudelfrage, woher sollte er das denn wissen? Ah, zum Glück hatte er sich die Antwort mit einer vorigen etwas vereinfacht..

“Nun, das ändert sich von Zeit zu Zeit, da selten alle beisammen sind..“

Na wunderbar, wäre auch dies Problem gelöst. Nun musste aber Schluss sein, bitte. Außerdem sagte ihm sein Gefühl, dass die ihr Ziel bald erreicht hatten und er konnte gar nicht abwarten, sich von ihm abzusetzen, sobald andere Wölfe in Sicht waren und der Rüde vielleicht mal ein paar Minuten abgelenkt blieb. Während sich sein Schritt beschleunigte, schloss er für einen kurzen Moment die Augen, bemüht jede Sekunde des Schweigens zu genießen. Um dann erneut zusammen zu zucken, als der Große die Stimme erhob.

“Eh?“

Rutschte es aus ihm heraus, als er abrupt zum Stehen kam. Vater? Bjartr? Eh? Wer hatte ihm denn diese Flausen in den Kopf gesetzt? Er brauchte nun tatsächlich einen Moment, um sich wieder zu sammeln und während er ganz langsam, kurzzeitig sprachlos, seinen Weg fortsetzte, gliederten sich die einzelnen Teile allmählich zu einem Bild zusammen. Winter.. Fähe.. Vater. Er war beinahe erleichtert, als er endlich diesen Schluss ziehen konnte, doch im gleichen Moment auch zutiefst aufgebracht. Musste er sich das bieten lassen? Diese Anmaßung? Von einem dahergelaufenen Streuner! Doch ein Glück, nun endlich, noch ehe er sich in Schimpftiraden ergehen konnte, streifte ganz leicht der Duft von Wölfen seine Nase und dort hinten glaubte er nun auch, Bewegungen zu erkennen. Welch Wohltat der Erleichterung! Seine Schritte beschleunigten sich, ohne auch nur noch einen Gedanken an den Schwarzen zu verschwenden und es war dermaßen paradox.. Da freute sich der Graue, einen Haufen von Wölfen wiederzusehen, den er nicht mal namentlich kannte und um den er sich bis vor wenigen Stunden kein bisschen geschert hatte, nur der leer Magen trieb ihn zurück in deren Obhut – ursprünglich. Nun war es ehrliche Begeisterung, die ihn erfüllte.. Mission accomplished.

[Mit Youkon unterwegs || Schließlich in Sichtweite des Rudels]
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Winter 1874 I Vide
BeitragThema: Re: Winter 1874 I   Winter 1874 I Icon_minitimeSo Nov 21, 2010 2:13 am

K A Z E S H I A I

Zumindest würde es interessant werden.

.oO( „Vielleicht auch zu ‚interessant’ .“ )

Wobei das Wort in seiner Bedeutung so aspektreich war, dass es in jeder Hinsicht zutreffend sein würde. Allein die dichte Schneedecke auf den weiten Flächen erfüllte ihren Zweck und verlangte der wirklich winzigen Fähe viel Mühe ab die Tatzen anzuheben und hervor zu strecken. Obwohl sie sorgfältig darauf achtete das Gewicht gleichmäßig zu verteilen und nicht einzusinken. „Interessant“, dass die zahlreichen Eiskristalle trotz ihrer Vielzahl nicht stark genug waren – dabei hieß es doch immer, dass alles erreichbar war, wenn es einen Zusammenhalt in einer größeren Anzahl gab. „Interessant“ war es auch, dass das Rudel so aufgesprenkelt war, wie die zahlreichen Gerüche es andeuteten. Durch die kühle Luft deutlich erkennbar waren weitere Wölfe in der Nähe. Ob sie dazu gehörten? „Interessant“ wenn ja – dass sie auf den Ruf des Hellen, von dem sich Shiai langsam zurück fallen lies – nur wenig um nicht dreist zu wirken - , nicht reagiert hatten. Daher wohl eher unwahrscheinlich. Wenn nein – würde dies bedeuten, dass es noch weitere Neulinge gäbe.

Trotz anfänglicher Schwierigkeiten erfreute dieser Gedanke die Fähe. Weitere Wölfe – Fremde, allerdings würden sie die Gemeinschaft, wenn sich eine solche in vorhersehbarer Zeit bilden sollte, bestärken. Jetzt, wo das Schwierigste überstanden war und sie sich anschließen durfte – Schwierig daher, dass Shiai relativ wenig von Respektpersonen hielt. Vor allem wenn sie sich diese nicht selbst aussuchen durfte, sondern vorgesetzt bekam.
Nun in weiteren Abstand zu dem Weißen vor sich, schwang der Blick noch einmal auf den Hinterlauf, bevor sie sich abwandte. Das Grummeln deutlich als Antwort und Reaktion vernommen. Allerdings wollte sie es sich nicht direkt am Anfang verspielen.

Demonstrativ erhob sich der schmal geschnittene Kopf und die beflaumten Ohren richteten sich gen Himmel. Wenigstens wäre sie hier in Gesellschaft – das war wichtig. Viel zu lange war sie niemanden mehr begegnet, abgesehen von viel zu empfindlichen Kampfmaschinen, deren einziger Gedanke es gewesen war, sie als Fremdling zu vertreiben. Schnaufend ging ein Ruck durch den zierlichen Körper, der das Fell einmal kräftig durchschüttelte und die Rute in eine lockere, höhere Position versetzte. Es war angenehm zu wissen, dass die Zeit schon bald ziemlich schnell vergehen würde.
Interessiert wandte sie sich Mitten im Gang vorsichtig nach hinten. In einigem Abstand geruhten sich ein dunkel Bepelzter und eine aufgeweckte Bunte hinterher. Allerdings schienen sie ernsthaft beschäftigt. Aus ihrem Gespräch ließen sich, von Shiais Platz aus, nur weniger Ausschnitte wie „loyal“ und „Schicksalsschläge“ vernehmen. Zum größten Teil das Zweite lies die Fähe ihren Entschluss, sich den beiden anzuschließen, vereiden. Nein, das waren zu ernste Themen für die Eingewöhnung. Da blieb sie lieber in einiger Entfernung.

.oO( „Die Zeit wird wohl erstmal zur genüge vor uns liegen.“ )

Zumindest schätzte sie den derzeitigen Stand so ein. Aus reiner Unwissenheit.

Langsam in den Laufschritt verfallend, der Abstand zu ihr und Ikeru, wie dieser sich vorgestellt hatte, war nun deutlich erkennbar, richtete sich das Ziel der hellen auf eine graue Fähe, ein Stückchen weiter vor ihr. Anscheinend in Gedanken versunken, lief diese in die eingezielte Richtung.
Vorsichtig, nun etwas langsamer, um die Graue nicht zu erschrecken, falls diese das Erscheinen der Hellen nicht bemerken sollte, näherte Shiai sich ihr. Im Gegensatz zum ersten Kontakt in freudiger Erwartung – die Fähe würde keine rangfolgliche Macht besitzen.

„Reicht der Schnee nicht aus, um dich im Jetzt zu halten?“

Ein Versuch das Gegenüber zurück in die Gegenwart zu bringen und aus dem Gedankenstrom zu reißen. Sanft lies sie sich in das Tempo der Grauen verfallen.

( nun hinter Ikeru, unmittelbar in Nouris Nähe – auf Kennen-Lern Tour )



S Ó K E

Sie sah dem hetzenden nach, und so schien er aus den Augen, aus dem Sinn, und die Fremde Fähe war wieder interessanter geworden. Das erinnerte sie daran wie Sie vor einigen Zeiten mit Cél zur Gruppe gestoßen waren, und wie viel Überwindung das die weiße gekostet hatte. Letztendlich waren all ihre Sorgen aber unberechtigt gewesen. Kház kam wieder zurück, in einem Tempo dem Sóke vielleicht nicht hätte standhalten können, sofern er sich gegen sie geworfen hätte. Er landete eher seitlich hinter ihr im Schnee und entfachte einen kleinen Schneesturm. Süß. Ein Grollen entfloh ihrem Fang, kein verärgertes.

„Du bist ein Spielkind.“

Murmelte sie und kicherte. Noch einen kurzen Moment begutachtete sie die Fremde, ehe sie Kház wieder die volle Aufmerksamkeit schenkte, die offenbar nicht nötig war, denn der Sandbraune beschäftigte sich ganz mit sich selbst. Das war schon eine Kunst für sich und diese riss sich Sókes Bewunderung unter den Nagel. Sie wünschte sich auch die Entspanntheit zu besitzen. Sie schwankte zwischen mitmachen oder langsam weiter trotten. Sie entschied sich für ersteres und taxierte eher vorsichtig Kház nach, dessen Aufmerksamkeit vermutlich eher an diesem Ast hing als an ihr, oder dem Rest der Umgebung. Die Fähe war für sie eher uninteressant. Sie war in diesem Moment einfach da gewesen.

„Nicht wirklich. Das erinnert mich ein wenig daran wie Ich und Cél zu euch gestoßen sind, es hätte auch sein können, das ich sie einfach noch nie zuvor bemerkt habe, sie aber im Rudel ist.“

Das wäre unrealistisch gewesen, aber bei der weißen wusste man nie. Ihre Aufmerksamkeit war nur von kurzer Dauer. Sie legte einen Zahn zu, bis sie wieder dem Sandbraunen herlief, und schnappte nach dem anderem Ende des Astes und zog eher scheinbar unbegeistert daran herum, mit dem Wissen das der Sandbraune ja doch mehr Kraft hatte als sie. Frecher und aufgeschlossener als sie eigentlich war wagte sie sich ans Spiel heran. Sie wollten es ja fortsetzen, erinnerte sie sich. Und ihr war ein wenig langweilig gewesen, und Kház Aufmerksamkeit war weit weit weg. Zu einem freundlichen Lächeln sah sie jetzt Anlass, als sie wieder vom Ast abließ und einen großen Satz vor ihn machte. Der Wind umspielte ihren Fang, sie spürte das Gefühl von Freiheit, den Drang alles hinter sich zu lassen und nun einfach zu spielen! (lol) Sie tat es ihm wie zuvor gleich und stieß gegen ihn, zumindest versuchte sie es. Er war zuvor gescheitert, sie erwischte ihn frontal, schnappte danach aufs neue nach dem Ast und zog heftigste daran. Zuletzt hatte sie vielleicht vor einem Jahr so ausgelassen gespielt, ein wildes Tier benötigte das, dies wurde ihr vielleicht im nächsten Moment bewusst. Glückseligkeit. Sie vermutete seinen Widerstand. Es wäre jetzt eine lustige Situation gewesen sofern er den Ast einfach losgelassen hätte, und dabei zugesehen hätte wie sie völlig überrascht in den Schnee fiel. Ihre Rute wedelte aufgeregt hin und her und wirbelte den Schnee hinter sich teils ein wenig auf, an die Gruppe dachte sie nicht mehr. Das war lustig. Sie knurrte spielerisch, ließ den Ast wieder los und sprang aufgeregt vor ihm hin und her, sah kurz zum Rest der Gruppe, der mehr oder minder wieder los gezogen war, mit der fremden. Das war uninteressant. Was sie vorher noch als wichtig befunden hatte war jetzt wieder uninteressant geworden, wenn es nach ihr ging, würden sie noch 10 Minuten weiter spielen.

Es lag ganz an Kház, ob es jetzt weiter ging, irgendwie:

[Bei Kház, ein wenig weiter entfernt von den anderen // macht keine ANstalten weiter zu gehen]



I K E R U

Dort vorn lief Bjartr. Und in der Nähe von ihm war der Fremde, dessen Geruch Ikeru vernommen hatte. Einer von den Fremden. Die anderen sah er noch immer nicht. Dieser Tag schien schlichtweg verflucht.
Als wäre es nicht schon genug, dass alles drunter und drüber ging – Reise hin oder her – und jetzt mussten auch noch gefühlt Dutzend Fremde hier auftauchen, die alle wie abgesprochen die Nerven des weißen Rüden strapazierten. Dennoch, sei es so. Er würde es durchhalten. Auch wenn es ein recht schlechtes Timing war und er noch recht ungeübt blieb. Er war immerhin erst seit wenigen Tagen der Alpharüde. Es gab trotzdem keinen Grund an ihm zu zweifeln. Er war stark und das wusste er. Sie würden es schon noch sehen...

Zwar hatte der Rüde die beiden anderen nun schon gesehen, doch erst jetzt viel ihm auf, das Bjartr so... auf ihn zu hetzte? Erst dachte Ikeru, dass der unheimliche Rüde ihn zur Strecke bringen wollte, doch seine Körperhaltung verriet etwas vollkommen anders. Irgendwie... freute er sich, der Graue. E5twas perplex von der überraschenden Situation – nein, das war weitaus mehr als nur überraschend - blieb Ikeru für einen Moment ideenlos stehen. Sollte er dem Grauen jetzt auch so entgegen stürmen? Unsicher zuckten seine Ohren nach hinten. Nein, lieber nicht. Nachher würde er sich nur wieder blamieren. So blieb es einfach nur dabei, dass der Weiße freudig mit der Rute wedelte, um Bjartr bei ihnen wieder willkommen zu heißen. Das würde reichen. Immerhin war der komische Kauz nicht wirklich im Rudel und sie hatten sich ja auch erst einmal gesehen.
Statt noch weiter über Bjartr und die Begegnung mit ihm nachzudenken entschloss sich der Weiße dazu dem Fremdling einen Blick zu schenken. Es war ein schwarzer Rüde, der an einem Hinterlauf hinkte. Wahrscheinlich hatte er schon eine lange Strecke hinter sich gebracht. Trotzdem sollte er nicht erwarten, dass er großartig zum ausruhen kommen würde – außer er wollte allein zurückbleiben, aber bei der Wetterlage war das mehr als unklug.
Mit einem stille Seufzen ging Ikeru nun wieder ans Werk. Den nächsten Neuling begrüßen. Mit kurzen, leichten Schritten legte er den Weg zwischen sich und dem Fremden zurück. Obwohl er ziemlich verstimmt war, sprach Ikeru mit ruhiger und freundlicher Stimme.

» Hallo Fremder! Ich weiß nicht aus welchem Grund du hier bist oder wie du auf Bjartr getroffen bist, aber dadurch, dass er noch lebt, gehe ich davon aus, dass du auch keinem von uns etwas zu leide tun wirst. «

Irgendwie war das eine komische Aussage. Aber so oder so, gerade war alles komisch. Sogar Ikeru selbst.

» Mein Name ist Ikeru Mai und ich bin Alpharüde der Schicksalstänzer. Unser Rudel bevölkert dieses Tal, in dem du dich gerade befindest. «

Damit war seine Predigt vorerst beendet. Jetzt war es der Fremde, der sich vorstellen musste.

[ bei Youkon & Bjartr ]



K H A I Z A

Es war unverständlich für sie, wie ein Rudel seine Jungtiere im Stich lassen konnte. Sie waren die Zukunft, die Gegenwart und zugleich auch die Vergangenheit des Rudels. Leben waren vergänglich, so schwer das zu akzeptieren war. Sie hatte es am eigenen Leibe erfahren, wie vergänglich sie doch waren. Und wie viel an den Leben anderer hing. Doch Rudel mussten nicht vergänglich sein, die Gefahr Mensch einmal ausgenommen. Es war natürlich, dass die Leitung von jüngeren und kräftigeren Wölfen übernommen wurde, wenn die Alphas den Zeitpunkt für richtig erachteten. Und für diesen Moment trainierten sie ihre Nachkommen, bereiteten sie auf den ewigen Kampf des Lebens vor und sorgten somit für die Unvergänglichkeit des Rudels. Die Natur hatte es so vorgesehen, hatte es die alten Wölfe gelehrt, welche es nun von Generation zu Generation weitergaben. Es war der Lauf der Dinge. Doch Khaiza wollte es einfach nicht wissen. Sie wollte die alten Zeiten. Die Familie. Sie konnte nicht anders, egal wie oft sie sich selbst sagte, dass das alles unnütz war, doch gleichzeitig begann sie ihre Entscheidung, das Rudel zu verlassen anzuzweifeln.

Doch jetzt war nicht der Richtige Zeitpunkt, erneut darüber nachzudenken. Es hatte keine Minute gebraucht, bis sie genau gewusst hatte, dass sie die junge Fähe sicherlich nicht wieder ihrem einsamen Schicksal überlassen würde. Ein Junges brauchte Familie. Jemanden, der ihn auf den Kampf vorbereitete. Und auch, wenn Khaiza nicht vollkommen davon überzeugt war, dass sie momentan die Richtige dafür war, die sie ja im Grunde diesen Kampf innerlich schon am Aufgeben war. Aber vielleicht würde sie ihr auch neuen Mut geben? Den Neuanfang darstellen, den die Weiße momentan brauchte? Sie schüttelte leicht den Kopf, ehe sie erneut die Wölfin ansah, die sich nun als Sitari vorgestellt hatte. Ein freundliches Lächeln galt ihr, während die Jägerin den Entschluss fasste, einfach abzuwarten. Vielleicht wäre sie bei dem Rudel selbst ja besser aufgehoben…?

Etwas verwundert legte sie den Kopf leicht schief bei der Frage Sitaris. Sie freute sich, als ihr bewusst wurde, wie unbekümmert die junge Fähe war. Es gefiel ihr, dass sie nicht zwischen Wichtig und Unwichtig unterschied, sondern einfach so viel wissen wollte, wie möglich. Egal was es war. Egal, ob man es irgendwann nochmal anwenden konnte. Und zugegeben: Schlecht war die Frage wirklich nicht - wieso eigentlich?

„Mhh. Weißt du, Sitari, so genau kann ich dir das auch nicht sagen. Manchmal stellt ein zweiter Name erst eine richtige Bedeutung des Vornamens her. Manchmal aber, soll er den Klang des eigentlichen Namens verschönern, die Bedeutung hervorheben. Doch manche Namen sind so stark, dass sie allein schon aussagekräftig genug sind, Sitari.“

Ihr ruhiger Blick ruhte auf der bunten Zweijährigen, während alle anderen Sinne angespannt auf den Beobachter warteten. Oder hatte sie sich doch nur getäuscht? Die Möglichkeit, dass es das Rudel war, tat sie mit einem leichten Kopfschütteln ab, während sich fast zeitgleich ein Geheul über die Umgebung erhob und die Weiße für einen Moment innehielt. Ein weiterer Fremder? Sie waren also wirklich nicht die einzigen. Doch schien dieser viel zu weit weg, als dass er sie beobachten könnte. (Die Richtung stimmte auch nicht ganz)

„Lausche. Dann wirst du wissen, wie weit das Rudel noch entfernt ist.“

Wie gerufen erklang schließlich die Antwort der Gruppe, welche Khaiza Sitari bereits angekündigt hatte. Sie waren näher gekommen – o, welch Wunder – und ließen durch ihre freundliche Antwort annehmen, dass es sich um weniger vom Zorn zerfressene Wölfe handelte als die Tiefwaldwölfe.

„Ich denke, wir können zuversichtlich sein.“, meinte sie, um der Jungen die Angst vor Ablehnung zu nehmen. „Wir sollten uns aber besser zu erkennen geben, wenn wir gewillt sind, auf sie zu treffen. Alles andere wäre ein sehr unfreundliches Benehmen.“

Sie wartete einen kurzen Augenblick, in dem sie den Blick der Bunten erwiderte, ehe sie sich in Richtung Rudel wandte und den Kopf leicht hob. Die Augen geschlossen und den Fang leicht geöffnet, als wolle sie die Sonne selbst fassen, so wie es Skalli in der alten Fenrissage nachgesagt wurde, ließ auch sie ihre Stimme erklingen und gab sowohl den genauen Standpunkt, als auch ihre Absicht preis. Dass sie noch vollkommen unerkannt waren, nahm sie nicht an.

„Nun bleibt uns nichts weiter übrig als warten.“, gab sie freundlich an Sitari, sobald sich ihr Gesicht wieder der Jungen zugewandt hatte. „Wir können aber schon mal Ausschau halten nach einer Stelle, die uns erlaubt, den Fluss zu überqueren. Schwimmen sagt mir im Moment nicht sehr zu…“

Sie hob kurz die Pfote aus dem Schnee und stellte sie sogleich wieder ab, ehe sie noch einmal ihren Blick umherschweifen ließ, um sich dann zu erheben und ein paar Meter den Flusslauf entlangzulaufen, ehe sie sich erneut umdrehte und der Bunten einen weiteren freundlichen Blick schenkte.

„Oder ist dir nach etwas anderem?“[/COLOR]
[bei Sitari | am Tränenfluss | gibt sich Ikeru zu erkennen & heult]



S I T A R I

Sitari beobachtete einen Moment den in Gedanken versunkenen Blick der schönen weißen Fähe. Sie kannte diesen Blick. Wenn die Vergangenheit wieder lebendig wird, wenn das Geschehene erneut passiert und alte Freunde wieder unter die Lebenden kommen. Oft, besonders nachts, verlor auch sie sich in Gedanken, warmen Erinnerungen an friedlich Zeiten, als sie noch genau wusste wer sie war und was sie am nächsten Morgen tun würde. Wenn sie ehrlich war, fehlte ihr das Rudelleben sehr. Die Familie. Das Vertrauen. Es fehlte ihr einfach einen Wolf zu kennen, den sie immer fragen konnte, egal was es war, was sie beschäftigte. Doch Sitari war allein. Niemand auf der Welt scherte sich etwas um die jungen Graue.

Sie hatte die Stimmung des Tages immer wieder gespürt. Spätsommergewitter. Selten. Heftig.
Alles schien unter Strom zu stehen, die Luft fibirierte vor Anspannung. Die drückende, schwere Luft war kaum auszuhalten. Alle, sowohl Wölfe als auch die gesamte Natur, schienen auf den große Knall, die Entladung zu warten. Jeder wusste, das dies ein Schicksalstag war. Deshalb war niemand sonderlich überrascht gewesen, als der junge Herausforderer gekommen war, als sich der Kmapf zu spitze, als alle den Atem anzuhalten schienen.
Mit dem Regen begann das Blut zu fließen. Alles schien betäubt, unwirklich. Was gerade geschah, war jedoch real. Der alte Alpha wurde von einem jungen Rüden entmachtet, gestürzt, getötet. Wer hatte es nicht kommen sehen? Sitari und die anderen Welpen hatten es nicht für möglich gehalten. Dieser Tag hatte ihr Leben aus dem Fundament gehoben.
Dem Rudel erging es nicht schlecht mit dem Neuen, doch es war anders. Sitari wusste nicht warum sie gegangen war. Sie hatte das Gefühl der Veränderung nicht wahr haben wollen, hatte geglaubt die Vergangenheit wieder zu finden, wenn sie nur lang genug suchte. Wie hatte sie sich geirrt. Und nun war es Winter. Sie war allein.

Die Erklärung der Doppelnamen interessierte sie brennend. Den Namen verstärken, den Klang betonen...Vielleicht sollte sie sich auch mal einen zweiten Namen zulegen. Sie grübelte einen kurzen Moment darüber nach, doch kein schöner Wortlaut wollte zu Sitari passen. Irgendwann würde sie sicherlich eine gute Kombination entdecken. Sitari....oder vielleicht einen Namenszusatz, wie einen Titel? Es gab in vielen Rudeln Wölfe die hießen ...der Weise, oder die Schnelle. Das wäre eher was für sie. Sitari die...die...die....

Der Schnee rutschte unter ihren Ballen davon, sie hatte ihr Gewicht ungünstig verteilt. Um wieder sicher zu stehen, blickte sie auf den Boden, als könne sie so ihren Läufen helfen den richtigen Platz zu finden.
Als das Rudel heulte, riss Sitari den Kopf hoch. Ganz wie sie es gesehen, gelernt, beobachtet hatte, konzentrierte sie sich auf den Laut, ihre Ohren suchten die Umgebung ab. Genaues orten, erkennen wie weit sie entfernt sind.
Sie schienen nah zu sein.

Soweit sind sie gar nicht mehr entfernt, oder?

Weiter, immer weiter suchten ihre Ohren die Umgebung ab. Diese fremden Wölfe hätten ruhig lauter sein können, das hätte die ganze Sache wesentlich einfacher gemacht. Doch eines hatte Sitari erkannt: sie kamen in ihre Richtung. Sie würden sie sehen.
Unsicher kniff sie ihre Rute ein, klappte ihre Ohren näher an den Kopf und wirkte noch kleiner, als sie ohne hin schon war.

Warten. Nachdem die Weiße gerufen hatte -Sitari wusste nicht wieso, aber ihr schien immer eine gewisse Eleganz zu folgen- konnten sie wirklich nur warten. Was die Anderen wohl sagen, tun, denken würden....

Sich aus ihrer Erstarrung lösend, folgte sie der Weißen, immer noch geduckt und klein. Schwimmen? Im Winter? Lieber nicht...

Vielleicht gibt es hier Steine, die uns den Übergang erleichtern.

Suchend hob sie den Kopf und versuchte etwas zu erspähen.
[bei Mali | Tränenfluss]



N O U R I

Wie schon so oft gab ihr monotoner Herzschlag den Takt für ihren gleichmäßigen, zügigen Gang an, der sie über den Schnee tanzen ließ, als spüre sie darunter keine Anstrengung. Allzu viel machte es ihr tatsächlich nicht aus, denn immerhin war ihr Leib auf diese ökologische Nische eingerichtet. Ihr Körper war darauf eingestellt lange Strecken ausdauernd hinter sich zu bringen – und ihre Zeit als Alphafähe hatte sie reifen lassen, sowohl psychisch als auch physisch. Es war wichtig sich Kraft anzueignen, um den eigenen Status zu verteidigen und auch dem Rudel eine gewisse Sicherheit zu bringen. Auch, wenn sie nunmehr den Rang einer Betawölfin belegte war sie nach wie vor bereit ihre sehnigen Läufe zu trainieren, den Nacken stark zu halten und ihren Stolz aufrecht zu erhalten. So schnell würde sie nicht weiter in der Hierarchie sinken – dazu war sie alles andere als gewillt.
Dazu war sie zu stolz.

Eines ihrer Ohren schnippte dann und wann schräg zu Ikeru, als prüfe sie immer wieder, ob er verbale Anweisungen für sie hatte. Ebenso behielt sie ihn aus dem Augenwinkel im Blick, um im Falle einer nonverbalen Kommunikation direkt reagieren zu können. Ihre Sinne richteten sich also gespaltet auf den Weg vor sich und auf den Pfad neben sich, den er einschlug.
Die Euphorie, die sie eben noch gepackt hatte, war ein wenig abgeflaut – was aber nicht bedeutete, dass ihre Stimmung sich senkte. Das hatte damit nichts zu tun. Sie war nur von ihrem Übermütigem Herumspringen in einen angenehmen Trab verfallen. Denn sie wusste: wollte sie lange durchhalten, musste sie eine konstante Geschwindigkeit bewahren. Ohne ständige Unterbrechungen durch spielerische Sperenzchen würde es ihr leichter fallen.
Währenddessen dümpelte ihre Gedankenwelt in zusammenhanglosen Bildern herum, die immer mal wieder vor ihrem innerem Auge auftauchten, und sich ebenso schnell wieder verflüchtigten.
Es war schön so losgelöst daherzulaufen. Leicht wie der zarte Wind, der über den Schnee strich.

Eigentlich war es ihr eine unwillkommene Störung, dass sie von der Seite her angesprochen wurde. Da war sie schon fast dankbar, dass die betreffende Fähe nicht aus dem Nichts heraus aufgetaucht war, sondern sich durch ihr langsames Annähern angekündigt hatte. Wäre die Graue nicht dazu bereit gewesen mit ihr zu sprechen, hätte sie noch Zeit gehabt sie abzuweisen. Dem Rudelfrieden wegens, und weil es eine Neue war, die früher oder später sowieso integriert werden sollte, drehte Nouri ihr das Ohr hin, das sie zuvor für Ikeru reserviert hatte. Sie verlangsamte ihr Tempo aber nicht. Gleichzeitig nahm sie schon unbewusst eine stattlichere Haltung ein, als sie ohnehin schon beim Laufen gehabt hatte. Sie reckte den Kopf noch ein Stückchen höher, die Rute, die sonst sanft in entspannter Position gehangen hatte zuckte ebenfalls ein winziges Etwas gen Himmel. Es war kein rüdes Zurechtweisen, sondern lediglich ein normales Verhalten eines Betatieres Fremden oder den normalen Rudelmitgliedern gegenüber. Dabei trabte sie nach wie vor versetzt hinter Ikeru – sie war schließlich kein Alphatier mehr und hatte hinter ihm zu bleiben.

» Wer sagt, dass ich nicht im Jetzt kursiere? «

Erwiederte die Graue ruhig, beinahe kühl. Hier war sie wieder, die altbekannte Nouri, die, die in sicherer emotionaler
Distanz blieb. Um nicht unfreundlich zu wirken, was sie nicht sein wollte, umspielte ihre Lefzen ein ausgeglichener, gar netter Ausdruck, und die Augen leuchteten wachsam, mit einem leicht ironischem Glimmen darin.

» Erwecke ich den Eindruck eines Guckt-in-die-Luft? «

Nun klang sie leicht amüsiert und gluckste.

» Schade, ich dachte meine kalte Mauer schrecke alle ab, anscheinend sind meine Künste des Verstellens noch nicht allzu ausgeprägt. «

Mehr sagte sie nicht dazu. Es war nicht ihre Art noch mehr Herumzuplaudern, wenn es kein Thema gab. Zumindest nicht mit Welchen, die sie nicht kannte. Wer sie ansprach, der sollte auch das Gespräch weiterleiten, bis es Hand und Fuß hatte, ansonsten war es für die Graue nur ein Rumgeplänkel von wenig Belang, dem man nicht sonderlich Aufmerksamkeit zuteil kommen lassen musste. Was sie eher interessierte als eine Diskussion über ihre augenscheinliche gedankliche Abwesenheit, war das Anliegen der anderen Fähe. Aber danach fragte sie nicht. Das sollte ihr schon dargelegt werden.

[trabt leicht versetzt hinter Ikeru mit Kaze Shiai | antwortet]



K A Z E S H I A I

Den Sicherheitsabstand wahrend, blieb sie parallel zu der grauen Fähe in einigem Abstand. Natürlich war es ihr nicht geheuer sich auch nur einem der Anwesenden zu nähern. Warum sonst sollte sie die Einsamkeit der Gesellschaft vorziehen als Wanderer? Nicht weil sie ihr Gemüt beruhigen musste wie zahlreiche andere denen sie begegnet war. Sie fürchtete sich nur vor der Konfrontation mit einem denkenden Lebewesen.
Und genau aus diesem Grund legten sich auch die beflaummten Ohren an den Hinterkopf, als die Graue sich demonstrativ zu voller Größe aufrichtete. Wie lästig dieses stetige Rangverhalten war. Ob es nun an der Gewohnheit oder nicht lag, trabte Shiai wie gewohnt weiter. Es würde nichts bringen es der Fähe gleich zu tun. Vor allem weil die Helle selbst kein einschüchterndes Bild abliefern würde. Besonders nicht auf genau dieser Höhe der Wandertruppe.

„Als abschreckende Mauer würde ich das Bild, das du ergibst, nicht bezeichnen.“

Erwiderte sie nur knapp. Anscheinend war sie an genau die Falsche geraten. Als herzlichen Willkommensgruß durfte diese Begrüßung nämlich nicht bezeichnet werden. Für einen kurzen Moment spannte sich der schmale Kiefer an – Nein, abwenden würde sie sich zuerst nicht. Vielleicht bekam sie genau hier einige Antworten um ihre Wissbegierde gegenüber dem Land, der Wanderung und vor allem dem weniger aufgeschlossenem Rudel auf der anderen Seite des Gebirgswall zu stillen.
Wenn sie schon einmal hier war, durfte sie ihr Wissen schließlich erweitern.
Auflockern ging ein Ruck durch den zierlichen Leib Shiais, bevor sie sich in eine lockere Haltung verfallen lies. So war es angenehmer. Die Ohren gespitzt, richtete sie den Kopf und die Ohren auf – in die Richtung in die sie liefen.

„Gibt es in der anderen Revierseite mehr Schutz vor der Kälte, oder warum wandert ihr mit dem gesamten Rudel, wenn es schon jetzt als solches bezeichnet werden darf, weiter?“

Na, das war wenigstens schon mal ein Anfang. Mit Glück entpuppte sich die Fremde ja doch als eine gesellige Gesprächpartnerin – bisher erweckte es den gegenteiligen Eindruck – die sich ihren Spaß daraus machte, jemanden zu informieren.
Ein Zucken über den dunklen Lefzen verriet den Versuch, die Situation weniger negativ da zu legen. Ihre Planung, sich hier einzufinden, verlief im Moment in die entgegen gesetzte Richtung.

„Ich darf mich dir als Shiai vorstellen.“

Ein kleiner Zusatz, mehr nicht.

( neben Nouri, versucht die Situation etwas aufzulockern )



N O U R I

Was die Helle auf das antwortete, dass die Graue sagte, kommentierte diese nicht weiter. Sinnlose Zeitverschwendung in ein sarkastisches Wortspiel überzugehen: es schien nicht so, als habe die andere die Ironie begriffen, und der Grauen war es zu blöd wieder in das gleiche Problem zu verfallen, das sie auch in die missliche Lage mit Acean gebracht hatte. Aneinander vorbeireden. Nein, das musste ja nun wirklich nicht sein.
Die dann kommende Frage fand die Graue dann jedoch recht gut: sie hatten somit ein Thema, über das sie reden konnten, und kamen in keinem Fall in privates Herumgeschnüffel, wie es ihr mit anderen schon geschehen war. Und das war wirklich unangenehm. So aber gefiel ihr das: sie hatte sich neutral vorgestellt und ging ein normales Gespräch an.
Nett.

» Willkommen im Tal, Kaze Shiai. «

begrüßte Nouri die andere, ohne den Blick von ihrem Ziel abzuwenden oder eine allzu euphorische Stimme zu nutzen. Das käme ihr sonst gespielt vor.

» Wir ziehen weiter in den Süden, da dort eine größere Waldlandschaft ist und kein offenes Gelände, das grundsätzlich von Gras bewachsen ist. Natürlich bei diesem Schnee nicht zu erkennen. «

Sie sprach als erzähle sie eine Geschichte, mit einem Unterton, als stelle sie etwas vor. War ja auch nicht ganz falsch.

» Die Karibus und andere, größere Pflanzenesser zieht es genau aus diesem Grund zu den Wäldern, da es dort mehr Möglichkeiten gibt Nahrung zu finden. Ganz abgesehen davon bietet ihnen das Geäst noch zusätzliche Sicherheit. «

Einen Moment lang hielt sie inne und schmunzelte fast.

» Das glauben sie zumindest. «

Wieder eine Pause, in der ein Ohr der Grauen erneut zu Ikeru herüberschnippte um die Lage zu kontrollieren. Dann schien es, als ergreiften ein paar Vögel in der Ferne die Aufmerksamkeit der Fähe, als das Federvieh aus den Baumwipfeln hinaufirrte, in den grenzenlosen, hellen Himmel.

» Sobald die Kälber geboren werden kehren sie wieder in die Tundra zurück, also nahe unserem jetzigen Standpunkt. Wir werden ihnen folgen, und im Sommer mit ihnen herkommen. Somit sind wir auf der sicheren Seite, was es das Nahrungsangebot angeht. «

Im Grunde freute sie sich jetzt schon auf diese Zeit. Denn das weitgehend nur von Gräsern und Sträuchern bewachsene Gebiet würde dann zum Teil freischmelzen und eine blühende Landschaft in das sonstige Weiß formen.
Sie liebte es.
Ungefähr dann würde es auch eigentlich Welpen geben. Im Normalfall. Wie das nun aussah konnte sie nun noch nicht genau definieren. Das Rudel hatte ein Grundgerüst, aber noch nicht recht viel Hand und Fuß. Kein Pärchen, welches garantiert gesunde Nachkommen zeugen könnte. Außerdem konnte sie noch nichts genaues über den Rentierbestand diesen Jahres sagen, was sich erst bei der Jagd herausstellen würde – und davon war es immerhin genauso abhängig, ob es Zöglinge geben würde.
Noch war die Paarungszeit aber auch etwas hin, wer wusste schon, wie sich alles entwickelte?

[etwas versetzt hinter Ikeru | Kaze]



K H Á Z

Ja, sie hatte recht, er war ein Spielkind. Und das gab er nur allzu gerne zu. Es gab so viele spießige, achso böse, verbitterte Artgenossen heutzutage, die nicht mehr sahen, dass die Sonne nach wie vor jeden Tag aufging und wundervolles Licht spendete, um die Welt in ihrer vielfältigen Pracht zu zeigen.
Wie konnte man das nur sehen und gleichgültig abtun?
Wie konnte man beim Anblick jener wundervollen Dinge nicht in ein freudiges Geheul ausbrechen, und nicht Springen, sich nicht daran ergötzen?
Er verstand es nicht, und verschwendete sicherhaltshalber auch keinen weiteren Gedanken daran, weil er sich dann nur viel zu sehr gewundert hätte, und sich sinnloser Weise den Kopf über etwas zerbrochen, für das es ja letzten Endes doch keine plausible Antwort gab.

Was sie sagte verwirrte ihn etwas, weil sich der Zusammehang für ihn in diesem Moment nicht so recht erschloss. Aufgrund des ausgelassenen Spieles ging er aber auch erst mal nicht darauf ein, zumal das Thema um ihre Freundin vielleicht nicht gerade das Beste war, um eine fröhliche Alberei fortzuführen. Womöglich würde er damit ein Stimmungstöter sein und sehr unsensibel dastehen, was er aber nicht sein wollte. Er war nun einmal niemand, der andere unnötiger Weise dazu bringen wollte viel über sie zu erzählen, wenn diese sich grundsätzlich eher dagegen sträubten. Und auf ihn machte es den Eindruck, dass sie erst mal nur Spaß haben wollte. Vergessen.
Was auch immer das war.

Als sie den Ast packte gab er durchaus Widerstand. So schnell gab er sich nicht geschlagen! Und vermutlich war Kház nicht intelligent genug das Geäst loszulassen, um sie zu überrumpeln. Sein kleiner Horizont beschränkte sich da eher auf simple Maßnahmen.
Er knurrte zurück, als auch ein Grollen ihre Kehle verließ, und wedelte als Antwort ebenfalls mit der Rute. Sie begann vor ihm hin- und herzuhüpfen, was er als Gelegenheit nutzte, den Ast in Sicherheit zu bringen, indem er einen Hechtsprung an ihr vorbeitat. Unbewusst bewegte er sich auf die Gruppe zu. Es war nicht so, dass er zwingend bei ihnen bleiben wollte, doch sein Instinkt befahl ihm immer wieder in Sichtweite seiner Herren zu bleiben, seiner Ranghöheren. Das war ihm angeboren. Und eingeschärft worden.
Das hieß ja nicht, dass er den Spaß außer Acht ließ.
Er gab ein eigenartiges Geräusch von sich, dass wie ein röchelndes Husten klang und musste den Ast ablegen, um nochmals nach Luft zu schnappen. Seine Brust zog sich zusammen und er neigte die Schnauze gen Boden, während er zu würgen schien. Dann sah es so aus, als habe er den Belag im Hals entfernt, und er hechelte aufgeregt. Die Beine zitterten vor Anstrenung: und er genoss das warme Gefühl, dass ihm im kurzen Ruhestand durch die Muskeln glitt.
Sein Blick heftete sich auf die Helle.

Herrje, ich komm ganz außer Atem.

Er lachte auf und sprang vergnügt vor dem Ast her, hechelte immer noch, mit der Zunge aus dem Maul hängend.

Ich frag mich, ob einer von diesen Langweilern da mitspielen würde?

(etwas hinter den anderen | Sóke)



K A Z E S H I A I

Ein Willkommensgruß. Endlich. Nach den Versuchen aus einem Revier zu flüchten, in dem es so aussah, als wenn nur Kampfbestien es bewohnten und der Durchquerung des halben Nachbarreviers – zumindest kam es der zierlichen Fähe so vor – bei der derzeitigen Witterungslage, war es ein angenehmes Gefühl, das die Helle bei diesen Worten verspürte. Ja, fürs erste war sie angekommen. Bei einem Rudel, das ihr ein wenig Schutz spenden würde. Sei es vor der Gefahr sich in diesem Land zu verirren oder bei einer vergeblichen Suche nach Nahrung. Als Aufmunterung für die kalte Jahreszeit war das Grund genug.
Vor allem da noch weitere Witterungen von anderen Wölfen in der klaren Winterluft lagen. Langweilig würde es zumindest nicht werden.
Einen Lauf vor den anderen setzend, zog sie die kleinen Tatzen aus der weißen Schneedecke. Bisher erforderte es noch wenig Anstrengung. Das grelle Weiß war noch nicht hoch genug. Doch wusste Shiai genau, dass es sich auf Dauer in den Gliedern bemerkbar machen würde. Die Kälte und der veränderte Gang. Sie waren nur die Vorboten für das Folgende.

Als die Graue begann auf die Frage zu antworten, winkelten sich Shiais Ohren in ihre Richtung, um jedes Detail zu vernehmen. Schließlich ging es hier um die zukünftige Planung!
Den Schritt beibehaltend, lies sie sich das Gesprochene als Abfolge noch einmal durch den Kopf gehen. Es war also ein sich wiederholendes Ereignis, dass das Rudel in den Süden zog. Quasi immer der Beute hinterher. Simpel, doch einleuchtend. Ein Mangel an Nahrung würde somit nicht auf kommen – außer wenn sich jeder Einzelne des Rudels als eine komplette Niete bei der Jagd heraus stellen würde. Oder alle zusammen als ein grausames Team. Bei der Bemerkung über die Sicherheit der vorgesehenen Opfer zogen sich die Lefzen der Hellen in die Höhe. Hach, wie schön es doch wäre allein ein kleines Beutetier vor der Nase liegen zu haben. Darauf könnte sie allerdings noch eine Weile warten, wie es schien. Denn ein bewaldetes Gebiet lies sich auch noch nicht in weiter Ferne entdecken.
Leise entwich ein Schnauben die Schnauze der Fähe. Wie sie die Kälte doch verabscheute! Und genau wie ein Fluch wanderte sie ständig in den Gedanken der Leidenden umher – das typische Bild: am schlechtesten ließen sich die unerwünschten Dinge ignorieren.
Das Ende der Antwort folgte schnell. Ja, ein Kreislauf. Immer hin und her zwischen den Himmelsrichtungen – es war zumindest eine Abwechslung.

„Das hört sich zumindest viel versprechend an.“

Ja, so war es ja auch. Größere Probleme waren durch diese Planung ausgeschlossen – der Frieden zumindest in manchen Punkten gesichert. Fraglich blieb nur auf welches Ausmaß an Fläche sich das Tal erstreckte. Und wie die Rudelmitglieder dabei anstellten. Denn so wie es bei ihrer Ankunft aussah, waren einige noch ziemlich unbeholfen mit der Einteilung ihrer Kräfte.

„Gibt es mehrere, die die Wanderung in den Süden schon einmal hinter sich gebracht hatten?“

Vielleicht lag sie mit ihrer zu Anfang aufgestellten These auf das Rudel ja falsch und es existierte als dieses, ihr vorgetretene Grüppchen, schon länger. Das würde auch die feholende Namensvorstellung der Fähe erklären: es war seit langem nicht mehr von Nöten gewesen.

( neben Nouri )



N O U R I

Weiß. Blendendes Weiß.
Die nussbraunen Augen folgten den weichen Zügen, die das Land an diesen Stellen noch zeigte, sich aber in den Bergen zu einer zerklüfteten Kontur formte. Es war ein eigenartiges Gelände. Wandelbar, ständig im Gange, auch wenn es so vollkommen ruhig wirkte. Es bildete ein gigantisches Biotop, welches viel artenreicher war, als sich auf den ersten Blick feststellen ließ.
Und das, obwohl es fast das ganze Jahr über unter der kalten Decke aus Eis verschwand.

Das war eine Sache, die viele nicht mit sich vereinbaren konnten, wie die Graue mit leichter Missbilligung zur Kenntnis nahm. Da gab es jene, wie sie und Kenáo, die in diesen unwirklichen Weiten aufgewachsen waren, und sie mit all ihren Fehlern bedingungslos liebten, und jene, die ins andere Extrem schlugen und die Kälte verachteten. Da sie es kaum anders kannte, warfen sich bei ihr zahlreiche Fragen auf: wie war es wohl, in glühender Hitze aufzuwachsen? Wie war das, das ganze Jahr über helles Grün sehen zu können, und nicht nur ab und an das von dunklem, harten Gewächs, wie beispielsweise einer Tanne?
Mehr noch stellte sich bei ihr immer klarer ein Gedanke ein: wie kamen sie denn dazu, die anderen, hier oben in Alaska zu verweilen, wenn ihre Körper doch nicht auf diese Strapazen ausgerichtet waren?
Wenn sie sich den sandbraunen Rüden ansah war es ihr eigentlich nur möglich den Kopf zu schütteln. Er war zäh, zweifelsohne, aber ein Sohn der Steppe, keiner des Eises. Sie wusste, wie sehr der Schmerz an ihm gezerrt hatte, als er ihr nachgelaufen war, durch stürmende Fluten und beißenden Schnee. Sein Fell war nicht dicht genug.
Da er ständig in Bewegung war konnte er das wieder ein wenig wett machen, und in der Zeit seines Verweilens, so schien es ihr, hatte er bereits ein wenig mehr Unterhaar bekommen.
Aber so sicher konnte man sich da nie sein.
Die Natur machte immer eigenartige Dinge, die sich nicht rational erklären ließen.

Brav lauschte die andere Fähe dem, was Nouri erläuterte, und als diese dann schwieg fand sie selber, dass die Beweggründe eigentlich ganz gut erklärt waren. Dass sie mit Ikeru damit vorgehabt hatte das Rudel ein wenig mehr zusammenzuschweißen enthielt sie der Hellen nicht vor, erwähnte es aber auch nicht. Auf die nächste Frage der Hellen hin würde sie das ganz gut mitbeantworten können, ohne es direkt auszusprechen.

» Der Alphawolf, Ikeru, sowohl mein Bruder, als auch ich kennen das Tal und sind im Grunde alle Routen schon mehrmals durchlaufen. Ich selber bin teilweise hier aufgewachsen. Vom Rest haben einige das Tal im Sommer bereits einmal gequert, sie wissen also, wie lange der Marsch wird, und da sie aus verschiedenen Richtungen gekommen sind auch teilweise die Risiken, die damit verbunden sind. «

Anders gesagt: Ja, ein Teil kannte das Prozedere schon und würde gute Wege finden alle durchzubringen, wenn aber auch Mitarbeit von dem Rudel geleistet wurde, was dafür zusammenhalten musste, Wissen teilen und aufeinander zugehen. Sinn und Zweck des Ganzen war also auch alle mit dem Revier bekannt zu machen und es zu schaffen eine dynamische Gruppe zu erstellen.
Nur so war ein Überleben aller garantiert. Nouri wusste, dass sie selber durchkommen würde. Auch bei Ikeru zweifelte sie nicht daran, ebenso nicht bei dem Sandbraunen, der ja durchaus seine Methoden hatte und sich an ihre Versen heften würde, wie er es schon einmal getan hatte. Kenáo, wo auch immer er sich zu diesem Moment aufhielt, war ebenfalls den Gefahren gewappnet. Was die anderen betraf, wagte sie noch kein zu großes Urteil zu fällen. Acean war sicherlich keiner, der sich schnell runterkriegen ließ, aber sie zweifelte an seiner sozialen Kompetenz. Zu aufsässig. Hinterfragte zu viel. An für sich war er sicher in Ordnung, auch wenn sie selber mit ihm haderte. Die bunte Fähe, die ihm anscheinend nahe stand, würde bestimmt mit ihm gut zusammen kooperieren, also schon einmal etwas. Sóke, die Weiße bei Kház, schien vernünftig zu sein, und auch bereit mit anderen zu kommunizieren, auch wenn sie einen etwas zurückhaltenen Eindruck auf Nouri machte. Was ja nicht unbedingt schlecht war. Über die restlichen wusste sie selber nicht viel.
So gesehen gab es keine Versicherung dafür, dass das Vorhaben funktionierte, aber die Grundvorraussetzungen, so fand die Graue, waren nicht einmal so schlecht.

» Außerdem ich vermute nicht, dass es Grund zur Sorge gibt. Ein wenig Kooperation und wir werden schon gut durchkommen. «

[Leicht schräg hinter Ikeru | Kaze Shiai]



K A Z E S H I A I

Sie wollte nicht aufdringlich wirken, nicht so, als wäre sie fremden Umgang nicht gewohnt. Doch überkam sie außerordentlich oft das Gefühl, dass die Graue gerne etwas in die Weiten versank. Fern ab von der Gegenwart. Natürlich nicht im wörtlichen Sinne. Eher so, als würden sie ihre Gedankengänge führen – als würde sie von dem Gesagten im Kopf schon längst weiter sein, dies aber geschickt verschwieg. Vielleicht um nicht zu viel zu verraten? Oder es war einfach ihre Art zu schweigen. Nur die wichtigsten Dinge preis zu geben. Eigentlich genau das Verhalten, das eher bei Wanderern der Fall war. Das von grüblerischen Einzelgängern.
Immer wider warf Shiai der Fähe daher einen Seitenblick zu – natürlich aus reiner Höfflichkeit. So erhoffte sie sich zumindest die Wirkung. Es war bewundernswert einem Ausschnitt des Rudellebens zu lauschen. So komplett anders. Im Plural – immer mit mehreren. Es gab kein „Ich“. Nur das „Wir“. Keine Einsamkeit und keine Sorge über die Nachteile der eigenen Schwächen, schließlich gab es immer jemanden der diese ausglich. Beruhigend. Doch versuchte sich die Helle aus der Euphorie zu ziehen. Bisher durfte sie nicht behaupten dazu zu zählen, sie war neu. Ihre Ankündigung war nur auf die Wanderung zur anderen Seite des Tals ausgelegt. Und bisher wollte sie es dabei belassen. Sie war nicht der Typ der sich mit allen verstehen würde, das wusste sie genau. Wie auch? Ihr war das Leben in einer größeren Gemeinschaft bisher nicht gegönnt gewesen. – Etwas auf das sie, um ehrlich zu sein, sehr stolz war. Welcher Wolf durfte denn schon von sich behaupten allein leben zu können? Sich allein wohl zu fühlen? Natürlich gab es einige. Doch die Mehrzahl zog ihres Wissens die Gesellschaft vor. Und sie wusste, dass sie zu dieser Mehrzahl gehörte. Ja! Sie brauchte Kontakt zu anderen! Aber offen zeigen wollte sie dies nicht: es war eine Schwäche abhängig zu sein. Und um gar nicht erst auf den Geschmack zu kommen mied sie jegliche Art die es ihr hätte schmackhaft machen können.
Hoffentlich verlor sie diesen Gedanken nicht auf der Wanderung, wenn es darauf ankam gemeinsam zu leben.
Sacht winkelten sich die Ohren an. Nein, sie würde ihren eigenen Gesetzen treu bleiben: Eigenständigkeit vor Abhängigkeit.

.Oo( „Vorallem müsste ich mich auf meiner eigenen Reise nicht unterordnen.“ )

Verstohlen richtete sich ihr Blick auf den Weißen weiter vor sich und demonstrativ richtete sich die Rute in ihrer Position höher. Natürlich war es nur um sich selbst zu überzeugen, jetzt am Anfang um es hinterher nicht zu bereuen, doch musste dieser Gedanke sich erst einmal wahrheitsgemäß in ihren kleinen Kopf nieder lassen.
Unbemerkt beschleunigte sie ihren Gang, um mit der Grauen wider auf eine Höhe zu kommen, war sie in ihrem Gedankenstrom doch zurück gewichen – unbewusst. Jedoch hatte sie die gesprochenen Sätze durchaus mitbekommen. Beruhigt daher, dass ihre Frage positiv beantwortet wurde. Wenn mehrere den sichersten Weg kannten war die Chance auf eine sichere Reise größer, sollten sich Komplikationen auftun.

„Ihr seit Geschwister?“

Sie wollte keine Antwort, sondern sich nur die Worte einprägen. Perplex spitzten sich die Ohren wider auf. Natürlich war es verständlich, vielleicht sogar auch logisch, wenn sie beide schon länger hier verweilten und sich auskannten, dass sie bis zu einem bestimmten Grad verwandt waren. Allerdings gab es wenige Ähnlichkeiten. Zumindest soweit Shiai es beurteilen konnte.

„Es muss angenehm sein in einem Tal zu leben, das von Geburt an bekannt ist.“

.Oo( „Eine wirkliche Heimat. Nicht nur ein Ort, der als solche bezeichnet wird, weil es ein wunderbares Erlebnis dort gab. Nein. Der Geburtsort als Teil des Lebens.“ )


Aus dem Zusammenhang legte sie für sich fest, dass es so stimmte. Ob es nun der Wahrheit entsprach bleib gewiss fraglich. Jedoch klang es so, wie die Helle sich das Leben für einen jeden wünschte. Geborgen in zuverlässigen Pfoten. In einer gewohnten Umgebung die sowohl Nahrung als auch Unterschlupf bietet – eben wie in einem Paradies. Ein selbst erschaffenes Paradies, denn sie stritt nicht ab, dass die beiden Artgenossen es hier nicht so hätten leben können. Vielleicht war auch das der Grund, weswegen die kleine Gruppe hier entlang lief. Zusammen.
Und genau das sprach die Fähe auch, als wären ihre Gedankenströme zumindest vom Grunde her ähnlich denen Shiais, an.

„Ja, nur muss dafür erst ein Mal Vertrauen entstehen.“

Der Kopf schwank zurück zu dem restlichen Wölfen. Es sollte nicht bedeuten, dass sie irgendeinem von ihnen misstraute – doch war es etwas, dass sich ein jeder verdienen musste. Und auf Grund ihrer bisherigen Kenntnisse über jeden einzelnen, konnte sie sich kein Urteil bilden.
Erst nach dieser „Aussage“ konzentrierte sie sich wider auf den Weg vor sich – ja, selbst nach der kurzen Zeit fing sie schon an einfach nur hinterher zu traben! – auf dem sich eine größere Veränderung zeigte. Zwei Neue – oder gehörten sie dazu? Skeptisch richtete sie sich auf, um besser sehen zu können, zumindest bildete sie es sich ein. Nein, sie waren neu, zumindest der eine, denn wie es sich anhörte wurden die Begrüßungsfloskeln ausgetauscht.

„Wie es scheint, versuchen bei diesem Wetter viele bei euch Unterschlupf zu finden.“

Natürlich zählte sie sich selbst dazu. Vielleicht war es auch normal, dass eine Ansammlung von Wölfen weitere anzieht – das wusste sie nicht. Denkbar wäre es zumindest. Vor allem da der graue Neuling anscheinend verletzt war. Er hinkte, das war sogar von ihrem Platz aus zu erkennen. Noch ein Krüppel – aber sobald er sich nicht alle paar Meter in den Schnee legte, würde das hoffentlich nicht zur Last werden. Vorsichtig blieb sie mit einigem Abstand zu Ikeru stehen. Sie besaß nicht die Befugnis um sich einzureihen, wollte sie auch gar nicht. Unsicher warf sie der grauen Fähe, deren Namen sie noch immer nicht wusste, einen fragenden Blick zu. Musste sie nun etwa auch eine Ansprache halten? Wenn sie Geschwister waren, erklärte sich auch ihr derzeitiger Standpunkt direkt hinter dem Weißen wie von selbst: sie besaß eine tragende Rolle in dieser Gruppe. Hach, das hätte der Hellen auch eher einfallen können.

( in unmittelbarer Nähe von Ikeru, Bjartr, Youkon - neben Nouri )
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Winter 1874 I Vide
BeitragThema: Re: Winter 1874 I   Winter 1874 I Icon_minitimeSo Nov 21, 2010 2:20 am

N O U R I

Erneut schnippten ihre Ohren gen Ikeru. Erneut erhielt sie keine Anweisung. Das war auch nicht nötig, sie war ja ohnehin eigentlich beschäftigt, und stellte der fremden Fähe die nächsten Geschehnisse vor, beziehungsweise indirekt auch das Rudel. Es musste sich ein wenig seltsam anfühlen, unbeholfen, wenn man wo hinkam und nichts kannte.
Sie war heilfroh immer ihren Bruder an ihrer Seite gehabt zu haben und nicht vollkommen alleine gewesen zu sein. Auch wenn sie Wert auf ihre Stille legte und sich dann und wann ein wenig zurückzog, um dem wilden Trubel zu entgehen: einsam, nein, das wollte sie auch nicht sein. Und sich dann auch noch neu einzufinden war gewiss auch nicht gerade einfach.
Die Graue lief ruhig weiter.
Bemerkte seitlich, wie die etwas Zurückgefallene aufschloss und sich straffte. Das missfiel dem anderem Weibchen. Neuheit schützte vor alten Regeln nicht. Frisch einfinden hin oder her, Nouri konnte es nicht leiden, wenn sich jemand aufspielte und höher stellte als solche, die in dem Rudel für Ordnung zu sorgen hatten. Dabei ging es keineswegs um egoistische Motive. Lediglich um jahrtausend alte Gesetze, die sich in den Verbindungen der Wölfe mit der Zeit manifestiert hatten, um ein gutes soziales Miteinander zu ermöglichen. Sie hielt sich selber schließlich auch daran und erwartete es auch von den restlichen Canidae, die sich in dem Tal befanden. So, wie sie es gelernt hatte.
Und eigentlich jeder andere auch.
Sie wollte nicht vorschnell urteilen, aber sie selber drehte die Ohren und reckte das Kinn. Unauffälliges Zurechtweisen. Würde sich das andere Weibchen nicht an die Regeln halten, würde die Graue sich dazu genötigt fühlen darauf zu reagieren, wenn es Ikeru nicht tat.
Sie war nicht böse, nein. Und eigentlich fand sie die andere mit ihren zum Glück normalen Fragen recht sympatisch.
Aber wenn jemand meinte die Linien zu übertreten, und das auch noch als Neuer, duldete sie das nicht.
So, wie sie es gelernt hatte.

» Ich habe ein Geschwister hier, ja, aber es ist nicht Ikeru, nein. «

Ihr eleganter, gleichmäßiger Gang schien über den Schnee zu gleiten. Sie liebte es zu Laufen. Das hatte sie schon immer getan. Da sie relativ zäh war, konnte sie auch lange Strecken gut meistern.

» Ja, das muss schön sein. «

Meinte sie sachlich und ihre Nasenflügel weiteten sich kurz. Es war sicher ein Segen in dem Tal heimisch zu bleiben, indem man einst das Licht der Welt erblickte. Die Graue vermutete, dass die neue Fähe glaubte, sie, Nouri, wäre hier geboren und aufgewachsen. Aber das stimmte nicht, da hatte die Helle etwas falsch verstanden. Sie selber hatte schließlich nur teilweise gesagt. Dennoch korrigierte sie die Andere nicht, da sie sich mit ihrem Gedanken nicht sicher war und keine Lust hatte es geradezurücken. Wen interessierten schon diese zehn, elf Monate, die sie hier noch nicht von Geburt an verbrach hatte? Keinen.
Sie selber auch nicht.
Das hier war jetzt ihre Heimat und fertig.

Das mit dem Vertrauen ließ die Graue unkommentiert. Das war für sie ohnehin eine strittige Sache, und darüber würde sie erst später Grübeln, nun, wo sich ihre Aufmerksamkeit ebenfalls auf die anderen, Dazugestoßenen, richtete. Den Grauen kannte sie flüchtig. Der junge Rüde. Den Dunklen nicht. Sie stellte die Ohren nach Vorne und zog den Kopf zurück, verlangsamte ihren Lauf nicht.

» Kommt häufiger vor. «

Dass ihre Antwort auf die Aussage der anderen so knapp war lag daran, dass ihre Aufmerksamkeit auf den Alpha fiel. Und eben die Neuen. Sie war immer vorsichtig, was es das anbelangte, vor allem, da es zwei Rüden waren. Ihre Kiefermuskeln spannten sich. Es war eine unwillkommene Abwechslung, weil sie das unbefangene Gespräch mit Kaze Shiai gerne weitergeführt hätte. Aber gleichsam wusste sie auch: würden sich die beiden Rüden anschließen, hätten sie weitere Verstärkung im Bund.
Und diese schadete nie.

Aus dem Augenwinkel registrierte sie, wie die Helle Fähe ihr einen Blick zuwarf.

» Einen Moment, bitte. «

empfahl sie sich höflich und ging etwas näher an Ikeru vorbei. Ihre Schnauze zuckte, die klugen Augen versuchten die Situation zu erfassen. Sie grüßte mit Gestik und hielt sich weiterhin hinter dem Alpha. Es war nicht mehr ihre Aufgabe Fremde einzuweisen. Und sie merkte, dass der Weiße das ohnehin schon getan hatte.

[Nahe hinter Ikeru bei Bjartr, Youkon und Kaze Shiai]




S Ó K E

Die Weiße war leicht entkräftet, dennoch ließ die Gespanntheit jeder Faser ihres Körpers keinen Augenblick nach. Ihre Ohren zuckten aufgeregt. Kház näherte sich wieder samt angeschlagenem Ast der Gruppe, die Weiße folgte langsam, man musste sich ja nicht hetzen, die Gruppe bewegte sich nur noch mehr oder weniger. Der sandbraune schien eine Pause zu gebrauchen, sie würde sich ihm einfach anschließen.

„Gib es zu, du hast nur versucht zu flüchten.“

Sie hatte nicht vor ihn anzustacheln, ein kleiner Spaß eben. Das Spielkind würde das schon nicht ernst nehmen. Sie und Kház waren wohl die ganze Zeit unbemerkt geblieben, demzufolge war es wohl nicht so schlimm dass sie sich kurzzeitig entfernt hatten. Ihr Blick lag mit besonderer Sorgfalt – wie sonst auch – auf den anderen Rudelmitgliedern. Ikeru war vielleicht gute 5 Meter entfernt, Nouri dahinter, und näher bei ihr, davor stand Kházun. Ikeru war unterdessen mit der Fremden beschäftigt, diese war für die Weiße schon wieder in den Hintergrund gerückt, wieso auch immer.

Ein schwarzer Rüde und eine andere weiße Fähe dessen Namen ihr wieder entfallen waren, waren auch nur wenige Meter von ihr entfernt. Das Rudel schien mehr oder weniger beisammen. Nur eine fehlte, immer noch - Cél.. Sie wollte noch einmal zu Ikeru, aber was sollte er schon noch sagen, außer das selbe wie zuvor? Sie stieß ein leises Seufzen aus, und den Gedanken von sich zu stoßen, dass sie vielleicht noch in weiter Ferne war, sie nicht mitgekommen war und so etwas. Ein Rümpfen ihrer Nase folgte, aus den Augenwinkeln sah sie wieder zu Kház und wurde wieder ‚munter‘.

Sie antwortete ihm auf die mehr oder weniger gestellte… ‚Spaß-Frage‘

„Diese Spielverderber haben keine Zeit, schätze ich.“

Was vermutlich einen großen Anteil an Richtigkeit hatte, die anderen wirkten auch nicht gerade so, als ob sie sich anschließen wollten. Mehr oder weniger missbrauchte sie den Sandbraunen zum Vergessen ihres Problems, das wohl eher unbewusst, aber dieses naive Spielen bereitete ihr ungewohnten Spaß, und das war selten geworden. Spielerisch warf sie sich vor ihn auf den Boden und reckte die langen Läufer von sich, zog die hinteren wieder an wirbelte den markanten Kopf herum. Spielerisch schnappte sie nach Kház Läufen.

„Ich habe das Gefühl das wir unbeobachtet sind. Das ist irgendwie lustig, obwohl wir nur wenige Meter entfernt sind. Paradox!“

Das Wort ‚Paradox‘ hatte sie ungewollt laut ausgesprochen und war augenblicklich ruhig. Sie rümpfte aufs neue ihre Nase und sah sich um, redete weiter.

„Weißt du, ich möchte die Besprechung die Ikeru führt nicht stören, und ebenso wenig die anderen Mitglieder des Rudels. Und es bereitete mir Sorgen das Cél immer noch nicht aufgetaucht ist.“

Wieder ein Seufzen, wieder ein innerliches Schulterzucken, und ein Moment ohne einen Gedanken, ihr Kopf war ein wenig leer, und kalt war er, vom Schnee unter ihr.

„Aber nun gut, lass es uns vergessen, das wird schon.“

Es gab eine Sekunde da hatte sie dies wohl ernst gemeint. Dies war die zählende, die die sich gegen den Rest neuer Augenblicke durchsetzte, und sie hoffte er wäre stark genug, dies zu tun. Sie brauchte jetzt den Sandbraunen und seine Einstellung zum Leben und seinem Umfeld, diese Sorglosigkeit, die Entspanntheit. Sie war leicht überfordert gewesen, deswegen hatte sie es kurz angesprochen. Wieder schnappte sie nach seinem Bein, merkte dass dies langweilig wurde und richtete sich wieder auf und einen unerwarteten ‚Angriff‘ von der Seite auf Kházun startete. Das Spiel konnte wieder los gehen!
Ob er darauf gefasst war?

„Wir sind noch lange nicht fertig!“

Grölte sie. Ob dieses spielerische Jaulen und Gekämpfe in mitten der Gruppe - oder besser gesagt immer noch ein wenig abseits - die anderen stören würde? Dem war sie sich nicht bewusst, hatte (erneut) abgeschaltet.

[ALIGN=center] [Kház / nun wieder bei der Gruppe (Nouri,Ikeru,Acean und Co.)] [/ALIGN]



Y O U K O N

Wenn man bedachte, wie lange Youkon keine gescheiten Worte mit anderen Wölfen gewechselt hatte – der Rabe zählte ja nur als halber Wolf, selbst für Youkon – dann war es schon beachtlich, wie wenig er doch eigentlich von seiner Sprachgewandtheit verloren hatte, je älter er wurde. Manch ein Wolf wurde ja mit dem Alter auch vergesslich, doch hier musste man sich vor Augen halten, dass Youkon ja sooo alt nun auch wieder nicht war. Auch wenn er allein vom Grau um den Fang her bedeutend älter aussah als er es ohnehin schon war. Es fehlte nicht viel um in dem Rüden eine Art „Greis“ zu sehen, was auch an der Art wie er sich bewegte mitunter doch recht deutlich wurde.

So tat er gut daran, Bjartr zu lauschen, wie jener seine hingeworfenen Wortfetzen aufnahm und zusehends nervöser wurde, jedenfalls dachte You das. Aber da lag er wohl nicht ganz richtig, denn auch wenn er den jungen Rüden nicht als übermäßig clever einzuschätzen schien – dumm war Bjartr keinesfalls, weshalb es auch nicht verwundern mochte, dass ihm zumindest teils passende Entgegnungen einfielen. Und während Youkon sich dem lauschen hingab, bemerkte er den sich nähernden Ikeru fast gar nicht, der lautlos wie ein zuvor unsichtbarer Schatten nähergetreten war und die beiden Wölfe begrüßte – auch wenn er seine Worte wohl vorrangig an ihn, Youkon, richtete. Jener warf nun einen Seitenblick zu Bjartr und stutzte ein wenig – hatte der junge Rüde wirklich die Wahrheit gesprochen? War er autonom unterwegs, vom Rudel unabhängig? Und was zur Hölle war nun mit dieser Fähe von der er partout nicht sprechen zu wollen schien? Ikeru konnte es nicht sein, denn der hatte sich schon vom Geruch her eindeutig als Rüde geoutet, war also nichts anderes als die beiden Herren denen er gegenüberstand.

Youkon kannte den Rüden – wie nicht anders zu erwarten – nicht und musterte Ikeru daher umso eindringlicher, auch wenn er dabei die für den Moment nötige Distanz wahrte und Bjartr einen grauen Fellträger sein ließ – nichts anderes war der ja schließlich auch, nicht? Die Begrüßung seitens Ikeru fiel nicht so unfreundlich aus wie im ersten Moment erwartet, was You im ersten Augenblick doch ein wenig stutzen ließ. Noch mehr aber freute ihn ein kleiner Fakt, den Ikeru vermutlich nicht einmal bedacht hatte: Er hatte den Namen des Rüden preisgegeben. Unabhängig davon ob Youkon jenen schon einmal vernommen hatte, hätte er ihn eh schon wieder vergessen. Ikeru glich diesen Fauxpas aber unbewusst aus – Youkon würde ihm dafür zwar nicht ewig aber doch eine geraume Zeit dankbar sein. Da war er sich sicher.

Ein Seitenblick galt Bjartr, ehe Youkon sich auf Ikerus Frage besann. Wobei...es war ja gar keine Frage sondern vielmehr eine kleine Vorstellung – wobei Ikeru (Mai) einen durchaus von sich überzeugten Eindruck machte. Aber wie Youkon gelernt hatte, zählte der erste Eindruck zwar in einigen, jedoch längst nicht allen Fällen.

„Unter meinesgleichen schimpft man mich Youkon, Mai.“

Er nannte bewusst den zweiterwähnten Namen, um Ikeru ein wenig auf seine Reaktion hin zu testen, nebenbei darauf erpicht, Bjartr wirklich nicht aus den Augen zu lassen, denn der machte den Eindruck als warte er nur auf eine Gelegenheit.....irgendwas anderes zu tun. Aber ob Youkon ihm die wirklich geben wollte? Unwahrscheinlich, sehr unwahrscheinlich.
Sekunden später trat Nouri an Ikeru's Seite, wenngleich versetzt – mit im Schlepptau weitere Wölfe. Wie man schon vorher dachte, musste hier wohl irgendwo ein Nest der felligen Jäger sein; ein Umstand der Youkon allerdings nicht im geringsten etwas auszumachen vermochte. Im Gegenteil, denn so fand er vielleicht doch ein Eckchen Geborgenheit.

„Aber der Graue gehört schon zu Euch, oder?“

Grauer? Hatte er Bjartr wirklich gerade so genannt? Es schien so und Youkon ließ keinen Zweifel am Ernst seiner Aussage, indem er besagten Bjartr ansah – nicht durchdringend aber ihn eindeutig meinend. Es gab keinen Zweifel daran, dass heir eins ehr neugieriger, magerer und nicht mehr blutjunger Geselle unterwegs war, der für jede noch so kleine Unterhaltung richtig dankbar war. Dass er auf Bjartrs vorherige Antworten kein Kontra gegeben hatte, machte ihm – noch – wenig aus, denn Youkon war sich ziemlich sicher, dass die Gelegenheit für eine Fortsetzung der Konversation ziemlich schnell kommen würde, vielleicht war es sogar nur eine Frage von Minuten....
Auch den anderen galt ein Grüßendes Nicken, doch da er mit Ikeru besagte Unterhaltung führte, lag der Fokus – neben Bjartr – vor allem auf jenem, der sich hier als Alpharüde hervortat....

[mit Bjartr bei Ikeru, begrüßt, später dann umlagert]



S E Y Í R A

Still trottete sie neben dem Dunklen her und beobachtete ihn aus den Augenwinkeln. Hin und wieder streckte sie ihre Schnauze in die Luft, um sich die fremden Gerüche der offensichtlichen Neuankömmlinge ein wenig einzuprägen. Für den Moment interessierten sie die zwar nicht sonderlich, aber es war immer besser sich gewisse Dinge zu merken. Außerdem konnte man sich ja später auch noch näher kennenlernen. Oder auch nicht. Je nachdem, was sich eben ergab.
Die Bunte sog die frische Luft tief in ihre Lungen, bis ihr wieder einfiel, wie kalt die Luft eigentlich war und das ganze kurz schüttelnd sein ließ.
Sie wandte sich wieder Acean zu und war von seiner ausführlichen Antwort wirklich überrascht. Sie hatte vielleicht einen kurzen, bündigen Satz, mit den allernötigsten Informationen erwartet. Aber die ausführliche Variante war natürlich besser. Und weniger mühselig, denn sie musste nicht ewig rumbohren, bis er alles ausspuckte. Obwohl sie immer noch nicht wusste, was genau eigentlich vorgefallen war.

"Hm....verstehe."

Sich selbst überraschend, tat sie das tatsächlich. Ein Stück weit teilte sie sogar seine Meinung. Anführer mussten hart im nehmen sein. Das war schon immer so - und würde auch immer so sein. Was allerdings nicht in ihren Kopf wollte, war der Teil mit der Enttäuschung. Jemand der offen zugibt etwas nicht zu schaffen, war definitiv besser als jemand, der um jeden Preis auf seinen Rang bestand und nicht einsieht, wenn etwas zu viel für ihn wird.

"Naja, besser sie merkt von allein, dass sie dem Posten als Alpha nicht mehr gerecht werden, als dass sie zwanghaft darauf besteht und dadurch womöglich jemanden gefährdet."

Irgendwie hatte sie Probleme damit ihre Meinung und Gedanken dazu in Worte zu fassen. Nicht, weil sie es nicht wollte, sondern einfach, weil die Worte nicht zu... reichen schienen und ihr keine passendere Formulierung einfallen wollte.
Sey überlegte kurz, ob sie nicht noch etwas hinzufügen sollte, beließ es aber dabei und wartete stattdessen die Reaktion des Rüden neben ihr ab.

[Ein Stück hinter Ikeru - Acean]



I K E R U

Es war schon etwas seltsam, wie sich das Blatt gewendet hatte. Früher, vor nicht mal allzu langer Zeit war Ikeru noch der zurückhaltende, ernste Rüde, der niemanden an sich heran ließ und am liebsten nur aus weiter Ferne alles beobachtete. Wahrscheinlich erkannte man ihn heute gar nicht mehr. War er damals auch schon erwachsen gewesen, konnte man jetzt meinen, dass er ob seiner 6 Jahre endlich vom Jungwolf zum Welpen heran gereift und somit zur Vernunft gekommen wäre. Sicherlich konnte der Schein trügen; es war leicht vorstellbar, dass sich hinter dieser ernsten, direkten Fassade der verspielte kleine Welpe verbarg, der Ikeru nie gewesen war. Diese Fassade hatte jedoch noch keinen Riss bekommen.
Oh, welch kalte Abneigung ergriff ihn, sah er in die alten Tage zurück. In die Tage voller Misstrauen und Kälte. Die Tage, in denen er seine Schwester bei jedem Schritt beschattete, um sie keiner Gefahr auszusetzen. Dennoch hatte er sie nie beschützen können, wie ihm klar wurde. Später dann, als sie schon verloren war. Das letzte Stück, dass ihn an seine Familie erinnerte, an die, die ihn groß zogen, ihn umsorgten und für ihn da waren. Mit Min Thi waren auch sie gestorben. Nur tief, tief in seinem Herzen blühte noch eine dornenbesetzte Rose für die Familie. Eine Rose, die sein Herz umschloss, wie ein tödlicher Mantel; die Dornen, so kurz davor in sein Herz zu stechen. Weshalb nur? Weshalb hatten ihm diese Rosen noch nicht sein Herz gestohlen? Wie war es möglich, dass sie ihm stattdessen Kraft gaben, obwohl sie mit seiner Lebenspumpe spielten? Vielleicht war es die Hoffnung darauf sie einst wiederzusehen. Oder der Glaube daran, dass es ihnen gut ging. Ikeru war es gleich. So wie es war, war es gut, wenn nur nichts passierte.
Jedoch wurde der Weiße das Gefühl nicht los, dass schon sehr bald etwas passieren könnte, dass die Dornenschlinge der Rose in sein Herz treiben würde.

Im Hier und Jetzt galt es sich trotzdem mit wichtigeren Dingen zu beschäftigen. Das war zum Beispiel der Rüde, der sich dem Weißen gerade als Youkon vorgestellt hatte. Aber weshalb hatte dieser scheinbar ältere Wolf ihn mit seinem Beinamen, Mai, angesprochen? Er musste wohl gedacht haben, dass es besser wäre Förmlichkeiten zu bewahren, um niemanden zu verärgern, so glaubte Ikeru. Solle Youkon nur bei diesem Glauben bleiben, das war vielleicht auch gar keine so schlechte Idee.
Ein Nicken, zusammen mit einem kurzen Wedeln der Rute sollte dem Alten bedeuten, dass er fürs erste Willkommen war. Der Alpharüde kam trotzdem nicht darum herum ein Statement abzugeben.

» Für gewöhnlich ist es eher meine Art mehr über jemanden zu erfahren, sein Anliegen zu hinterfragen, bevor ich die Anwesenheit eines Fremden akzeptiere. Angesichts unseres Zeitmangels halte ich es jedoch für besser das auf später zu verschieben, wenn es dir nichts ausmacht. Oder du erzählst mir auf dem Weg, woher du kamst und weshalb du hier bist. Aber « - fast hatte Ikeru es vergessen - » selbst dann musst du dich noch etwas gedulden. Hier in der Nähe sind noch zwei weitere Ankömmlinge, die wir auf unserem Weg aufsuchen müssen. Verzeih das Chaos, mein Freund. «

Nein, Ikeru hatte den Ruf der Fremden nicht überhört. Lediglich für einen Moment, um das Gespräch mit dem Neuankömmling zuende führen zu können. Und immer noch gab es eine Frage, die es zu beantworten galt. Etwas zögerlich und mit einem unsicheren Seitenblick auf Bjartr antwortete Ikeru.

» Ja, man kann sagen, dass Bjartr zu uns gehört. «

Dann ging die Reise wieder weiter. Diesmal in Richtung der beiden Neuankömmlinge, die sich am Tränenfluss befanden. Von da aus sollte es dann nördlich bis zum Talbach gehen. Dort konnte man am ungefährlichsten auf die andere Seite des Wassers gelangen und damit der Mittellandhöhle ein Stückchen näher.
Ikerus Hoffnung lag nun darauf, dass die beiden Fremden, die noch zwischen ihnen und der Überquerung standen nicht allzu viele Probleme bereiten würden. Noch wusste der Rüde allerdings noch nicht, dass eine der Fremden gar nicht so fremd war...

[ redet mit Youkon, macht sich dann auf den Weg zu Khaiza und Sitari, Richtugn Tränenfluss ]



K A Z E S H I A I

Natürlich waren ihr die Rangregeln bekannt. Natürlich wusste sie, wie es sich unter Artgenossen zu benehmen galt – allerdings waren diese Grundstrukturen ihr niemals sehr geläufig gewesen. Eingefleischte Reflexe auf Reaktionen anderer gab es nicht. Und Shiai selbst bevorzugte es, diese Lücke nicht aufzufüllen. Schließlich gab es bisher keinen ausschlaggebenden Punkt um sich darauf zu entsinnen. Und genau mit dieser Einstellung ignorierte sie mit Dreistigkeit die Zurechtweisung der Grauen, bevor diese antwortete. Nun ja, sie brauchte sich ja nur auf etwas anderes zu konzentrieren. Aus den Augen, aus dem Sinn. Das klappte dabei anscheinend ganz gut.
Nicht so gut wie ihre Auffassungsfähigkeit, die schien zur Zeit zu streiken. Wie sonst ließe sich ihr Unverständnis für gefühlte Verwandtschaften erklären? Die Graue hatte „Bruder“ anscheinend nicht für die leibliche Verwandtschaft, sondern eher für eine geistige Verbundenheit verwendet – im Nachhinein logisch, doch verstand sie nicht, wie die beiden ohne jegliches Konkurrenzdenken hier verweilen konnten. In einem Tal nur für sie beide. Ja, es war wahrscheinlich groß genug, doch hätte sie, Shiai selbst, das unwohle Gefühl des Missvertrauens gegenüber dem anderen nicht ausschalten können. Zumindest vermutete sie so ihr Verhalten. Wie sollte sie es auch anders sehen? Bisher war ihr nicht die Möglichkeit gegeben worden um sich selbst so kennen zu lernen.

Aufmerksam ließ sie sich auf die Hinterhand nieder, als die Graue sich abwandte, ihren Posten an der Front annahm. Nun ja, zumindest hatte sie sich für ihre bevorstehende Abwesenheit entschuldigt. Ihren Namen jedoch noch immer nicht verraten. Shiai schätzte, dass sie es einfach nur „vergessen“ hatte. Aber das würde sich bestimmt bald ergeben, irgendjemand musste sie ja schließlich zumindest einmal rufen oder ansprechen. Wie es schien, waren die anderen Pelzträger schließlich nicht auf Zurückhaltung bedacht. Im positiven Sinn.
Vorsichtig richteten sich die Ohren nach vorne, lauschten. Es war das allgemeine Begrüßungsspektakel. Nichts Außergewöhnliches. Eben… wie immer? Ja, für die Graue und Ikeru gehörte es vielleicht sogar zum Alltag. Ständig neue Gesichter, neue Persönlichkeiten. Als „Einzelgängerin“ – wenn sie sich als solche bezeichnen durfte – war es ihr nie sonderlich aufgefallen, wie viele es von ihrer Sorte gab. Mal war sie welchen begegnet, doch zumeist nur auf Distanz. Vor allem, da ein einziger Wolf nicht den wuchtigen Geruch eines gesamten Rudels besitzt. Er lässt sich leicht ausblenden. Schließlich besaßen die meisten Wölfe, die dieses Leben vorzogen ein annähernd gleiches Denken: Fremde meiden. Wohlig rümpfte die Helle die Schnauze. Wie es schien dachte ein Rudel anders: sie waren ja schließlich in der Mehrzahl.
Sich des Gesprächs abwendend, als bekannt gegeben wurde, dass der Dunklere der beiden unbekannt war, der andere anscheinend bis zu einem gewissen Grad dazu gehörte, richtete sich ihr Augenmerk auf die beiden Mitglieder in kurzer Distanz. Im Gegensatz zu den letzten beiden, den Jüngeren – Shiai war nicht abgeneigt gegen ihre Spielereien, allerdings wollte sie ihre Ausdauer nicht überstrapazieren und den anderen zur Last fallen, falls die Wanderung sich als anstrengender erweisen sollte - , waren diese beiden anscheinend in ein Gespräch vertieft. Sollte sie es wagen, sich dort mit einzuklinken? Das laufenden Faden zu unterbrechen mit ihrem plötzlichen Auftreten? Gedanklich in die innere Diskussion vertieft, begann ihre Rute ganz sacht zu schwenken. Nein, sie würde sich nicht einfach aufzwingen. Aber eine vorsichtige Annäherung konnte ja Niemandem schaden, wenn sie schon das Vergnügen haben dürfte.
Abermals hob sie sich aus der sitzenden Haltung, sicherte ihre eigene Lage noch einmal mit einem Blick auf die beiden Unbekannten ab und wandte sich dann den kontrastreichen Beiden zu. Hell und Dunkel – jetzt würde sich zumindest zeigen, ob die Fellfärbung sich auch auf den Charakter übertragen ließe. Einige Schritte in ihre Richtung wagend, damit sie sich, sollten sie es nicht bemerken, ohne weiteres wider abwenden konnte.

(Hinter der ganzen Front-Gruppe – nähert sich Acean & Seyíra)



K H Á Z

Sie täte gut daran nicht nach ihm zu Schnappen – auch, wenn es aus Spaß war.
Wenn sie nur gewusst hätte, welche Gefahr von ihm ausging, wenn er sich selber darüber auch nur im Klaren gewesen wäre.
Aber er kannte das Risiko nicht. Wäre es so gewesen, hätte er sich trotz seiner Hingabe zum Spiel und seiner Liebe zur Gesellschaft von den anderen abgesondert und wäre vorsichtiger vorgegangen.
Nur hatte er keine Ahnung.
Und wie lange dieser Zustand anhielt, konnte nur das Schicksal selber wissen.

Auf ihren Witz reagierte er erst mal nicht wirklich und wedelte nur mit der Rute, weil er gerade damit beschäftigt war, das Rudel zu beobachten. Wenn er sie so da stehen sah, die kleine, überschaubare Gruppe, fand er es doch ganz interessant, dass es viele Parallelen zu seinem vorherigem Rudel gab, und gleichzeitig viele Unterschiede. Die Größe mit eingeschlossen, der Anteil an Fähen und Rüden, dass es hier keine Welpen gab, die bunte Durchmischung der Farbschläge, allgemein das Verhalten. Und doch... ließen sich Züge einer Gemeinschaft erkennen. Er fand das ungemein faszinierend.

Er kam schnell aus seinen Gedanken zurück und guckte fröhlich.

„Du hast Recht, ich glaube, die sind sehr auf irgendwas fixiert.“

Auf die Fremden, aufs Überleben. Spaß gehörte wohl erst mal in den Hintergrund gerückte.
Schade, eigentlich.
Darum machte er sich aber dann keine weiteren Gedanken. Freundschatlich schlug er mit einer Pfote nach ihr, beugte dann den Oberkörper herab und schnaubte ihr verspielt ins Gesicht. Er lachte. Nachdem er sie einen kurzen Moment nur perplex angeschaut hatte.

„Nenn's nicht unbeobachtet, eher ignoriert. Vielleicht sind wir denen zu albern – aber mir ist das egal!“

Der junge Rüde richtete sich wieder auf und spielte mit den Ohren herum. Plötzlich wechselte sie das Thema. Kház lauschte ihren Worten. Einen Augenblick lang unfähig, selber das Wort zu ergreifen, und ihr eventuell zu widersprechen, oder aber zu konzentriert auf das, was sie von sich gab. Vielleicht war es klüger erst mal zu warten, bevor er antwortete. Nicht, dass er etwas sagte, dass sie verletzte. Sie schien innerlich sehr beschäftigt mit etwas zu sein – Cél, wie sich herausstellte – und der Sandbraune war nicht sicher, was er erwidern konnte, um ihr die Situation zu erleichtern.
Vielleicht war das ja auch gar nicht nötig.
Langsam ließ sich der Rüde auf die Hinterläufe nieder. Die Nackenmuskulatur spannte sich, sein Blick ruhte ruhig und wachsam auf dem Alpharüden, der weiterging.

„Es ist nicht deine Schuld. Mach dir keinen Kopf. Sie wird schon wieder auftauchen.“

Er hatte leise gesprochen. Was er damit meinte, war ihm selber unklar. Zumindest das erste. Schrieb sie sich denn selber irgendeine Schuld zu? Woher wollte er das wissen? Aber vielleicht hatte sie ja das unschöne Gefühl ihre Freundin im Stich gelassen zu haben, und das würde dann womöglich dem nahe kommen.
Sie sprang wieder auf und tobte los. Kház würde den Teufeln tun sie nun zwangsweise wieder in die unangenehme Lage zu bringen, sich über Cél Gedanken zu machen. So hüpfte er ihr nach, lief an ihr vorbei.
Es war schön, sie ausgelassenen sehen zu können.

„Nee, nee! Sind wir nicht!“

Kreischte er vergnügt und hechtete auf seinen langen Beinen derart schnell durch den Schnee, dass er sich eigentlich Sorgen darum hätte machen müssen, dass sie noch hinterherkam.
Zügig war er bei den anderen angelangt und lief in Schlangenlinien um einige Wölfe herum, die Bunte, beispielsweise, den sich bei ihr aufhaltenden Dunklen, vorbei an einer neuen Fähe, die auch ein recht helles Fell besaß in die Nähe von Ikeru. Er hoffte, Sóke würde ihm bei der Hetzjagd nachkommen.

(an Sóke vorbei, in Schlangenlinien um Sey, Acean, Kaze und dann zu Ikeru)
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