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:: Schicksalstänzer | |
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Das Schicksal » T e a m
Anzahl der Beiträge : 142 Anmeldedatum : 09.11.10
| Thema: Winter 1874 II Mo Nov 22, 2010 12:03 am | |
| W i n t e r . 1874 II
ZEIT Winter |
WETTER Klare, kalte Luft, ab und an Sonnenstrahlen, Lauf mit Windrichtung | | TAGESZEIT Später Morgen zum Mittag hin
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Die Menschen waren weg. Wo sie Spuren hinterlassen hatten, ließ sich nach wie vor ihr Geruch vernehmen – aber auch dieser würde mit der Zeit vom Winde verweht werden. Das Rudel war derweil unterwegs. Eine mehr oder weniger gefestigte Mannschaft, die sich vorsichtig aneinander heranzutasten wagte. Angeführt von Ikeru würden sie eine Reise starten, um in den südlicheren Bereich des Tals zu gelangen. Dorthin hatte es den Großteil des Wildes verschlagen, was sich im dichten Geäst der hauptsächlichen Nadelwälder Sicherheit versprach. Auch die Höhle dort, die eigentlich keine richtige mehr war, bot im Winter mehr Schutz als der Sommerverschlag – auch wenn dieser wirklich zwischen Felsen und Erde hindurchführte. Winter. Eine lang anhaltende Zeit in Alaska. Die Flüsse konnten zu reißenden Strömen werden, teilweise zufrieren und das trügerische Bild ergeben, dass ein Queren einfach sei. Gletscher zogen sich die Berge hinab, Eiszungen, deren Klippen und Spalten in tödliche Tiefen hinabgingen und durch Schnee verdeckt wurden, wie scheinheilige Plätze wirken. Aber es ist nicht so, dass das Tal der Tränen im Winter kein schöner Ort gewesen wäre. Es gab auch allzu vieles zu bewundern: das Glitzern der Sonne auf dem Schnee, die hellen Tüpfel auf den Bäumen, die künstlerisch geformten Zapfen, welche an Berghängen hinabreichten und die eigenartigsten Skulpturen ergaben. Es gab so einiges in dieser gewaltigen Natur, das überwältigte. Derweil galt es aber in erster Linie die Wölfe zusammenzuraffen und auch beisammen zu halten. Welches der weitaus schwierigere Teil war, kristallisierte sich noch nicht heraus. Denn sie wussten ja noch nicht, was so alles auf sie zukommen konnte. Und es war ihnen auch durchaus nicht leicht, es zu wittern, denn auf einmal drehte der Wind... PS. Die Tabelle ist sehr außer Kontrolle geraten, wie ihr seht, die Abstände sind sehr groß. Ich weiß noch nicht, wie sich das ändern lässt, aber es reicht für das erste ja, solange das Spiel weitergehen kann. |
| | | Gast Gast
| Thema: Re: Winter 1874 II Di Nov 23, 2010 3:08 pm | |
| Und so war er wieder mit dem Rudel vereint. Wieder? Moment. Wann hatte er das letzte Mal längere Zeit mit den Wölfen verbracht? Kurz nach seiner Ankunft, doch da war es weniger ein „mit“, als ein „neben“. Er hatte ein paar Namen aufgeschnappt, Gerüche, doch er selbst musste den meisten noch relativ unbekannt sein. Welch Glück, dass zumindest Ikeru ihn wiedererkannte, jener schien in der Rangfolge aufgerückt zu sein, der Rote Dämon, der ihn einst errettet hatte, war verschwunden. Spurlos, unbemerkt. So wie die schwarze Wölfin, an die er im Anschluss all seine Hoffnung geklammert hatte. Sie hatte ihn begleitet, und nicht nur das, sie hatte ihm einen Weg gewiesen, dem er nur allzu bereitwillig gefolgt war, ohne an ihren Absichten zu zweifeln. Namenlos war sie bis zum Schluss geblieben. Anders nun der neue Rabenwolf, der sich als Youkon entpuppte, aber leider dadurch zu keinem hübschen Schmetterling wurde, sondern schwarz und dennoch undurchsichtig blieb. Misstrauisch würde ihm Bjartr auch weiterhin begegnen, warum musste die Krähe auch immer an die größeren, dunklen Artgenossen geraten. Sie waren hinterlistig, und in dem Punkt glichen sich die Beiden, doch schrieb er den Raben auch immer eine Art von Böswilligkeit zu, die ihm selbst fremd war. Vielleicht erklärte sich jener hier als Gegenteil, aber um das herauszufinden, musste Zeit verstreichen und Beobachtungen angestellt werden, der Krähensohn lag wieder auf der Lauer.
Leisen Schrittes, etwas abseits, trottete der Graue neben den Wölfen her, hatte sich etwas zurückfallen lassen, behielt das Geschehen im Blick. Er hatte den Grund der Wanderung noch nicht ganz verstanden, aber es musste mit dem vielen Schnee, der eisigen Kälte, die seinen rauen Pelz durchdrang und den ausbleibenden Karibuherden zu tun haben. Dennoch hatte er es nicht gewagt, den Weißen darauf anzusprechen. Schon genug Blamage hatte er erdulden müssen, als Youkon seine Zugehörigkeit zu dem Rudel bezweifelte, auch wenn diese glücklicherweise bestätigt und nicht als Unklar dahingestellt wurde. Der Tag hatte Bjartr ermattet, seine Schritte waren eher mechanisch, die lange Zeit auf der eisigen Ebene und die wenige Nahrung hatten ihn seiner wenigen Kräfte beraubt. Nach außen hin ließ er sich nichts anmerken, denn er wusste, was mit den Schwachen geschah, er hatte es seit seiner Geburt jeden Tag zu spüren bekommen. Außerdem war sein Wille stark und der Schutz des Rudels gab ihm ein unbestimmtes Gefühl der Sicherheit, das er in dieser realen Erscheinung bisher nicht kannte. Immer nur war es eine Geborgenheit gewesen, die seinem Kopf entsprang und sich in seiner Fantasier entfaltete, diese hier jedoch war echt und greifbar, und dazu musste er sich nicht einmal inmitten des Rudels platzieren. Langsam verstand er die Vorteile. Langsam genoss er die Gesellschaft, solange sie ihn nicht bedrängte. Er konnte seine Gedanken unbesorgt abschweifen lassen, ohne sich um den Weg zu kümmern, denn dieser ward zum ersten Mal seit Langem gewiesen. Träumerisch überblickte er die weiße Landschaft, bewunderte ein weiteres Mal das Glitzern des Schnees und erfreute sich an den tanzenden Sonnenstrahlen. Die Welt war gut, nicht wahr? Hier konnte ihn kein Übel ereilen.
[Folgt dem Rudel || hält sich am Rande] |
| | | Nouri » T e a m
Anzahl der Beiträge : 1124 Anmeldedatum : 16.11.10
| Thema: Re: Winter 1874 II Mi Nov 24, 2010 9:41 pm | |
| Mit langen Schritten lief sie hinter Ikeru her. Der Abstand betrug gute drei, vier Meter, und sie schien entspannt. Sie war zufrieden, dass die Reise nun endlich weiterging, und nahm es auch mit einem guten Gefühl auf, dass der Dunkelgraue wieder zum Rudel gestoßen war, hatte sie ihn doch schon fast mit der Krähenwölfin verglichen – welche sie in diesem Moment ein wenig vermisste. Ihr war klar, dass die Schwarze, sollte sie sich noch irgendwo im Revier aufhalten, mitbekommen würde, dass sich das Rudel generell gen Süden bewegte. Sie hoffte sehr, dass diese leicht Verrückte noch in der Nähe war, und vor allem gut durch den Winter kam. Sie war ihr auf groteske Art recht sympatisch gewesen. Und wen sie gut leiden mochte, dem wünschte sie nichts Böses. Ihre Ohren drehten sich herum, darauf achtend, was mit den anderen geschah. Ein Neuer war dazugekommen – er ähnelte der Krähenwölfin. Noch kannte die Graue ihn nicht. Das würde sich, wenn er ein wenig bei ihnen blieb, wohl auch ändern. Ebenso wartete sie darauf die Wölfe kennen zu lernen, an deren Aufenthaltsort sie nun vorbeistreifen würden.
Die Graue stieß einen langgezogenen, rauen Ruf aus, der leise begann, kurz lauter wurde, und dann wieder leise verhallte. Sie wollte den Neuankömmligen am Fluss Bescheid sagen, dass sie alle zu ihnen kommen würden.
Sie drehte den Kopf und gab ein freundliches Geräusch zu dem Dunkelgrauen von sich, schnippte mit den Ohren und signalisierte ihm mit zartem Rutenwedel, dass sie sich freute, dass er da war. Dann richtete sie wieder den Blick nach Vorne und beschleunigte, um ein wenig mit Ikeru aufzuschließen.
Des Weiteren spürte sie mit einem Male, dass der Wind von hinten kam. Dass er unstet gewesen war, hatte sie schon länger bemerkt. Es war ihr nicht wohl dabei, dass sie nicht mehr wittern konnte, was vor ihr war – und sie wusste, dass andere sie schneller bemerken würden. Allderings mussten sie diesem Weg folgen. Andere Möglichkeiten gab es kaum.
[Hinter Ikeru, heult den Fremden zu, widmet Bjartr kurz eine freundliche Gestik, PS nicht wirklich eine Leistung, aber nun gut.] |
| | | Gast Gast
| Thema: Re: Winter 1874 II Do Nov 25, 2010 6:24 pm | |
| Neugierig war ihr Blick über die beiden Neuankömmlinge gewandert. Ihren Ruf als „die Neue“ war sie somit wohl ziemlich schnell los geworden, waren sie doch jetzt zu einem kleinem Grüppchen geworden: „die Neuen“. Klang schon gleich viel besser. Dadurch würde es einfacher werden sich zu integrieren und anzuschließen, wenn es zu einem Muss wurde Fremde aufzunehmen – und von denen warteten einige noch in knapper Entfernung, wo genau konnte sie nicht einschätzen, es war auf jeden Fall in der Nähe von Wasser. Zumindest ließ sich ihre Erinnerung daran nicht trüben, nachdem der Wind nun konstant gewechselt hatte und von hinten anschob. Ein Vorteil, da es eine ziemliche Krafteinsparung war nicht mehr gegen die kalten Böhen anzukämpfen. Der Nachteil war zumindest so lange nicht relavant, bis weitere Unbekannte vor ihnen auftauchen sollten, die leider zuerst bescheid wüssten, dass sie Gesellschaft erwarteten. Der Ruf der Grauen, missmutig stellte Shiai fest, dass sie ihren Namen ja nicht kannte, durchbrach ihren Gedankengang, der langsam ins Negative abschweifte. Ja, sie würden die beiden Fremden aufnehmen. Ihre Wandergemeinschaft würde weiter zunehmen!
Aufgeregt sprang die Helle einen Satz nach vorne, bevor sie wieder in einen gemächlichen, jedoch aufgerichteten Trab verfiel. Sie wollte ja alles mitbekommen! Und das funktionierte nur in höchster Alarmbereitschaft. Wie sollte sie denn sonst nach vorne schauen können, wenn sie den Kopf nicht höher bekam als über die Schultern ihrer Mitläufer? Gar nicht. Eben! Ihre beiden Zielpersonen, auf die sie vor dem Zusammentreffen mit den Fremden zugesteuert war, erkannte sie auch ohne dieses ganze Spektakel. Allerdings wurde ihre Aufmerksamkeit nun über sie hinweg an den Rand der Gruppe – durfte sie schon als Rudel bezeichnet werden? – gezogen. Zu einem grauen, scheinbar jüngeren Pelzträger. Einer der beiden, die sich ihnen als letztes angeschlossen hatten. Die Ohren gespitzt, überlegte die Helle einen Augenblick. Schlecht gelaunt sah er nicht aus. Eher recht lustig… trotz geringer Größe wirkte er schlaksig, seltsamer Kauz. Leise vor sich her brummelnd war ihre nächste Handlung also direkt entschieden: auf zum Neuling! Er war sogar neuer als sie, obwohl er angeblich schon einmal dazu gehört hatte. So war es zumindest heraus zu hören gewesen. Dennoch war dies kein Grund, ihn so weit außen stehen zu lassen. Shiai selbst liebte schließlich Gesellschaft – übertrug diese Vorliebe jedoch mit gutem Gewissen auch gerne auf andere weiter. Wer wollte denn schon alleine sein?
Den Trab beschleunigend, schlängelte sie sich um einige Mitglieder herum, in die Richtung des Grauen. Wenn nicht allzu unaufmerksam war, würde er sie schon bemerken und könnte sich bei Belieben zurück ziehen. Dann wäre auch alles im Reinen.
( Zuerst weiter Mittig des Grüppchens, trabt auf Bjartr zu))
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| | | Gast Gast
| Thema: Re: Winter 1874 II Mo Nov 29, 2010 6:51 pm | |
| Und weiter wirkte er unbeteiligt, eher abwesend und der Schein trog nicht, Bjartr hatte sich in seinem Kopf versteckt, in seiner eigenen Welt, dort wo er sich auskannte. Manchmal schien es ihm, als sei die Realität nur ein Produkt seiner Fantasie, dem man nicht trauen konnte und das sich jeden Moment in etwas anderes verwandeln könnte. Die Realität war so unberechenbar, in seinen Gedanken lebte es sich sicherer. Von dieser Sicherheit eingelullt, schreckte er nun auf, als er die Stimme Nouris vernahm. Ein verwirrtes Brummen war seine unwillkürliche Antwort, bis er erkannte, dass es keineswegs um ihn gegangen war. Offenbar befanden sich die Zielwölfe auf dem Weg, den sie ohnehin vor sich hatten und sollten nicht durch die Ankunft des Rudels überrumpelt werden. Das würde ohnehin nicht passieren, denn der Graue hatte bemerkt, dass der Wind sich drehte und ihr Erscheinen lange vorher ankündigen würde. Nun verfolgt von den Gerüchen der Vergangenheit, ließ er kurz den Blick schweifen und erfasste zu seinem Entsetzen den der Grauen. Sie sah ihn an, er war nicht länger unsichtbar. Zutiefst bestürzt konnte er seinen Blick nicht lösen, während er gleichzeitig versuchte, Haltung zu wahren. Zuerst konnte er die Geste nicht deuten, sah sich bedroht, doch als sie sich nicht näherte, keine Zähne fletschte oder sonst zur Gefahr zu werden schien, entspannte er sich wieder ein wenig. Diese kurze Szene hatte wahrscheinlich niemand sonst bemerkt, doch Bjartrs Innerstes war binnen Sekunden zu Stein erstarrt und wollte sich nun nur langsam wieder lösen. Mühsam blickte er wieder nach vorne, starrte auf den Boden, über den sich seine Pfoten schoben und schnippte kurz mit den Ohren, um ein Schaudern zu unterdrücken. Offensichtlich hatte es nicht in der Absicht der Wölfin gelegen, ihm Furcht einzuflößen, aber was hatte sie dann damit zu bezwecken gesucht? Seine Gedanken ratterten, es war weder Zorn, noch Angst, blieb eigentlich nur.. Freude? Komisch. Aber doch, je mehr der Rüde darüber nachdachte, desto sicherer war er sich seiner Erkenntnis. Wui, das war neu. Und es gab ihm ein komisches Gefühl, ein gutes. Vorsichtig hob er den Kopf wieder ein Stück und blickte der Grauen nach, die sich wieder an den Kopf der Gruppe geschoben hatte, während sich seine Lefzen zu einem unsicheren Lächeln verzogen.
An dieser Erfahrung hätte er nun für gewöhnlich einiges zu kauen gehabt, könnte sich noch Stunden mit deren Verarbeitung beschäftigen, doch so langsam würde er wohl lernen müssen, dass man im Rudel nicht mehr so viel Zeit für sich hatte, sondern Ohren und Augen offen halten musste, weil es einfach auch noch andere Wölfe gab. Aber das mit dem Lernen dauerte ja manchmal ein wenig, und so wurde Bjartr nun von dem plötzlichen Auftauchen einer Fähe an seiner Seite zum zweiten Mal binnen kürzester Zeit zutiefst erschreckt. Erstaunlicherweise konnte er diesmal seine Fassung bewahren, stolperte allerdings unwillkürlich zwei Schritte zur Seite, von der Fremden weg, fing sich wieder und setzte seinen Trab fort, die Helle nun von der Seite beobachtend. Zumal auch diese Szene ohne Worte von statten ging, konnte sie recht eigentümlich wirken, aber das lag natürlich im Auge des Betrachters. Bjartr hingegen tat als sei nichts geschehen, atmete einmal tief durch und hob nun seinen Kopf ein Stück, um die Fremde besser in Augenschein nehmen zu können. Er erinnerte sich kurz Nouris Geste und versuchte, jene zu kopieren, um nun seinerseits Freude über Gesellschaft zu signalisieren, also setzte er seine Rute in Bewegung und übte sich in wölfischer Konversation. Seine sozialen Kompetenzen gingen aufgrund fehlender Sozialisierung in seinem bisherigen Leben gegen Null, und so musste er viele der Grundregeln langsam und auf dem Prinzip fail and error basierend erlernen. Mal sehen, wie sich diese Fähe hier als Lehrerin machte.
[Grundverwirrt, allerdings freundlich gegenüber Kaze] |
| | | Gast Gast
| Thema: Re: Winter 1874 II Di Nov 30, 2010 12:16 am | |
| Es gefiel ihr, in Gesellschaft zu sein. So sehr, dass sie die Düfte ihrer Artgenossen, ihres RudelsEs war ein „wir“. Ein beruhigendes Wort. Von der Interaktion ihres Nächsten Opfers, nein, eher war der graue Neuling die nächste Testperson, mit der zielstrebigen Grauen weiter vorne, bekam Shiai nichts mit. Zwar war ihr Blick weiterhin auf den Rüden gerichtet, doch war die Schräglage ziemlich behindernd. Völlig freie Sicht auf sein Gesicht hatte sie von hier aus nicht. Allerdings war dies ein Problem, dass sich mit jedem Schritt ihres Trabs löste, desto näher sie dem Fremden kam. Dem Fremden. Seltsam, dass sie ihn so bezeichnete, war er doch, nach der Reaktion von Ikeru, schon einmal hier gewesen, in dieser trauten Runde. Warum war er gegangen, hatte er sie verloren, oder nicht wohl gefühlt? Bei Zweiten wäre er wohl kaum mehr hier her zurück gekehrt.
„Die beiden waren dir schon bekannt, bevor ihr zu uns kamt?“
Eine direkte Frage. Mal wieder sprach sie einfach nur genau das aus, das sie interessierte. Eben das Wichtige. Wer wollte schon ein Gespräch führen, von dem keiner von beiden etwas hatte? Durch kurze Blicke, während sie sprach, auf die Anwesenden die sie in ihrme Satz erwähnte, Ikeru und die graue Namenlose, so wie den schwarzen Neuling, unterstrich sie ihre Worte. Von der, aus ihrer Sicht, sehr aufgeschlossenen Art des Grauen nur noch bestärkt – waren die beunruhigenden Blicke, als würde er sich nicht sonderlich wohl fühlen, zu Anfang eher abschreckend -, lies sie sich in sein Tempo verfallen, die Ohren aufmerksam zuckend, gespannt auf eine Antwort. Hach, ja, diese ganzen Anderen gefielen ihr. Endlich durfte sie ihren Horizont erweitern, den Geschichten und Erfahrungen anderer lauschen. Denn was wusste sie schon? Geboren in einem winzigen Familienrudel, nein, kein Rudel, sie waren dafür zu wenige gewesen, hatte sie das Nötigste zwar gelernt, jedoch nie wirklich etwas von der Welt mitbekommen. Auch nicht, seit dem sie auf eigenen Pfoten stand um umher reiste. Ihre Aufenthalte in dem fremden Revieren waren zu kurz gewesen, um wirklich etwas mitzubekommen. Einen Moment lang abwartend, wandt sie ihren Blick auf den Grauen, schmächtigen Pelzträger. Genau wie bei der grauen Fähe in der Furcht, durch ihren Wissensdrang zu aufdringlich zu wirken.
(neben Bjartr)
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| | | Youkon » T e a m
Anzahl der Beiträge : 632 Anmeldedatum : 21.11.10
| Thema: Re: Winter 1874 II Mo Dez 06, 2010 5:09 am | |
| Es wäre auch zu schön gewesen, hätte ich ein spontaner Weg gefunden die Unterhaltung mit Bjartr weiter zu vertiefen. Aber wie so oft im Leben hieß es hier „aufgeschoben aber nicht aufgehoben“, ein Umstand den der alte Rüde einfach würde akzeptieren müssen. Da gab es keinen Weg dran vorbei, wenn er nicht gleich am Anfang durch Unfreundlichkeit auffallen wollte.
Der Blick wanderte zu Bjartr, blieb am grauen Rüden haften und legte sich mitsamt dem daran befindlichen Kopf ein wenig in die Schräge um den Rüden zu beobachten, nicht aber zu fixieren. Da wäre man wieder beim Thema Unfreundlichkeit gewesen. Und wie schon angedeutet, sträubte sich alles im Dunklen Rüden dagegen, sich hier unfreundlich zu präsentieren – wer wusste schon, ob nicht einer der Wölfe seltsame Flausen im Kopf hatte oder gar so etwas wie Jähzorn entwickelte? Nein, das Risiko war eindeutig zu groß als dass es die Sache nachhaltig wert gewesen wäre, weshalb der Rüde indessen den Blick nach einiger Zeit abwandte und sich auf den Weg konzentrierte, der vor ihm lag. Wo ging man hier eigentlich hin und warum? Der Blick aus den Bernsteinen wanderte halb gen Himmel, aber wie nicht anders zu erwarten blieb das erlösende „Krah!“ auch dieses Mal aus. Es war zum Mäusemelken, nur ohne Mäuse.
Auch die Tatsache, dass der Rüde nicht wusste, wo es hier lang ging, ließ ihn sich schließlich ein wenig zurückfallen. Unauffällig, denn ob des fortgeschrittenen Alters gestand es ihm ja durchaus zu, sich nicht mehr hopsend wie ein Welpe durch die Weltgeschichte zu bewegen. Und dann waren da noch Ikeru's Fragen, die ja so zahlreich gar nicht waren und denen er sich durchaus leicht entziehen konnte, hatte der Hellere doch noch Aufgaben anderer Coleur zu bewältigen, von denen Youkon gelinde gesagt noch nie etwas gewusst oder gehört hatte. Begrüßungen von....was hatte Ikeru gleich gesagt? Abkömmlinge? Sicher wusste er nicht, in welchem Zusammenhang Youkon diesen Begriff kannte oder aber er war wirklich mehrdeutiger als der Schwarze bis dorthin angenommen hatte. Konnte ja sein und würde sich vielleicht später ein wenig auflösen.
Bjartr, den er nun nach kürzerer Zeit wieder anzusehen versuchte, hatte offenbar eine andere Alternative zur You'schen Unterhaltung gefunden, was jenen nicht unbedingt verwundern musste – und es dennoch tat, hatte sich der Graue doch einigermaßen spröde gegeben als der Schwarze ihn angesprochen hatte. Vielleicht aber lag das einfach an Youkon's mitunter sehr hölzerner Art mit anderen Wölfen umzugehen, hatte er es doch selbst selten anders erlebt. Selbst Farfilou, das vermeintlich sanfteste Wesen auf Erden hatte doch seine Ecken und Kanten gehabt – und eine Schwäche für eben nicht nur Genossen des eigenen Geschlechts. Als Youkon die Ansammlung von Wölfen sah, die sich vor ihm bewegten, flog der Blick kurz sehnsüchtig einige Winter zurück in die Wolfsberge, als er nahezu verzweifelt nach Gleichgesinnten wie Gleichaltrigen gesucht hatte – und sie auch fand. Aber wie es so oft im Leben war blieb es nicht so wie es war und die Wege trennten sich einigermaßen schnell wieder, sehr zum Leidwesen des Dunklen, der sich in seine Rolle als Teil eines Jährlingsrudels schon richtig eingelebt hatte – auch nachdem es besagtes Rudel schließlich nicht mehr gab und er sich eingestehen musste, dass er mit einer Illusion gelebt hatte. Aber das hier...das war keine Illusion. Die Wölfe waren echt und sie kamen aus verschiedenen Altersgruppen, auch wenn es hier keine Blutjungen mehr gab und Bjartr ob er wollte oder nicht so etwas wie das Nesthäkchen abgab. Zumindest aus Sicht des Älteren, der hier bisher niemanden gesehen hatte, der jünger als der Graue war. Aber was nicht war, konnte bekanntlich noch werden.
Sehnsüchtig flog nach einigen Minuten des Schweigens in denen er sich Antworten auf diverse Fragen der anderen zurechtgelegt hatte, der Kopf nach oben und fixierte den nahezu klaren Himmel. Irgendwo da oben musste er sein, der Rabe. Und mit einem Male war dem Schwarzen wirklich so, als habe er den Ruf des gleichsam Dunklen vernommen – oder war es hier wieder eine Illusion der er erlag? Es wäre ja wie man bereits wusste nicht das erste Mal, dass er hoffnungsvoll auf einen Laut lauschte, jener erfolgte und man schließlich zu der Erkenntnis gelangen musste, dass dieser Laut lediglich vom Wind verursacht worden war, nicht aber den Ursprung hatte, den sich der Rüde, den alle nur Youkon nannten, so sehr wünschte.
Den Blick behielt er dort und änderte seine Richtung ein wenig, wenn auch eher im Unterbewusstsein. Wo er genau hinwollte, wusste er gar nicht, aber für den Moment waren die Massen an Wölfen vielleicht einige zu viel. So wurde die Distanz zwischen ihm und dem Rudel so langsam aber sicher ein wenig größer. Zwar nicht ganz unbeabsichtigt aber eben auch nicht mit voller solcher, hatte er sich doch lange genug nach einem Haufen von Wölfen gesehnt. Aber wie er so gen Norden durch den Schnee stob, die Nase hineinstopfte und leise winselnd auf die Stelle zuraste an dem er den Freund gesehen zu haben glaubte – ein Junger Gott, der vielleicht noch ein Gott war, nicht aber jung. Das Grau, das sich sukzessive über den Ganzen Körper ausbreitete. Und das Hinken das sich immer wieder mal verstärkte – paradoxer weise Gerade dann, wenn es warm war.
Die Nase senkte sich gen Boden und vernahm tatsächlich den Geruch den er riechen wollte. Allerdings war der Anblick den er dort antraf weitaus nicht der den er hatte sehen wollen, denn in einem Wust aus Federn und etwas Fleisch ließ sich der alte Freund kaum noch erkennen. Kaum zu zweifeln dass hier ein Beutegreifer seine Fänge im Spiel hatte, was den R üden gleich noch einmal knurren ließ. Youkon sah sich um. War da überhaupt jemand in der Nähe?
[erst beim Rudel, dann abseits, schließlich beim Restraben – Einladung zum anspielen] |
| | | Gast Gast
| Thema: Re: Winter 1874 II Mo Dez 06, 2010 10:27 pm | |
| Kalter Wind kam von hinten, fuhr im durchs Fell und trieb ihn stetig vorwärts. Es war, als würde er selbst die Segel setzen und nur durch die Kraft des Windes vorankommen. Glücklicherweise war es nicht so. Wäre ja auch eine ziemlich schwache Leistung von einem Alphawolf, wenn nur der Wind ihm die Kraft geben würde um voranzukommen. Ja, das wäre geradezu armselig. Er lief etwas vor der Gruppe, die er anführte. Der Rüde spürte, dass viele von ihnen verwirrt waren und auch er war etwas zerstreut. Es war viel passiert, in der kurzen Zeit seit dem Aufbruch und er wusste nicht so recht, wie er das alles verarbeiten sollte. Diese ganze, chaotische Situation. Aber das würde schon vorbeigehen, irgendwann demnächst, in den folgenden Stunden. Irgendwie. Immerhin war die Reise ja gerade erst angefangen und es blieb keine Zeit zu verlieren und erstrecht keine Zeit an irgendwelche Verwirrungen zu vergeuden. Immer optimistisch denken – ein Satz, der so gar nicht zu Ikeru passte, jetzt aber seinen Dienst erfüllte. Mit erhobenem Haupt ging er dem Fluss entgegen, den er schon vor geraumer Zeit hatte erreichen wollen, aber vermutlich hatte er sich in der Entfernung verschätzt. Sicher, er kannte sich in diesem Revier mittlerweile schon gut aus, nur ließ der Schnee alles so überaus monoton und gleich wirken. Fast so, als würden sich bestimmte Abschnitte immer und immer wiederholen. Abschnitte, die ihn hatten annehmen lassen, dass sie schon seit längerem viel näher am Talbach waren, als sie es eigentlich waren. Glücklicherweise war es jetzt tatsächlich nicht mehr weit, bis zu besagtem Flusslauf. Vielleicht einige Minuten, wenn es hoch kam – und nichts mehr dazwischen kam. Das musste man an diesem Tag ja irgendwie mit dazu sagen.
Gut, dass Nouri ihm schon die Aufgabe abgenommen hatte, die Neulinge am Fluss ein zweites Mal anzurufen, um ihnen mitzuteilen, dass sie auf dem Weg waren. So musste er das wenigstens nicht mehr erledigen.
[ an der Spitze des Rudels | dem Fluss nah ] |
| | | Gast Gast
| Thema: Re: Winter 1874 II Mi Dez 08, 2010 12:42 am | |
| Jetzt bloß cool bleiben. Dann würde alles funktionieren, dann konnte er diese Situation irgendwie meistern. Die Fähe wirkte erstmal nicht bedrohlich, das war ein guter Anfang und ihr Blick war freundlich, neugierig, wenn er das richtig deutete. Zuerst hielt er seinen Blick stur geradeaus gerichtet, bis ihm einfiel, dass das wahrscheinlich unhöflich wäre. Man blickte denjenigen an, mit dem man sprach, und das würde ihm vielleicht auch helfen, ihre Absichten frühzeitig zu erahnen. Vielleicht hatte er ja Glück und sie würde sich nicht im nächsten Augenblick in ein blutrünstiges Monster verwandeln, groß wie ein Baum, schwer wie ein Berg und tödlich wie ein Wintersturm. Das Alles waren berechtigte Ängste, man konnte eben nie wissen.. Langsam wandte Bjartr nun den Kopf zur Seite, um die Fähe zu mustern, dann fiel ihm sein stoischer Gesichtsausdruck wieder ein und rasch legte sich ein wölfisches Lächeln auf seine Lefzen, auch wenn es wohl ein wenig schief geraten war. Das musste er eben noch üben. Aufmerksam lauschte er ihrer Frage, aber seine Sinne waren eh zum Reißen angespannt und ungewöhnlich konzentriert zeigte er sich in diesem Moment. Normalerweise schweiften des Grauen Gedanken schnell ab, jetzt, da es um sein Überleben ging, arbeitete schließlich alles auf Hochtouren. Hatte er die Beiden schon vorher gekannt.. Eh? Welche Beiden? Angestrengt dachte er nach, wollte nichts Falsches sagen. Er war mit Youkon hier aufgekreuzt, das musste offensichtlich gewesen sein. Ikeru hatte ihn begrüßt, Norui ihm zugenickt.. Das waren zwei. Dennoch, ihre Frage war nicht ganz eindeutig, das verwirrte den Grauen und so schwenkte er kurz nachdenklich den Kopf in beide Richtungen, ehe er wieder zu ihr blickte und eine Antwort versuchte.
“Ja.“
Oh nein, welch unbefriedigende Antwort. Aber diese Überbrückung gab ihm kurz Zeit, sich auf Weiteres zu konzentrieren, vielleicht eine kurze Erklärung, er wollte nach wie vor nicht als unfreundlich durchgehen. Man durfte ihn für verwirrt, verrückt und eigensinnig halten, aber nicht für unfreundlich, denn das widerstrebte ihm zutiefst. Also..
“Ich bin bereits seit.. einiger Zeit in diesem Rudel und habe sie nur für einen kurzen.. Streifzug verlassen.“
Und wieder, wie unsicher. Er wollte groß und stark und selbstbewusst wirken, aber irgendwie wollte das Bjartr nicht gelingen. Wenigstens hatte er die Wahrheit gesprochen, auch wenn er sich in seinen Aussagen unpräzise ausgedrückt hatte, gerade weil er damit nichts Falsches sagen konnte. So. Vielleicht konnte er sie ja von seiner Ungeschicktheit ablenken..
“Wie hast du den Weg hierher gefunden?“
Obwohl er wusste, dass das eine blöde Frage. Wie schon? Man streifte durch die Gegend, folgte seiner Nase und plötzlich, mir nichts dir nichts, stieß man auf ein Rudel. Passiert. Dennoch, das war das Erste und wahrscheinlich Klügste, das ihm eingefallen war, also heraus damit. Außerdem durfte er seine Haltung nicht vergessen, die sich während seiner Worte leicht versteift hatte. Nun zwang er sich wieder, die Schultern zu entspannen und in einem möglichst lockeren Trab durch die Gegen zu schweben.
[bei Kaze] |
| | | Nouri » T e a m
Anzahl der Beiträge : 1124 Anmeldedatum : 16.11.10
| Thema: Re: Winter 1874 II Mi Dez 08, 2010 11:19 pm | |
| Mutter. Die Graue musste an diese Gestalt denken, die sich in ihrer Erinnerung warm und fürsorglich erhob. Ein Wesen, dass sich zärtlich um den Nachwuchs kümmerte, bis dieser in der Lage war, sich selber zu versorgen, oder mehr, sich ordentlich in die Reihen der anderen einzuordnen, und mit ihnen zu kooperieren. Zugegeben: mit ihrem Bruder teilte die Graue mehr Vergangenheit, als mit ihrer ehrwürdigen Mutter. Und auch, wenn die Distanz zwischen ihr und jener Fähe mit dem Alter gewachsen war, und sie lange nicht mehr diese Bindung zu ihr besaß, dachte sie doch mit Wohlwollen an die Wölfin, mit der sie die Worte weich und Geborgenheit verband. Irgendwie kamen ihre Gedanken auf ihre Mutter, weil sie sie mit ihrer eigenen Rolle im Rudel verglich: zwar hatte sie keine Welpen geboren, und doch war sie für das Leben anderer verantwortlich und sorgte sich auch um das Ergehen eben solcher. Es war grotesk, dass sie sich selbst nicht in der Position einer sich aufopfernden Mutter sehen konnte, schon, weil sie auch das Findelkind, was ihr einst untergekommen war, nur unbeholfen und teils ein wenig grob behandelt hatte. Bis sie ihre kümmernde Seite entdeckte hatte, war ein wenig Zeit vergangen – vermutlich zu viel. Der Welpe war tot. Sie kämpfte nicht sonderlich mit einem schlechten Gewissen: sie hatte keinen großen emotionalen Zugang zu dem Zögling gehabt, und obendrein war ihr klar, dass die Kleine durchaus unerkannte Verletzung gehabt haben konnte, krank war, vielleicht einfach schon zu schwach, bevor sie sie in ihre Mitte aufgenommen hatten. Niemand hatte Schuld. So war das Leben.
Anders verhielt es sich mit dem Rudel, das sie schon länger umgab. Hier war sie sehr wohl darauf bedacht ein Auge auf die anderen zu halten, sie zu behüten. Das war das, was ihr Instinkt ihr vorgab.
Eigentlich kannte sie den Dunklen nicht, der sich entfernte. Und eigentlich hätte sie es nicht sonderlich gestört: gerade weil er ihr nicht bekannt war, konnte es ihr egal sein, ob er verschwand, solange er den Rest nicht gefährdete. Da sie aber viel zu zufrieden darüber war, dass endlich beinahe alle einmal beisammen waren, und sie sie im Blick haben konnte, passte es ihr nicht, dass sich eines ihrer Küken absonderte. Mit Widerwillen wandte sie zwischendurch Ohren, dann und wann auch den Kopf, und beobachtete das Verhalten der anderen mit Argusaugen. Kritisch musterte sie die Gestiken, die ausgesandt wurden, das Plätzetauschen und teilweise vorkommende Annähern der Individuen. Ohne einen Laut stellte sie ein Ohr aufmerksam nach Vorne, mit dem anderen schwenkte sie nach dem Dunklen aus – und drehte selber leicht zur Seite hinter Ikeru ab. Sie beschleunigte ein wenig, um die anderen hinter ihm nicht auszubremsen, lief auf die andere Seite parallel zu der Position, auf der sie sich zuerst befunden hatte, und ließ sich leicht zurückfallen, bis sie hinter den anderen war. Vorsichtig wurde sie langsamer und scharrte ein wenig im Eis, um ihre Spuren zu hinterlassen. Es war kein Anhaltspunkt für sich selber, sie wusste schließlich, wohin die Reise ging, und kannte das Tal. Mit einem gedämpften, rauen Laut gab sie sich Ikeru zu verstehen, dass sie gleich nachkam, und lief zu dem Dunklen hinüber, den sie noch im Sichtfeld hatte. Aus reiner Gewohnheit nahm sie eine recht dominierende Stellung ein – instinktiv – und tänzelte in einem seichten Bogen zu dem Rüden hin, um mit erhobenem Haupt und steifen Beinen auf ihn zuzustaksen und nahe bei ihm erst an seiner Wange zu riechen, dann mit der Schnauze bis zu den Ohren zu fahren. Ihre Muskulatur war gespannt, sie insgesamt jedoch gelassen. Eine reine Dominanzgestik, weil er fremd war, weil sie eine Wölfin war, weil sie sich besser mit nonverbaler Kommunikation verstand, als mit Worten. Da er ihr geistig ein wenig abwesend erschien, stupste sie ihn jedoch mit der kühlen Nase neben seinem linken Ohr leicht an und kratzte erneut leicht mit den Pfoten auf dem Schnee. Sie bewegte sich etwas mehr vor ihn, schnupperte dort, wo er selber gewittert hatte, und sog den herben Geruch ein. Ihre Ohren schnippten herum
» Geh nicht verloren. «
Sagte sie ruhig, darauf bedacht, keinen zurückzulassen. Diese Gegend war im Winter unwirklich, sehr streng und nicht leicht für jemanden, der sie nicht kannte. Ein Ohr fuhr in Ikerus Richtung, dort, wo das Rudel war.
[Bei Youkon, leicht hinter den anderen]
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| | | Gast Gast
| Thema: Re: Winter 1874 II Do Dez 09, 2010 12:49 am | |
| Der eisige Wind strich über die bedrohlich wirkenden Kämme des Gebirges, welches in das Revier der Schicksalstänzer eindrang, um sich dort langsam dem ebeneren Boden anzupassen und schließlich in das von den Wölfen bewohnte Tal überzugehen. Von hoch oben auf dem Gipfel des Kummerbergs oder der Schneespitze, konnte man weit über die Senke bis hin zum Meer blicken und es war ein wunderbarer Anblick, der sich einem in manchen sonnigen Tagen bot. Doch für den sich darbietenden Ausblick hatte die weiße Wölfin, die rasch keuchend über den kargen Boden eines weniger gefährlichen Ausläufers der Schneespitze rannte und ihre Beine so weit ausholen ließ, wie es ihr erschöpfter Körper bereit war zuzulassen, bevor ihre Kraftreserven zu Ende gingen. Geröll löste sich unter ihren gehetzten Tritten, Steinchen purzelten bergab und klapperten an ihr vorbei, doch sie floh unbeirrt weiter geradewegs auf den nicht mehr weit entfernten Wald zu. Den Blick fest auf die Bäume geheftet lauschte sie gleichzeitig nach hinten um sich zu vergewissern, dass noch genügend Abstand zwischen ihr und ihren Verfolgern war. Drei graue Bergwölfe waren hinter der Fähe her und jagten sie nun schon so lange durch ihr Revier, dass sie fast dazu geneigt war sich ihnen zu stellen, doch irgendwo musste ihr Territorium doch aufhören und sie war nicht so weit gewandert, um nun so zu enden. Ihre Lunge schien bersten zu wollen und jeder Atemzug brannte so sehr, dass es ihr unmöglich schien noch einen einzigen Atemzug zu machen, doch sie rannte weiter, angespornt von ihrem Lebenswillen, der ins Unermessliche zu steigen schien. Sie hörte das Knurren und das warnende Gebell hinter sich, sie schienen langsamer zu werden, doch erst am Rande des schützenden Waldes wagte sie ihr Tempo zu drosseln und schließlich einen Blick zurück zu werfen. Weiter oben am Hang standen die drei drahtigen Hünen und starrten ihr wütend hinterher, der Geifer tropfte aus ihren Mäulern und sie riefen ihr wüste Verwünschungen hinterher. Die weiße Wölfin jedoch kehrte ihnen den Rücken und verschwand im Wald.
Weit unter den Baumkronen im Dickicht verborgen erholte sich die Fähe von ihrer Flucht und dachte über dieses feindliche Rudel nach, welches sie so unfreundlich willkommen geheißen hatte. Sie hatte mit einem Heulen an der Reviergrenze auf sich aufmerksam gemacht, so wie es sich für einen Wanderer gehörte, und war schließlich auch zum Rudel und damit in einen Hinterhalt geführt worden. Scheinbar mochten sie keine Fremden innerhalb ihrer Reviergrenzen und ihr war es nur knapp und wahrscheinlich mit viel Glück gelungen zu entkommen. Von ihnen gehetzt hatte sie nicht bemerkt, dass sie bereits weit über eine andere Reviergrenze gejagt worden war und nur das die Bergwölfe dazu zwang die Verfolgung aufzugeben, denn weiter wagten sie sich nicht in das fremde Gebiet. Dieser erschöpften Fähe jedoch war nicht klar, dass sie in ein besetztes Territorium eingedrungen war und somit hielt sie es nicht für nötig, auf sich aufmerksam zu machen.
Die ganze Nacht blieb sie in ihrem Versteck und ruhte sich aus, sammelte neue Kräfte und schlief bis weit in den Morgen hinein. Ihr knurrender Magen weckte sie und ließ ihr keine andere Wahl als ihre Schlafstätte zu verlassen, um auf die Jagd zu gehen, dessen Beute recht mager ausfiel. Sie erlegte eine Art Murmeltier, welches alt und langsam war und stillte ihren gröbsten Hunger an seinem zähen Fleisch, dann machte sie sich an den beschwerlichen Abstieg ins Tal. Nach einiger Zeit vernahm sie das leise Plätschern fließenden Wassers, dem sie folgte und schließlich auf den Bergbach stieß, an dem sie ihren Durst löschte. Nach einer kurzen Pause, in der sie zum ersten Mal den Ausblick auf das sich vor ihr erstreckende Land genießen konnte. Schließlich setzte sie ihren Weg fort und folgte nun dem Bach, der hinunter zum Meer zu fließen schien, sollte sich herausstellen, dass er die Quelle des Flusses war, der dort unten das Land trennte. Andernfalls floss er auf jeden Fall bergab und machte es ihr leichter nicht vom Weg abzukommen. Ihre Pfoten schmerzten, als sie den Fuß des Berges erreicht hatte und der Tag neigte sich dem Ende zu, doch die weiße Fähe beschloss dem Lauf des Baches, der nun immer größer wurde, noch etwas zu folgen, denn inzwischen war sie sich sicher, dass er zu diesem Fluss werden würde, den sie von weiter oben aus gesehen hatte und in der Tat gelangte sie an die Stelle, wo sich der Flusslauf teilte und unüberwindbar erschien. Im ersten Moment wurde ihr klamm ums Herz und ihr Blick wand sich zurück zum Berg, den sie womöglich wieder besteigen musste, doch dann blickte sie zurück zum anderen Ufer und an diesem entlang, wobei ihr zu ihrer Rechten ein breiter Landstreifen den Fluss teilte und ihn somit leichter zu überqueren machen müsste, doch damit wollte sie bis zum Morgen warten, denn jetzt konnte sie zwar gut sehen, doch ihre Läufe waren schwach vom Abstieg ins Tal und sie suchte sich eine geschützte Stelle am Fuße der Schneespitze, um dort auf die Sonne zu warten.
Die Überquerung stellte sich als schwieriger heraus, als sie gedacht hatte, denn Stromschnellen rissen vereinzelt alles mit sich, was sie zu fassen bekamen und die Wölfin brauchte lange um eine Stelle zu finden, in der sie einigermaßen sicher hinüber ans andere Ufer gelangen konnte, um die relativ kurze Strecke hinüber zum zweiten Teil des Flusses zu gelangen. Auch hier brauchte sie eine halbe Ewigkeit um eine geeignete Stelle zu finden und war mit ihrer Geduld beinahe am Ende, als sie es schließlich doch über eine Strecke hinüber zum Festland schaffte. Erleichtert schüttelte sie ihren nassen Pelz und benetzte alles im Radius von mindestens einem halben Meter mit einem Regen aus Wassertropfen. Schwimmen gehörte nicht zu ihren beliebtesten Beschäftigungen und schon gar nicht zwei Mal am Tag, doch die Götter mussten auf ihrer Seite stehen, denn sie hatte einige abenteuerliche Tage hinter sich gebracht, ohne ernsthafte Verletzungen zu erleiden. Sicher, einige Prellungen und Schürfwunden wies ihr Körper mit Sicherheit auf, doch nichts, was nicht mit einer längeren Ruhepause zu lindern wäre. Ihr Erfolg durchströmte sie mit Energie, doch sie hielt es für besser diese Energie nicht sofort zu verschwenden und wieder zu Kräften zu kommen, schließlich hatte sie alle Zeit der Welt und dieses wunderschöne Tal barg so viele Möglichkeiten. Sie erkundete die Gegend und fand in der Nähe einige Felsen, zwischen denen sie windgeschützt und unbemerkt ruhen konnte und auch Beute fand sich hier um sich zu stärken, also blieb sie die Nacht an diesem Ort.
Als sie am nächsten Morgen erwachte, fühlte sie sich frisch und sonderbar aufgeregt. Sie wusste um ihre sonderbaren Gefühle, die meist etwas zu bedeuten hatten, und war gespannt auf diesen Tag und das, was er wohl bringen mochte. Nachdem sie am Fluss getrunken hatte, beschloss sie in Richtung Meer zu gehen, welches sie unbedingt in Augenschein nehmen wollte, doch auf dem Weg traf sie auf etwas, mit dem sie nicht gerechnet hatte – den Geruch von Wölfen. Ihre Nackenhaare stellten sich auf, denn es war keine kleine Gruppe gewesen und sie waren erst vor Kurzem hier entlanggekommen. Was hatte das zu bedeuten? Ein ungutes Gefühl beschlich die Fähe, die umherlief und den Spuren ein Stück weit zurück folgte, die Höhle in Augenschein nahm und letzten Endes zu dem Schluss kam, der ihr einen Schauder über den Rücken jagte. Ihr wurde klar, dass sie sich in einem bewohnten Revier befand und somit ein Eindringling war. Den Kopf tief zum Boden geneigt begann sie den Fährten der Wölfe so schnell sie konnte zu folgen. Sie waren noch nicht sehr weit entfernt und vielleicht konnte sie sie noch einholen. Die Gedanken jagten sich in ihrem Kopf und sie musste sich zur Ordnung rufen, denn nur in Ruhe konnte sie in sich hinein lauschen und herausfinden, was am besten zu tun wäre. Ein Jahr war nun ungefähr vergangen, seitdem sie ihr eigenes Rudel verlassen hatte, in dem sie selbst Alpha gewesen war. Natürlich war es ungewöhnlich, wenn ein Alpha sein Rudel verließ, ohne dass er gestürzt worden war, doch sie war ihrem Gefühl gefolgt. Es schien ihr damals, als habe der Wind ihr die Stimme der Götter zugetragen und sie gerufen, also war sie sofort aufgebrochen, jedoch nicht ohne ihr Rudel wohlüberlegt in die Obhut ihrer geliebten Schwester zu übergeben. Seitdem war es noch nie passiert, dass sie unerlaubt in ein Revier eingedrungen war und nun war sie hier, wahrscheinlich mitten drin und wäre beinahe in das hiesige Rudel hineingelaufen.
Einige Zeit später hatte sie die Gruppe entdeckt und sich noch im Verborgenen gehalten um sie zu beobachten. Der weiße Rüde an der Spitze war offensichtlich der Rudelführer und die Wölfe folgten ihm, wohin er auch ging. Sie kannte diese Gegend nicht, doch sie mussten auf einer Wanderung sein, denn es war selten das ganze Rudel gemeinsam reisen zu sehen. Ein schwarzer Wolf sonderte sich vom Rest ab und lief in ihre Route hinein, auf der sie ihnen hatte folgen wollen. Sie schnippte mit den Ohren und überlegte, doch als sich die graue Fähe ebenfalls absonderte und zu ihm gesellte blieb ihr keine andere Wahl, denn der Wind würde ihnen in kürzester Zeit ihre Witterung zutragen, also hob sie den Kopf und heulte zu ihnen hinüber. Sie erklärte so kurz, wie es ging, was ihr widerfahren war und weshalb sie so unverfroren in ihr Revier eingedrungen war, ohne um Erlaubnis zu bitten. Dass sie erst vor Kurzem auf ihre Fährte gestoßen war und bat sich ihnen anschließen zu dürfen. Als sie geendet hatte, stellte sie die Ohren lauschend auf, den Kopf in die Höhe gereckt um die Graue, die dem Schwarzen gegenüber eine eher dominantere Haltung angenommen hatte. Ob sie die Alphafähe war? Sie hatte jedenfalls darauf geachtet, dass der Rüde nicht verloren ging und das rechnete Nayeli ihr hoch an und die Hoffnung gefunden zu haben, was sie gesucht hatte, ließ ihre braunen Augen glänzen.
[in der Nähe von Youkon und Nouri - macht auf sich aufmerksam] |
| | | Youkon » T e a m
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| Thema: Re: Winter 1874 II Fr Dez 10, 2010 12:09 am | |
| Nein, das war wirklich nicht das gewesen was er sich erhofft, ja gar erträumt hatte. Zwar waren die Anzeichen in den letzten Stunden und Tagen mit jedem Nicht-Melden größer geworden, jedoch ließ sich so etwas meist sehr leicht beiseite schieben, solange man nicht die – in dem Falle eindeutig traurige – Gewissheit hatte, dass alles Hoffen und Bangen nichts gebracht hat und letztlich zu nichts nutze war. Noch mehr wuchs die Wut allerdings auf sich selbst, den Raben aus den Augen verloren zu haben und sich darin gesonnt, ihn schon eines Tages wiederzusehen. Nun hatte er ihn in der Tat wiedergesehen, allerdings als Ragout. Unfähig, auch nur ein Wort, einen Laut aus dem länglichen Schnabel loszuwerden, das dem kranken Rüden als Aufmunterung hätte dienen können. Keine Hinweise auf leichte Beute mehr, die er oftmals in Form von Aas fand. Und letztlich keine Hilfe mehr bei der Integration, wo auch immer Youkon sich integriert sehen wollte, denn der Rabe wäre ein mitunter sehr perfektes Bindeglied gewesen: Zwischen denen die er kennen wollte und jenen die er zwar nicht kennen wollte, die aber dennoch von ausserordentlicher Wichtigkeit zu sein schienen und schließlich wichtig für das eigene Überleben, das er lange Zeit hintenangestellt hatte, da es keinen Sinn zu machen schien. Aber nun? Nun hier, einem Rudel gegenüber das so nah war und dennoch so unendlich weit weg schien?
Youkon hatte sein Knurren selbst dann beibehalten, als sich die Dunkle Fähe genähert und seltsames gebrabbelt hatte. Er würde ganz sicher nicht verlorengehen, jedenfalls nicht so, wie sie sich das gedacht hatte. Vielleicht war ein Teil des Rüden ja auch schon verloren und würde sich nicht mehr einfangen lassen. Der Teil, der Raben mochte, der Rüden viel und Fähen wenig abgewinnen konnte. Der Teil, der seinem kleinen großen Bruder alles Glück der Welt gönnte. Und den es doch wahrlich schmerzte, kein Teil dessen zu sein was Blacky zeitlebens als Glück bezeichnen würde. So in Gedanken versunken, ließ eine Reaktion des Schwarzen eine ziemlich lange Zeit auf sich warten und erfolgte schließlich ausserordentlich prompt und ungefragt, zumal Youkon zweifeln durfte, ob Nouri auch nur ansatzweise verstehen würde, was hier eigentlich gerade – oder vielmehr weit vorher, als der Greifer zuschlug – geschehen war.
„Ich werde nicht verloren gehen. Jedenfalls nicht so, wie mein Freund es tat. Ich nehme nicht an, dass Du über mich herfallen und Deine Fänge in meinen Hals bohren wirst, so wie es bei ihm jemand tat. Soll derjenige mit der Schuld leben auch wenn er vermutlich nicht einmal ahnt, welch hohe Schuld er sich auf seine breiten Schultern geladen hat.“
Offen gestanden klang das ganze Hasserfüllter als es eigentlich war. Denn dem Rüden war ein Gefühl wie „Hass“ eigentlich ziemlich unwirklich erschienen und so empfunden hatte er wenn er ehrlich war, auch noch nie. Nicht einmal, als Farfilou sich in der Stadt mit der Braunen getroffen und liebevolle Dinge angestellt hatte und auch nicht, als manch einer seinen Traum vom eigenen Rudel zum scheitern gebracht hatte, den er sich letztlich gar nicht so sehr erträumt gehabt hatte, wie er gedacht hatte. Aber er hatte die Illusion geliebt, morgens aufzuwachen und....jemanden darzustellen der wichtig war. Zwar hatte Farfilou dem Schwarzen oft betont, ihn zu mögen, aber über dieses Status war man ganz offenbar nicht hinausgekommen, sonst wäre die Trennung eine viel herzzerreissendere gewesen und hätte viel mehr Herzschmerz verursacht als sie es letztlich getan hatte. Das gleiche galt für Zita und ihre Entscheidung „Pro Blacky“ die gleichzeitig eine Entscheidung gegen ihn selbst gewesen war und die er geschluckt hatte, weniger Zita zuliebe als vielmehr dem ach so geliebten Bruder, gegenüber dem das Wort „Neid“ nie aufgekommen war und es in Youkon's hoffentlich noch langem Leben auch nie tun würde.
„Siehst Du das?“ Da wurde gleich auf den Raben gedeutet. „So kann nur jemand handeln der nicht um die Innige Beziehung zwischen zwei Individuen weiss. Jemand, der keine Ahnung davon hat, wie man sich fühlt, wenn man etwas verliert, das einem unsagbar wichtig und nahezu unersetzbar erscheint. Das kann nur jemand getan haben, dessen Hirn im Bauch sitzt und allein deshalb schon nicht sehr groß sein kann. Wenn überhaupt eins vorhanden ist.“
Die subdominante Haltung der Dunklen hatte er bis dahin gekonnt ignoriert, hatten Rüden und Fähen doch nach wie vor getrennte Rangordnungen; sich aufzuspielen hätte also niemandem der beiden wesentlich weitergeholfen, zumal Youkon des Aufspielens ohnehin müde war und gar nicht die Absicht hatte, hier negativ aufzufallen. Allerdings kam er nicht dazu, eine Frage die ihm zwischen den Zähnen brannte, an die Fähe zu richten, denn eine weitere Gestalt erschien zuerst schemenhaft, wurde schließlich deutlicher erkennbar und kristallisierte sich nach mehrmaligem Wittern als Fähe heraus, soviel war zumindest schon mal klar. Und spätestens als sie ihren kleinen Monolog vortrug, der dem Singsang des Raben subjektiv betrachtet gar nicht so unähnlich war, hatte sich diese Erwartung noch ein wenig untermauert, ließ den Rüden aber verdutzt zurück. So ähnlich hatte er doch hergefunden und hätte es keinen Bjartr gegeben der ihm vor die Pfoten getappt war, hätte er auch das Rudel unzweifelhaft nicht gefunden. Der Graufang musterte die neu hinzugekommene und sah in ihr nur einen weiteren Wolf mehr, niemand im besonderen aber das war bei jedem so den er sah, also nichts weiter ungewöhnliches.
„Du weisst sicher, wer das war?“
Ein Test, den die Helle zu bestehen hatte, denn kaum hatte der Rüde die Frage gestellt, hatte er gen Rabenrest gedeutet und die Augen zusammengekniffen. Da er stand fiel auch das Hinken noch nicht auf und weitere Anzeichen von Schwäche gestand er sich für den Moment ohnehin nicht zu, Nayeli im Auge behaltend.
„Falls ich denjenigen zwischen die Fänge bekomme, der dem Raben das angetan hat, darf derjenige sich auf Ragout freuen. Allerdings als Ragout selbst.“
Die Drohung war keineswegs leer und würden Nouri oder Nayeli sich auch nur halbwegs angesprochen und oder schuldig fühlen, würde der Dunkle das schon merken. Was dem Menschen seine Menschenkenntnis war dem Rüden seine was die Wölfe anging untrügliche Nase, die ihn schon vor manch einer schlechten Bekanntschaft bewahrt, ihn allerdings auch andersherum in so manch vermeidbares Desaster hatte tappen lassen. Vorerst aber galt ohnehin die Unschuldsvermutung, so dass er sich auf das Besann was er eigentlich darstellte: Einen älteren, nicht aber greisen Wanderer, der seinen Halt unterbrach um Dinge zu erkunden. Und einen älteren, nicht aber Greisen Rüden, der in der Haltung eines anderen Schwäche erkannt hatte. Und der sich noch nicht entschieden hatte, ob er sich diesen Umstand zunutze machen wollte.
„Youkon nennt man mich im übrigen. Ich bin Fragen gewohnt, allerdings nicht deren Beantwortung. Daher sei um Verzeihung gebeten, sollte ich hier jemandem etwas vorschnell auf die Rute getreten sein – noch ist ja Zeit genug, die Pfote wieder herunterzunehmen und der Rute ihre Freiheit zu gönnen. Eine Freiheit, die meinem gefiederten Freund leider, leider abhanden gekommen zu sein scheint...“
wurde er noch los, ehe er von Nayeli wieder gen Nouri sah und jene aufmerksam musterte, sich jedoch gleichsam merklich entspannte. So sank die Rüdenrute ein wenig, stellten sich die pelzigen Lauscher ein wenig auf und wirkte der Rüde wieder wie der der er war: Ein Dunkler, angegrauter Wanderer auf der Suche nach einem Platz, der Ruhe und Geborgenheit bot.
[bei Nouri, Rabe und Nayeli]
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| | | Nouri » T e a m
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| Thema: Re: Winter 1874 II Fr Dez 10, 2010 5:56 pm | |
| Immer noch richtete sie sich gerne nach jemandem, dem sie vertrauen konnte. Damals, und für lange Zeit, war das ihr geliebter Bruder gewesen, dessen Spuren sie brav folgte – wohin sie auch führten. War das nicht der Grund, weswegen sie dieses Tal überhaupt besiedelt hatten? Von ihm geblieben war ihr nichts. Nicht mehr als eine schmerzliche Erinnerung, die mit einem Ziehen in der Brust darin endete, dass es ungewiss war, was mit ihm geschah. Und das, so fühlte sie, war das Schlimmste daran.
Jetzt war sie auf sich alleine gestellt. Es hieß wachsam zu sein und das Selbstvertrauen aufzubauen, wie eine Mauer um sich herum. Da gab es niemanden mehr, der ihr den Rücken stärkte. Gewiss ja, Ikeru war hier. Aber seit Kenáos Verschwinden wurde ihr immer deutlicher, dass sie sich zwar auf jemand anderen verlassen, ihr Leben aber nicht vollkommen in andere Hände legen sollte. Denn damit würde sie ihm auch zur Last werden; weil alle ihre Probleme auch seine sein würden. Ihr schauderte. Das wollte sie nicht.
Geringschätzig starrte sie auf den Dunklen nieder, als sie sich neben ihm befand und sich sein Knurren nicht einstellte. Sie kannte ihn nicht und wusste nicht abzuschätzen, wie er reagieren würde. Das er noch recht erbost sprach, billigte sie in ihrem Kopf zunächst mit einem düsterem Knurren, spie er die Worte doch aus, als seihe sie jemand, den es anzuschuldigen galt. Nouri sah ihn stur ruhig an, schob die Ohren weiter vor und spürte in ihrem Nacken ein unheilvolles Spannen. Ihr Fell stellte sich kaum merklich auf – es war nicht auszumachen, ob es ihm gegenüber galt oder den Worten, die sie, wenn sie darüber nachdachte, verstehen konnte. Immerhin war ihr auch jemand genommen worden, den sie liebte. Nur wusste sie hier nicht, ob ihn jemand getötet hatte.
» Du vergisst, dass auch uns das >Hirn im Bauch sitzt<. «
Erwiderte sie ruhig und fuhr mit dem Blick über das Federkleid des schwarzen Tieres, das zu irgendeiner Zeit einmal wunderschön in der Sonne geglänzt haben muss.
» Ein jeder fühlt tiefe innige Verbundenheit, jedes Reh, jedes Kaninchen, jeder Wolf, jeder Bär. Und Rücksicht darauf nimmt gleichzeitig niemand. «
Einerseits klang das nach einem Hinweis auf den Widerspruch, den er dargelegt hatte, indem er in seiner Trauer vergaß, selber ein Raubtier zu sein, andererseits hörte es sich leicht nach Verbitterung an, die sie selber fühlte, im Gedanken an ihren Bruder. Als die Helle ihr Ankommen ankündigte schnippte das linkes Ohr der Grauen in deren Richtung. Ihr Kopf drehte sich und nun schaute sie recht ungemütlich zu der Hellen hinüber. Sie versteifte sich noch mehr und reckte das Kinn. Was für eine Unverfrorenheit einfach in ein fremdes Revier einzutreten. Sie zog ein wenig die Lefzen zurück und zeigte etwas die Zähne – knurrte aber nicht und machte auch keine Anstalten zornig auf die Fremde loszugehen. Sie behielt lediglich ihre Haltung, witterte und gab ein kurzes Wuffen von sich, ein kurzes, dunkles Ruff, dass ihren Missmut über das Handeln der anderen Kundtat, aber auch sagte, dass sie sie vorerst duldete. Gleichzeitig lauschte sie dem Rabenfreund, der sich als Youkon herausstellte. Er redete ihr zu viel. Dafür, dass er eigentlich nicht wirklich was zu melden hatte. Mit einem bitterem Geschmack im Mund, der bleiern wurde, sah sie ihn scharf an und schnaubte.
» Tu das, aber nicht auf diesem Stück Land. «
Kommentiere sie kurz, was ihn eindeutig in die Schranken zu weisen hatte, dass er in ihrem Revier keine Unruhe anzustiften hatte. Er hatte nicht das Recht dazu, in ein fremdes Gebiet zu kommen und dort für Ärger zu sorgen, lediglich, weil in ihm etwas zerbrochen war. Sie selber hatte sich bei Fremden ebenso zu benehmen. Irgendwie gefiel er ihr noch nicht so recht, so ungehobelt, wie er war, aber sie war wenigstens zufrieden darüber, dass er die Rute senkte und dann plötzlich freundlicher wurde – was ihr den Anlass dazu gab entsprechend gegen zu agieren, sich leicht zu entspannen und einen weicheren Ausdruck im Gesicht zu bekommen. Ebenso rechnete sie es ihm an, dass er sich für sein Verhalten in gewisser Weise entschuldigte: hatte er als Fremder doch auch nicht das Recht sich anmaßen zu dürfen Fragen zu stellen.
» Youkon. «
Sie sprach seinen Namen in weichem Klang aus. Das war ein Wort, das sie sich merken konnte. In ihrem Kopf verknüfte sie es sofort mit dem Raben. Irgendwie erinnerte sie das in diesem Moment an die Krähenwölfin, ihre verschollene Bekannte. Bedacht schob sie den Gedanken an die Schwarze beiseite. Es war gerade besser, sich im Hier und Jetzt aufzuhalten.
Sie wandte sich gen heller Fähe und grüßte sie nun mit leisen Lauten. Jetzt war sie schließlich schon da, und da konnte sie ihr jetzt auch mit reder Freundlichkeit begegnen. Was sie ihr mit ihren Geräuschen wünschte war, dass sie wohl auf war und dass das Bergrudel ihr nicht allzu sehr zugesetzt haben mochte. Des Weitern ging sie etwas auf sie zu und sog ihren Duft durch die Luft ein. Sie kam näher und schnupperte mehr, um ein wenig über den Zustand der Hellen zu erfahren. Ihre Ohren waren aufmerksam nach Vorne gedreht und sie schaute gutmütig drein. Was half es jetzt noch groß Böse zu sein, sie hatte ihren Unmut über das Auftauchen der Fremden im ersten Moment bereits Kund getan. Die Graue verströmte den Geruch des Rudels. Je nachdem, wie sie die Fremde einschätzte, würde sie sie schon im Rudel Willkommen heißen. Eines ihrer Ohren ging kurzs zu Youkon. Ihre Körperhaltung lud beide Wölfe zu ihr zu kommen, damit sie gemeinsam sich besser kennen lernen konnten.
[Etwas hinter dem Rudel | Youkon und Nayeli] |
| | | Gast Gast
| Thema: Re: Winter 1874 II Sa Dez 11, 2010 6:31 pm | |
| Ihre wallnussfarbenen Augen lagen auf den zwei Gestalten vor ihr, die nicht mehr weit von ihr entfernt waren, doch noch weit genug, damit sie ihnen nicht zu nahe treten konnte. Der Rüde war schwarz und erschien ihr riesig, doch die Fähe, die nur geringfügig kleiner war, wirkte durch ihre Ausstrahlung und Haltung um einiges größer als er. Waren die beiden gerade noch dabei gewesen sich einander in einem Gespräch vertieft gegenseitig etwas mitzuteilen, was Nayeli von ihrem Standpunkt aus nicht genau hören und doch vielleicht ein wenig erahnen konnte, so hatte sie ihre Aufmerksamkeit nun auf sich gezogen und die eventuelle Meinungsverschiedenheit unterbrochen. Gespannt verfolgte ihr wachsamer und gutmütiger Blick jede Bewegung, jede Geste und Regung im Gesicht der Beiden, die so weit entfernt und doch nah schienen, nun da sie in Kontakt zueinanderstanden.
Jeder Wolf war ein Universum für sich, doch traten sie aufeinander zu, so verbanden sie sich und verschmolzen miteinander. So wie sich zwei Universen fern sein konnten, obwohl sie nebeneinander existierten, so konnten zwei Universen die verbunden und somit eines waren, jede noch so große Entfernung überwinden und die Ferne nah wirken lassen im Vergleich zu allem anderen. So lang war sie allein gewandert und war fern von allen anderen gewesen, nun war sie wieder eins mit vielen, so wie es richtig war, so wie es sich richtig anfühlte in ihrer Brust, wo ihr Herz nun schneller schlug. Sie war dem Ziel so nah, dass die erste Reaktion der Dunklen sie für den Bruchteil einer Sekunde beinahe den Mut verlieren ließ, doch schließlich ertönte ihr Bellen und die Weiße entspannte sich merklich, nachdem sie sich nun sicher war, nicht erneut fliehen zu müssen. Von einer inneren Zufriedenheit und seltsam ruhigen Euphorie erfasst begannen ihre Flanken leicht zu beben und sie schnaufte aufgeregt, sie war auf dem richtigen Weg.
Als der große Wolf sie ansprach, richtete sie ihren Blick auf ihn, ihre Ohren stellten sich weit nach vorn um seine Worte vernehmen zu können und erst jetzt, als er auf den kleinen Kadaver gedeutet hatte, erblickte auch die Helle ihn, verstand seine Frage jedoch im ersten Moment nicht. Da sie in diesem Moment noch nicht wusste, dass dieses kleine Häufchen Fleisch einmal ein guter Freund des Schwarzen gewesen war, fragte sie sich unweigerlich, weshalb es ihn interessierte, wer es getötet hatte. Erst als sie erneut den Rüden ansah, seinen prüfenden, beinahe lauernden Ausdruck in den Augen zu deuten versuchte und seine weiteren Worte an ihre Ohren drangen, glaubte sie den Hauch einer Ahnung von dem zu haben, was hier geschehen war. Doch bevor sie etwas erwiderte, erhob die dunkle Fähe ihre Stimme und Nayeli war sich nun ganz sicher, dass sie einen höheren Rang in diesem Rudel hatte, denn sie wies den Rüden offensichtlich zurecht und lockerte ihre Haltung erst kurz, bevor sie sich wieder der fremden Fähe widmete. Die nussbraunen Augen, die etwas heller waren als ihre eigenen, doch mindestens genauso tiefgründig glänzten, richteten sich nun wieder auf die Weiße, die sofort die Rute ein wenig senkte und den Kopf etwas hinunter zum Boden neigte, um ihr zu signalisieren, dass keine Gefahr von ihr ausging. Die Fähe kam auf sie zu und auch sie kam ihr begrüßend ein paar Schritte entgegen, neugierig und erfreut darüber eine andere Fähe kennenzulernen, die ihr nicht sofort an die Kehle sprang.
Ihr Geruch war äußerst wohltuend, denn der Duft ihres Rudels haftete ebenso an ihr, wie ihr eigener und Nayeli, die das Rudelleben in den letzten Monaten immer mehr vermisst hatte, begann sacht mit der Rute zu wedeln. Die Dunkle selbst roch unglaublich angenehm und erinnerte sie im ersten Moment schmerzhaft an den Geruch ihrer eigenen Schwester, was ihn neu und doch eigenartig vertraut machte. Es war ein solch überwältigendes Gefühl, das ihr noch einmal ein Kribbeln durch den Körper jagte, denn es war ihr, als wäre sie letzten Endes doch noch heimgekehrt, woraufhin sie leise und hohe Laute ausstieß, um der Größeren zu bedeuten, dass alles in Ordnung war und sie sich freute, sie hier anzutreffen. Friedlich trat sie an die andere Wölfin heran und begann sie genauer, doch nicht aufdringlich zu beschnüffeln, um sich eingehender mit ihr vertraut zu machen und sich ihren Duft, ebenso wie den des Rudels, einzuprägen. Auch den Rüden begrüßte sie mit freundlichen Lauten und gutmütigem Blick, wandte ihre Worte, welche aufrichtig und herzlich waren, dann an beide und etwas Dankbares lag darin.
„Mein Name ist Nayeli Nadjié, auch wenn man mich nur Nayeli ruft. Ihr ahnt nicht wie sehr es mich freut euch zu treffen, denn ich bin schon lange auf der Reise und sehne mich nach der Gesellschaft freundlicher Wölfe, die einen nicht sofort durch ihr halbes Revier jagen.“
Mit einem kurzen prüfenden Blick zu der Fähe, richtete sie sich kurz an den Schwarzen, um seine Frage zu beantworten, denn unhöflich zu erscheinen war das Letzte, was sie wollte. Es hatte ihn vielleicht nicht zugestanden diese Frage in Gegenwart der Dunklen zu stellen, doch er hatte es getan und sie war ihm eine Antwort schuldig geblieben und sie hoffte, dass sie es ihr nicht übel nehmen würde.
„Was deinen Vogelfreund angeht, so muss ich dich leider enttäuschen, Youkon. Ich habe weder gesehen, wer ihm das angetan hat, noch war ich es selbst. Es tut mir Leid um ihn, denn mit der Leidenschaft, mit der du seine Seele verteidigst, offenbarst du deine tiefen Gefühle für ihn.“
Wie tief sie tatsächlich waren, konnte sie in der Tat nicht einmal ahnen, doch sie hatte nicht oft erlebt, wie ein Wolf die Überreste eines Verbündeten mir solcher Inbrunst zu verteidigen oder gar zu rächen versuchte und jedes Mal war es ein Verbündeter ihrer eigenen Art gewesen. Doch ihr selbst waren artenfremde Freunde nicht so unvertraut, zwar hatte sie nie eine eigene solche Freundschaft geschlossen, doch in ihrem Rudel hatte vor langer Zeit ein Rudelführer einen Adler zum Verbündeten gehabt, somit war sie weniger davon überrascht, als es vielleicht ein Wolf gewesen wäre, der so etwas noch nie gehört hatte. Sie nahm ihm die Ruppigkeit seiner Worte nicht übel, denn sie selbst hatte einst ihren Vater durch einen Kampf verloren und war ebenso erbost gewesen. Freilich war es etwas anderes ein Familienmitglied zu verlieren, doch sie würde sich nicht anmaßen diesen Bund der beiden Freunde deshalb herabzusetzen, denn sie wusste schließlich nicht in welcher Art und wie lange die beiden miteinander verbunden gewesen waren, worauf es letztendlich ankam, um Schmerz bei seiner Abwesenheit zu empfinden.
Schließlich wandte sie sich mit erneut gesenktem Kopf wieder der Dunklen zu und scharrte kurz auf der Erde, teils um sie zu besänftigen, da sie die Frage des Rüden einfach beantwortet hatte und teils um ihr zu zeigen, dass sie sich nun wieder ihrer ungeteilten Aufmerksamkeit erfreute, so wie es sich für eine Fremde gehörte. Kurz und sacht stupste sie die Wange der Anderen an und bedeutete ihr mit einem offenen warmen Blick, dass sie sie akzeptierte und, soweit sie es beurteilen konnte, mochte. Nayeli kannte sie schließlich nicht, doch von dem, was sie gesehen und gehört hatte, war deutlich zu erkennen, dass sie eine gute Führerin war, nicht zu selbstgerecht und forsch, doch auch nicht unsicher und gedankenlos, wie es eine junge Fähe vielleicht gewesen wäre, hier hatte sie es mit einer erfahrenen Wölfin zu tun.
[bei Nouri und Youkon]
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| | | Gast Gast
| Thema: Re: Winter 1874 II So Dez 12, 2010 10:57 pm | |
| Ungeduldig tippelnd hinterließ die Helle ungewollt mehr Spuren im Schnee, als es unbedingt hätte sein müssen. Dennoch konnte sie das Hibbeln nicht unterlassen, musste sich bewegen, um ein wenig Ruhe einkommen zu lassen. Sie waren so viele. Neue, Alte, Heimgelehrte. Und trotzdem liefen sie zusammen, in einer Gruppe. Welch ein angenehmes Gefühl, das ihr selbst im tiefen Schnee eine wohlige Wärme schenkte. Es war so… sicher? Ja. Auch wenn der Wind nicht auf ihrer Seite stand, würde es bei einer solchen Anzahl für weniger gut Gesinnte schwierig werden, sich anzupirschen. Weniger gut Gesinnte… Langsam richtete sie den Blick auf den Grauen neben sich, versuchte abzuschätzen, zu welcher Seite sie ihn zählen konnte. Ein leichtes, schien er doch selbst nicht genau zu wissen, was er überhaupt hier trieb. Leise brummelnd, in munterer Erwartung, versuchte sie die angespannte Atmosphäre aufzulockern, schien der Jüngling von ihrem Auftreten doch etwas überrumpelt worden zu sein. Die Ohren neigend bereute sie, sich weder angekündigt, noch vorgestellt zu haben, bevor sie einfach drauf los fragte – na, das würde beim nächsten Mal doch gleich verbessert werden! Wenn es ein nächstes Mal gab. Die abgehackte Antwort ihres Gegenübers schien dies wenig zu bezeugen. Durch deren Nüchternheit abgeschreckt, verlangsamte sie ihr Tempo sacht, bevor auch sogleich ein Nachschub des anderen kam, der mehr Informationen enthielt. Etwas unzufrieden rümpfte sich die dunkle Nase, als sie den Sinn seiner Worte aufnahm – es entsprach nicht dem, dass sie sich erwünscht hatte. Mit einem auffordernden Seitenblick, setzte sie einen nahezu verspielten Satz nach vorne, den komischen Kauz weiterhin im Blick haltend. Lag es an ihr, dass er sich so seltsam benahm? Nein, hoffentlich nicht.
„Das Tal schnitt sich mit meiner Route.“
Sollte sie sich nun auch verschlossen geben wie der Rüde? Dann würden sie ja keinen Schritt weiter kommen.
„Größtenteils lag es an dem Nachbarrudel. Im Gegensatz zu den beiden,“
Mit einem Kopfnicken deutete sie nach vorne zu Ikeru, zuckte jedoch ein wenig verwirrt zurück, als die Graue sich nicht mehr neben ihm befand, bevor sie sich fing – es gab schließlich noch mehrere Wölfe, die es zu begrüßen gab! – und dem Kauz wider zuwandte.
„waren sie ihrem Gast weniger aufgeschlossen.“
Unwillig sträubte sich bei dem Gedanken an die Flucht, die noch gar nicht so lange zurück lag. Es war ihr nicht verständlich, warum Artgenossen so gereizt auf ihres gleichen reagieren konnten. Noch nicht einmal Fragen stellten, sondern sofort aufbrachen um zu handeln, zu vertreiben. Dabei waren ihre Pfoten behutsam am Rand des Reviers geblieben – innerhalb, ja, aber nicht weiter als nötig. Da war es doch nur selbstverständlich, ihr die Weiterreise zu gewähren, oder nicht? Die Ohren nach hinten schnippend, verbannte sie die negativen Gedanken an das vergangene Ereignis, bevor sie sich wider auf den Grauen konzentrierte.
„Es ist immer so seltsam, den Namen des anderen nicht zu wissen. Ich bin Shiai.“
Indirekt sollte es als Aufforderung gelten, jedoch war es der hellen Fähe zu erst einmal wichtig sich selbst vorzustellen. Wie sonst sollten sie sich ansprechen? Weiterhin der Gruppe folgend, richtete sie sich ein wenig auf. Vielleicht würde der Jüngling sich auflockern, wenn sie mit gutem Beispiel voran ginge. Ein Versuch war es zumindest wert.
(bei Bjartr) |
| | | Youkon » T e a m
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| Thema: Re: Winter 1874 II Mo Dez 13, 2010 6:25 pm | |
| Ein bisschen war Youkon ja selbst erstaunt, welchen Schwall an Worten er da losgeworden war. Für seine Verhältnisse hatte er sich mit der Zahl und der Intensität schon sehr, sehr weit aus dem Dunklen Fenster gelehnt und musste nun abwarten ob er nicht vielleicht fallen würde oder ihn seine Worte wenigstens ins Straucheln brachten, denn sonderlich freundlich hatte er bei keinem der Worte gewirkt – wenn auch bei den letzten doch ein wenig entspannter als dies zuvor der Fall gewesen war. Und nun? Die Graue tat kund, dass auch den Wölfen die dort versammelt waren, das Hirn im Bauch säße. Auch ihm? Sie kannte ihn doch gar nicht! Woher wollte sie also wissen, ob er nicht vielleicht doch einer nicht vorhandenen vegetarischen Zunft angehörte, die Joghurt fräße, vorrausgesetzt, der wüchse auf Bäumen? Ein Schnauben entlud sich dem schmalen Rüdenfang, der daraufhin samt daran hängendem Kopf ein wenig geschüttelt wurde. Allein die Vorstellung an einen Raben als Mahlzeit erschien dem Rüden viel zu ungeheuerlich um weiter daran zu denken und sich mit dem eigentlich ja ganz leckeren Gedanken weiter zu befassen. Aber so ganz Unrecht hatte Nouri ja sicher nicht mit ihrer Aussage, das ließ sich am Ende dann doch festhalten und rang dem Rüden ein verstohlen wirkendes Nicken ab.
„Mag sein.“
erwiderte er daher nur auf die vorher erwähnte Feststellung Nouri's und sah kurz gen der anderen Fähe, die keinen großen Hehl daraus zu machen schien, wes Geistes Kind sie war. Oder Ranges. Allerdings wurde sein Blick gleich wieder von Nouri gefesselt, die so wie er zuvor in einen wahren Monolog zu verfallen drohte, immer mit dem Augenmerk auf den Aussagend es Dunklen, der es doch gar nicht so böse gemeint hatte, wie man ihm das nun unterstellen wollte.
„Er war dennoch mein Freund. Rache ist kein schönes Wort und erst Recht kein Schöner Gedanke, Wölfin. Und wahrscheinlich ist es der – oder die – Betreffende nicht einmal wirklich wert, dass man ihm oder ihr solche Gedanken schenkt.“
Wieder der Blick zur anderen, die die Distanz weiter verkürzt hatte und sich sicher wundern würde, über was man sich hier eigentlich austauschte. Aber Youkon war nicht unfroh, in Nouri eine erstaunlich gesprächige Artgenossin gefunden zu haben – wie sehr er sich da im Grunde irrte, konnte er ja mit keiner Faser des sehnigen Körpers ahnen. Letztlich registrierte die Graue auch noch seinen Namen und irgendwie war sich der Dunkle sicher, dass sie ihn vorläufig nicht mehr vergessen würde – im Gegensatz zu ihm konnte sie sich Namen sicher merken. Der Rüde hatte indes den Namen des Wolfes den er getroffen hatte und den der ihn ausgefragt hatte, schlicht vergessen, war sich aber sicher dass sie ihm wieder einfielen wenn er sie brauchte – das war bisher oft so gewesen.
Eine Windböe erfasste den hageren Körper und war tatsächlich dazu geneigt, ihn umzuwerfen, wenn er einen weniger sicheren Stand gehabt hätte als den den er im Moment hatte. Die Pfoten ein Stück weit im Schnee spürte der Schwarze erst jetzt die Kälte, die langsam von unten nach oben kletterte und spätestens dann fatal werden würde, wenn sie erst einmal den Kopf erreicht hätte. Um das zu vermeiden tapperte der Rüde einige Schritte, auch wenn das allein schon ob des leichten Hinkens sehr ungelenk wirken mochte, aber um die Aussenwirkung hatte sich Youkon noch nie wirkliche Gedanken gemacht.
Im nächsten Moment hatte Nayeli auch die letzte Distanz überwunden und schien einen gelösten Eindruck zu machen ob der Tatsache auf jene Wölfe getroffen zu sein; ein Umstand den der Rüde nicht so ganz nachvollziehen konnte, aber das musste er schließlich ja auch nicht. Und schließlich nahm sich die Helle sogar die Zeit und Muse sich ausführlicher vorzustellen als Nouri es getan hatte – hatte die sich überhaupt richtig vorgestellt? Der Dankbare Ausdruck der Hellen spiegelte sich in den Seelensternen des Dunklen, der in diesem Moment zwar immernoch etwas traurig ob des Verlustes, aber nicht minder Dankbar für die Fügung war, sich just in diesem Moment mit diesen Wölfen an diesem Ort zu befinden. Der Name der Hellen war durchaus klangvoll und hatte etwas einzigartiges, wenn man in der Lage war, ihn langsam und sanft auszusprechen – etwas an dem Youkon mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit scheitern würde. Und mit ihrem „Wunsch“ den sie äusserte traf sie so ziemlich genau die Wunschvorstellung des Rüden,d er da durchaus mit ihr konform gehen mochte, denn nichts anderes hatte er ja eigentlich zu finden geglaubt – allerdings zweifelte er noch daran, dass es hier keinen Mörder unter den Wölfen gab. Aber vielleicht belehrte ihn ja irgendjemand eines Tages eines Besseren und er konnte wieder beruhigter schlafen als er es ohnehin schon tat – wobei der Schlaf ja hier noch ausstand und sich noch herausstellen musste, ob er aufgrund des „Verlustes“ wirklich schlechter schlafen würde als er es bisher getan hatte.
Die unaufgeforderte Rechtfertigung Nayeli's klang viel zu aufrichtig als dass er sie nicht hätte annehmen können und die folgenden Worte besänftigten den Rüden mehr oder minder vollkommen. Schließlich war es ja nicht so, als dass er großartig mit dem Raben kommuniziert hätte; es war eher blindes Verständnis, das die beiden Kameraden gebunden hatte. Eine Bindung die von dritter Pfote nun aufgelöst worden war, ohne dass sich daran jemals wieder etwas ändern würde, denn einen Weg zurück würde es nicht geben; in diesem Leben zumindest.
„Du klingst Weise, Wölfin die Du dich Nayeli nennst oder genannt wirst. Ich denke, ich lasse ihn hier liegen. Vielleicht beobachte ich den Platz ein wenig, um zu sehen ob der Täter zurückkehrt. Aber eigentlich....“
Der Kopf senkte sich ein wenig, wieder gen Kadaver, allerdings von unten zu den Fähen heraufblickend, den Graufang nur leicht geöffnet.
„....hatte ich nur Frieden im Sinn als ich herkam. Vielleicht sollte ich es dabei belassen.“
Endlich schien er einmal so weise zu klingen wie er ob des fortgeschrittenen Alters eigentlich immer hätte sein müssen, es aber oftmals nicht war. Die Haltungen der Fähen ignorierte er im übrigen fast völlig, nicht zuletzt aus Unkenntnis; allein das Unterbewusstsein verhinderte eine eigene Dominante Haltung den Fähen gegenüber, wie er sie sich eigentlich bis jetzt unbewusst immer gegönnt hatte....
[bei Rabe, Nayeli, Nouri, besänftigt] |
| | | Gast Gast
| Thema: Re: Winter 1874 II Do Dez 16, 2010 12:50 pm | |
| Der verdammte Schnee machte dem alten Wolf jeden Schritt zur Qual. Eigentlich wollte er sich endlich niederlegen und auf seinen wohlverdienten Tod warten. Er hatte es doch gespürt, das Ende seiner Lebenszeit; doch scheinbar narrte ihn nun auch seine Wahrnehmung. Seit vier vollen Monden streifte er müde geworden durch das Land, ohne sein Ziel zu kennen. Natürlich käme für ihn ein Suizid nicht in Frage - kein Wolf zog soetwas in Erwägung. Wenn er starb dann durch die grausamen Fäden der Natur, die auch jetzt schon ihr Marionettenspiel mit ihm trieben. Er wollte doch nur zu Hoka. Ein Seufzen verließ seine Brust, den Kopf hielt der Rüde gesenkt. Jeder seiner Schritte durch den fats hüfthohen Schnee war bedacht, langsam und mühsam. Er musste shcnellstmöglich vom offenen Feld herunter, ehe Menschen ihn entdeckten oder er vor Erschöpfung zusammenbrach. Im Wald war der Schnee nicht einmal halb so hoch, weil die Bäume den Boden schützten. Das Tannenwäldchen war also sein nächstes Ziel, um endlich ruhig rasten zu können. Erst gestern hatten ihn drei Bauern entdeckt und mit Steinen nach ihm geworfen. Er hatte ihnen entwischen können, indem er seine letzten Kräfte aufbot und wie ein Hase durch den Schnee hüpfte.
Als er mit hängendem Kopf plötzlich auf festen Boden auftraf, blickte Ravenscar das erste Mal wieder auf. Er hatte es tatsächlich in den Wald geschafft. Über ihm thronte Schnee auf den Wipfeln der Nadelbäume, vereinzelt wuchsen kahle Laubbaumgerippe aus dem Boden. Diesmal war sein Seufzen voller Erleichterung. Sein warmer Atem gefror in der eisigen Luft, doch immerhin würde das Laufen nun leichter sein. Als Ravenscar einatmete, bemerkte er den Geruch einer ihm bekannten Fähe. Er hatte einige Tage lang mit ihr seinen Weg geteilt, doch durch einen Schneesturm hatten sie sich wieder verloren. Es käme ihm nur gelegen, wenn er Malí wiederfand. Zu zweit war man immer besser dran. Der Rüde senkte die Nase gen Boden und nahm ihre Witterung auf. Er glaubte nicht, sie einholen zu können, aber erst einmal wollte er weiter in den Wald hinein, um mit einem Ruf nicht auch die Menschen auf sich aufmerksam zu machen. Gemächlich setzte er sich in Bewegung, ihm reichten nun die sichtbaren Spuren im Schnee, um Malí zu folgen. In der letzten Nacht hatte es wieder stark geschneit. Dieser Umstand erwies sich nun als günstig, denn dadurch wusste Ravenscar sicher, dass die Spur frisch war.
Als er sicherlich mehrere Kilometer hinter sich gebracht hatte, entschied er sich dafür, der Wölfin Bescheid zu geben. Den Kopf in den Nacken gelegt, rief er nach Khaiza Malí. Sein Heulen schallte weit durch den Wald und mit Sicherheit war es auch im Dorf der Menschen noch zu hören. Aber kein Mensch machte sich jetzt die Mühe, in den Wald zu stapfen und einen einzelnen Wolf zu jagen.
[läuft | ruft Malí] |
| | | Nouri » T e a m
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| Thema: Re: Winter 1874 II Do Dez 16, 2010 5:36 pm | |
| Es war eigenartig, wie die Wölfe nahe herantraten. Ihre Leiber standen in wenigem Abstand zueinander, und mit zaghafter Neugier und angespanntem Interesse begann das vorsichtige Beschnuppern des Gegenübers. Düfte verrieten oft mehr über den Zustand eines Anderen. Es galt sich langsam ein besseres Bild von dem fremden Wolf zu machen, der sich dort vor einem präsentierte. Sie waren so nahe. Hörten das Atmen des jeweiligen Gegenstücks und tauschten leise Geräusche aus, die Wohlwollen kund taten. Sie waren so nahe. Und doch befanden sie sich in einer seltsamen inneren Distanz zueinander, die die Graue leicht rührte. Hier war sie nun, und nahm eine Wölfin im Rudel auf, über die sie nichts wusste, über die ihr lediglich oberflächliche Kenntnisse gegeben waren. Und es faszinierte sie, dass hinter jeder Faser des Körpers der Weißen doch eine ganz einzigartige Geschichte steckte. Mit einem kindlichem Kribbeln in der Kehle bemerkte sie ihre positive Aufregung im Gedanken an diese weite Welt, in der es Hunderte, Tausende andere Seelen gab – von denen jede ein so viel erzählendes Leben führte, dass es sie schlichtweg überwältigte.
Die Graue lauschte dem Gespräch der beiden. Es störte sie nicht, dass die Helle Antwort auf die Aussagen des Rabenfreundes gab. Sie hatte sich untergeordnet und Nouri keinen Anlass dazu gegeben erbost zu reagieren – dementsprechend hörte sie erst einmal nur genügsam zu, was sich die beiden zu erzählen hatten. Das der Schwarze wohl sehr damit haderte, den Raben zurückzulassen, ließ vages Mitgefühl in ihr Keimen. Seine Worte tasteten schmerzlich ihr verwundetes Herz an, was auch lieber den verwehten Spuren ihres Bruderes gefolgt wäre, als dem Rest des Rudels, dem sie verpflichtet war. Sie hob ein wenig den Kopf und blickte Richtung der Berge, und fragte sich erneut, was ihm zugestoßen sein mochte. Gleichermaßen registrierte sie, dass sie dabei nicht mehr das Bedürfnis verspürte in krampfhaftes Gejaule auszubrechen, und nicht mehr den Drang besaß zu Rennen, und ihren Gedanken zu entkommen. Sie wusste, würde sie eine ruhige Minute für sich haben, liefe sie wieder Gefahr sich der Trauer hinzugeben, aber es war doch tröstend, dass der Schmerz langsam nachließ, und nur noch wehmütig in ihr pochte, anstatt ihre Geweide zu zerreißen. So war das Leben. Mal kam jemand, mal musste jemand gehen. Alle, Nouri zweifelte nicht daran, hatten diese Erfahrungen gemacht. Es brachte ja doch nichts, sich dem Leid hinzugeben. Das, was blieb, war kostbarer: das Leben.
Weiterhin strömte sie den Geruch des Rudels aus und fuhr herum, um dem Rüden mit ihrem Fang über die Wange zu streifen. Sie leckte ihm das Gesicht und schnaubte ihm in das Fell an den Ohren. Ein Ausdruck ihres Mitgefühls und der Zugehörigkeit zu der Gruppe, die sie dann auch an die Weiße weitergab, indem sie sich zu ihr wandte und auch ihr das Gesicht leckte, leicht um sie lief und schnupperte, nahe bei ihr stand, als könne sie ihr damit den Duft des Rudels übertragen. Sie rieb ihren Kopf an dem Nacken der anderen Fähe und winselte freundliche Bestätigungen. Wie eine Zeremonie, die alle beisammen halten sollte, und aller Welt beweisen, dass sie ein Zusammenhalt waren.
Kurz danach, zwischen den beiden stehend wedelte auch sie leicht mit der Rute und trommelte kurz mit den Pfoten auf den Boden, um ihre Freude über das neue Rudelmitglied und das bessere kennenlernen mit dem Schwarzen zum Ausdruck zu bringen. Sie heulte auf – einerseits, um dem Pulk des Rudels weiter vorne Bescheid zu geben, andererseits, weil es den Bund weiterhin mehr stärkte.
» Lasst uns ein wenig weitergehen, um den Anschluss nicht zu verlieren. «
ordnete sie ruhig an und schaute mit aufmunterndem Blick zu den anderen beiden. Sie scharrte kurz im Schnee und tat einige kraftvolle Schritte in die Richtung, in welche der Großteil der Gruppe gelaufen war.
» Währenddessen ist immer noch Zeit, uns zu unterhalten. «
[Etwas hinter dem Rudel, Nayeli & Youkon, hat dem Rest kurz zugerufen]
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| | | Gast Gast
| Thema: Re: Winter 1874 II Do Dez 16, 2010 8:54 pm | |
| Wasserrauschen. Es war eine merkwürdige Ruhe, die der Winter mit sich brachte. Der schwere Schnee schien alles darunter zu erdrücken, verjagte die Vögel und ließ den Himmel tags grau und leer wirken. Nur schwarze Raben kreisten dann hin und wieder über ihm, krächzten und kümmerten sich schließlich um die Opfer, die der Kälte nicht hatten standhalten können. Grausam mochte es erscheinen, doch im Grunde stellte es niemand in Frage. Es war nun einmal so. Es war normal und eine Sache, die man nicht ändern konnte. Der Winter sorgte für die Selektion. Nur die Stärksten überlebten, gefolgt von den Klügsten. Wozu nun Khaiza zählte, vermochte sie selbst nicht zu sagen. Es war ihr vierter Winter, doch der erste, den sie vollkommen allein verbringen musste. Einsam, ohne Schutz eines Rudels. Einsam und zerfressen von Schuld, obwohl sie doch eigentlich gar nichts dafür konnte. Aber sie konnte sich selbst nicht davon überzeugen, sie konnte nicht hinnehmen, dass man an der Natur nichts ändern konnte. Jäger oder Gejagter. Leben oder Tod.
Sie hatte der jungen Fähe ein anerkennendes Nicken geschenkt, als sie die Entfernung des Rudels einschätzte. Es war nicht leicht, einen Ursprung zu orten. Vor allem dann nicht, wenn alles gleich aussah und alle anderen Geräusche verschwunden schienen. Doch Sitari hatte es ganz gut gemacht. Zwar waren die Fremden – wobei doch die junge Braune und sie selbst eigentlich die Fremden waren – nicht in nächster Nähe und sie hatten noch ein wenig Zeit, ehe sie auf sie treffen würden, doch hielt Khaiza es für richtig, ihnen ein Stück entgegenzukommen. Warten brachte nichts. Nicht mehr jetzt. Dann würde sich nur die Kälte in ihren Gliedern festsetzen und beißend jeden einzelnen Schritt zur Qual werden lassen. Sie schritt langsam am Ufer entlang, musterte den Wasserweg auf der Suche nach etwas, was den Übergang erleichtern würde. In den Augenwinkeln beobachtete sie die junge Seele. Khaiza spielte mit den Ohren. Es war traurig, zu wissen, dass überall Wölfe waren, junge Wölfe, die noch nicht richtig auf das wahre Leben vorbereitet waren. Sie war nur eine von vielen. Ein Opfer von Eltern, für die die Weiße keinerlei Verständnis hatte. Sie würde sie nicht wieder allein zurücklassen. Das lag nicht in ihrem Gemüt. Ihr Blick schweifte in die Ferne. Ihr war bewusst, dass sie sie nicht auf die Reise mitnehmen konnte, auf der sie sich befand. Auf der Suche nach ihr selbst… Es musste eine andere Lösung geben. Eine Lösung, die auch Sitari gefallen würde. Und das diese Lösung ‚Einsamkeit‘ hieß, wagte sie zu bezweifeln.
„Dort vorne können wir es versuchen. Die Steine sehen groß genug aus.“
Sie wandte sich um und bei dem Anblick der Jungen wurde ihr Herz schwer. Sie fürchtete sich vor der Ungewissheit, die vor ihnen lag. Khaiza blieb stehen und wartete einen Augenblick, bis die Junge sich wieder neben ihr befand. Sanft stupste sie sie in die Seite und lächelte.
„Du brauchst dich nicht fürchten. Sie klingen doch, als würden sie uns freundlich aufnehmen, findest du nicht? Außerdem stehst du unter meinem Schutz. Es wird alles gut gehen, vertrau mir, Kleines.“
In ihren Worten lag pure Wahrheit. Sie würde nicht zulassen, dass ihr etwas geschehen würde. Nicht, wenn sie sich bei ihr befand. Aber die Weiße rechnete nicht mit irgendeinem Zwischenfall. Sie hatte es im Gefühl. Dieses Mal würde alles gut gehen. Es würde nicht in Flucht enden, so, wie es das letzte Mal gewesen war. Wieder erhallte ein Heulen. Es überzeugte die Fähe nur noch mehr von ihrem eigenen Gefühl. Sie waren auf dem Weg zu ihnen, würden sie aufsammeln und ihnen gestatten, sie ein Stück zu begleiten. Sie schienen auf einer Reise zu sein. Einer Reise, die sie in sichereres Land führen würde? Khaiza nickte der jungen Braunen aufmunternd zu, ehe sie sich wieder den Steinen widmete, die ihnen einen sicheren Übergang ermöglichen sollten. In Angesicht dessen war sie nämlich noch etwas skeptisch. Sie waren nass und glatt. Zumindest wäre dies die günstigere Variante. Daran denken, dass sie bei diesem Wetter auch gefroren sein könnten, wollte sie gar nicht.
Vorsichtig setzte sie eine Pfote probeweise auf dem ersten, bestmöglich zu erreichenden Stein, der aus der Wasseroberfläche ragte. Er bot halt, was sie sehr beruhigte. Mit etwas Vorsicht sollte es also ein leichtes werden, die andere Uferseite und somit das Rudel zu erreichen. Vorausgesetzt; bei den anderen Steinen war es genauso.
„Sie sind nicht gefroren. Es sollte also nicht sonderlich schwer werden. Mit etwas Ruhe und Vorsicht wird es gut zu schaffen sein. Dann liegt das Schlimmste hinter uns.“, erklärte sie und zog die Pfote zurück.
Khaiza hielt es für sicherer, die Junge als erste gehen zu lassen. So konnte sie ihr dicht folgen und ihr im Fall des Falles noch rechtzeitig helfen. Plötzlich suchte sie ein merkwürdiges Gefühl heim. Sie stellte die Ohren und suchte angestrengt nach etwas, was sich in ihrer Nähe bewegte. Es war dieses Gefühl, genau zu wissen, dass im nächsten Augenblick etwas passierte, doch nicht genau was. Sie konnte nicht realisieren, ob es etwas Gutes oder etwas Schlechtes war. Instinktiv ging sie einen Schritt nach vorn und verbarg Sitari somit leicht in ihrem Schutz. Ein weiteres Heulen durchbrach die Stille, hielt kurz an und verklang wieder in der Ferne. Genau in dieser Zeit regte sich die Weiße nicht. Sie lauschte, lauschte auch noch dem Echo, wie es immer leiser und zurückhaltender wurde und schließlich hinter den Bergen verstummte. Sie lächelte. Er hatte es also geschafft. Auch er hatte den Sturm überlebt, der sie heimgesucht hatte. Eines musste sie dem alten Rüden lassen – Er war zäher als er sich hielt. Sie warf Sitari einen kurzen Blick zu, ehe auch sie erneut den Kopf in den Nacken legte, die Ohren an ihr Haupt schmiegte und die Antwort hinaussang. Sie waren hier und sie war froh, dass auch er es war. Er, der alte Wolf, der vom Leben gezeichnet war und sich nichts sehnlicher zu wünschen schien als ewige Ruhe.
„Ein alter Freund wird uns bald erreicht haben. Vielleicht noch vor dem Rudel. Wir haben uns bei einer gefährlichen Laune des Wetters verloren.“
[mit Sitari am Tränenfluss | antwortet Raven glücklich] |
| | | Sitari
Anzahl der Beiträge : 894 Anmeldedatum : 21.11.10
| Thema: Re: Winter 1874 II Do Dez 16, 2010 10:11 pm | |
| Vor langer Zeit, als das Leben noch nach Sicherheit geschmeckt hatte, als es für sie einfach gewesen war Freiheit zu atmen, in dieser Zeit hatte sie Worte vernommen, die sich ihr einprägten, die sie nicht wieder vergaß. Es war etwas besonderes für die Kleine so einen Schatz aus ihrer Vergangenheit bergen zu dürfen. Sie war an sich einer dieser typischen "Zum einen Ohr hinein, zum anderen wieder heraus" Kandidaten. Es war ihr schon immer schwer gefallen sich einen Wortlaut genau einzuprägen, nicht nur den Sinn, sondern Wort für Wort im Gedächtnis zu behalten. Doch die Worte der alten Fähe Ìsing, einer Wanderin, eine Märchenerzählerin hatten sie immer beeindruckt. Es war eine Feststellung über den Winter gewesen, eine schöne Umschreibung von dem, was alle in ihrem tiefsten inneren schon wussten.
Der Winter ist der tückischste aller Jahreszeiten. Wunderbar verwandelt er die Landschaft in einen der schönsten Anblicke, schenkt uns Stille und Ruhe, schenkt uns Zeit und bringt doch den Tod. Der grausamste aller Tode ist gleichzeitig der Schönste. Still und sanft lässt er dich entschwinden, die meisten spüren nur die Kälte und träumen sich dann in eine andere Zeit davon. Der Schnee erhält die Toten noch lang. Wunderschön ziert er die Wipfel und begräbt die Unschuldigen, ohne das sie eine Chance haben. Wunderschön und grausam tödlich. Merk dir das kleine Tari, das du nicht mehr so blauäugig durch den Schnee springst und seine Wunder lobst. Alles hat seine Schattenseiten. Auch das, was wir für Wunderschön und rein empfinden.
Sie hatte sich diese Wort gemerkt, hatte die Botschaft fast vollständig verinnerlicht. Mit ihren 2 Jahren viel es ihr unendlich schwer nicht im frischen Schnee herum zu tollen, bis die Lungen brannten und das ebene weiße Meer von Abdrücken verunstaltet war. Auch jetzt hatte sie, obwohl sie sich sehr anstrengte erwachsen zu wirken, immer wieder mit den Pfoten etwas Schnee umher geschoben. Sie konnte nichts dafür. Später einmal würde sie sich solche Momente der Unbeschwertheit zurück wünschen. Ihre Lage, vom Rudel vergessen, allein und damit betreut sich selbst zu finden, sprach davon, das sie bald verstehen würde. Der Sprung vom naiven Jungwolf zur verständigen Fähe würde bei der nächsten Schwierigkeit zu nehmen sein. Sie hatte zwei Möglichkeit sich zu entwickeln: entweder sie erkannte, das sie Leben und akzeptieren musste, entwickelte ein Verständnis und wurde somit eine nachdenkliche und dennoch lebenslustige junge Fähe, oder sie würde stets auf dieser Stufe der inneren Kindlichkeit verharren. Niemand würde sie dann bei sich aufnehmen wollen. Doch von diesen Veränderungen ahnte die mit Schnee spielende Graue noch nichts. Vielmehr dachte sie über die Worte der Weißen nach. Konnte sie sie beschützen, wenn es hart auf hart kam? Und konnte sie sich selbst verteidigen? Konnte sie nicht. Als Sitari an gestupst wurde, weiteten sich ihre Augen vor Überraschung. Es war die erste wirkliche Berührung eines Artgenossen seit Monaten gewesen. Das erste Mal zeigte ihr jemand, das sie nicht das nervige und überflüssige unnütze Anhängsel war. Plötzlich unsicher geworden wartete sie erst einmal einen Moment ab. Die feuchten Steine wurden zeitweise leicht von Wasser überspült. Sie sah sich bereits mit der Nase darauf schalgen, ihre Pfoten in die kalten Fluten versenken und durch un´d durch klamm an die andere Seite treten. Wenn sie an die Eleganz dachte, die die Weiße ausstrahlte war ihr einmal mehr bewusst, wie mickrig sie war. Sitari musste Sicherheit gewinnen, was sich selbst betraf. Im Moment starrte sie abwechselnd die Weiße und die Steine an.
Ein Heulen zerriss die Stille. Es war ein anderes als das, was sie vorher vernommen hatten. Das erkannte sogar sie. Ein alter Freund? Bei dem Wort alt dachte sie unwillkürlich an gebrechliche, zahnlose Wölfe. Sie schüttelte den Kopf um das Bild eines humpelnden, fast haarlosen, schlaffen Wolfes zu vertreiben, der sich in ihrer Vorstellung über den Bergkamm stahl. Diese Gedanken lenkten sie jedoch von ihrer inneren Unsicherheit ab. Sie fand ihre Sprach wieder.
Woher kennst du ihn denn, wenn ich fragen darf? Und kennt er das Rudel? Und was denkt das Rudel, wenn wir hier so in einem Haufen stehen?
Ihr fielen immer mehr Fragen ein. Die Gedanken, die sie sich über die glitschigen Steine gemacht hatte, waren vergessen. Der Weg über sie war nun kein Problem mehr. Sitari neigte dazu sich selbst im Weg zu stehen.
[überquert Fluß | Mali | hört Raven]
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| | | Gast Gast
| Thema: Re: Winter 1874 II Fr Dez 17, 2010 7:56 pm | |
| Ganz so kompliziert wie befürchtet war das Ganze gar nicht. Frage, Antwort, Frage, Antwort. Ein schönes Spiel, wenn man erstmal die Regeln verstanden hatte und irgendwann würde Bjartr noch zu einem Meister aufsteigen, ganz sicher. Dass es bei diesem Spiel nicht unbedingt um Gewinnen und Verlieren ging, das war ihm wohl noch nicht recht eingeleuchtet, egal. Eins nach dem Anderen. Er hatte wohl gemerkt, dass seine vorläufig barsche Antwort die Fähe aus dem Konzept zu bringen schien und nahm sich vor, dieses Detail in Zukunft auszubessern. Er war ein guter Schüler, lernte schnell und wenn er etwas anging, dann wollte er es richtig machen. Perfektionist, wenn man so wollte. Sein Kopf wandte sich daher auch leicht nach hinten, als ihr Tempo für kurze Zeit das seine unterschritt, doch schnell hatte sie sich gefasst, also war seine Antwort entweder nicht so schlimm gewesen, oder ihr Wille sehr stark, sich von solchen Kleinigkeiten nicht verunsichern zu lassen. Wie dem auch sei, ihre Reaktion und Antwort schien die Situation schließlich etwas zu entspannen. Aufmerksam lauschte der Graue und schaute für einen Augenblick verwirrt drein, als sie von einem Nachbarrudel sprach. Er wusste gar nicht, dass.. Moment, Konversationen funktionierten mit gesprochenem, nicht gedachtem Wort:
“Mir war nicht bewusst, dass noch andere Wölfe in der Nähe leben, in diesem Rudel fand ich die ersten Artgenossen seit..“
Eine kurze Pause musste er einlegen, denn er hatte seinen Satz nicht zu ende gedacht, bevor er ihn begann. So fehlte ihm nun die Information, die er hatte ergänzen wollen und ihm wollte partout keine Lösung dafür einfallen, denn wie lange war er eigentlich unterwegs gewesen, bevor er zu den Wölfen stieß? Schweigen hüllte sich um Bjartr, während er seine wirren Gedanken zu ordnen suchte. Keine Chance, die Vergangenheit verschwamm in einem wabernden Nebel, in dem Zeit und Raum nicht zu trennen waren.
“Naja, seitdem ich meine Familie verlassen habe jedenfalls.“
Ein unwirsches Kopfschütteln folgte dieser Aussage, dieser unbefriedigenden Erklärung. Es verunsicherte ihn, dass er sich an die Zeit seiner Wanderung nicht erinnern konnte, nur Schemen vor sich sah, kurze Ereignisse, die ohne Zusammenhang standen. Blöd. Zum Glück fand er den Rettungsring der Fähe und nahm ihn dankbar an.
“Du hast Recht, Shiai. Nenn mich Bjartr.“
Um sich und ihr wieder ein wenig Sicherheit zu geben, wandte er den Blick an sie und versuchte sich wieder an einem leichten Lächeln, das langsam besser gelingen wollte als zu Beginn. Anschließend richtete er seine Augen wieder nach vorne, hob den Kopf ein Stück aus seiner sonst eher geduckten Haltung, um sich einen Überblick zu verschaffen.. Aber so viel war dort gar nicht zu sehen, denn Nouri hatte sich zurückfallen lassen und begleitete nun den Rabenwolf und eine weitere Fähe. Ein Ruf der Grauen ließ eines seiner Ohren kurz nach hinten klappen, doch er konnte dem keine Informationen entnehmen und verstand dessen Bedeutung nicht.
“Was uns wohl erwartet..“
Brachte Bjartr schließlich leise hervor, eine ungewisse Frage an die Welt an sich. Und natürlich fragte er nach dem „Was“ und nicht „Wer“, denn, wie immer, es konnte ja sonstwas sein. Ein Drache wär mal was Neues.
[bei Kaze Shiai] |
| | | Gast Gast
| Thema: Re: Winter 1874 II Fr Dez 17, 2010 8:39 pm | |
| Tapp Tapptapp Tapp Tapptapp. Er schaute zurück. Schnee und Spuren. Schneespuren? Sagte man das so? Der junge Rüde grinste nur leicht dämlich vor sich hin, schaute unter seinem Bauch hindurch zurück und hob den Kopf wieder. Jetzt nur nichts falsch machen. Tapp Tapptapp Tapp Tapptapp. Stehen bleiben. Noch mehr Spuren hinter ihm. Saga begann zu lachen. Wenn ihn jemand sehen könnte. Man würde ihn glatt für nicht ganz dicht halten. Tapp Tapptapp Tapp Tapptapp. Schnee vor sich herschiebend bewegte sich der Schwarze ruhig vorwärts, völlig mit sich selbst beschäftigt. Da war es ihm auch völlig gleichgültig dass es klirrend kalt war. Tapp Tapptapp Tapp Tapptapp. Saga senkte die Schnauze in den Schnee und schnaufte. Ob Schnee Angst fühlen konnte? Saga legte den Kopf in den Schnee und drehte ihn so, dass er in den Himmel schauen konnte. Ob Schneeflocken beim fallen Geräusche von sich gaben? Oder ob sie sangen? Das hatte er mal irgendwann, von irgendwem gehört. Glaubte er zumindest. Nur Wolken waren zu sehen als er nach oben sah. Oh. Doch nicht. Da hinten schien die Sonne. Saga sprang auf und vergessen war das Spiel. Er lief der Sonne entgegen. Wind kam auf und fuhr Saga fauchend durch den Pelz aber es schreckte den Rüden nicht ab. Im Gegenteil, als das Zerstrubbeln seines Fells vorbei war, rannte er nur noch schneller. Dann, endlich fühlte er ein paar zaghafte Sonnenstrahlen im Nacken. Er sprang mit den Vorderbeinen vor Freude hoch und drehte seinen Körper um sich selbst. Ein selbstzufriedenes Lachen erscholl und Saga fetzte durch den Schnee und stieß mit der Nase in die weiße Pracht und schaute den davonfliegenden Schneekristallen hinterher. Wenn seine Geschwister ihn doch jetzt nur sehen könnten. Taschki würde ihn nur auslachen oder mürrisch anstarren und ihn anmeckern er möge doch um Himmels willen damit aufhören. Aber er konnte nicht, es war einfach seine Art zu Leben, seine Art zu Sein. Er war eben blöd, trottelig, ein Spinner. Aber es machte ihm spaß blöd, trottelig, ein Spinner zu sein. Es war ER. So und nicht anders wollte er sein. Und wer ihn so nicht mochte, der konnte ihm mal gepflegt die Schwanzhaare zählen. Wenn sie ihn nicht so wollten wie er eben war, dann hatten sie ihn schlichtweg nicht verdient! Basta. Saga unterbrach sein Rumgerenne für einen Moment, genoß kurz noch die Sonnenstrahlen auf sich und schmiss sich dann mit einem fröhlichen Laut in den Schnee, robbte vorwärts und rollte sich hin und her. Die Sonne wärmte seinen Bauch als er alle Läufe in die Luft streckte und heulte. Er heulte nicht, weil er glaubte oder hoffte dass ihn jemand irgendwo da draußen hören könnte, sondern einfach weil sich das Heulen in ihm gestaut hatte, wie ein Lachen. Es hatte einfach rausgewollt, also ließ er es raus und es tobte vor Freude und stieg empor wie ein kleiner freigelassener Vogel und es breitete sich aus...
[irgendwo in der Nähe vom Fluss] |
| | | Gast Gast
| Thema: Re: Winter 1874 II Sa Dez 18, 2010 11:46 am | |
| Nur einige wenige Augenblicke musste sich der alte Rüde gedulden, ehe die Antwort seiner jüngeren Freundin durch den Wald hallte. Ein glückliches Lächeln zeichnete sich auf seinem Gesicht ab; er hatte sich also nicht geirrt. Da er nun orten konnte, wo Malí sich befand und sie wusste, dass er folgte, setzte er seine Wanderung fort. Irgendwann gesellte sich der Geruch einer weiteren Fähe zu dem von Malí, doch Ravens Schritte verlangsamten sich deshalb nicht. Sein Lauf wirkte nicht mehr besonders elegant und schwungvoll, aber das war ihm nun gleich. Natürlich spürte der Graue das Aufbegehren seiner erschöpften Muskeln und das Grummeln, dass sein seit Tagen leerer Magen mürrisch von sich gab. Aber all die kleinen Beschwerden mussten nun warten, bis er bei der kleinen Gesellschaft eingetroffen war.
Der Schnee wurde wieder etwas tiefer, die Spuren immer deutlicher. Ravenscars Atem hatte sich beschleunigt und die Luft vor seinem Fang fror zu kleinen Wölkchen ein. Er konnte wieder lächeln. Als er so ein wenig schwerfällig auf die beiden Fähen zutrat, die am Fluss warteten, neigte er freundlich und erleichtert den Kopf zur Begrüßung.
"Danke, dass ihr gewartet habt. Mein Name ist Ravenscar."
Mit dem letzten Satz richtete er sich offen der braunen Fähe entgegen, Malí kannte ihn schließlich. Nun ging er langsam zu seiner jüngeren Freundin und berührte dankbar ihre Schulter mit der Schnauze. Es war nichts selbstverständliches, dass sie auf ihn, einen alten, langsamen und gebrechlichen Wolf gewartet hatte und das wollte er ihr zeigen.
"Ihr habt nicht zufällig einige Hasen aufgestöbert?", fragte er müde lächelnd.
Sein Hunger war bohrend. An großen Jagden hatte er sich schon vor seinem Fortgang aus dem Rudel nicht mehr beteiligt und er bezweifelte leider auch jetzt, dass er einen Hasen würde fangen können. Aber das musste er den beiden Jüngeren nun nicht so direkt auf die Nase binden, es war nichts worauf er stolz war. Er war noch nicht so weit, dass er sich komplett von anderen versorgen lassen wollte. Das Rudel hatte ihm diesen Gefallen abgenommen und bei den Jagden immer an seinen Vater und Großvater gedacht. Nicht dass Ravenscar durch diese Behandlung sein Jagdgeschick verloren hätte, nein. Aber es hatte trifftige Gründe, wieso Altwölfe vom Rest des Rudels versorgt wurden. Wie ein Welpe hätte er mit seinen nicht mehr sicheren Schritten das Wild aufgeschreckt und wäre so kaum von Nutzen gewesen. Lieber half er, Jagden zu planen und den Jüngeren wichtige Tipps zu geben, die er aus seinem schier unendlichen Wissensschatz schöpfte. Nun aber war die Situation anders. In wenigen Jahren würde sein Sohn der Altwolf sein, den das Rudel versorgte; Raven selbst galt längst als tot. Und das schmerzte sein altes Herz fast so sehr, wie der Verlust seiner beiden geliebten Fähen. Mit überflutender Traurigkeit sah der Altwolf in den Himmel, der heute grau daherkam. Hoka war nun ein Stern, zu dem er nur nachts sprechen konnte. Der Nachthimmel war voller gefallener Wölfe, so hatte er es gelernt. Jeder verstorbene Wolf wanderte zum Nachthimmel und folgte dann den Jahreszeiten. Starb ein Wolf, blickte er immer mit einem funkelnden Auge auf die Lebenden herunter und wanderte Jahr für Jahr mit dem Wechsel der Zeit um diese herum. So hatte es Ravenscar sein Vater gelehrt und so hatte es dieser auch seinen Welpen nacherzählt.
Mit einem stillen Seufzer kehrte der Alte wieder in die echte Welt zurück. Seine traurigen Augen musterten die beiden Fähen. Sie warn noch jung und weit entfernt davon, zu den Ahnen zu wandern. Er war es nicht. Hoffentlich nicht.
[bei Sitari und Malí] |
| | | Gast Gast
| Thema: Re: Winter 1874 II Di Dez 21, 2010 4:49 pm | |
| Plätschern. Rauschen. Diese Geräusche besänftigten die Rote, denn sie verrieten, dass sie trotz der fehlenden Ortskenntnisse sich immer noch auf den selben Weg befand, den sie vor längerer Zeit gewählt hatte. Dennoch hielt sie stets Abstand vom Fluss, es war als hielte sie irgendetwas davon ab. Ihre Schritte verliefen parallel zum Gewässer und änderte sich die Richtung passte die Fähe sich an. Schnee war ihr gewiss nicht fremd, jedoch hatte sie solche Massen von dem Weißen noch nie zu vor gesehen. Faszination und Angst empfand sie gegenüber dieser Jahreszeit, diese Unwissenheit was sie hier in der Fremde erwartete war ein erdrückendes Gefühl, welches ihr Gemüt merklich belastete. Die vergangenen Winter hatte sie im Kreise ihrer Mutter verbracht, doch jenes Band, was die zwei Fähen verband war unwiderruflich gerissen, als die Ältere sich dazu entschied die Jüngere fortzujagen mit dem Grund, das Überleben der jüngeren Generation zu sichern. Durchaus verständlich, nachvollziehbar und im Sinne der Natur – nur nicht für Kalaia. Es war ein Schock gewesen, zu plötzlich und unerwartet. Von einem Tag auf den Anderen musste sie nun vollständig erwachsen werden und sich dementsprechend verhalten. Alles nötige beherrschte sie, aber war sie auch in der Lage das Gelernte umzusetzen?
In einem Moment der Unaufmerksamkeit hatte sie die Grenze zu einem Revier überschritten, als sie ihren Fehler bemerkte war es schon zu spät um sich der Höflichkeit entsprechend zu verhalten und sich anzukündigen. In ihrer Naivität hatte die Junge sich entschieden unerlaubt das Gebiet eines fremden Rudels zu durchqueren und somit das Risiko einzugehen auf die Gemeinschaft zu treffen, welche sie als potenzielle Nahrungskonkurrentin ansehen könnte. Diese Konsequenzen könnten sich durchaus tödlich äußern. Kalaia rechnete nicht damit den hier lebenden Wölfen zu begegnen, dafür waren die Grenzmarkierungen schon viel zu alt. Umso ängstigte sie die Tatsache, dass gleich mehrere Geheule die winterliche Stille aussetzen ließ. Für einen Augenblick schien sie in Panik zu verfallen, ihre Bewegungen erstarrten, die Ohren schnellten nach vorne und sie glich einer Eisstatur. Galt ein Heulen vielleicht ihr? Wollte jemand sie warnen, sich weiterhin zu nähern? War ihre Anwesenheit nicht länger unbemerkt? Fragen über Fragen, jedoch konnte die Rote sich in der jetzigen Situation keine Antwort darauf geben. Sie hatte nur 2 Möglichkeiten: Erstens umzukehren und schnellst möglichst zu fliehen bevor sie jemanden begegnete. Oder stur weiterzulaufen und sich möglicherweise in Gefahr zu begeben. Ihre sehnigen Läufe zuckten deutlich, sie rang mit sich selbst, doch eine schnelle Entscheidung zu treffen war ihr in diesem Moment nicht möglich. Zu viele Charaktereigenschaften, gegeben durch die Eltern, kämpften miteinander. Mut. Vorsicht. Ein ausgeglichener Kampf zunächst.
Plätschern. Rauschen. Noch immer übte der Fluss diese gewisse Ruhe auf die Fähe aus. Die Augen schließend war sie in der Lage ihre Gedanken zu ordnen und der Situation Herr zu werden. Der Mut siegte über die Vorsicht. Die Gemeinschaft konnte nicht weit sein, würde sie ihren Lauf beschleunigen würde sie sicherlich in naher Zeit zu ihnen kommen können. Und genau das hatte sie nun auch vor. Der schlanke Körper setzte sich abrupt in Bewegung und mit fließenden Schritten blieb sie ihrem Weg treu. Nur hatte sie jetzt ein bestimmtes Ziel vor Augen. Die Hoffnung möglicherweise sich den Fremden anschließen zu können und den Winter zu überleben war einfach zu verlockend. Denn auch wenn sie noch jung war, wusste sie, dass sie alleine keine Chance hatte zu überleben. Alleine wäre die Jagd erfolglos und somit der Hungertod sicher.
Das Rudel schien auf Wanderschaft zu sein, sonst hätten sich die Wege längst kreuzen müssen. Sie schienen aufgrund der Jahreszeit ihr übliches Jagdrevier ein wenig zu verlagern. So hatte ihre Mutter es auch getan. Eine weise Entscheidung also. Beinah verblasste Spuren konnte man im Schnee entdecken, aber um wie viele Wölfe handelte es sich? Zu durcheinander und undeutlich waren die Pfotenabdrucke. Ebenso kam der Wind von hinten und brachte Kalaia in eine ungünstige Situation. Die Gemeinschaft würde ihre Anwesenheit eher bemerken als umkehrt, aber diese Tatsache ließ sich nun nicht ändern. Sie konnte nur auf eine tolerante Begrüßung hoffen. Ob sie von Artgenossen oder durch den Hunger im endeffekt getötet wurde, machte keinen sonderlichen Unterschied mehr.
Ihre silbrigen Augen reagierten auf jede kleine Bewegung, dennoch konnte sie außer einer weißen Schneelandschaft nichts auffälliges ausmachen. War der Abstand zwischen ihr und dem Rudel immer noch groß? Oder war sie längst bemerkt worden? ...
[dem Fluß folgend ; auf der Suche nach Anschluss] |
| | | Gast Gast
| Thema: Re: Winter 1874 II Sa Dez 25, 2010 1:20 am | |
| Schritt vor Schritt. Tatze vor Tatze. Wie lange würde die monotone Abfolge der Läufe wohl noch anhalten, bis sich ein wenig Abwechslung bieten würde? Wahrscheinlich eine ganze Weile, waren sie doch vor nicht allzu langer Zeit erst losgewandert. Sie, die Wölfe. Bei diesem Gedanken musste die Helle einen Schauer unterdrücken, assoziierte sie ihre Artgenossen doch sogleich mit dem wenig aufgeschlossenen Nachbarrudel: etwas Schlechtes ließ sich eben nicht so schnell aus dem Kopf verbannen. Und irgendwie wurde sie das Gefühl nicht los, dass es nicht sein konnte, dass zwei so kontrastreiche Rudel nebeneinander her leben konnten. Es musste einfach eine Ähnlichkeit geben. Wer sagte denn, dass der Weiße dort vorne seinen Hinterlauf nicht bei einem Kampf verloren hatte? Oder dass die Laute der Grauen keine eindeutigen Zeichen für die seien, die weiter vorne auf sie warteten? Es könnte alles ein viel zu großer Hinterhalt sein, in den sie gerade Wegs hineinsteuerte. Und niemand wusste davon bescheid. Waren die Neulinge denn wirklich neu? Sie hätten sich vor einiger Zeit alle abgesprochen haben können, um nun Fremde zu manipulieren – aber warum? Es ergab alles keinen Sinn. Weder die Verschwörungen, noch die zuvor so freudigen Gedanken der hellen Fähe. Es war einfach nur verwirrend. Zu viele Artgenossen, zu viele Wölfe. Einfach von allen zu viel. Und sie war mitten drin. Nein, hier gehörte sie nicht hin. Als würden die Worte des Grauen neben sich, der sich soeben als Bjartr vorstellte, nur so an ihr vorbeirauschen, wurden ihre negativen Gedanken, die so plötzlich auftraten, nicht von ihnen beeinflusst. Zuerst ließ sie sich nur langsam zurückfallen, verringerte die Schrittabfolge, bevor sie auch seitlichen den Abstand zum Rudel vergrößerte, bevor sie in einen geduckten Trab verfiel und umkehrte. Weg. Einfach nur weg. Sie wollte flüchten… in die gegensätzliche Richtung. Immer schneller. Bis sie die Anhäufung der Wölfe hinter sich nicht mehr sah.
(Ausstiegspost.)
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